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liNWerslerbliSjkeit der Smiliilge Die Hitze ist in den Sommermonaten die gefähr- li Üc Feindin der Säuglinge. Jährlich fallen ihr ssenhaft Opfer zu, so dös, man sogar in der Kinder- : .1 künde von einer Soiumcrsterblichkeit der Säuq- l.i ge spricht. In dieser von allen Müttern ge- i rchteten Zeit treffen moniiigsack)« Schäden zusammen, auf die hier näher ciugcgangcn werden soll. Es sind dies: die Hitze, das großstädtische Wohnungselend in den übervölkerten Stadtteilen und die künstliche Er- nübrnng. Man l>at früher geglaubt, daß sogenannte -ver dorbene Milch" die Ursache des bei der Hitze so häufig avftretenden Brechdurchfalls sei, weil Brustkinder in t.r Regel von dieser Erkrankung verschont bleiben. Diese Schlußfolgerung lag ja auch auf der Hand. Rach neueren Forschungen läßt sich dies aber keineswegs mehr als alleinige Ursache aufrecht er- l, .tcn, denn man hat feststcllen können, daß die . . Serien, die zur Milchsäurcgärung führen, selbst in <,raßen Mengen, verhältnismäßig harmlos für den Säuglingsdavm sind. Die Ursache der Schädigung wird jetzt nicht mehr in der sauergewordcnen Milch, sondern hauptsächlich :>: der Einwirkung der Hitze gesucht. In der heißen Iobreszcit ist der Darm gegen Ernährungsstörungen weniger widerstandsfähig und die Darmerkrankungen i eigen zu einem schweren Verlauf. Kranke und ichw-'ichliche S'iuglinge haben in ihrer schon von vorn- reu, herabgesetzten Lebenskraft geringere Waffen l-i gen die erhöhte Infektionsgefahr bei Hitze und er liegen den äußeren Schädigungen leichter. Auch die Haut wird durch den vermehrten Schweiß leichter wund und bildet eine Eingangspforte für Infektions- er reger. Die Hitze selbst führt zu einer Uebcrwärmung und zu einem dem Hitzschlag ähnlichen Krankheitsbild, das oft mit Krämpfen einhergeht. Stelle man sich nur vor, wie die Säuglinge häufig untergebracht sind: sie liegen in der Küche, in der Nähe des Herdes, wo di« '>tt«r kocht, scsteingcpackt und zuyedcckt. Koch- und hedüuste erzeugen eine fcuchtwarme Treibhaus- tust und die Atmosphäre wirkt unerträglich und un- gesurrd aus das bedauernswert« Kind. Es kommt hinzu, daß manche Häuser die Hitze in ihren Mauern förmlich fcsthaltcn und Tag und Nacht kaum abkühlen: die großen Häuserblocks in engen Straßen und Höfen sind den kühlen Abendwindcn kaum zugänglich, während die niedrigen und frei- stehenden Häuser von allen Seiten frische Luft er langen können. Die Wohnungsverhältnisse zu bessern, ist eine Ob liegenheit des Staates. Aber — was können nun die Mütter zur Verhinderung einer Erkrankung während der Hitze tun? Das ergibt sich im wesentlichen aus den angeführten Ursachen. Der Säugling ist mög lichst vor Hitze zu schützen. Man deck« die Kinder nicht warm zu. Im Ä>mmcr genügt eine leichte Decke; auch das Dloßstrampeln schadet dem Kinde nicht. Die Kleidung soll nicht fest um das Kind ge wickelt werden, sic soll nicht zu dick und nicht zu reich, lich sein. Außer der Windel genügt ein Hemdchen und ein Jäckchen. Wird eine wasserdichte Unterlage benutzt, aus Gummi oder Billrothlmtist, so soll man sie nie in die Windeln hincinbinden, weil sie aus- «gschiedene Feuchtigkeit infolge des wasserdichten Ab schlusses schlecht verdunsten kann. Das führt zu einer sehr großen Wärmeansammlung, das Kind schwitzt stärker und wird leichter unsauber und wund. Ent- wcdcr lege man die Unterlage unter das Bettlaken oder ein kleines Tuch über die Unterlage und das Kind oben darauf. Der gesteigerte Durst des Kindes bei der Hitze und eine vermehrte Wasscrabgabe durch das Schwitzen sollen durch Darreichung von Tee ausgeglichen werden und nicht durch Milch. Denn das Kind braucht nicht mehr Nahrung, und Milch ist