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Neuregelung des Steuer» abzugs vom Arbeitslohn Mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 an treten für den Steuerabzug vom Arbeitslohn grundlegende Aenderungen ein. Bisher wurden die Beträge, um die sich der 10 v. H. de« Arbeitslohnes betragend« Steuerabzug nach dem Familienstand des Arbeit' nehmers und für Werbungskosten ermäßigt, zahlen, mäßig durch Verordnung festgesetzt und veröffentlicht, sobald die Lohnentwicklung eine Neu regelung erforderlich machte. Die fortschreitende Geldentwertung und die damit verbundene Er- Höhung der Löhne und Gehälter sowie der Werbungs kosten haben es erforderlich gemacht, die Er mäßigungen in kürzeren Abständen als bis- her der Entwicklung anzupassen. Die Verordnung vom 27. September 1923 sieht daher eine automatische Anpassung der Ermäßigung durch Anschluß an den jeweiligen Lebenshaltungsindex vor. Hier- nach hat der Arbeitgeber künftig die Ermäßigungen selbst zu berechnen. Dabei ist von den in der zweiten Septemberhälfte in Geltung gewesenen Er mäßigungssätzen auszugchen. Diese Sätze sind mit einer vom Reichsminister der Finanzen auf Grund der Entwicklung des Lebenshaltungsinder ermittel ten und öffentlich bekannt gemachten Derhältniszahl zu vervielfachen. Die Regelung findet erstmalig auf den Arbeitslohn Anwendung, der nach dem 30. Sep- tember 1923 fällig geworden und gezahlt worden ist. Die Derhältniszahl ist jeweils bei der Berechnung des Steuerabzuges von dem Arbeitslohn zugrunde zu legen, der bis zum Ablauf der Kalenderwoche fällig geworden und gezahlt worden ist, für die die Verhältniszahl festgesetzt wird. Die Verhältniszahl beträgt für die erste Kalenderwoche des Oktober „Sechs". Bei der Berech nung des Steuerabzugs von dem in der Zeit vom 1. bis zum 6. Oktober einschließlich fällig gewordenen und gezahlten Arbeitslohn sind also die Er mäßigungen der zweiten Septemberhälfte m i t „Sechs" zu vervielfachen. Daher beträgt z. B. bei wöchentlicher Lohnzahlung die Ermäßigung für den Steuerpflichtigen und die Ehefrau je 172 800 X 6 -- 1036 800 Mark, für jedes Kind 1152000 X 6 — 6 912 000 Mark, der sogenannte Werbungs- kostcnpauschsatz 1 440 000 X 6 -- 8 640 000 Mark. Die Derhältniszahl für die spätere Zeit wird jeweils als „Derhälrniszahl für die Ermäßigungen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn" unter Angabe der Geltungsdauer im Reichsanzeiger und durch die Tagespreise bekannt gemacht werden. Außerdem er' teilt jedes Finanzamt über die Höhe der jeweils geltenden Derhältniszahl Auskunft. Die Einzel heiten der neuen Regelung ergeben sich aus einem Merkblatt nebst Tabelle, das Anfang der nächsten Woche bei den Finanzämtern abgcholt werden kann. Deutsche Demokratische Partei iu Halle. Dienstag, den 2. Oktober, abends 8 Uhr, im Nikolaus - Saal Mitgliederversamm lung. Abg. Dr. Schreiber spricht über: „Die politische Lage." Hierauf Aus sprache und geschäftliche Mitteilungen. Sozial- und Kapitalkleinreutner. Die Unter stützungen für Sozial- und Kapitalkleinrentner auf die 1. Oktoberhälfte werden unter der Voraussetzung, daß die Reichszuschüsse rechtzeitig eingehen, Mitt' woch, den 3. Oktober, wieder in den bekannten Schulen der verschiedenen Stadtteile ausgezahlt werden, und zwar für Rentenempfänger mit den Anfangsbuchstaben —U von 142—143 Uhr, l— von >43—1-4 Uhr, k—2 von 144—145 Uhr. Für Wahren werden die Zuschüsse diesmal nicht in der Möckcrnschen Schule, sondern im Rathause zu Wahren ausgezahlt werden und der 58L-DislrUt (L.