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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192310196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19231019
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19231019
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-19
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
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Leite « Vrettng, 6er» Iff. vttodee Verzehnfachter Nennwert Vie neuen Beitragssätze für die Angestettten Versicherung Dir Nevtstons- und Auskunftsstellc Leipzig schreibt uns. Seit dem 1. d. M. werden nur noch Beitrags marken der Geholtsilassen 30 und 40 bis 50 verkauft, und zwar zum zehnfachen Nennwert. Gleichzeitig sind die Berdienstgrenzen der Gcbaltsklasfrn ver- zehnf<uj:t worden, so daß nicht etwa die Belastung verzehnfacht worden ist. wie vielfach irrtümlicher, weise angenommen wird Als Beitrag sind nach wie vor nur etwa 3,7 Prozent des Gehalts vor gesehen gegenüber dem doppelten Satze vor dem Kriege. Für die geringer entlohnten Angestellten ist nach dem neuen Tarif sogar noch weniger Beitrag zu entrichten als nach den Ende Septeml>er gültigen Sätzen. Beispielsweise sollteu'für einen Angestellten, der im September e':n>* Milliarde verdiente, vor der Verzehnfachung nach Klasse 44 ist,8 Millionen ent- i richtet werden. Jetzt sind nacb Klasse 36 nur 1'2,28 § Millionen zu kleben. — Das Nähere ergibt sich aus den auf den Postämtern anhängenden grünen Pla katen Nr. 6. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, daß die Oberpostkasse jetzt reichlich mit allen Sorten von Angestelltcu-Versichcrungsmarken versehen ist. Es kann sich also nirr um eine vorübergehende Stockung handeln, wenn einzelne Postämter die eine oder andere Mork'nsorte ausverkauft haben. Beschwerden dicserhalb sind daher zweckmäßigerweise nur bei den in Frage kommenden Postdienststellen anzubringen. Schließlich muß davor gewarnt werden, den von der Handelskammer erteilten Rat zu befolgen und die Beiträge in bar zur Verfügung der Reichs versicherungsanstalt zu halten oder dieser ein- zusenden, denn es würden mindestens die Folgen der weiteren Geldentwertung zu Lasten der Arbeitgeber gehen. Es ist damit zu rechnen, daß in aller Kürze die jetzt schon wieder nicht mehr zeitgemäßen billigeren Markensorten zurückgezogen morden, so daß ganz empfindliche Mehrausgaben durch Verwendung teurerer Marken entstünden. Es kann auch nicht damit gerechnet werden, daß alle Beschwerden bis dahin beantwortet »»erden. Einsendung van Septemberbciträgen an die Reichsversicherungsanstalt nach Berlin-Wilmcrsdorf hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn gleichzeitig eine Bescheinigung der Post darüber bei gebracht wird, daß der betreffende Arbeitgeber noch nn Sevtember vergeblich versucht hat, die Srptembermarken zu erhalten. In diesem Falle wird die Reichsversichcrungsanstalt Marien zum alten Preise mit Entwertung für September abgeben. Für Porto und Unkosten werden 10 Millionen erhoben. * Dazu schreibt uns die Handelskammer Leipzig: Diese Darstellung der Reoisionsfielle bringt keine Klarheit. Die aus der gleichzeitigen Erhöhung der Verdienstgrenzen gezogene Folgerung, daß die Ver zehnfachung der Versicherungsbeiträge eine zehn fache Belastung für die Persicherungspflichtigen nicht mit sich gebracht hat, ist wohl ein Trugschluß. Denn die Eritöhung der Verdienstgrenzen ist eine Folge der im Verlaufe des Monats eingetretenen Geld entwertung. Die plötzlich am 29. September von einem Tag zum anderen eingetretene Verzehnfachung der Beitragsmarken