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142 Europa unter Bonapartischem Einfluß. am Rhein und in Oberitalien. Und doch stand in Hannover nicht wie einst in Mainz, Mailand und Venedig eine demokratisch-republikanische Partei offen oder heimlich auf Seiten des Feindes und lähmte die einmüthigc Vertheidigung. Vielmehr waren Heer und Volk entschlossen, Gut und Blut für die Beschüßung des Vaterlandes einzusetzcn, aber der eigensüchtige Adel, der im Geheimeraths- collcgium fast unumschränkt regierte, und die jedes kräftigen Entschlusses unfähige Bcamtcnwelt, an ihrer Spitze der Cabinetsrath Rudloff, im Uebrigcn ein kcnnr- nißrcichcr und arbeitsamer Geschäftsmann bürgerlichen Standes, konnten sich nicht zu dem männlichen Muthc aufschwingcn, mit allen Kräften die fremde Invasion fern zu halten. Man hätte sich um die Hülfe und Fürsprache Preußens be werben können; denn in Berlin mußte eine Besetzung der Weser - und Elbe- gebietc durch die Franzosen sehr peinliche Gefühle erregen. Dem widerstand aber der hannoversche Partikularismus, welchem eine preußische Occupatio» von allen Nebeln als das größte erschicit. Preußen hatte bisher der französischen Republik durch seine neutrale Haltung so wesentliche Dienste geleistet, sein Einfluß aus den ganzen deutschen Norden war seit acht Jahren ein so hervorragender und dominircn- der geworden, daß der Erste Consul cs nicht wohl gewagt hätte, dieser Monarchie feindselig cntgegenzutreten und dadurch.einen neuen Weltkrieg, eine neue euro päische Coalition ins Leben zu rufen. Denn auch Kaiser Alexander von Ruß land, dem die untergeordnete Rolle, die ihm Napoleon bei den politischen Neu gestaltungen in Deutschland, in der Schweiz, in Italien zuwies, nicht mehr genügte, wäre nicht abgeneigt gewesen, mit Preußen und England gemeinsame Sache zu machen. War cs doch bereits in Paris zu bittern Worten zwischen dem Ersten Consul und dem russischen Gesandten Markow gekommen, als dieser im Auftrag seines Gebieters den Vorschlag machte, dem Zaren das Schieds richteramt oder doch die Vermittelung in dem Streite zwischen England und Frankreich zu übertragen. D>.,f-an. Der Zeitpunkt, wo ein entschlossenes Handeln von Erfolg gewesen wäre, Oc-uMNms ward versäumt. In Berlin wurde der Vorschlag einer Occupation Hannovers von dem unschlüssigen, jedem energischen Auftreten abgeneigten König Friedrich Wilhelm verworfen und in Hannover betrieb die Landesregierung die Einberu fung und Wchrhaftmachung der Truppen so saumselig, daß der Feind volle Zeit fand, durch die Haiden und Moräste seinen mühsamen Marsch an die Weser zu bewerkstelligen. Von London und Berlin ohne Hülfe gelassen, durch die eigene Bertraucnscligkeil und Kleinmüthigkeit ungenügend gecüsict, verlor die adelige Landesregierung allen Muth zum Widerstand; sie ertheilte dem Oberbefehls haber der hannöverschen Armee, dem Feldmarschall Grafen von Waümodcn- Gimborn so unbestimmte Weisungen, schritt so spät und unsicher zur Einberu fung einer allgemeinen Landwehr, daß ein ebenso kläglicher Ausgang zu erwarten war, wie dermaleinst in den geistlichen Kurstaaten am Rhein. Als Mortier mit seiner Armee, etwa 12,000 Mann stark, die Weser zu überschreiten Miene