-Sellerhausenj ist der Zahlstelle in der 24. Volks schule Paunsdorf zugcwiescn worden: sonst treten Aenderungen nicht ein. Verzeichnisse der Zahlstellen können an den Rats- und Polizeiwachen und an den beteiligten Schulen cingesehen werden. Teuerung und Hunger Bon vr. weck. Aodsrl tziuSdaum Wir leben in einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Depression. In dem Wettstreit de» Dollars mit der Mark wird die Lage des Einzelnen schwer be unruhigt. Der starke Mann nimmt den Kampf mit Erfolg ans, der wirtschaftlich und gesundheitlich Schwache aber unterliegt früher oder später und mutz im Elend leben, wie der Kleinrentner, der Halbtags- arbeitet, der „Nur"-Kopfarbeiter, gar nicht zu sprechen von den Arbeitsunfähigen und Alters schwachen. Langes Krankenlager wird zum Liechen lager, da Teuerung und Entwertung jegliche Zu flüsse verstopfen. So spannt der Dollar an seinen Triumpfwagen das große Heer der wirtschaftlich Schwachen und Kranken, so daß auf dem Hungcrfelde mehr enden werden als aut dem Schlachtfelde, wenn nicht bald die Ernährungslage gebessert und ein Mindestmaß von Lebensmitteln gewährt wird. Denn wer kann heute die erforderlichen Mittel aufbringen? Wer kann noch Opfer bringen für Heim und Familie? In bevölkerungspolitischer Beziehung ziehen hier große Gefahren herauf, die uns warnen sollten. Während des Weltkrieges stieg die Sterblich- keitsziffer der Zivilbevölkerung um zwei Drittel gegenüber der Vorkriegszeit an, nahm dann in den letzten Jahren etwas ab und scheint nunmehr wieder nach oben zu führen. Normalerweise sterben bis rum Alter von fünf Jahren im Durchschnitt -10 Prozent der Säuglinge und Kleinkinder, eine enorm hohe Sterbezahl, die uns bedenklich stimmen muß. Auch die Geburtenzahl geht zurück, wofür insbesondere die schlechte wirtschaftliche Lage ver antwortlich zu machen ist. Wo eben Not herrscht, beginnt die Einschränkung- Aber aller Einschränkung sind auch Schranken zu ziehen. Bald folgt der all gemeinen Not die H u n g e r s n o t. Bisher war dem modernen Europa dieser Degirff fremd. Im asiatischen Rußland, in der Türkei, in Indien, China, Persien, überall hat die Geißel der Hungersnot schon ge wütet, uns hat sie bislang verschont. Eine epidemische Hungersnot würde unser Volk mehr dezimieren als der Krieg, sie würde die bösesten Instinkts im Menschen aufstacheln und aufeinander loslassen. Wir dürfen nicht gleichgültig und uninteressiert bleiben. Denn hier und da regt sich schon das Hungcrqespenst, das im Galopp des Dollars über uns herfallen und alle jene Seuchen, Entbehrung?- und Hunyerkrank- heiten mit sich führen wird, die in einem siechen und durch Entbehrungen saftlos und widerstandslos ge wordenen Dolkskörper sich ausbreiten können, außer den Ernährungskrankheiten die Tuberkulose insbesondere. Aber auch die Seele des Volkes geht im Hungerdelirium auf Irrwege und verleitet den Körper zu närrischen Kämpfen, bis sich die kranken Körper selbst zerfleischen. Es ist ein Nahrungsminimum zu fordern, auf das jedermann ein Recht hat. Der menschliche Körper braucht Ersatz für den Aufbrauch seiner Kräfte und neue Energie für die Arbeit seines Herzens, der Atemmuskeln ,der Darmmuskeln, der Drüsen usw. Er ergänzt die Spannkraft durch Pro duktion von