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>««» « Motorrad und Liebe Langsam knattert ein kräftiggebautes — ich schätze 6 P. S. — Motorrad neuesten Modells durch die frühlingshclle Straße; in gemächlichem Bummler- schritt, mit verhaltener Kraft. Nun wendet es und schlendert noch einmal die Straße entlang. Die Lederjacke auf dem Motorrad, eine Zigarette im Munde, mustert die Passanten. Die Passanten mustern die Lederjacke. Ein paar Mädchen lächeln. Solche und solche. Aber auch nette, anständige Mäd chen lächeln. Warum sollen sie cs nicht, da doch der Soziussitz hinten noch frei ist, als wollte er sagen: Bitte nehmen Sie doch Platz, mein Fräulein, die Frühlingswelt ist weit und schön. Sehen Sie, wenn man diese lärmende langweilige Großstadt- straße immer geradeaus fährt, ist man in wenigen Minuten in blauer Ferne, im Unbekannten . . . Die Lederjacke ist abgesticgen. Der Motor ist ver- stummt. Dafür aber spricht sein Herr um so ein dringlicher mit einer der jungen Damen von vorhin. Sie trägt ein reizendes, ganz eng anliegendes beige- farbiges Kostüm mit einem roten Hütchen. Nach ihrer Gebärde und dem Gcsichtsausdruck zu schließen sagt sie: Nein, danke, auf keinen Fall — Die Leder jacke sagt sich höre cs nur pantomimisch von meinem Bcobachtungsstand hinter der Litfaßsäule): Aber bitte, versuchen Sie es doch, gnädiges Fräulein, nur eine kleine Probefahrt. — Ls folgt eine nicht mehr so schrofkc Ablehnung und eine noch viel he'ßere Ein- ladung. Und daun — mein Gott, ich bin überrascht, macht er den Motor obfah'-tsertig. Aber nun wird » schwierig. Das Fräulein soll in den Sattel, getraut sich nicht, möchte noch im letzten Augenblick am lieb sten zurücktreten. doch was sollen die neuaierigen Leute ringsum denken! Das Frönlen, wird über iwd über rot — es kleidet sie entzückend — endlich sitzt sie: aber wie. Man merkt, daß sie noch nie auf ein-m Motorrad geiessen bat. Nun nfcilen sie d"von. Und zwei »arte 'A'w" schlingen sich angstvoll hilfesuchend um die Lederjacke. Es knattert ringsum, Benzinwolken stäuben, die ganze Welt fährt Motorrad hundert nuancierte Huven, hunde'-t nuancierte Nücksitze, legitime und ille gitime, zärtliche und sportliche, nur für einen Sonn tag und solche fürs ganze Leben, erste Liebe und letzte Auskahrt . . . Ach dieser Soziussitz, dieser zweite, etwas erhöhte S"itrs! Borne tb-ont G, der L"nker in Leder, der Msichtae. Herr ähar sechs Nfe^de htf in einem fort rrnlodicr"« und einen Lärm machen, wie ei"" Mustern«,. Watzin er will, muß auch üe wallen, oh sic null oder nicht. Herr, wohin d» fäh-st. d" fahre auch ich. bleibt ihr anderes jib->a?> Ab-r schn--rtz<> mich, lütte, nicht nm und überfahre keine Hunde: das vertrage ich nicht. Was. du fährst nach Schkeuditz? Und ich wollte doch nach Dresden! Aber was nützt der Protest Sie kann all--nsnss«; tn den L^d'-dreß kne'fen das snsirt man nicht. Solange er auf dem knatternden N"de sitzt, ist e r d^ Herr. Nachher allerdings ändert sich mitunter die Situation. — Und wie sie oben sitzen! Daran erkennt man alles. Nichts ist einfacher als die Psychologie des zweiten Sattels Dort dieses Fräulein in weißer Bluse, wehendem Apachcnschal und flatternder