bringt für diejenigen Verficht- rungspflichtigen, die bis zu diesem Tage gor nicht in der Lage waren, den erforderlichen Markenbedarf zu dem bis dahin gültigen Werte zu bcsclmffen, tat sächlich doch eine Verzehnfachung der Belastung mit sich. Die Verzehnfachung tritt eben nicht als ein« an und für sich begreifliche Maßnahme der Geldent wertung für sämtli > Beitragspflichtige gleich mäßig ein, sondern nur für diejenigen, die zu einem Zehntel des neuen Wertes die Marken sich nicht be schaffen konnten. Der Hinweis, daß statt der Bei tragsmarken in zehnfacher Höhe von 1,680 Millionen jetzt nur Beitragsmarken im zehnfachen Werte von 1.228 Millionen zu kleben sind, bringt für die Bei tragspflichtigen nur einen schwachen Trost. Denn die Mehrbelastung wird ans diese Weise nur um ein Viertel verringert. Im übrigen hat dir Warnung vor dein von der Handelskammer erteilten Rat, die Beitrage der Reichsoersichcruugsanstalt zur Periüguug zu stellen, nur dann eine scheinbare Berechtigung, cvenn man nicht den ganzen Zusammenhang berücksichtigt. Des halb sei hier wiederholt, daß es in der Eingabe der Handelskammer ausdrücklich heißt, daß sie den Be troffenen empfiehlt, den nach den bisherigen Bei tragssätzen sich ergebenden Geldwert der Beitrogs- markcn mit einer entsprechenden Erklärung zur Ver fügung der Reichsvcrsicherungsanstalt zu halten, bis diese di? Möglichkeit gibt, die ohne Verschul den nichl mehr rechtzeitig erhaltenen Beitrags marken bei den Postanstalten zu entnehmen. Erreicht wird das von der Handelskammer er strebte Ergebnis für diesmal durch folgenden soeben bekannt werdende« Erlaß des Reichsar beitsministers: „Wenn und soweit einem Arbeitgeber die rechtzeitige BesclMfung von Mark?» für Bcitragszciten vor dem 1. Oktober infolge eines Umstandes, den er nicht zu vertreten hatte, unmög lich mar, so kann er in der Invalidenversicherung bei der zuständigen Landcsvcrsicherungsanstalt und in der Augestelltenversichcrung bei der Reichsver sicherungsanftalt für Angestellte die Abgabe von Marken zum aufgedruckten Geldwert bean tragen. Dabei werden im allgemeinen aber nur Beitrogszeiten der jüngsten Vergangenheit in Frage kommen können. Daß säumige Arbeitgeber den auf- gewerteten Beitrag entrichten, ist wohl nur recht und billig. Es entspricht aber ebenso der Billigkeit, daß bei Unmöglichkeit rechtzeitiger Beschaffung die Bersicherungsträger aus ihren Bestanden Beitrags- marken zum einfachen Preise zur Verfügung stellen. Die Post wird wie in der Verordnung vom 29. Sep tember ungeordnet ist, und auch der Natur der Dinge entspricht, die Marken nnr zum zehnfachen Gelinvert verkaufen: sie kann nicht die Gründe nntersuchen, aus denen die rechtzeitige Verwendung der Marken unterblieben ist. Dem Arbeitgeber wird kein Verschulden beizumessen sein, der die Marken deshalb nicht beschaffen konnte, weil die Post sie nicht vorrätig hatte. Werden Marken zum alten Preise abgegeben, so wird es sich empfehlen, dabei besondere Vorsichtsmaßregeln zu treffen, z. B. könnte die Versicherungsanstalt, soweit möglich, tffe Vorlage der Quittungsmarken und Lohnlisten fordern, um Sicherheit dafür zu haben, daß es sich tatsiichlick um Melken für Beitragszciten vor dem 1. Oktober handelt; mich können vielleicht die abzugebenden Marken von der Versicherungsanstalt selbst mit dem vorgeschlogencn Entwertnngsvcrmerk versehen wer den." Unterhaltungr-Rundfunk Das Rcichspostministerium veranstaltete eine Vressevorsührung des Unterhaltungs-Rundfunks, wie er in Kürze in Deutschland eingerichtet werden soll. Von Ende Oktober ab werden auf allen