Wärmemengen, die er in den Lebens mitteln erhält. Ein Gramm Eiweiß gibt 4,1 solcher Wärmemengen 1 Gramm Kohlehydrate die gleiche Menge, während 1 Gramm Fett 9,3, also das doppelte ergibt. Ein Arbeiter bei mäßiger Arbeit braucht für den Tag etwa 3000 Wärmemengen, ein Bergmann z. B. weit über 4000. Es finden sich aber viele, die diese Wärmemengen nicht erreichen. Gerade die Schulkinder, die einen besonders hoben Kräftever brauch aufweisen, leiden jetzt Not. Es erscheint wieder jener blaffe, elende Typ mit den ratgetüpfel ten durchsichtigen Wangen, jene kleinen schwächlich entwickelten und mäßig oder unterernährten Kinder körper, jene matten, blaffen, hüstelnden Kinder mit geschwollenen Leibern, jene skrophulösen Drüsen- kindcr mit Waffergelenkcn und aufgetriebcnen Knochen, so wie sie uns aus der schlimmsten Kriegs zeit in Erinnerung sind. Die Säuglinge, denen nur kümmerlich Nahrung gereicht werden kann, nehmen nicht zu und verkümmern. Sie werden müde, schläf ¬ rig, ihre Haut wird welk, neigt zu allen möglichen Ausschlägen. Es treten skorbutähnliche Ersckeinun- gen auf. bis der Tod unter diesen Armen auträumt. Entbehrungen und Kindersterblichkeit gehen Hand in Hand. Das meiste Unheil geht von der Tuberkulose aus. Die Tuberkulose senkt ihren Keim in den kind lichen Körper zu einer Zeit, wo wir es nicht ahnen können. Erst später, im Erwerbsleben, wenn un günstige wirtschaftliche Verhältnisse eintreten, wenn eine Lebensmittelkrise droht und dem Körper meist nutzlose Ersatzstoffe zugeführt werden, die nicht aus- bauen können, im Gegenteil den Körper nur auf blähen und so eine scheinbare Gesundheit vortäuschen, in solchen Zeiten geht die böse Saat auf, die Not und Entbehrung gesät haben. Wir sehen den Körper plötzlich verfallen, und aus dem blühenden Körper wird ein siecher Organismus, eine Gefahr für den Mitmenschen, die in Zeiten allgemeiner Not von ernster Bedeutung ist. Der Möglichkeit einer Isolierung stehen andere Schwierigkeiten im Wege, z. B. die Wohnungs not, die viele zwingt, in engen Räumen zu ver weilen, in die kein Lichtstrahl dringt. Diele muffen sich durch Vermieten einschränken, um sich einen Zuschuß zu verschaffen, meist sind es Rentner, Witwen, körperlich Schwache, die durch die Um- schichtunq der Gesellschaft in eine ungewohnte und für viele unmögliche Lebenslage gekommen sind. Gerade diese „Neuarmen" werden mit dem Tempo der Teuerung und Entwertung der gänzlichen Der- elendung zugcführt. Für sie bedeutet genau wie für viele andere das Ansteigen des Dollars bzw. die Entwertung der Mark eine neue Etappe des vungers und Entbehrung. Das Lebensminimum ist bei vielen schon unterschritten. Was Wunder, daß solche Körper reif werden für die Tuberkulose, die schon längst im Körper schlummert, oder für andere chronische Krankheiten: denn es ist nicht zu leugnen, daß der hungernde Mensch in Gleichgültigkeit und Fatalismus fast die Kraft verliert, sich z. B. gegen die Gefahren der Geschlechtskrankheiten und des Alkoholismus zu wehren. Im Jahre 1872 — also nach dem Kriege — war die Sterblichkeit recht ungünstig: Es starben damals auf 1000 Einwohner berechnet 31F Menschen. Ver gleichen wir dis späteren Zahlen! Im Jahre 1914 — vor dem Kriege — waren es 15Z, 1921 nur 14,7 und 1922 gar 11,91! Diese Besserung der Sterbe- ziffer ist ohne Zweifel mit den günstigen hygieni schen Verhältnissen und den häufig kräftigen Maß- nahmen