Hut- schleif«, mit ziemlich hochgcrutschtem Rack und bis an die Knie sichtbaren Seidenstrümpfen, das ist eine sehr, aber schon sehr routinierte Gelegenhcitsfahrerin. Sie sitzt da wie auf einem hohen Parstuhl, die Hände lässig im Schoß, wenn sie nicht gerade Richtungs zeichen geben: linksherum, rechtsherum. Jene Blon dine mit dem wunderschönen, schl chtcn, enganliegen- Haar trägt ihre Lederjacke noch nicht lange. Sie ist ein Brautgeschenk. Ihre Hände liegen, mehr aus Zärtlichkeit als aus Sicherheitsgründen. leicht und graziös an den Hüften des Fahrers. Zwischen dem Herrn und der korpulenten Dame in karierten Breeches, mit Lederhütchen und grünem Schleier ist kein besonderer Kontakt', sic sind verheiratet. Die Kleine »a Hut sich ganz eng an den Fahrer gekuschelt, sie verschwindet fast hinter seinem breiten Rücken, sie täuscht Aengstlichkeit vor, um ihre Arme recht fest nm ihn schlingen zu können. Ach dieser Soziussitz! Ich bin fest überzeugt, daß das Motorrad nur wegen des zweiten Sattels erfunden wurde. Er schafft eine ganz neue Form des Flirts. Wenn ein Motorrad mit leerem -weiten Sattel lang- sam durch die Straßen fährt, so ist das eine heim- liche Aufforderung, ein verstecktes Suchen. Mein schönes Fräulein, darf ich's wagen, Ihnen meinen v P. S. mit federndem Rücksitz, Getriebe, elektrischer Zündung und allen Schikanen anzutragen? — Dieser zweite leere Sattel verpflichtet. Er ist die Gelegen- heit, die Liebe macht. Die Anschaffung eines Motor rades ist eina Kleinigkeit — aber was einen der rades ist eine Kleinigkeit — aber was so ein Teil- habersitztz kosten kann...! k4sk Der Hofzug de» Bayernkönig» Ludwig H. Der prunkliebendc bayrisch? Ludwig II., der E.bauer der bayrischen Kön gsschlösser, hatte sich bei Kramer- Clett !382 einen Hofzug erbauen lassen, der wohl der reichste und luxuriöseste Eisenbahnzug der Welt sein dürfte. Der Zug, der jetzt im Eisenbahn museum in Nürnberg ausgestellt ist, besteht au» sechs in tiefem Blau gehaltenen Wagen. Der durch eine große auf dem Dach befindliche goldene Krone gekennzeichnete eigentliche Kön gswagen ist mit einem unter dem Dach hinlaufenden vergoldeten Fries mit Genien, dem Kön gswappen und dem von vergoldeten Kränzen umgebenen Buchstaben L geschmückt. Im Innenraum sind goldene Derzie- rungen fast bis zum Uebermaß angebracht, das Mobiliar besteht aus blauseidenen Sesseln und Marmortischen, die Wände sind mit blauer Seide überzogen. In einem Seitenabteil befinden sich zwei Betten. Dem Königswagen angcschloffen ist ein Aussichtswagen mit großen geschliffenen Glas' fenstern und zwei kleinen offenen Terrassen mit Sitz möbeln. Die übrigen Wagen bestehen aus einem Gepäck- und einem Küchenwagen und aus W"gen für die Begleitung des Königs und die Dienerschaft. Prinzrcgent Luitpold von Payern und König Lud» wig lll^ hatten die Benützung dieses Hoszugs üb' gelehnt. Die billigste Reklame. „Die billigste Reklame ist die Zeitungsanzeige"', erklärte der hervor- ragende englische Reklamesachverständige Sir Charles Fiaham in einem Bortrog, den er vor der Londoner Handelskammer hielt. „Eine Seite mit Anzeigen in jedes Haus des Bereinigten Königsreiches zu bringen, kostet