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sergipfel des Springbrunnen- in tausend glän zenden Farben brach. Der Fußboden war mit kostbaren Teppichen belegt und an den Wänden umher hatte der Gärtner eine Füll« von blühen den Bäumen und duftenden Blumen angebracht, woran die üppigen Gärten jener Gegenden so reich sind. So glich das Ganze eher einem Feengarten als dem Prunkzimmer eines Scheiks. Auf dm Eintretenden machte die Haltung dieser orientalischen Gruppe einm fast zauber haften Eindruck; der Scheik, ein schöner Mann von etwa 40 Jahren, auf dessen regelmäßig ge formtem Antlitze die Strahlen der brennenden Sonne Afrika's beinahe keine Fardenveränderung hervorgebracht hatten, saß unbeweglich auf dem Divan, und neben ihm in derselben Stellung— mit ul.tergcschlagenen Beinen — sein Bruder, dessen Gesicht jedoch wesentlich von dem Abu Hassans abwich. Ibrahim mochte etwa fünf Jahre jünger sein als der Scheik; sein braunes Gesicht wm de von einem schwarzen, ziemlich wirr gekräuselten Barte in noch schwärzere Schatten gehüllt, und aus den tief liegenden Augen blitzte zuweilen ein Feuer, das unheimliche Gefühle er regen konnte, während dagegen das tiefbraune Auge des Scheiks sich mild und ruhig bewegte, und sein längerer brauner, fein gekräuselter Bart seinen regelmäßigeren Zügen eine Art von Ari stokratie verlieh, der man die gebührende Ach tung nicht wohl versagen konnte. Mit einer leichten Bewegung seiner Rechten begrüßte mich der Scheik, als ich eintrat, und sein Salaam mit einer tiefen Verbeugung erwi derte, wies mir hierauf meinen Platz neben sei nem Begleiter an, und befahl durch ein stummes Zeichen seinem Diener, das Mahl auszutragen. Dufts war sehr einfach; es bestand aus einem Pillau von Reis mit gekochten jungen Hühnern und Schöpsenfleisch, einigen Seefischen und den auserlesensten Früchten des Landes, als Oliven, Datteln, Feigen, Bananen, Apfelsinen, Granat äpfeln und Ananas. Alle diese Speisen wurden- der Reihe nach mit den Fingern aus der Schüs sel genommen, wobei meine orientalischen Freund« eine unnachahmliche Grazie entwickelten. Sie erhoben nämlich die Hand, indem sie alle fünf Finger zusammenlegten, führten diese in leichten Bogen gegen die Schüssel, ergriffen alsdann ei nen mäßigen Bissen und brachten diesm ebenfalls «ft einer geschwungenen Bewegung Mch dem Munde, wob« sie sorgfältig darauf achteten, we der ihre Fingerspitzen mehr als nöthig zu verun reinigen, noch etwas von den Speisen an den Part zu bringen. Sowohl vor der Mahtzeü, als zwischen jedem einzelnen Gange, brachte» Dimer einem Jeden der Gäste Wasser zum Händewaschen. Meine Ungeschicklichkeit in dieser Art, sich bei Tische zu bedienen, mochte dem Schelk auffallen, denn er sagte mit einigem Lächeln: „Löffel, Mes ser und Gabeln besitzt mein armes HauS nicht, daß ich dich, o Fremdling, nach deiner Bequem lichkeit bediene, aber ich denke, du sollst dich im Uebrigen nicht zu beklagen haben." Als ich hier auf versicherte, mich in allen Beziehungen bereits genugsam eingewohnt zu haben, fuhr er mit et was satyrischcr Laune fort: „Die Franken halten- uns wegen dieser Gewohnheit für unreinlich, al lein wir überlassen die Zubereitung und mund gerechte Zerkleinerung unserer Speisen den Die nern, wer wollte auch bei Tische Sklavenarbeit thun? Wir waschen vor und nach der Mahlzeit unsere Hände, ihr aber küßt beim Kommen und Gehen oft die ungewaschenen Hände eurer Gast freunde. Wenn ihr raucht, so ist das Gefäß, in welchem der Tabak zu schmutziger Asche ver brennt, bei euch das kostbarste, und ein stinken des Horn steckt ihr in den Mund; bei unfern Pfeifen besteht das Mundstück aus köstlichem Bernstein, der Pfeifenkopf aber ist schlechte Sie gelerde. Gibt nicht euer Prophet Issa ben Mir jam der Gekreuzigte die Lehre: ihr sollt an Leib und Seele rein sein, und doch laßt ihr eure Hände von Hunden lecken und besudelt eure Denkkraft durch Trunkenheit? Aber ich will dies nicht weiter verfolgen, denn es ziemt sich nicht, mit dem Gaste zu hadern, auch weiß ich, Ibra him hat uns Etwas von seinem gestrigen Streif zuge zu berichten." Ich war froh, auf diese Weise peinlichen Er örterungen entgangen zu sein, und lenkte nun, nicht ohne im Stillen den Scharfsinn, sowie die feine Wendung Abu Hassans bewundert zll ha ben, meine Aufmerksamkeit darauf, was Ibra him wohl berichten werde; denn dieser war mit der Wüste, ihren Schrecken und Wundern mehr bekannt, als irgend einer, denn er war gleichsam darin aufgewachsen und hatte manches kühne Abenteuer bestanden.