des Staates in Verbindung zu bringen, aber auch nicht zuletzt mit dem wachsenden Wohl stand gerade der Arbeiterklasse, die einen nicht un- beträchrlichen Teil der Kranken und Siechen in früheren Zeiten abgegeben haben. Es sollte diese Tatsache uns den werteren Weg vorschreiben. Statt dessen müssen wir gewärtig sein, daß Teuerung und Hunger ein energisches Durchgreifen unmöglich machen, d. h. daß eine Sanierung zu spät kommt. Es ist non Bedeutung, die Tubcrkulosekurve des letzten Jahrzehnts zu beobachten: Im Jahre 1913 starben auf 1000 Einwohner 15,7, im Jahre 1918 aber 26,4 Menischen, das bedeutet eine Verschlechte- rung um mehr al« zwei Drittel. In den letzten Jahren ist allerdings ein« Besserung eingetreten. Doch ist in Rechnung zu stellen, daß die schweren Tuberkulosen der Kricgzeit verstorben sind und dis Tuberkulose jetzt in milderer Form aufzutreten scheint. Es bedarf nur eines- Anstoßes, um die Kurve wieder nach oben zu führen. Die trostlosen Wohnungsvcrhältnisse, die bedrohliche Lebensmittel' läge werden ihre verheerende Wirkung ausüben. Es ist für den Arzt schwer, der die Zerrbilder der Ver- elendclung sieht, zu raten und zu handeln. Jenen kraftlosen Körpern mit den Hnngerbäuchen, jenen am ganzen Körper geschwollenen Geschöpfen, deren geschädigten und schlecht- versorgten Gewebe die Re- gulierbarkeit über die Körperflüssigkeit verloren haben, ihnen fehlt Watt« niM» al» gMe und zweck- «Zßige Ermihrung. In eenem kräftigen Körper findet die Tuberkulose keinen günstigen Boden vor. Anderseits müssen wir dem erkrankten Körper die heilende Fettnahrung -uführen. Es tut sich hier für den Art ein schwere« Problem auf, da ihm in vieler Beziehung die Hände gebunden sind. Die Teuerung wirkt in schwerster Form auch auf den Arzneimittelmarkt ein. Wie soll aber der Arzt arbeiten, wenn er auf wenig wirksame und primitive Mittel zurückgreifen muß? Dieser Versuch mit untauglichen Mitteln muß sich schwer rächen. Hunger und Elend lassen dis bösen und verheerenden Krankheiten wuchern: mit der körperlichen Verelendung paart sich bald dis geistige Erkrankung. Die Psychose des Volke« — die Hungerpsychose — flammt hier und da schon in kleinen Köpfen gewisser Extremisten aus, die einst in günstigem Wohlstand gelebt haben und nunmehr in Not und Elend geraten sind. Diese geistige Insektion geht leicht über ein Volk, wenn es reif ist. Wenn nicht olle Zeichen trügen, droht dieses Gespenst, das erst wieder weicht, wenn dem Körper frische Säfte zufließen. In Rußländ har der Wahnsinn des Hungers einst entsetzliche Orgien gefeiert. Wir müssen ein Volk vor solchem Elend bewahren. Hebung des wirtschaftlichen Wohlstandes, sichere ausreichende Erwerbsquellen, durchgreifende er nährungspolitische und volkshygienischc Maßnah men, das dürfen nicht allein Schlagworte bleiben. Die Entwertung des Geldes darf nicht auch die Entwertung des Dolkskörpers zur Folg« haben. Es ist daher zu begrüßen, wenn einsichtsvolle Persön lichkeiten, die die Not der Hungernden erkannt haben, nach ihren Kräften in vorbildlicher Werse reiche Mittel oufbringen, die wenigstens die gröbste Not mildern. Diese Hilfsmittel müssen so reichlich fließen, daß endlich mit großzügigen Volks- speis ungcn begonnen werden kann. Monatliche Mietzahlung Das Justizministerium hat im Einver nehmen mit vem Ministerium des Innern unterm 15. September 1925 verordnet, dah in allen Fällen, in