seine Nahrung, sondern nur mehr Flüssigkeit; größere Milckynengen crfordeni eine erhöht« Arbeitsleistung des Darms, und gerade der Darm soll in der Hitze vor Ueberanstrcngung ver Der LiedttkiW 19) Don «»n» t-anck „Tamara!" Gert rief es schmerzvoll und bang. Horchte, horchte mit klopfendem Herzen — atem los... Nichts mehr — nichts mehr — Toten stille. Kein weiterer Laut... Lange stand Gert — den Hörer am Ohr — verzweifelt wartend — umsonst — alles blieb still.. . Vorbei. Vorbei — aus... Da seufzte er tief — tief auf. Dann hing er den Hörer an, schlich gebeugt nach Avalun zurück. Er lief durch das Zimmer, warf sich in den Sessel am Kamin, stierte in das schwarze Loch der Feuerung. Dann sprang er auf, ging ins Elysium, riß die Decke vom Bett, grub sein schmerzendes Haupt in die kalten Kissen, auf denen ihr braunes Köpfchen so oft geruht. Lange lag er so. Dann ging er hinaus, schloß die Tür hinter sich, zog die Portiere vor die Tür und ging zum Flügel. Er öffnete ihn, setzte sich vor die Tasten und stierte auf sie. Lange saß er so. Dann hob er die Hände, unter seinen Fingern erklangen nun die nachtdunklen Akkorde des letzten'Satzcs der Pathetischen Symphonie Tschai kowskijs, das hohe Lied der Melancholie. Dann urplötzlich hielt Gert ein. Die Töne brachen ab. Die Arme sanken ihm wie leblos am Körper her- ab. Tränen liefen ihn: über die Wangen. Da hob er die Hände, barg sein Gesicht darein — und brach in Schluchzrn aus... Die Erinnerungen schlichen wie graue Ge spenster aus allen Ecken des vertrauten Raumes und drangen ungestüm auf ihn ein. Die Leere, die Oede, die Verlassenheit legten sich beklem mend auf seine Brust. Sein schmerzendes Herz krampfte sich zusammen. Da sprang er auf, nahm eilig Hut und Stock, und stürmte fort — eilte die Treppe hinab — ins Freie. Auf end losen Wegen durchlief er die Stadt. Der linde Juniabend lag rosig über den Straßen. Durch schont bleiben. Man kann den Kindern öfters kleine Mengen von Tee geben, der am besten mit Saccharin gesüßt wird, denn Jucker vergärt und die Gärungs- Vorgänge im rm rufen Durchfall beim Säugling hervor. Was die Nahrungsmengen anbctrisft, so ist cs zur Schonuirg des Darms angezeigt, die Rahrungszufuhr bei großer Hitze cinzuschränken, selbst auf die Gefahr hin, daß die Kinder etwas abnehmcn; der Erwachsene ißt ja auch in der Hitze weniger als sonst, um wie viel empfindlicher ist der Säugling! Wenn trotz der geschilderten Schädigungen das an der Mutterbrust ernährte Kind, wie ärztliche Er fahrungen immer wieder bestätigen, viel seltener er krankt, als das Flaschenkind, und im Falle der Er krankung größere Abwehrkräfte zur Verfügung har, die Krankheit also leichter übersteht, so ist es durch aus einleuchtend, daß die mütterliche Ernährung die beste Gewähr bietet für die Gesundheit des Säug lings, also auch in den heißen Monaten der sicherste Schutz ist gegen Brechdurchfall. Jede stillende Mutter sollte versuchen, ihr Kind, besonders wenn cs unter sechs Monaten alt ist, nicht vor der heißen Jahreszeit von der Brust abzusetzen. Wo es sich einrichten läßt, halte man die Kinder im Sommer nicht in der Küche, sondern man stelle sie besser in einen andern Raum, möglichst auf den Balkon oder wo es kühl ist. Es ist gar nicht nötig, Säuglinge fortgesetzt unter den Augen zu haben und bei jedem Schreien sofort ängstlich herbeizucilen. Das Kind soll pünktlich gefüttert und peinlich reingchalten werden, je weniger man sich im übrigen mit dem Säugling beschäftigt, um so besser bekommt es ihm so wohl für seine Gesundheit, als auch für seine Er ziehung. ns. MiilheitMertWW -il«h NW Bei den Typhus fäll en, die sich in einigen Gegenden Norddeutschlands ereignet haben, hat die Milch als Infektionsträger eine ausschlag