Postanstalten gegen eine Gebühr von 25 Goldmark pro Jahr Erlaubnisscheine abgegeben. Melden sich genügend Teilnehmer, so daß die Kosten gedeckt werden. dann soll mit dem Dienst begonnen werben. Zunächst wirb der Betrieb von Berlin aus für eine Reichweite von etwa 150 Kilometer im Umkreise ausgenommen werden. Später sollen weitere Anstalten voraus sichtlich im ganzen Reiche eingerichtet werden. Di« zweite ist in München in Aussicht genommen. Die Vorlesungen können von einzelnen Teilnehmern in ihrer Wohnung sowohl mit Kopfhörern cls auch mit Lautsprechern angehört werden. Dies« Empfangs- ovvarat? müllen von der Reichspost geprüft und zu gelassen sein und sind von jedem Teilnehmer be sonders zu erwerben. Für diejenigen, denen diese Kosten zu hoch sind, sollen öffentliche Vor- führnngen in Sälen veranstaltet werden, die gegen eine Eintrittsgebühr zugänglich sind. Die Wiedergabe der Vorträge sowie Gesangs- und Musik stücke ist zufriedenstellend. Wenn auch dem deutschen Untechaltungs-Rundsnnk seitens der Post ziemlich enge Grenzen gezogen sind, ist es immerhin zu be grüßen, daß ein technischer Fortschritt, der in anderen Ländern rasch zu hoher Blüte gelangte, auch in Deutschland endlich Eingang findet. Vas Muttermal Von «si<1 Heute traf ich sie wieder, nach stiist Aahr-sn zmn erstenmal- — Ach, aber wie! Damals — damals hatten wir uns lieb gelebt. In einem Kaffeehaus dritten Ranges, weit draußen in einem der Vororte, saß sic hinter zwei verstaubten Mcckaitbuketten nn der Kaffe und strickte. Erne grotzc schwarze Katze strich schnurr?,:d um sie herum. Der , verstaubte Amor aus Gips lächelte mit seiner ab gebrochenen Nase von einem Wandboed herab un fein Pfeil zielte gerade auf ihr Herz. Ein Billard stand da, das verblaßte grüne Tuch mit schwarzem Englischpflast'r geflickt; darüber baumelte ein Papp- täfelchcu: „Kopfstöße verboten." Der herbe Duf: ihrer achtztchn Lebensjahre war um sie und dir grenzenlose Langweile dieser von stumpfsinnigen Spießern bewohnten Gegend. Mir aber ward das alles zum Erle-bnis. Ich ging ,U» Zwanrigiähriger 'w-'mel in der stftcb« in dos kleine Kaffeehaus, verdarb mir den Magen au einer rweifcthasten, braunen, süßlichen Brühe mit wenig Milch und sehr viel Wasser, streichelte die schöne schwarze Katze und hielt der kleinen Anny den Knäuel Strickwolle, damit er nicht auf -en Fußboden fallen sollte, der seit Tagen nicht gekehrt war. Dann bracht? ich ihr Geschenke; billig inrd be scheiden, wie sie sich eben ein armer Student le.ftcu kann: Blumen unv Bonbons und ein Handtöschcycn mit Reusilberverzjerung, do» kostete damals zrvanzig Mark und ich bezahlte es in zwei Raten. Hinter der Kassa war rin ganz kleines, warmes Zinuuerchen mir grünem, verschlossenem Tiirvvrhang; -ort durste uz sie umarmen und küffeu, so viel ich wollte. Ihrc i Wangen waren weich und rosig und mit Flaum be deckt wie reise PsirsiAe; am Halse aber hatte sic ein Muttermal, tiefschrvarz nnd von der Form und Größe eines Apfelkernes. Ach, wie gut sich das küßte! Aber dadei blieb e» — zum großen Leidwesen de» verstaubten gipsernen Liebesgottes/«» der Wand. Denn ich war damals wenig über die Zrvnuzig und trug noch die Eierschalen der süßen, heiligen, jcmgen- kastrn Ehrfurcht vor den Frauen mit mir herum. Und al» Dtt «setrnmt« gingen, hatte der stau Alge Amor ßttnwi Pfeil »och immer nicht ab geschossen. Ich küßte das süße Mutsermal^um letztey- mal uird verfreß st« ... . ' ? f. f Und heute traf ich sie wieder. Das arme Ding! ... - " < » Si« trug ein kokettes, kurzes Kleid und einen aus fallenden Hut. Zn den kleinen Ohren blitzten