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hinzu, die wirtschaftlich« Lose Deutschland» mach« die Erhebung der Sohlensteuer unmöglich, und die deutsche Regierung würde die größten Schwierigkeiten haben, den Industriellen dir Sohlen zu bezahlen, die ste Belgien liefern würden. De» Minister antwortet«, diese Zahlung geh« di« deutschen Industriellen und ihre Regierung an, und Belgien werd« die ihm gelieferte Kohle auf keinen Fall bezahlen. Veratung der Reichrkabinettr Berlin, 18. Oktober, («la. T-l.) Wi« wir hören, wird sich das Neichskadi» »rett sofort mit der kategorischen Ab« lrtznnng Poinearö» befassen. Der Dtandpunkt der Reichsregierung wird der gleiche bleiben, wie er sich in den Instruk tionen des deutschen weschSfrsträger» in Paris ausdriickte. Die Behauptung des „Echo de Paris", dah der deutsche Schritt in Brüssel und London vorbereitet wor den sei, trifft nicht zu. Var Seignersche Material (Fortsetzung von Seite 1) Aetgner erklärte weiter: Dor Prozeß gegen die deurschvöUische Partei vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig habe ergeben, daß d« Reichskanzler Tuns die Bildung einer schwarzen Reichswehr -»gelas sen habe und daß als Führer Ludendorff, Lettow- Vordeck und General Märcker ausersehen waren. Wenn Monate lang Studenten ausgebildet würden, dann sei das keine Auffüllung von Fehlstellen mehr. Ob dies Geßlcr bekannt sei, wisse er. Zeigner, nicht. Geßlcr habe es in Abrede gestellt. Es wäre immerhin noch erträglich, wenn eine schwarze Reichs« wshr sich wenigstens aus den Kreisen der Demokratie und der Deutschen Dolkspartei zusammensetzte. Die ganze Bewegung gehe vom Süden nach dem Norden. Da» könne zu einer Katastrophe des Reiches führen. Abg. Dr. Saiser (D.Vpt.): Es wäre bester gewesen, dieser 18. Oktober 1923 wäre in der Geschichte des sächsischen Parlaments nicht erschienen. Denn heute, am Bölkerschlachtegedenktage, sind die ersten Anzeichen eines wiedererwachenden Deutsch lands unseren Feinden preisgcgeben worden. Die Entente hat es nun nicht mehr nötig, zu spionieren. Was an den Ausführungen Dr. Zeigner» wahr oder unwahr ist, läßt sich nicht feststellen. Hier ist nur der Ankläger, aber der Angeklagte kann sich nicht verteidigen. Auf diese Weise kann man kein« Politik machen. Es gibt aber Dinge, die nicht in die Oeffent- lichkeit hineingehören. Richtiger wäre es gewesen, di« Dinge vor einem Forum zu besprechen, wo der Reichswehrminister Gelegenheit hätte, auch seinerseits seinen Standpunkt zu vertreten. Die sächsische Regie rung hat nur Angst vor dem Ende ihrer Macht. Die illegialen Bestrebungen bedeuten doch nur die Sehn sucht des deutschen Volkes nach Wehrhaftigkeit. Die Entwicklung werden Sie, Herr Dr. Zeigner, nicht auf halten können, wenn sie auch noch so sehr gegen die Reichswehr ankämpfen. Abg. Beutler (Dntl.): Namens meiner Partei habe ich zu erklären, daß wir uns an einer Debatte über sie soeben gehörte Erklärung de» Minister« nicht be teiligen werden. Wir halten diese Mitteilungen für einen offenen Landesverrat. Wir bedauern nur, daß die Reichsreqierung noch nicht Mittel und Wege ge funden hat, gegen den Landesverräter vorzugehen. (Der Lärm steigert sich elementar. Abg. Arzt ruft: „Pfui Teufel, eine Schande!" Der Dresdner Polizei- Präsident Abg. Menke springt auf von