denen die gesetz liche Miete gilt, sowohl der Vermieter als auch der Mieter berechtigt ist, zu ver langen, das; der Mietzins in monat lichen Abschnitten gezahlt wird. * Die Geschäftszeit beim Polizeipräsidium. Dom 1. Oktober 1923 an wird die Geschäftszeit rn den Kanzleien und bei den Bezirksmeldestellen an allen Wochentagen auf die Zeit von vormittags 8 Uhr bis nachmittags 4 Uhr festgesetzt. Perkehrszeit mit demPublikiim ist für die Polizeikaffe von 0 bis 1 Uhr, im übrigen von 8 bis 1 Uhr. Im Polizciacbäude ist die Möglichkeit vorhanden, daß dringliche Angelegenheiten bis nachmittags 6 Uhr erledigt werden können. Im Kassenverkehr wird zur Erleichterung für da« Publikum dringend empfohlen, soweit angängig. Zahlungen nur durch Ueberweisung auf das Postscheckkonto Nr. 66 202 zu leisten. Schlüsselzahl im Duchüruckgcwrrbe. Der Deutsch« Buchdruckerverein teilt mit: Die Schlüsselzahl für das deutsche Buchdruckqewerbe beträgt mit Wirkung ab 29. September 2 700 000. Der neue Amtsgerichtspräsident. Das Gesamt - Ministerium hat auf Vorschlag des Justizministeriums den Landgerichtsdirektor bei dem Landgericht Leipzig Richard Georg En der lein vom 1. Oktober d. I. an zum Präsidenten des Amtsgerichts Leipzig er nannt. Seine Verpflichtung und Einweisung wird am Montag, den 1. Oktober, mittags 12 Uhr, im Amtsgerichtsgebäude. Petcrssteinrceg 8, II. Geschoß, Zimmer Nr. 112, erfolgen. wie erobert man eine Zrau Don Kuclolpst l.otft«r Ein »ielersahrener Frauenkenner sagte mir ein mal: die größte Schwierigkeit, eine Frau zu er- rbern, liege in dem Glauben, daß diese Eroberung wirklich schwierig sei. Aber die Schwierigkeit vcr- fliegt in dem Augenblick, wo man zu der Heber- zeugung gelangt, daß sie gar nicht existiert. Das Problem „wie erobert man eine Frau?" gewinnt sofort ein andere» Gesicht, wenn man sich vor Augen hält, daß e» immer die größte Leidenschaft und die größte Wonne der Frauen gewesen ist, sich zu geben, sich zu schenken. Es handelt sich für den Mann in den meisten Fällen nur darum, im rechten Augen blicke da zu sein. Es ist ein großer Irrtum, zu glauben, daß in der Liebe die Person die Hauptsache ist. Das ist nicht wahr- Der wirklich-echte Liebhaber liebt um der Liebe willen, das Gefühl ist die Hauptsache, nicht das Ob jekt. Wie oft kommt cs vor, daß der Gegenstand der Liebe wechselt und das Gefühl durch diese Transpofi- tion keinen Schaden nimmt, nein, im Gegenteil, noch steigt. Auch Romeo liebt im 1 Akt nicht seine Julia. Er überträgt das Gefühl für ein Weib auf das an dere. Hat man ihm jemals deswegen einen Vorwurf gemacht? Und bei den Frauen ist der Fall geradezu typisch. Denn sie reif zur Liebe sind, lallt die glück liche Stund« wie eine kostbare Frucht dem in den Schoß, den sein gnädiges Schicksal vorübersührt. Aber natürlich wäre e« eine ganz falsche Lehre, wenn man den jungen Leuten sagen sollte, daß sie warten sollen, bis ihnen sozusagen die gebratenen Tauben 'n den Mund fliegen. Ein richtiger Unterricht in der hohen Wissenschaft vom Weibe muß auch die vrr- schieden«» Methoden behandeln, mit denen man in den Stand gesetzt wird, ä« corriger I» kartuu». Die sentimentale Methode ist heute ent schieden veraltet und wird nur mehr in der Provinz geübt. Einmal genügten, wie Alvhons Daudet so hübsch bemerkt, drei magische Worte, nm das Lcrz einer Frau zu erobern. Diese drei Worte hießen. Seele, Blume und