Stein» — waren e» echte? Ich sah nur, daß sie blitzten . . - Die runden, weichen Wangen waren eingefallen, eine Falte zog sich nm die Mundwinkel, die früher nicht -age-wesen war. Und das Gesicht nnd selbst der süy?. Neins Hals »oaren mit Prr-cr und Schminke bedeckt. Nur die Ange», die guten, feuchten Augen, »varen j noch dieselben. An denen erkannte ich sie; sie leuch- > teten ans ihrem Antlitz wie aus einer Larve. Um uns herum ivar das Leuchten und Locken, der Trubel und Lärme einer großstädtischen Straße mit ihren strahlenden Schaufenstern, ihren lust- und beutegierigen Müßiggängern und ihrem unter Tand nnd Flitter verborgenen grenzenlosen Elend. Sie lächelte mir zu wie einem Fremden. Und r .s ich stille stand und mit fragendem Erstaunen ihren ritamen nannte, da sah ich, wie sie unter der Schanu.e rot wnrd. Ich nahm ihren Arm nnd führte sie iu eine still« Seitengasse; da sprachen wir von unserem Vorstadt- kaffer und der schönen schwarzen Katze und den anderen Siebensachen eines glücklicheren D, inals. Bor einem großen, dunklen Hause stand sic full. Hier wohnst du?" Sir nickte stumm. Darf ick, mit dir hinaus?" > . Da nahm sie mich bei der Hand «nd führte mich eine enge, ausgetretene Treppe empor; imd dann waren wir in ihrem Zimmer. Sofa, Bett, Aalten. Tisch uird Stühle, ein paar schlechte Ocldrncke an den Wände», eine halb abgedrehte Gaslampe: das war ihre Welt. Und plötzlich begriff ich alle». Si« legte Hut und Mantel ab lurd setzte sich auf -a» Sofa. Und mitten hinein in da« traurige Schwaigen de» ärmlichen Raume» fielen ihre leisen Worte: „Jo, so ist es gekommen." Ich aber setzt? mich »reden si« und legte den Arm um ihre Schulter; nnd ich berührte ihren Leib und ihre Seele nicht anders al» damal«, al« wir nn« lieb hatten. N«tt,« O«M HaH» mchhtt W «ir vermischtes Reffeflug Staaten—Moskau. Pom Flugplatz Staaken ist am Mittwoch früh ein Reiseflugzeug nach Moskau gestartet. E» ist für -le Moskauer Aus stellung und zur späteren Verwendung im russi schen Luftverkehr bestimmt. Der Flug geht über Danzig und Königsberg nach Moskau. Be merkenswert ist. daß das Flugzrug nach den letzten Erfordernissen des modernen Luftverkehrs gebaut und ausgcstattet ist. Sein luxuriöser Innenraum faßt 7 Personen; es gibt sogar eine Toilette mit Wasserspülung nnd eine Waschtoilette mit fließendem Wasser. Eine fette Belohnung. Einem Rittergutsbesitzer in Billigt bei Könitz ist aus einem Motordanipf- pflüge der Magnet ncbst Anlasser entwendet worden. Für Wiederherbeischaffuug des Gestohlenen irnd für nähere Angaben über die Personen der Täter hat der Gutsbesitzer ein zwei Zentner schweres Schlacht schwer« aufgesetzt. Das Schvxnn kann onch durch eine seinem Werte entsprechende Weizen- menge ersetzt werden. Die Kriegsblinde». Auf Grün- ttatistischcr Er hebungen ist ftstgestcllt worden, daß in Deutschland 334'.' Kriegsblinde leben, in Frankreich gleichfalls über 3000, in England 1700. in Deutsch-Oesterreich 300 vis NO, in der Tschechoslowakei 570. Dir Zahlen der Kriegsblinden in Rußland, Italien und anderen Ländern, die am Kriege teilnahmcn, fehlen, sic wer den, wie Professor Grecf in der .Deutschen Optischen Wochenschrift" mitteilt, in fast allen Ländern die gleiche Prozcntzahl erreichen. In dieser Zeit des ZahlenmahnsittNs wird die Tatsache, -aß es 12 MO bis 15 000 Kriegsblinde auf der West gibt, au? viele keinen starken Eindruck machen, ja, manche werden im Gedanken daran, daß durch den Krieg über 10 Millionen Menschen ihr Leben verloren, die Zahl der Kriegsblinden gering finden. Asse diese seien gebeten, für ein paar