seinem Platz und ruft in den Saal: „Sie sind der Erste, der an den Latcrnenpfahl kommt!" Zuruf von rechts: „Und Menke kommt daneben!" Minutenlanger Lärm im ganzen Hause. Die Kommunisten schlagen mit den Pultdeckeln. Die Sitzung ist auf eine Weile unterbrochen.) Abg. Dr. Teysert (Dem.) stellt fest, daß Dr. Zeigner schon gestern vor seiner Erklärung Kenntnis davon gehabt haben müsse, daß hinter der Anordnung des Wehrkreiskommando« die Reichsregierung stehe. (Die Sitzung dauert fort.) Vernunft, nicht Gewalt! Frankfurt a. M-, 18. Oktober. (Eia. Tel.) Zn einer „Drohende Wolken" überschriebenen Korrespondenz äußert sich die Berliner Redaktion der „Frankfurter Zeitung" zu der sächsischen Verwicklung folgendermaßen: „Wir haben alles Ver- smndnis für die Sorgen, mit denen man in wei- ten Kreisen die politische Entwicklung in Sachsen betrachtet, aber wir müssen gestehen, daß die Art des Vorgehen«, die der militärische Befehls haber de» dortigen Wehrkreises gegen die sächsisch« Regierung beliebt, kaum mehr gebilligt werden kann. Es sieht beinahe so aus, al» wollte man auf militärischer Seite einen Konflikt mit der sächsischen Regierung heroufbeschwören. Der sächsische Konflikt ist fetzt keine lokale An- qelegenhett mehr, sondern ein Problem der Reichs- Politik. Die Reichsregierung muß sich alsbald darüber schlüssig werden, ob sie dem Militär auf dem bisherigen Wege freie Bahn gibt oder ob sie noch rechtzeitig die politische Vernunft zur Geltung bringen will, bevor schwererer Schaden angerichtet wird. So wie bisher kann man das Ausnahme- regime nicht weiterführen, und es ist Sache des Reichskabinetts, schleunigst ein« Entscheidung zu treffen." Hitler gegen Xahr München, 18. Oktober. Der nationalsozialistische „Völkische Beobachter" und das Kampfbundorgan „Heimatland", die zehn Tag, verboten waren, sind fetzt bei ihrem Wiedererscheinen voll von Kritiken an der Tätigkeit de« G r n e r a I st a a t s - kommissar» von Kahr. Die Artikel dieser Blatt« lassen sich in ihrer Grundtendenz dahin charakterisieren, daß die Absage an den von Kahrge steuerten Kurs erneut in sach- lich schärfster Form zum Ausdruck gebracht wirb. * Der au» der Leipziger Hast entlassene Roßbach wird am Freitag in Münch«» bei einer Feier der Roßbach-Abteilung München und dr» Deutschen Kampfbuude» im Löwenbräu mit einer Rede vor Din, «nhsinger treten. Auch Hitler wird sprechen. Katafirophengefahr für die Ruhrindustri« London, 18. Oktober. (Eig. Lei.) Di« „Dimes" »nv „Daily News" be« schLftige« sich ausführlich mit dem Beschlaft der Nnhriudnftri«lle«, die Arbeite» n ch dem Ltt. Oktober, soweit die ventschen Regierungsii«schasse Oa«i aufhSre«, l-eaen Geldmangels auszus Herren. Die „Times" weist darauf hi«, vast die «ene Lage im Ruhrgebiet -rankreich nicht nur ungeheure Aufgabe« auferlege», sondern auch die separatistische Bewegung er he blich fürder» werd«. Es entstehe eine neue politische Lage, die die Beschichle Europas entscheidend beein- flusten könnte und die die englische Regierung und insbesondere das englische Volk angehe. Die „Dailh News,, fordern den Premierminister auf, sobald wie möglich die Aaltung abwartender Negation aufzugebe» und durch positive politische Erklä rungen der nenen Lage Ltellnng z« nehme«. Köln, 18. Oktober. (Eig. Tel.) lieber die Hal