weniger als ein Fünftel Penny. Um eine Post karte in jedes Haus zu bringen, braucht man schon einen Penny für die Karte, ganz abgesehen von den Druckkosten. Und dann ist es immer erst eine Post karte gegenüber einer großen Zpitungsseite. Was für eine Macht liegt in der Zeitungsanzeige? Line Seite ist groß genug, um jedem etwas Interessantes mit- zuteslen, und durch die Möglichkeit, diese Nachrichten in schönem und klarem Druck in alle Familien zu bringen, wird die Zeitung der große Marktplatz der Welt, das billigste Mittel, seine Waren zu verkaufen, und der Weg der Reklame, der die geringsten Kosten verursacht. Ls ist für die Lcscrwelt von großem Nutzen, nicht nur die Neuigkeiten aus aller Welt zu erfahren, sondern auch die Neuigkeiten über die Dinge, die es sich lohnt, zu kaufen. Jedermann kann sich heute einen gewissen Lnxu« gestatten, w?il die Industrie so vieles darbietet, und nur durch die Erleichterung des Vertriebes, den die Anzeigen ver schaffen. lohnt sich die Herstellung von Massenartikeln. Sonst könnten sich die Hersteller von Luxussachcn nur an ganz wenige wenden, und diese müßten ent sprechend teul'r sein. Gute Waren, gut angezeigt — das ist der Weg um Reichtum. Schlechte Waren können nicht gut angezeigt werden, weil sich die Aus- gaben des Anze'gens von schlechten Sachen nicht ren- tiercn. Ich glaube, daß die Z"it kommen wird, wo man Ideen so allgemein anzeigt wie Zahnpulver. Sic werden ralch beweisen, ob sie wertvoll oder wertlos sind, wenn dies geschieht, gerade wie es bet dem Zahnpulver der Fall .st." Raffte» Stil. Ein reichgewordener englischer Schieber hat sich von den Geschäften zurückgezogen und sein Geld in einem herrschaftlichen Gutsbesitz angelegt. Da er hier seinem Reichtum entsprechend gern ein« Rolle spielen möchte, hat er dem „Daily Expreß" zufolge an seine Nachbarn den folgenden Brief gerichtet: „Der Unterzeichnete gibt sich die Ehre, einem hohen Adel mitzureilen, daß er Schloß und Gut von... käuflich erworben hat. Das Schloß wurde von Grund auf renoviert, und der Unter zeichnete erhofft von der Liebenswürdigkeit Euer Gnaden, daß ihm die Ehre ihres Besuchs zuteil wer- den wird. Er verfügt über Wein«, Liköre und Zi garren erster Qualität. Unser Losungswort lautet: „Wir wolle» gefallen". Chaplin al» Hamlet. Auch Charlie Chaplin hat trotz seines ungeheuren Ruhmes und der Riesen einnahmen, die ihm der Film bringt, seinen Ehrgeiz Wie er überhaupt danach strebt, sich vom Grotesk- komiker fort zum mehr tragischen Schauspieler zu entwickeln, so schwebt ihm al« höchstes Ziel vor, den Hamlet zu spielen. Der bekannte amerikanische Shakespeare-Darsteller Sothern, der ein guter Freund von Chaplin ist, erklärte den kanadischen Blättern, daß Chaplin den Hamlet studier«, und er zweifelt nicht daran, daß er großen Erfolg haben werde. „Chaplin ist sicherlich ein großer Schauinieler", sagt er- „Er ist klug und fleißig; er sieht interessant aus. Warum sollte ihm nicht ein glaubhafter Hamlet ge lingen?" Ehereform lo Togo. Di« Ehereform, die in der modernen Literatur ein« so große Rolle spielt, ist jetzt endlich ernstlich in die Weg« geleitet, und zwar in — Togo, dem einstigen deutschen Schutzgebiet, das