Minuten die Augen zu schlie ßen und sich ihr Dasein lichtlos vorzustrllen. Sehr tief wird der Eindruck auch dann nicht <vhen, weil eine Einbildung, die man in der nächsten Sekunde abbrechcn kann, kein wahres Grauen zu erwecken vermag; aber diese Minuten genügen doch, um über Blindheit nachzrrdcnkcn nn- zu empfinden, welch' lebenslanges Schicksal über di: ihrer Auge« Beraub ten verhängt ist. Ein« komplizierte Familie. In einem kleincn Städtchen bei Köln heiratete ein Bauer von 08 Jahren ein 22jcihriges Mädchen. Der Sohn ans erster Ehe verliebte sich in die Mutter seiner Stief- mutter, die Schwiegermutter seines Vaters, also seine neue Großmutter. Sie wurde seine Fran und er der Schwiegersohn seines eigenen Vaters. Nach der üblichen Frist wurde die junge Frau -es alten Bauern Mutter eines kleinen Mädchens, das nun gleich den Rang der Schwägerin ihrer Großmutter einnimmt. Wenn dies« in nächster Zeit ihrem Schwiegersohn und Mann auch einen Spräßling schenkt, ist das Verwandschaftsverbältnis gor nicht mehr zu sichten. Auch «tue wertbeständig« Belohnung. Werrbestän- big« Belohnungen werden jetzt immer mehr üblich. Man sichert sie aber nicht nur in Goldmark, sondern zuweilen auch in ebenso wertvollen Lebensmitteln zu. So schrieb kürzlich der Schloßherr v. Nahmgeist im Kreis« Preußisch-Holland, -em Einbrecher Silberzeug und wertvoll« Schmucksachen stahlen, al« Belohnung eine ostpreußische Milchkuh oder auch deren Gegenwert ans. Der Besitzer von Maldenten ftn Kreise Mohrungen, den Einbrecher ebenfalls heim- suchten, hat für deren Ergreifung und die Wieder beschaffung ihrer Beute als Belohnung ein fettes Schwein im Gewicht von drei Zentnern ausgesetzt. Gefängnisstrafe wegen Kartoffelwucher». Auf vcr- schicdene Anzeigen hin begab ücti -ns Potsdamer Marktgericht zu einem Domänenpächter im Kreise Westhavcllcmd und stellte hier fest, daß an Kauflustige nur gegen Devisen Kartoffeln abgegeben wer- -en sollten. Das Gericht trat sofort in Aktion un verurteilte den Domänenpächter zu sechs Wochen Gefängnis; außerdem wurden 100 Zentner Kar toffeln beschlagnahmt. In einem anderen Falls er kannte das Gericht auf 200 Milliarden Geldstrafe. Di« vergessenen Todeskardidaien. Tiefes Mit- gefühl erregt in Paris allgemein das grauen ¬ hafte Schicksal zweier vor siebzehn MonateO zum Tode verurieiltcn Verbrecher, die ein Gnadet gesuch eingereicht haben, dessen Erledigung offenbar vergessen worden ist. Nun sitzen dis armen Teufe» seit siebzehn Monaten in ihrem Kerker und harren in martervoller Ungewißheit der Entscheidung, ob sie durch die Guillotine sterben oder zu lebensläng- lichem Kerker begnadigt werden sollen. E» handelt sich um die beiden Mörder Lädiere und Gueydan, die dos von ihnen vergossen« Blut durch die Hallen, quak einer siebzehnmonatigen ununterbrochenen Todesangst tausendfach gebüßt l-aben und in ihrem Kerker beinahe geisteskrank geworden sind. Der „Matin" hat den skandalösen Vorfall aufgedeckt, datz man ein Todesurteil durch ficbzehnmonatige Warte- frist verschärft hat, und ein Sturm der Entrüstung geht durch die französische Oeffentlichksit. Nunmehr haben die Verteidiger der Todeskandidaten die Ver ständigung erhalten, daß der Präsident der Republik sie iu den nächsten Tagen zur Erledigung drs Gnadengesuches empfangen werde, und man rechnet bestimmt damit, daß die Unglücklichen, die eine so unmenschliche nnd wahrhaft mittelalterliche Strar- verschärfnng erlitten haben, zur Entschädigung wenigstens -er Guillotine entrinnen und mit einer längeren Kerkerstrafe davonkommen werden. London bekommt eine Post-Unterorror-b^b». Die