tung der deutschen Industriellen gibt der Bericht erstatter der „Times" im besetzten Gebiet folgendes Bild: Ich bin in der Loge, aus bester Quelle mitzuteilen, daß an einer Konferenz, die Dienstag nachmittag von den Industrieführern abgehalten wurde, die die Ver handlungen mit den Franzosen geführt haben, ein drastischer Schritt beschlossen worden ist. Schon am Montag hatten die Zechenbesitzer sich ent schlossen, nur als geschlossener Verband zu verhandeln. Gestern wurde die ganze Lage von den Industriellen geprüft. Von einer Seit« wurde festgestcllt, daß das Finanzministerium zu dem Schluß gekommen sei, daß es unmöglich sei, gegenwärtig die Sachlieferungen für Frankreich oder irgendwelche Entschädigungs leistungen an die Verbündeten weiter zu zah- l e n. Das finanzielle Chaos, der Verlust der Steuern und der Eisenbahncinnahmen in Rheinland und West falen, die allgemeine Erschöpfung nach dem Ruhr kampf und die dringende Notwendigkeit, die Bevölke rung mit Lebensmitteln zu versorgen, verlangten drastische Maßnahmen und die Beschränkung auf das wirtschaftliche Problem. Wahrscheinlich wür- den sogar die Porschiis se in Papiermark an die Besatzunqsheere singest eilt werden müssen. Die Regierung bereite eine Note an die Verbündeten vor, die baldigst abgesandt werden solle. Es sei den Industriellen damit klar gemacht wor den, daß die Antwort auf die Frage: „Wer bezahlt die Wiederherstcllungskohle?" offensichtlich: „Nicht Berlin!" heißen werde, da die Regierung angezeigt habe, daß weder Zahlungen noch Ruhrkredite weiter gewährt werden könnten. Die letzten Summen aus den Ruhrirediten zur Zahlung der Löhne würden mit Ende dieser Woche erschö pft sein. Die Industriellen hätten eingehende Untersuchungen da heim wie auswärts angestellt, aber niemand habe sich bereit erklärt, Leuten Kredite zu gewähren, deren Eigentum sich in den Händen fremder Truppen be finde und jeden Augenblick enteignet werden könne. Holländische Pankleute hätten es grundsätzlich ab- qelehnt, einer de irischen Firma Kredit zu gewähre n. Auch von England sei unter keinen Umständen ein Beistand zu erwarten. Rur die größeren Betriebe könnten Kredite in Deutschland aufnehmen, die es ihnen ermöglichen würden, für weitere 7—14 Tage Löhne zu zahlen, aber das wäre auch alles. Ihr Besitz an Devisen, erklärten die Industriellen, sei völlig erschöpft. Stinnes und die Lntente-Uommisfion Paris, 17. Oktober. (Eia. Tel.) Der Düssel dorfer Korrespondent des „Matin" meldet (einem Blatte, daß gestern vormittag Herr Stinnes, begleitet von den Herren Klöckner und Bögler, sich bei der interalliierten Kontrollkommission *n .Düsseldorf einfand, wo er nach dem Direktor der Kommission, Franzen, fragte. Dieser war jedoch nicht anwesend. Stinnes und seine Begleiter wurden von dem französischen Direktor Ncvejans sowie Sem Leiter der belgischen Delegation, Nannccort, emp fangen. Stinnes habe sich der Kommission als Wort führer aller Grubeneigentümer vor- gestellt. AI« Inhalt der Erklärung Stinnes' be richtet der „Motin", daß Stinnes mitaeteilt habe, die Industriellen des Ruhrgcbietee seien nicht geneigt, die kostenlose Kohlcnlieferung für Re parationen wicdcraufzunehmen, solange die Be zahlung dieser Lieferungen durch das Reich nicht garantiert sei. Der Standpunkt, den der Vertreter der