der Versailler. Vertrag den Franzosen als „Mandatsgebiet" zuqesprochcn hat. Der französische Regierungskommissar von Togo. Herr Bonnecarrere. hat für die Eingeborenen ein Eheg«setz ausqearbeitet, besten Einführung soeben verordnet worden ist. Das neue Gesetz enthält die über raschende Bestimmung, daß die Hochzeit der Verlobung innerhalb einer bestimmten Frist zu folgen hat. In dieser seltsam berührenden Bestimmung gipfelt sogar die ganze Reform. Zum Derst' ndnis muß man wissen, daß die Eingeborenen von Togo bisher die Gewohnheit hatten, sich mit ganz kleinen oder gar noch ungeborenen Mäd- chen zu „verloben", weil der den Eltern zu zahlende Preis der Braut desto geringer war, je weniger Jäher die Braut zählte. Die Folge dieses Brauches war. daß der Bräutigam oft ein bejahrter Mann wurde, ehe er seine Braut helmsühren konnte, wodurch Schaden verschiedenster Art verursacht war- den ist. Der Regieruugskommissar von Togo ver- sichert, nirgends würden so viele Ehen gebrochen, wie in Togo. Das neu« Eheg«setz soll nun Abhilfe schaffen. Der Reqierunqekommiflar hat den ihm unterstellten Behörden aber größt« Vorsicht bei Durchführung der Reform zur Pflicht gemacht, da- mit die Eingeborenen durch diese Antastung ihrer Sitten nicht erbittert werden. Leipziger Kino «pollo-Lsteater. „Mutter Dona« — «ater Rhein'. Ein Ftlmstngsptel bietet siet» eine angenehme Abwechslung im Programm eines grotzstüdtischen Licht- spielhauscS und wird vom Publikum dankbar und freudig ausgenommen. Um so mehr, wenn eS sich um ein Werk handelt, das eine reizende Handlung mit ganz prüchttgen LandschaftSbtldcrn vereint. Die Schriftstellerin Therese Gruber wird von ihrem Pslcgebruder Gaston, einem Musikus, umworben. Ihr Herz gehört jedoch dem Passauer Komponisten Rudols Raumer, einem Studien- freunde GastonS. Therese versaht ein nationales Poem, das «m ganzen Lande mit großer Begeisterung auf- genommen wird. Die «omposttion der Hymne wird zum Gegenstand eine» Preisausschreiben« gemacht. Gaston beschlicht, unter ollen Umstünden, sei eS auch auf unred- liche Weise, den Preis zu erringen und damit gleichzeitig Vovverstsq, ckeu 1. die Zuneigung der Pslegeschwcster. Er reist nach Passau zu seinem Freunde, erfahrt, bah dieser schon eine Melodie zu den Versen geschrieben hat und kaust sie ihm für schnödes Geld ab. Rudols lüht sich zu dem Geschüst nur herbei, um Geld zur Pflege seiner kranken Mutter zu erhalten. Die Komposition wird preisgekrönt, der Betrug glückt und Gaston verlobt sich mit Theres«. Aber e« ist nichts zu fein gesponnen . . . Ein unfreiwilliger Zeuge des unfairen Geschüstö arbeitet an der Enthüllung des Schwindels und führt eine Zusammenkunft zwischen Raumer und der Schriftstellerin herbei. Die Aussprache lüht die gegenseitige frühere Sympathie wieder lebendig werden und setzt Therese vom Betrüge ihre« Verlobten in Kenntnis. Da die Schriftstellerin für ihren Pflege bruder keine wahre Liebe zu empfinde« vermag und andererseits für Raumer eine unbegrenzte Zuneigung in ihrem Herzen trügt, schlicht sie mit dem wesensvcrwandten Komponisten ihres Werkes den Bund fürs Leben. — Aus dem stimmkrästtgen Quartett, das die verschiedenen Gc- sangSetnlagcn