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II. Das Konsulat. 119 die Rückgabe von Piemont an die sardinischc Königsfamilie drang, stimmte gar nicht zu den politischen Intentionen Bonaparte's. Denn während derselbe in Petersburg die Versicherung abgeben ließ, „daß er aus Freundschaft für Ruß land geneigt sei, für den König von Sardinien etwas zu thun", bereitete er zu gleich die Einverleibung Piemonts in Frankreich mittelst der Departementaleinthei- lung vor. Auch die leitenden Personen in Petersburg waren getheilter Ansicht: Pahlen war für ein Bündniß mit Frankreich und für ein freies Secrecht, Panin und Subow aus Handelsinteressen für ein Zusammengehen mit England. Unter so unklaren Verhältnissen schien ein Aufgeben jeder Kriegspolitik die einzig rich tige Staatskunst für das neue Zarenregiment. Die Aufhebung des auf die eng lischen Schiffe gelegten Embargo und die Freilassung der gefangenen Matrosen > «»->> ls«n. war die Einleitung zur Versöhnung mit Großbritannien, welcher dann die Auf lösung des Ncutralitätsbundcs und die Verzichtleistung Alexanders auf die Groß meisterwürde des Johanniterordcns auf dem Fuße folgten. Zugleich wurde aber?? 3»»,. auch das gute Einvernehmen mit Frankreich aufrecht erhalten, wozu besonders die Persönlichkeit Durvc's, den Bonaparte in außerordentlicher Mission über Berlin nach Petersburg gesandt hatte, beitrug, und endlich durch einen Friedens schluß befestigt. Wie dort Englands Sechcrrschaft und Durchsuchungsrecht still- n. O-,. schweigend zugelasscn war, so hier die Befugniß des Ersten Consuls, die italieni schen Staatsvcrhältnifse nach eigenem Ermessen zu ordnen. Zwar bestimmte ein geheimer Artikel, daß über die Entschädigungen der deutschen Fürsten Frankreich und Rußland gemeinschaftlich entscheiden wollten, das war aber nur ein scheinbares Zugcständniß. Napoleon folgte in Deutschland wie in Piemont seinen eigenen Plänen und ließ sich durch keine fremde Einsprache die Hände binden. Wenn er das Versprechen gab, daß bei der Entschädigungssrage die mit Rußland verwandten oder befreundeten Fürstenhäuser von Baden, Würtcmberg und Baicrn besonders be vorzugt werden sollten, wenn er den durch einen intimen Freundschastsbund mit Kaiser Alexander verknüpften König von Preußen begünstigte, so stimmte dies auch zu der Bonapartischcn Politik. Ja der Erste Consul ging dabei mit solcher diplomatischen Ucberlegcnhcit zu Werke, daß der Zar „nicht selten das als eine Concession für Ruß land aufnahm, was nur den dringendsten Interessen französischer Politik entsprach". 6. Der Friede von Amiens und Bonaparte's Machtstellung in den Nachbarländern. Während dieser Vorgänge im Norden stand das Londoner Cabinet unter Mmisi--. der Leitung Lord Addington's. Die öffentliche Meinung in England sprach sich anAä!,»" so laut für Beendigung des langen Krieges aus, daß Pitt nicht länger dem Rufe der Nation zu widerstehen wagte. Aber konnte der Mann, der seil acht Jahren den Krieg mit Frankreich zur Grundlage seines politischen Systems gemacht, auf einmal in die entgegengesetzte Strömung einlcnken? Pitt trat von der Leitung der Staatsgeschäfte zurück, die nunmehr in die Hände Lord Addington's gelegte; um. ward. Als Vorwand seines Abtretens diente der Widerstand des Königs gegen