Alliierten in dieser über zwei Stunden dauernden Unterhaltung eingenommen habe, wird von dem „Matin" folgendermaßen darzestellt: Die Arbeit eines Grubenarbeiter« im Ruhr gebiet bringt augenblicklich den Ertrag von 500 Kuoyramm, d. h. er ne halbe Tonne proTag. Vor dem Kriege war der tägliche Ertrag pro Arbeiter 8S0 Kilogramm. Die Tonne Kohl« wird also an zwei Arbeiter mit 28 Franken ver gütet. Um den Gcstehungsprets einer Tonn« zu erfahren, fügt man normalerweise dem Lohne der Grubenarbeiter eine entsprechende Summe hinzu. Unter den augenblicklich besonders ungünstigen Um ständen muß man sogar 32 Franken hinzufügen. Man kommt so zu einer Gesamtsumme von 60 Franken. Wenn man nun annimmt, daß die Industriellen für die Revaration 20 Pro zent ihrer Produktion umsonst her geben, so kommt der Gestchungspreio der Tonne auf 72 Franken. Der augenblickliche Preis der englischen Kohle entsprechender Qualität beträgt in Düsseldorf 37 Schilling, d. h. 148 Franken pro Tonne. Die großen Kohlenlieferanten de» Ruhrgebiete» können also ihre Kohlen zu diesem Preise verkaufen, während sie ihnen 72 Franken pro Tonne selbst kosten. Infolgedessen kann man ohne weitere» von ihnen verlangen, daß sie 20 Prozent ihrer Pro- duktron gratis für Reparationen her- geben, ohne eine Unterstützung vom Reich zu beanspruchen. Die Tagesleistung eines Arbeiters kann außerdem ohne weitere» von 500 auf 650 erhöht werden. Der deutsche Grubenarbeiter, so schreibt der „Matin", leistet in sieben Stunden Arbeitszeit tatsächlich nur 5)j Stun den Arbeit, während die Grubenarbeiter in Frankreich 8 Stunden arbeiten. Stinnes soll dem „Matin" zufolge erklärt haben, daß da» Problem anders liege, es müsse vom Standpunkt der Hütten industriellen aus betrachtet werden. Der Preis von 148 Franken habe nur ein Interesse für den Ver- braucher in Düsseldorf, der Hausbrandkohle benötige. Dieser hohe Preis werde verursacht durch die hohen Transportkosten. Anders sei die Lage für di« Großindustrie. Hier müsse man den Preis ab Grube in England und Deutsch land vergleichen. Der englische Verkaufspreis betrage 24 Schilling, d. h. etwa 96 Franken. Rach deutscher Auffassung könne dieser Prers auf 14 Schilling, d. h. bei dem augenblicklichen Kur» auf 53Franken herabgedruckt werden. Da die Alltterten zu gaben, daß die Tonne Kohle im Ruhrgebiet 72 Fran- ken Gestehungskosten erfordere, sei die deutsche Industrie in die unmögliche Lage versetzt, die so teure Kohl« weiter zu fördern. Nach dem „Petit Parisirn" soll Stinnes versucht haben, ein« Aussprache mit General De- goutte herbeizuführen. Dieser war jedoch von dem Besuch nicht unterrichtet und konnte infolgedessen Stinnes und seine Begleiter nicht empfangen. Dauernde Zerreißung unseres Eisenbahnnetze» Pari», 18. Oktober. (Eig. Te l.) Havas meldet aus Düsseldorf, daß die französisch-belgische Regie Anfang der letzten Woche in Besprech» n- gen mit Technikern von den deutschen Eisen- bahnen eingetreten sei zur Regelung technischer Fra gen in Zusammenhang mit der Wiederauf nahme der Arbeit durch di« deutschen Eisenbahnarbeiter und anderseits zur Rege lung von Problemen, die sich ergeben au» der Wie deraufnahme der Eisenbahnverbindungen zwischen zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Deutsch- land. Im Einverständnis mit Tirard