wirksam zu Gehör bringt, tst besonders der lyrische Tenor hervor,uhcben. Im Beiprogramm solgt ein spannender Wildweststln, „D e r B l i tz b e i h e r'. WeltthraterLtchtsplele. „Der grüne Reiter'. Eine Rekordleistung hat die Direktion mit dem Programm dieser Woche ausgestellt. Siebzehn Akte rollen bet einer Vorstellung über die Leinwand und nehmen den Zuschauer langer als drei Stunden gefangen. Zum ersten Male wird in Sachsen der allenthalben mit Rtesenbegcistcrung aufgenommene internationale Sport- und Lebcweltsilm „Der grüne Retter' (nach dem Roman „Der grüne Jockei' von Drucy Lane bearbeitet, aufgcfllhrt. Eine rauschende Sinfonie von Liebe. Leidenschaft und Le benslust klingt aus dem fesselnden Werke. Dem Nicht eingeweihten entrollt sich ein lebenswahres Bild aus den Treffpunkten der Hochstapler. Er sicht raffinierte Halbweltdamen, gewiegte Buchmacher, MeistcrjokeiS. Er erlebt wilde Rennen mit. die den Atem stocken lassen. Ein fabelhaftes Aufgebot an edlen Vierfüßlern und herrlichen Rassehunden ist in den Dienst des Films gestellt worden. Die Handlung zeigt ein rasendes Tempo und wird von Darstellern getragen, die ihrer Ausgabe vollauf gewachsen sind. Lebenswahr tst die Wiedergabe eines Autounglückes, dem ein amerikanischer Baron zum Opfer füllt. Ter grauenerregende Anblick bohrt sich ins Gehirn und peitscht den Besucher zur höchsten Ekstase. Das Milieu wechselt stündig — kaum sind wir auf einem Ozean dampfer, fesseln im nächsten Augenblick schon Szenen aus einem New Yorker Salon oder dem Rennplatz. Klare und originelle Aufnahmen zeichnen den Film aus. — Der zweite Teil des neuen Programms bringt ein Sitten- drama mit kriminellem Einschlag: „Gauner der Ge sellschaft'. Neben einer nicht alltäglichen Handlung bat eS den Vorzug einer fehr soliden und charakteristi schen Darstellung. Tah die Hauptrollen von Charles Willy Kaiser und Rita Clermont verkörpert wer den. garantiert dir Qualität des Films. Die dritte Etappe de« RtescnprogrammS stellt der sensationelle SechSatter .DerTodeSkuh' dar, über de« schon aus führltch berichtet wurde. vovoEU «juck Covttncntal-^krätrr. Billiger unck rpawam« im VerxUelb «I» Leck«» »drätr«. Qrrrcü äeo neuen Lpa^cell O. K. k. bleibt cker ^brrtr immer xerrcke unä irt äackurcü restlos »usrunutrea. Tnp nur MLnentÄ LrUstScd b«l jecke» 54 mehr taufrischen Katharina, als er durch Blatt aus der Zufriedenl)eit seines Befinaens jah hcrousgerisseu wurde. Wahrend Katharina Mikulewskaja einen seelenlosen Körper an >hrrn Busen preßte, schlich sich auf Dcahtbcfchl Mr. Porridges Seele nach Watlings-Island unv fand sich in der Sternwartenkuppcl Bratts wieder, wahrend die Affcnseele in die Arme der Fürstin umzog. Mr. Porridges Körper war aus dem Zu- stände der Bereisung noch nicht ganz befreit, und als Porridgc gleichsam in neuer Umgebung erwachte,' fror er. Bon der Wärme der Ge liebten bis zur Kühle seines eigenen Gefrier fleisches war doch ein gewaltiger Schritt. Es war nicht wie im Märchen, da er fragte: wo bin ich, sonSern, da er sich sofort in einem an der Wand aufgehängten Spiegel erkannte, brüllte er auf, voller Wut. Es sei eine unerhörte Freckcheit, ihn aus dem glücklichsten