gebende Nolle gespielt. Gerade in der heißen Jahres- zeit entwickeln sich Krankheitserreger in der Milch besonders leicht. Außer für Typhusbazillen ist die Milch noch für die Erreger von Para typhus, Ruhr, Scharlach, Diphtherie und Milzbrand ein günstiger Nährboden. Dor allem aber befindet sich der Rindertuberkel- bazillus besonders häufig in der Milch. Das gilt weniger für die Kühe in der Großstadt, bei denen meist eine ständige tierärztliche Kontrolle stattfindet, um so mehr aber für die Kühe auf dem Lande, deren Kontrolle nicht selten recht mangelhaft ist. Unsere Anschauungen über die Stcrilisa- tion der Milch bedürfen überhaupt einer gründ- legenden Acnderung. Das gilt vor allem für die P a st e u r i s i e r u n g der Milch. Der gegenwärtige Direktor der Tierärztlichen Hochschule in Berlin, Professor D o n g e r t, hat sich eingehend mit der Be kämpfung der durch verseuchte Milch hcrvorgcrufenen Gefahren befaßt. Er fand dabei, daß die Dauer pasteurisation, das heißt die halbstündige Er wärmung der Milch auf 63 Grad Celsius, ein ganz ungenügendes Verfahren sei. Er fütterte kleine Katzen mit dieser in den Handel gebrachten Milch und stellte schwere Darmkatarrhe bei diesen Versuchstieren fest. Bei der Sektion zeigten sich dann entzündliche Veränderungen der Darmschleim haut und der Niere». Bei Meerschweinchen wurde sogar Skorbut mit tödlichem Ausgang nach dem Gebrauch pasteurisierter Milch fcstgcstellt, während frische Milch keine Krankheitscrscheinungcn hervor rief. Untersuchungen, die sich auf 162 Kinder eines Berliner Waisenhauses erstreckten, ergaben nach dem Genuß pasteurisierter Milch bei dem dritten Teil der Kinder H a u t b l u t u n g c n oder Skorbut. Milzbranderreger und Paratyphus bazillen werden durch die Pasteurisierung der Milch nicht abgetötet. Es hat sich im Gegenteil her ausgestellt, daß die Bakterien nach der Pastcurisie- rung in der Milch üppig wcitcrwuchcrn. Diese Versuche beweisen aufs deutlichste, daß die Milchuntersuchung der Städte in ganz anderem Schwärme behaglich Schlendernder trug Gert sein Herzeleid — bleich und gebeugt. Dann flüchtete er ermüdet in eine leere Weinstube, in deren letzten Winkel er sich setzte. Beim Glase Rheinwein überschlug er, was er nun beginnen sollte. Vergessen — vergessen — das Verlorene ver gessen. Es gab keine andere Rettung jetzt für ihn. Er mußte, wollte er weiterleben, sich den Seinen und seiner Arbeit erhalten, er mußte zu diesem Zwecke einen raschen Dekorations wechsel vornehmen. Eine Reise — eine Aende- rung des Ortes. Vielleicht nur eine kurze — <ck>er gleich — sofort — auf der Stelle mußte es sein. Andere Luft — andere Umgebung. Her aus aus dieser Stadt, in deren Häusermecr irgendwo Tamara steckte und litt — litt wie er selbst. Heiligendamm! Es lag am Meere. An der mecklenburgischen Küste. Dort saß nwrgen abend der alte Herr Degen auf der Terrasse des Kur hauses mit seiner Tochter und erwartete ihn. Sollte er dorthin fahren? Er, der Tamara liebte und brennende Schmerzen um ihren Verlust jetzt erlitt? Sollte er hinfahren? Grotesker Gedanke! Sich die Braut anschen, die sie ihm zugedacht — aus Geschäftsberech nungen — aus kaufmännischen Kalkülen heraus. Scheußlich. Scheußlich. Sollte er hinfahren? Ja. Aus Trotz gegen sein bitteres Leid. Aus Widerspruch gegen Tamaras wahnsinnige Liebeslogik: die sie den fliehen und meiden ließ, der sie liebte in Qual und Jammer. Sollte er hinfahren? Ja. Es reizte ihn, zu sehen und zu hören, was diese Geschäftsleute ihm sagen, wie sie diesen kommerziellen Herzens schacher anfangen und in die Wege leiten wollten Er mußte — mußte den Schlußstrich machen unter das nun beendete Kapitel, das Tamaras Namen trug. Sinne gehandhabt werden muß, wenn nicht