und Gene- ral Degoutte hatte die Regie in dem zweiten Punkt eine gewisse Anzahl diktatorischer Bedingungen gestellt. Die deutsche Eisenbahnverwaltung hat bekannt gegeben, daß sie diese Bedingungen nicht annehmcn könne, da die Annahme derartiger Bedingungen ledig lich Sache der deutschen Regierung sein könne. Unter diesen Umständen, schreibt Lava», werd« die fran zösisch-belgisch« Regie sich bi» auf weitere» darauf beschränken, nach und noch einen vollständigen Dienst auf den Strecken der besetzten Gebiete herzustellen unter Ausschluß jeder Wiederauf nahme der Eisenbahnverbindungen mit der deutschen E i s e n b a h n v e r w a l - tu n g. . Sozialistisch« wirtschaftrkonferenz in Lhemnftz Dresden, 17. Oktober. Di« Nachrichtenstelle der Stoatskanzlei verbreitet folgenden Aufruf: „Die drei unterzeichneten Minister fordern di« Betriebsräte, Kontrollausschüsse, Gewerkschaften, Ortskartelle und Konsumvereine Sachsen» auf, für Sonntag, den 21. d. M., eine Konferenz zu be- schicken durch Delegierte ihrer Organisationen, um über Mittel und Wege zu beraten, wi« Arbeit und Ernährung der werktätigen Massen sicher-» st eilen sind. Die »nter-eichneten Minister wollen alle Maßnahmen mit den notleiden den werktätigen Schichten sachverständig beraten. Die Konferenz beginnt vormittags 10 Uhr im Volkshause zu Chemnitz, Zwickauer Straße 152. gez.: Georg Graupe, Arbeitsminifter, Fritz Heckert, Wirtschaft-Minister, Paul Böttcher, Finanzminister." Var Programm der thüringischen Regierung Weimar, 17. Oktober. (Eig. Tel.) Rach der gestrigen Neubildung der sozialdemokratisch-kom- munistischen Regierung trat diese heut« mit ihrem Regierungsproara mm vor den Landtag. Staatsrat Frölich führte dabei u. a. au«: Der Ausnahmezustand im Reiche, der nach Angabe der Reich»regierung gegen die monarchisch-faschistisch« Diktatur in Bauern gerichtet sein sollte, richtet sich in Wahrheit fast ausschließlich gegen da» werk- tätige Volk im ganzen Reich» und mit besonderer Wucht gegen dos „rote" Mitteldeutschland. Die thüringische Regierung fühlt sich in erster Lin« al» die Beschützerin der notleidenden und ausaebeuteten Massen. Der erste und ausschlaggebend« Schritt für eine effektive Anpassung des drohenden wirtschaft lichen und finanziellen Zerfall» ist die Erfassung der Sachwerte durch do» Reich, der »weite die Schaffung eine» Handelsmonopols nach russischem Muster. Die thüringische Regierung wird mit der gleichen Energie . eintreten für die Durch- führung einer wirksamen Produktions kontrolle unter Mitarbeit der werktätigen Be völkerung für unbedingte Aufrechterhaltung de» Achtstundentage» und für die Aufrecht erhaltung und Erweiterung der Rechte der Betriebs räte, der Gewerkschaften pnd aller sonstigen Arbeiter rechte. Mit besonderer Sorge wird die thüringische Regierupg in der Geltendmachung ihres Einflusses auf die R e i ch s v o l i t i k verfahren. Sie wird als der entschiedene Anwalt der gesamten werktätigen levölke- rung alle politischen Maßnahmen ergreifen, um die dringend« Gefahr der großkapitalistisch-militärischen Diktatur abzuwehren und die Wiederherstellung ver fassungsmäßiger Zustände zu erkämpfen und sicherzu stellen. Di« Polizeibehörden innerhalb de» Lande« werden verstaatlicht und unter die Leitung -uoer- lässiger republikanischer Führer