Traume seines Lebens zu reißen, und er lege nicht den geringsten Wert darauf, wieder der richtige Porridgc zu sein. Das faule Spießerleben habe er satt, mrd ein Gott habe ihn mit Freude überschüttet. „-Aber nachher, Mr. Porridge, kommen Sie doch zur Vernunft! Sie müssen zu Ihrer Gattin zurück." „Niemals!!!" Wir, die wir wissen, welche Abenteuer dem ruhigen Porridge in den letzten Wochen ge schenkt waren, können ihn sicher verstehen. Wenn einer der Liebling aller einsamen und männersuchenden Frauen sein kann, wenn er verwöhnt und verzärtelt wird, wie ein Schoß- Hund, dann hat er kein Verlangen mehr, zu einem Weibe wie Ridgcn zurückzukehren, die Pflaumen vom Kerne knabberte, während die Zähne im Wasserglas schlummerten. Brott hatte Mühe, den guten Porridge zur Vernunft zu bringen, und schließlich mochte der einsehen, daß er jetzt nie wieder aus seiner richtigen Haut herauskam. Am nächsten Morgen, mit völlig aufgeklär- tem Körper, einem Mordshunger und in schlech tester Laune verließ er Watlings-Island. Bratt hatte Mrs. Porridge durch Radio be- nachcichtiat. Dem Glücke eines jäh durch Pot getrennten Eh^riaars stand nichts mehr im Wege. Nidgen war überglücklich, ihren Porridge wicderzubekommen, und erwartete ihn am Kai. Mr, Porridge aber wurde sofort verhaftet, weil Bratt vergessen hatte, die neue Seelen wanderung der Polizei zu melden. Mister Porridge aber grinste vor Freude. Es gab noch eine Wahl. Ridgen oder Gefängnis? Nur Gefängnis!!! Er hatte in den Armen einer russischen Fürstin gelegen, die Goldrubel besaß. * * - * Katharina Mikulewskaja erwachte jäh aus ihrem Rausche der Verliebtheit. Sie ahnte nicht, daß eine Affenseele sie nicht mehr ver stand. Aber ein kräftiger Biß in ihre Gurgel chokierte sie. „Aber Charlie! So leidenscljaftlich!" Dem Affen uxrr es im Augenblick nur darum zu tun gewesen, sich aus der Gefangen schaft ihrer Arme zu befreien. Der Affenpot beruhigte sich schnell. Ohne ein Wort zu v?» lieren, trank er rasch die beiden Gläser Cbam». pagner aus, die auf dem Tisch standen, steckt« sich alle Taschen voll Konfekt, fletschte Pots Zähne und kratzte sich an einer Stelle, wo ein gewisser Körperteil auch der edelsten Rücken- linie ein energisches Halt zuruft, und verließ dann auf allen Bieren das Zimmer. Mr. Pot-Porridge-Affe, der nie wieder in der Wohnung der Fürstin gesehen ward, wurde seitdem von vielen Louten wegen seines selt samen Benehmens beobachtet. Tagelana soll er im Tierparke vor den Käfigen der Affen ge sehen worden sein, und in seinen Augen habe — so versicherte eine Dame der Heilsarmee — unendliche Traurigkeit gestanden. Affenartig aber paßte sich der neue Pot-Porrid^c dann seiner Mitwelt an und zeichnete sich durch Schweigsamkeit, geschmeidiges Wesen und Unterwürfigkeit aus. -Denn wir hier seiner Zukunft voraus.,greifen dürfen, so wollen wir gern erwähnen, daß dieser interessante Mann mit. seinem eigen artigen Ruhm als Seelemoanderer, der keinem widersprach, in politischen und wirtschaftlich»!, Dingen dumm wie ein Affe war, der ccker ost eine imponierende Brutalität vereint mit gren zenloser Eitelkeit verriet, daß solch ein Mann natürlich berufen war, ein ganzes Volk zu be glücken. Er