der Nach- wuchs Deutschlands, der durch die ungünstigen Er nährungsverhältnisse des letzten Jahrzehnts an sich schon stark geschwächt ist, in seiner Entwicklung schwer benachteiligt werden soll. Bislang wurde stets die Prüfung der chemischen Beschaffenheit der Milch in den Vordergrund gestellt, die hygienis " e Be schaffenheit aber vernachlässigt. Eine Verwässerung der Milch, so sehr sic natürlich zu verurteilen ist, hat wenigstens nicht gesundheitsschädliche Folgen wie die Verseuchung mit zahllosen Bakterien. Da der gesetz liche Mindestgehalt der Milch an Fett nur 2,7 be trägt, gegenüber einem normalen Fettgehalt von 3,6, so verwässern die Händler vielfach die Milch, ohne dabei die gesetzlichen Bestimmungen zu über treten. Soweit die Milch von Kühen stammt, die in einer städtischen Molkerei gehalten werden, findet schon vielfach eine ständige Untersuchung der Kühe ! und der ihnen entnommenen Milchproben durch be amtete Tierärzte statt. Dadurch wird natürlich eine Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreier Milch gewährleistet. Diese Kontrolle ist aber bei den Kühen der ländlichen Milchproduzenten natürlich nicht oder nur ungenügend möglich. Professor Bon gert möchte das Pasteurisierungsverfah- rcn überhaupt gänzlich ausscheiden, da es modernen hygienischen Anforderungen keineswegs genügt. Er tritt vielmehr für die Reinhaltung der Milch durch Tiefkühlung ein. Durch Abkühlung werden die Existenzbedingungen für die Milchsäure pilze erschwert oder ganz aufgehoben. Solche abge- kühlt gehaltene Milch hält sich, wie genaue Unter- suchungen ergeben haben, 48 Stunden in un- verändertem Zu st and. Wenn der Verbrau cher diese abgekühlte Milch vor dem Gebrauch selbst aufkocht, so hat er die Garantie, hygienisch einwand freie Milch zu besitzen. Die Möglichkeit der Tiefkühlung der Milch sofort nach dem Melken und ihre weitere Kühlhaltung be steht heute durch das dichte Netz der Ueberland- zentralen im entlegensten Dorf. Durch mit elektri schem Strom gespeiste kleine Gcfriermaschincn kann die gemolkene Milch eines ganzen Dorfes in kürzester Zeit bis auf 2 Grad abgekühlt werden. Die Milchkannen werden bis zum Transport in einem Kühl raum aufbewahrt, so daß die Milch frisch und unzersetzt zur Ablieferung kommt. Die Kosten dieser Tiefkühlung sind nicht höher als die der Pasteurisierung, der Nutzen aber ungleich größer. Es darf erwartet werden, daß die Beobachtungen und Anregungen des hervorragenden Sachverständi gen Verlassung geben, die hygienische Untersuchung der Milch einer gründlichen Reform zu unterziehen. Der deutsche Städtetag hat sich bereits mit dieser Frage beschäftigt und über die einzuschlagendrn Maß- nahmen beraten. Hoffentlich wird das Stadium der Erwägungen baldigst durch die praktische Durchsüh- rung der Milchkonservicrung durch Tiefkühlung cb- gelöst. Oer Arzt in uns selbst 0r. Usntulus. Unsere medizinische Wissenschaft ist zur Zeit in einer starken Umstellung begriffen. So bodeutsam ihre Erfolge auf dem Gebiet der Chirurgie und der Arzneikunde bisher gewesen sind, so wendet man sich neuerdings mehr und mehr der Erforschung des Einflusses zu, den Geist und Körper aufeinander haben. Das rein Seelische, das Unter bewusstsein hat in der Tat einen ungeheuren Einfluß auf die Funktionen unseres Körpers. Seelische Angstzustände können krank und alt machen, während freudige Erregungen und Eingebungen be freiend und verjüngend wirken. Die innere Har monie, die fröhliche Ruhe und Unbesorgtheit lassen sich freilich nicht mit Gewalt erzwingen. Im Gegen teil, je mehr der Wille auf die Erreichung dieses glücklichen Zustandes gelenkt wird, desto ferner rückt das schöne Ziel. Nicht Anspannen der Willenskraft, sondern seelische Entspannung vereint