gestellt. Zum Schutz der Verfassung werden die in Bildung begriffenen republikanischen Notwehren ausge- baut und neu geschaffen. Di« thüringisch« R«gte- rung erklärt ausdrücklich, ein« Regierung d«r unner- brüchlichen Treue znr Reich»cinheit zu sein. Xartoffelrvitch«r Aeonkftrt a. N-, 18. Oktober. (Eig. L«l.) Bon der Mannheimer Duch«rpoliz«1 wurd« der Dor stand de« Bauernverein« Labenburg fest- genommen, weil er in einer Bersammlung dir Mit- alte der aufgefordert haM, für den Zentner Kartoffeln d«n Prel« von 1 G»Id«art zu vortangon. S«r süchfischon vildungrpokitist Bon sachlich zuständiger Seit» erhalten wir fol- »ende Zuschrift. Vor einiger Zeit gingen Nachrichten über den in «inem Entwurf de» Oberreaierunasrat» Dr. Wünsch« niedergeleaten Plan der sächsischen Re-ieruna betreffs Umgestaltung de» höheren Schulwesen» Sachsen» durch die Presse. Der Entwurf Dr. Wünsche» lauft auf eine völlige Zertrüm- merung der bestehenden sächsischen höheren Bil- dungsanstalten hinaus, denn er fordert, daß künftig alle Schüler dlc achtjährige Volksschule sollen durchlaufen müssen — also eine achtjährige Grundschule an Stelle der reichsgesetzlich festgelegten vierjährigen! —, und läßt darüber hinaus nur noch einen vierjährigen Oberbau zu. Al» eine wie ernste Gefährdung diese Bolschewisierung der höher :r Bildung in Sachsen für die geistige Kultur Deutsch- lands überhaupt und nicht zuletzt ftir die aufstrebende Bevölkerungsschicht der Angestellten empfunden wird, davon legt folgendes Schreiben der Zentrale d,sGewerkschaft»bunde«derAnge stell- ten an den sächsischen Minister ftir Volksbildung Zeugnis ab: „Sehr geehrter Herr Minister! — Der Gcwcrk- schaftsbund der Angestellten (GDA.) verfolgt mit ernster Besorgnr» die Bewegung zur Reform de» höheren Schulwesens im Freistaat Sachsen. Wir haben unsere Bedenken beim Reichsministerium des Innern zum Ausdruck gebracht und bitten Sie, Herr Minister, davon Kenntnis zu nehmen und den Grün den Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, die vom ge werkschaftlichen Standpunkt dieser Bewegung ent gegenstehen: Ein starke» Ressentiment gegen die höheren Schu len überhaupt, eine heute nicht mehr zeitgemäße Be fangenheit rn aufklärerischen Gedankengängen und endlich in wissenschaftlicher Anspruchs losigkeit wurzelnde Ueberschätzung gewisser ex- perimcntalpsychologiscl)er Forschungsergebnisse bei den Trägern dieser Bewegung r erklärt ihre Ziele, deutet aber auch auf die in ihr liegenden Ge fahren hin. Wenn eine Herauskösung der drei Unterklassen au» dem Rahmen der Mittelschule und ihre Einord- nung in die Volksschule, Beginn des Sprachunter richt» in der Tertia und endlich gänzliche Beseiti- gung der Oberprima gefordert wird, so liegt tmrin zunächst eine Gefährdung des fremdsprach lichen Unterricht«, der nach den Erfahrungen der Angestelltcnverbände kulturell und wirtschaftlich nicht hoch genug gewertet werden kann. Die zahlreichen Schüler, die die Mittelschule mit Ober sekundareife verlassen und zur Rekrutierung der An gestelltenschaft stark beitragen, würden dann nur drei Jahre (Anm.: nach den nerzesten Plänen der sächsischen Regierung nur zwei Jahre) unter dem Einfluß der höheren Schule stehen. Da nun diese Zeit nicht einmal ausreicht, die für ein erfolgreiches Selbststudium fremder Sprachen