Lovdvner Postverwaltung hat beschlossen, aus eigene Kosten eine elektrische Untergrundbahn zu ba'«n, die das Hauptpostamt in der City mit assen Sta- tioncn der in London mündenden großen Eisen bahnen verbinden soll. Die Bahn wird ausschließlich dec Beförderung van Briefen, Paketen und Zeitun gen dienen. Äie soll au« zwei parallel kaufenden Tunneln von drei Metern Durchmesser» und einer Länge von rund 10 Kilometern bestehen. Die Züge werden mit einer Schnelligkeit von 60 Kilometern in der Stunde fahren. Das ganz« System wird elektrisch und automatisch betrieben, und di» Züge halten nur an den Stationen, für die sie bestimmt sind. — Eine glricharftge Einrichtung war schon vor dem Kriege in Berlin geplant; sie ist aber iniolae der Ungunst der Zeitverhältnffsc nicht zur Ausführung gekommen. Fran Loolidge al« StrickküusUerin. Die Strick- künste von Mrs. Laloin Eooli-ye. der Gemahlin des neuen amerikanischen Präsidenten, werden demnächst von einer Jury von fünf weiblichen Sachverständigen beurteilt werden. Es handelt sich um ein Preis ausschreiben für die besten Strickarbeiten, bi« »ine Wollsadrik vor einigen Monaten ausgeschrieben hat. Im ganzen werden Preise von 15 000 Dollar für Arbeiten verteilt, die ans den Fabrikaten -er Firma verfertigt sind. Der erste Preis beträgt 2000 Dollar. Mrs. Loolidge, die damals noch nicht im Weißen Hanse war, beteiligte sich an dem Wettbewerb. Sie verfertigte eine weiße Kindermagendecke in groß- mascknger Strickerei, die sie mit rosa Cröpe de Chine fütterte. Da die Einsendungen den Preisrichtern anonym vorgelegt werden und mahrscheiiUich mehrere selch-r Decken unter den Arbeiten sein werden, so kann die Hobe Stellung, zu der die Preisbewerberin plötzlich gelangt ist, keinen Einfluß auf die Be urteilung ausiiben. Sin persischer Prinz ols Bergarbeiter. Abdul Achmed, eini Refft des Schahs von Persien:, Hot sich nach Deutschland begeben, um den Bergmannsbecnf zu studieren. Er arbeitet augenblicklich auf dec Gindo-Grub? bei Hindenburg (Schlesien) als ein facher Bergmann. Australien bekommt dt« größte Brücke der Welt. Nach Londoner Blättern hat man in Sydney die Plönc für eine Brücke nnsgcarbritet, -ie den Haren übc -- sp annen soll und der größte Brücken bau -er Welt zn werden verspricht. Nach dem Bauavsä'lag belaufen sich dis Gssamtkosten auf etwa 7 Millionen Pfund Sterling: für die Smhlko.nrrnktian allein kommen 50 000 Tonnen Stahl in Vctra-Ht. Ver-nirtlicy wir- ein: britische Konstruktionsficma mit de: Ausftiyrni'g d:r Ricst'n- brücke betrant werden. Eine neu« Heilwittelentdeckung. Reuter meldet aus Hamiüon: Gesundheitsminister Dr. Godfrey teilte in einer Versammlung von Acrzten mit, daß Banting binnen kurzem eine neue Ent deckung bekanntgeben werde, die noch bedeut samer sei als sein Heilmitel gegen die Diabetes. Schminke und -en Puder fort, bis ich das Mutter- mal fand. Und mm konnte ich nicht anders: ich muß!« es küssen, zärtlich — wie damals. Da legte sie den kleinen Kops an meine Brust nnd weinte, still und lautlos nnd lange. ... . , Da» rot« Tuch. Also auch das soll nicht wahr sein, daß nämlich ein Stier durch ein rotes Tuch in rasende Wut versetzt werd?. Dcr Psychologe Dr. G. M. Stratton, der der Leiter eines Deparcr- menls an dcr Ealiwrina-Universirät ist, !mt, wie er sagt, durch eine längere Reihe von Persuchen be wiesen, daß Stiere nnd auch andere Tiere nicht durch irgendeinen roten Gegenstand besonders be einflußt werden. Sie verhielten sich -en Farben gegenüber durchaus „neutral", aber sie zeigten einige Erregurrg, wenn Tücher hin- und hergeschwenkt