mit der festen rind ruhigen Vorstellung, dass das, was bisher geschehen sei, fogar zum Vesten dienen müsse, dass alles von selbst in Ordnung kommen werde, ja, Das geschah — geschah gründlich und ent- scheidend, wenn er jetzt zur Brautschau sich begab. Er wollte es tun. Er entschloß sich jetzt da zu, so unfaßlich es ihm selbst im Augenblicke erschien. Ihn trieb auch die menschlische Neugierde, den alten Herrn Degen endlich einmal von An gesicht zu sehen, diesen harten Mann, mit dem er seit Monaten nun schon so verbissen rang um ein geschäftliches Zieh das ihnen beiden be gehrenswert und vorteilhaft erschien, und das bisher für beide nicht erreichbar gewesen, weil jeder dem anderen an kaufmännischer Gerissen heit ebenbürtig und völlig gewachsen gewesen. Jetzt warf der andre seine eigene Tochter in die Wagschale, danrit die errungenen Vorteile ja nicht etwa einmal in fremde Hände gerieten. Diese Sorge, diese geizige Angst brachte den alten verschlagenen Harpagon auf den Kuppler- gedanken, die beiden zu fusionierenden Industrie, werke durch eine Personalunion — in Gestalt einer Ehe der beiderseitigen Erben zusammenzu- bringen. Auch diese Tochter Degens in Person zu sehen, reizte Gert. Wie sah sie wohl aus? Welcher Art war sie, die man ihm zumutete, lebenslang als seine Frau durchs Leben zu schleppen; nur, damit ein Geschäft, eine kaufmännische Berechnung zum Abschluß gelangte? Dies alles wollte er tun, ansehen, prüfen, an sich vorbeiziehen lassen — während die Sehnsucht in ihm — die Sehnsucht nach der Verlorenen schmerzhaft in ihm wühlte. Ja — so wahnsinnig es war, seine schwere innere Erschütterung, in der er verzweifelt nach einem Gleichgewicht suchte, trieb, peitschte ihn zu diesem tollen Schritt. Gert griff nach dem Aus wege dieser verrückten Extratour — nur — um ! sich aus der ganzen schlimmen Ratlosigkeit des , Augenblickes zu retten. Denn dieser Seiten- ! sprnng — so zwecklos und blöde er an sich auch war, verhieß ihm immerhin doch eins, was ihm j daß der Grund zur Umwandlung schon gelegt sei und es nur kurzer Zeit bedürfe, um die Natur dos Wunder vollbringen zu lassen, vermögen die Seele den Urgrund unseres Seins, auf den rechten Weg und in die richtige Verfassung zu bringen. Die heute bereits überall angewandte Methode Coue« beruht auf diesem Prinzip, das schon früher von einzelnen Aerzten, wie z. B. Krafft-Ebing und Kühner, an gewandt wurde. Die Schwierigkeit für den Patien ten, wie für den Arzt liegt in der Kunst, bedingungs- los glauben zu können. Der kindliche Glaube und das blinde Vertrauen lösen die wahren Lebenskräfte aus. Aller Rationalismus, alles Zweifeln und Kriti- sieren macht mutlos und krank. Man erinnert sich unwillkürlich an die Worte Schillers in seinen, Gedicht „Kassandra": „Denn der Irrtum ist das Leben Und das Wissen ist der Tod." Oie Medizin auf der Weltausstellung in Wembley Wie uns aus London berichtet wird, ist der Aus- stellung in Wembley in diesem Jahre eine medizinische Abteilung ungegliedert, die durch Umfang, Reichhaltigkeit und geschickte Anordnung des Rtatermls alles bisher auf diesem Gebiete Da- gewesene übertrifft. Das englische Ministerium für Voltswohlfahrtspflege hat sich bemüht, die Fort- schritte der gesamten Medizin dem Publikum mit der Anschaulichkeit vorzuführen, die auch di« eng- tische Reklame und die öffentlichen Warnung-- signabe in den Großstädten Englands kennzeichnet. Es hat sich nicht mit einer bloßen Anhäufung von Material begnügt, die den Laienkreisen nichts sagt, sondern es hat in allen Gebieten grundsätzlich gegcnübergestellt „Wie war es früher?", „Wie ist es heute?" und „Wie soll es in Zukunft sein? Zum Beispiel wird durch zahllreiche lebensgrosse Modelle, Bilder und Instrumente