notwendigen Grundlagen zu vermitteln, wird der Nachwuchs der Angestellten unterbunden, die berufen sind, die Verbindung der auf Außenhandel angewiesenen deutschen Volkswirtschaft mit dem Auslande zu tragen. Persönlich« Verbindungen im Auslände sind für den Handel entscheidend, sie lassen sich nur durch Sprachkenntnisse anbahnen und ausbauen. So gesehen erscheint die sächsische Schulreform als starke volkswirtschaftliche Gefahr. Durch die notwendige Anpassung des geistigen Niveaus an den Lehrgang der Volksschule und die Zerschlagung des geschlossenen Bildungsaufbau« der Mittelschule stellt die Loslösung der Unterklassen gc- rade die Erziehungserfolge in Frage, die über bloßes Wissen hinaus die tiefere Bildung der Per sönlichkeit ausmachen. Der Gewerkschaftsbund der Angestellten fühlt sich in dem Streben, über die gewerkschaftliche Tagespolitik hinaus in einer Poli tik auf lange Sicht Standesinteressen und Volks interessen zu verbinden, verpflichtet, ein Ein- schreiten gegen jenes Treiben zu fordern. Seine freiheitlich, nationale Tradition, die ihn dem Persönlichkeitegedanken in Kultur und Wirtschaft verpflichtet, fordert eine Stellung nahme gegenüber einer Bewegung, deren Ziel nicht Hebung des tieferen, sondern Abbau des höheren Bildungsniveau» bedeutet. Wir bitten Sie, Herr Minister, sich diesen Be denken nicht zu verschließen und uns Ihr Urteil darüber mitzuteilen. Ergebenst (Gewerkfchaftsbund der Angestellten (GDA.)." * Auf seiner letzten Tagung beschäftigte sich auch der Vorstand de« Deutschen Philologen« er- bandes mit den Schulreformplänen der sächsischen Regierung. Zu diesem Gegenstand wurde folgende Entschließung angenommen: .1. Wir bestreiten, daß für den geplanten radikalen Umsturz des sächsischen höheren Schulwesens eine genügende Notwendigkeit vorliegt. 2. Wir verlangen, daß die notwendige Reßorm de» sächsischen höheren Schulwesen» sich organisch auf dem Bestehenden aufbaut und nicht leicht herzig bewährte« und unentbehrliche» Bildungsgut beiseite wirft. 3. Wir sind der Ueberzeugung, daß den berechtig, ten Forderungen der Erziehung zum Dolksganzen, de» sosialen Ausgleich» und eme» kindertümlichen Unterricht» vollkommen auch im Rahmen de« be- stehenden Schulwesen» Genüge geschehen kann. 4. Wir fordern, daß, wenn es zu einer durch greifenden Neugestaltung be» höheren SchulweLns m Sachsen kommt, bei der B o r b « r e i t u n g^die Fachleute der höheren Schule entscheidenden Ein- fluß erhalten und auch der Elternschaft ge nügend« Gelegenheit zur Stellungnahme gege^n wird." Während seiner im September in Genf abgehal- tenen Sitzung hat der Völkerbundsrat be schlossen, den ständigen internationalen Gerichtshof um sein Gutachten in der Frage der Grenzfrstfetzung -wischen Polen und der Tschechoslowakei zu ersuchen. Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Angelegenheit hat der Prä sident de» Gerichtshöfe» eine außerordenüiche Sitzung de» Hof» einberufen, damit dem Dölkerbundsrat bei seiner Zusammenkunft im Rovembrr da» Gutachten vorli«-«. Zn einer Sitzung de» Sekretariat» der Amst « r - damer D e w e r k sch a ft»i n t« r n a tiko na l e wurd» beschlossen, daß der Sekretär de« Verbandes, Edo Fi mm en, der bereit» vor einiger Zeit seine Demission eingereicht hat»,, am 1. November sein Amt niederlegen soll.