wurden oder die Farbe sehr hell war. Ein im Winde flatterndes weißes Tuch löste die stärcit: Bewegung iu einer Herde aus. Uebrigens hat Dr. Stratton 06 Viehzüchter über die Sache gehört und 33 von ihnen bestritten, -aß die rote Farbe Stiere in Wut versetze. Lin Richter, d«r sich selbst destraft. . . Ein b: sondcres Unikum von juristischer Gewissenhaftigkeit ist dcr Richter Ä. Carroll in Walcrton im Staate Rem 2)ork. Er hat sich dieser Tage selbst zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er zu der Ueberzengung gekommen war, daß er gegenüber einem Verkehrs- -clinqnentcn, der ans der falschen Straßenseite ge fahren war, ein ungerechtes Urteil gefällt hatte. Kaum hatte Mr. Larroll sein Unrecht cingesehen, al» er einen Arrestöefehl gegen sich selbst ansstellte, sich diese« Dokument überreichte nnd in seiner eigenen Begleitung in den Gerichtssaol ging, wo er den Be' klagten sofort verhörte. Da» Resultat -es Monolog» zwischen Richter und Beklagten war die schon er- wähnte Pcrurteilung seiner eigen?» geschätzten Per- sönlichkeii. Da» Urbild Sherlock -»liu«»'. „Guten Tag, mein Lieber, haben Sie gedient?" „Ja, Herr." „Roch nicht laiHe verabschiedet, wie?" „Sdein Herr." „Standen Sic bei -en Hochländern?" „Ja, Herr." „Sergeant grwesen?" „Ja, Herr." „Stationiert ans den Barbcr dos-Injeln?" . »Ja, Herr." Au« diesem Kreuzverhör, da» der Edinburger Arzt Dr. Bell mit eine« -Iten Soldaten anffelfte, entstanden die berühmten Detektiv-Geschichten, die die weltbekannte ! Figur des Sherlock Holmes zum Mittelpunkt hatten. Dos erzählt uns dcr Schöpfer des Sherlock Holme« Conan Doyle selbst in seinen Erinnerun- gen. die jetzt rm „Strand Magazine" erscheinen. Dr. Bell, der da» Urbild des Meistcodctektiven wurde, erklärte Doyle ausführlich, wie er arff diese wichtigen Fragen gekommen. „Srhen Sie." sagte «r, „der Mann war ein sehr höflicher Mann, aber er nahm beim Heveintreten nicht den Hut ab. Bei der Armee ist man das nicht gewöhnt; wär« er aber bereite längere Zeit entlassen gewesen, dann hätte er das Hntabn-ehmen schon gelernt. Er hat einen ernsten und würdevollen Ausdruck im Gesicht, muß folglich ein Schotte sein, und da er nicht m-ehr ganz jun« ist, so kann man armehmen, daß er es bei den Hochländern bis zum Sergeanten gebracht hat. Die Krankheit, wegen deren er mich nm Rat fragte, ist Elcfcurtiosis, und die findet sich auf den Barbados- Inseln." Diese Methode Dr. Bells, dessen Schüler er war, baute dann Conan Doyle in seinen Geschichten weiter an». Franzosen in Deutschland Anekdoten von Anno DagLMat Im Jahre 1899 befahl Napoleon -en Wieimrn. seinen Geburtstag durch eine Illumination der Stadt feierlich zu begehen. Am Haris« ein«-» höherer Magiftratsbeamten prangte ein herrliche« Trans- pareut, das den Kaiser sieghaft zu Pferde darstellte. Darunter leuchteten die Buchstaben: Z. D. A. N. G. Jedermann las dies für „Zwang". L» daiterre nicht lange, so erhielt der Beamte «in« Vorladung vor Gericht. „Man tut mir schr unrecht," versetzte der mutige Bürger. „Diese Unterschrift besagt nicht» anderes ols: Zur Weihe An Napoleon» Geburt» tag." Zum größten Bedauern der Machthaber müßte man ih» fretsprechrn. * . Ein Reisender passierte mit sei««m Diener die Rheingrenze. Der Korporal forschte ihn genau uach Namen, Stand und Nationalität au«, und al« er alle» Wissenswerte erfahren hatte, blickte er nach dem in der Ecke de» Lagens sitzenden Diener: „Und wie heißt der Hinter?" „Podex!" lautet« die prawpte Antwort de» Reisenden, was der Korporal anch getreulich eintrug. ,
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