fand Freunde und Förderer vnrd als Kandidat einer Partei aufgestellt. Und es ist nicht ausgeschlossen, daß er noch einmal zu höheren Ehren gelangt. Wir hoffen für ihn und uns alle das Besse, wenn er sich die kleine Unart noch abgewöhnt, sich in unbewachtem Augenblicken an einer be stimmten Stelle zu kratzen. Als Christine Bejot von Mr. Taylor hörte, daß ihr Geliebter nicht in Gefahr war und es vorgezogen hatte, freiwillig aus Habana zu ver schwinden, war sie zunächst beruhigt. Mr. Tittle sollte jede Stunde von Watlings- Island zurückkommen. Aber er lam nicht. Als dann Porridges Verhaftung in New Port bekannt wurde, hielt sie es nicht länger aus und reiste James nach. Was wollte Bratt tun? Dies junge, schöne, energische Mädchen hatte, als sie Mr. Tittles Abschiedsgruß gelesen hatte, nur den einen Wunsch, ihm nachzureisen und ihn wieder- zufinden. Dom Polarstern aber würbe auf mehrfache Anfrage Störung gemeldet, und eine Trans- lotation war im Augenblicke unmöglich. Christine Bejot blieb als Gast in Watlings- Island und besänftigte sich unter Bratts Lei- tung mit Astronomie, als gäbe es nichts Inter essanteres auf der ganzen Welt. Bratt hatte sich, da Christine ihre Ditte nicht aufgab, heimlich an ihren Vater gewendet, der ihm sofort antwortete. Wenn er auch nichts dagegen habe, daß seine Tochter Weltreisen unternähme, so »erbiete er auf nachdrücklichste, daß sie um eines Mannes S5 willen, -er sie so kompromittiert habe, Stern- reisen unternähme. Das ginge entschieden zu weit! Und der gute Herzog ahnte sicher nicht mal, wie weit! Aber Christine!! Sie lächelte nur, als sie Papas Verbot er fuhr. Nach zehn Tagen kam Anruf von drüben. .Die Strecke war wieder frei. Und Christine Bejot reiste James Tittle zum Polarstern noch. Ihr war auch der alte Bratt nicht gewachsen. Was war auf dem Polarstern inzwischen ge schehen? Mr. Tittle war im Morgengrauen in frem- der Umgebung erwacht, und mußte sich erst langsam zurechtfinden. Das Bett, die Einrich tung, das Zimmer selbst entsprachen ungefähr dem, wie er's von der Erde kannte. Durch einen Blick in den Spiegel stellte er fest, daß er in einer durchaus repräsentablen Erscheinung steckte und sich sehen lassen konnte. Perschiech, tert hatte er sich durch den Umzug nicht! Er kleidete sich hastig an und verließ das Zimmer. In einem entfernten Gemach fand er einen sehr würdigen, alten Herrn, der ihn freundlich grüßte. Zwar verstand er die Worte nicht, doch war er nicht wenig erstaunt, mehr mals seinen Namen nennen zu hören. Der alte Herr, der, nach der Aehnlichkeit zu schließen, sein Vater sein mußte, bedeutete ihm durch eine Geste, Platz zu nehmen, und sprach dann in einen Apparat, der ein Televhon sein konnte. Als die Verbindung hergestellt war, rief er James heran. Mr. Tittle blickte auf eine von unten er- leuchtete 'Mattscheibe, auf der im Auoenblick das Bild eines Mannes erschien, sich bewegend wie ein Bild im Film. Die Aehnlichkeit war so groß, daß Mr. Tittle zuerst glaubte, wieder in einen Spiegel zu blicken. Jetzt begann das Bild im besten Englisch zu sprechen, und begrüßte ihn. „Guten Morgen, Mr. Tittle. Seien Sie uns herzlich willkommen. Da Sie sich in «nssrer