veranschaulich:, wie vor der Zeit Listers, des Begründers der Anti- sepsis, eine Operation aussah, und wie sie sich heute vollzieht. Es wird gezeigt, welche primi tiven Einrichtungen im Weltkrieg zur Desin fektion dienen mußten, und welche den höchsten hygienischen Anforderungen entsprechen. Die Wasserversorgung der englischen Großstädte in alter und neuer Zeit wird durch Modelle und Moto- qraphien dargestellt, und die Methoden der Wasser- reinigung werden durch Apparate vorgeführt, die sich in voller Tätigkeit befinden. Alle Infektionskrankheiten, die tm Gebiete des Britischen Weltreiches Vorkommen, sind ausführlich berücksichtigt, ebenso die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung. Die vielen Insektenarten, die als Ileberträger tropischer Krankheiten bekannt sind, die Hilfsmittel der Hafensanitätspolizei zur Bekämpfung der Ratten, der Träger der Pest- bazillen, werden gezeigt. Die Ausdehnung der Seiuhen, z. B. der Malaria, in den Kolonien in früheren Zeiten und ihr Zurückgehen dank den Fortschritten der Hygiene werden an vielen Karten verdeutlicht. Div G «<w e r'b e k ra n? h e i t ein,, die Für sorge für Mritter un- Kind, die Bekämpfung von Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten, die Städte- bauhygiene sind neben allen andern Gebieten der Medizin ausführlich berücksichtigt. Modelle von ganzen Krankenhäusern sind in diesen Mteilungen ausgestellt. Der Medizin aller Zeiten und Völker sind zahlreiche Sammlungen von Instrumenten, Kleidungsstücken, Zaubcrmitteln, gewidmet. Dabei zeigt sich, daß sich noch viel abergläubische Ansichten in der Volksmedizin der Gegenwart von den älte sten Zeiten her erhalten haben. Die Medizinische Ausstellung umfaßt die Räume, die im vorigen Jahre von Armee, Marine und Luftschisfahrt eingenommen wurden. Es ist zu hoffen, daß man sich in Deutschland recht viel von der Ausstcllungstechnik dieser Veranstaltung an eignet. im Augenblick für seine tief verstörte Seele bas Nötigste, Las Dringendste war — Mlenkung, Be täubung — Ilebertäubung der so qualvollen Schmerzen, die ihn peinigten. Gert trank seine Flasche leer und eilte heim, um rasch alle Vor- kehrungen zu treffen, die diese Reise erforderte. Auch seine Eltern gedachte er, in sein Vor haben einzuweihen. Alle diese Dinge tat er wie im Traume. Seine Eltern hörten von dem plötzlichen Reiseplan mit Ueberraschung. Der Vater — absoluter Geschäftsmann, freute sich dieser selt samen Wendung, hoffte nur, dass sie zum guten Ende führen und dass die beiden Heirats kandidaten Gefallen aneinander finden würden. Gerts Mutter, eine feine, zarter besaitete Natur, von der der Sohn den künstlerischen Zug geerbt, der ihn zur Musik trieb, sie hörte die Sache bedenklicher mit an und nahm den Sohn, nach dem der Vater praktische Winke und Richtlinien für die diplomatische Führung Sache gegeben, eilig beiseite und fragte ihn unter vier Augen, ob er wirklich entschlossen sei, ein Mädcl-en um eines geschäftlichen Vorteils willen, fürs Leben an sich zu ketten. Gert schüttelte traurig den Kopf. Machte Aus- flüchte und sagte, er wolle doch immerhin einmal die junge Dame sich ansehen. Die Mutter sah ihm scharf in die Augen, ent- deckte dort Verstörung, Herzensqual und Leiden, sah die Blässe ihres Sohnes und die schmerzhaft gekniffenen Lippen, die sonst so übermütig zu lachen liebten. Sie hob drohend den Finger und sagte: „Mein lieber Junge, ich sah es seit einiger Zeit schon mit Leid, daß du nicht glücklich W. Hoffte immer, du würdest mich ins Vertrauen ziehen. Ich habe so eine Mnung: du hast Herzenskummer, willst dich nun in diese Ge schäftsheirat stürzen, nur um eine andere, viel leicht unglücklichere Neigung zu überwinden und vergessen." (Fortsetzung folgt.)