Stern. «Allerding« glaube :ch, Laß bei ganz jungen Damen «ich heute noch die K^ei Dort« in richtiger Variation ihr« Wirkung nicht verfehlen.) Piel geübt wird heute besonders in der eleganten Welt di« Methode der Per- stellung. Ihr Witz besteht in der Kunst, einer Frau zu suggerieren, daß man umsomehr Gefühl be sitze, je weniger man davon zeige. Sehr beliebt, wenn auch heute schon etwas aus der Mode, mar in dec jüngsten Zeit die Methode des Zynismus und die Methode der Brutalität. Aber da muß der Lehrer dem Schüler Vorsicht empfehlen . Wenn inr.u die Methode der Brutalität anwendet, muß man seiner Sache sicher sein. Man darf nicht den wilden Mann spielen, wenn man im richtigen Augenblick nicht auch der wilde Mann sein kann. Wenn eine Fran in diesem Punkt enttäuscht wird, zerstieb, dis schön« Eroberung wie eine Seifenblase. Wichtig ist für den Neuling, zu wissen, daß bei allen Frauen immer der erste Eindruck ent scheidet. Diesen Eindruck muß der Mann nun zu ver stärken und zu vertiefen wissen. Die Kunst der Er oberung ist eine Kunst der Steigerung- Das w»ll ich an einem banalen Beispiel erläutern. Jede Frau liebt es, wenn der Kavalier ihr Aufmerksamkeiten erweist, aber dir Ausgaben, die man für e'ne Frau macht, müssen immer steigen und dürfen vir fallen. Plan kann ,/um Beispiel mit einem kleinen Restaurant anfangen, in da» man die Freundin führt, und dann in ein größeres gehen. Aber man darf um Gottes willen niemals von einem großen Restaurant in ein kleines heraksteigen. Keine Fran kann beim Manne zwischen Sparsamkeit und Geiz unterscheiden. Sparsamkeit ist eine häus- liche Tugend, ober mit Lvarsamkeit hat mnn nocy niemals eine Frau erobert. Die Tugend, die die Frauen am Manne am meisten schätzen, ist die Großmut. Die wenigsten jungen Leute wissen, einen wie tiefen Eindruck sie machen, wenn sie einmal einen, Bettler einen größeren Betrag senken und die Fran, mit der sie spazierengchen, es sieht. Das ist in Wahrbrit ein gut angelegte» Kap'tal. Die Frau wird den Eindruck der Großmut, den sie empfangen hat, nie mehr lorwerüen. Und Groß- urut, Edelmut, Ritterlichkeit verschmelzen in ihrer Phantasie sehr leicht zu einem. Da» Ritterliche am Kavalier will aber die Frau immer sehen. Ganz und gar n n e i t t e r l i ch ist es, jede, auch die k l e i n st e L ü a e z n durchschanen. olles zu be. merken, was die Fran verbergen will. Oberstes Gesetz de« Kavalier» ist e», alle« zu glauben, oder mindestens so zu tnn, al« glaubte man alles. Eine Frau zieht immer einen Blinde« dem Sehenden vor. Wir dürfen uns auch nie einbilden, eine Frau, die wir erobert haben, völlig erobert zu haben. Ihre ganze Scele besitzen wir niemals. Niemals. Niemals. Immer hat die Frau heimliche Türen ihres Wesens, die uns unbekannt bleiben, immer hat sic eine unbezwingliche Lust am Verrat. Immer fühlt sie eme unbeschreibliche Wonne darin, dem. der ihr Herz zu besitzen glaubt, zu entkommen, ihm, wenn auch nur gelegentlich, zu entrinnen. Jede Frau hat ihren heimlichen Garten, den sie vor dem Manne verbirgt. Denn das Verbergen ist eine ihrer größten Leidenschaften. Ein wirklicher Frauenkenner wird niemals versuchen, ihr mit Gewalt den Schlüssel zu diesem Garten zu entreißen. Man erobert eine Fran am leichtesten und am besten, indem man sich von ihr erobern läßt. Die Kunst, mit Frauen umzugehen, besteht in der Ge schicklichkeit oes Mannes, ihr das letzte Wort ein- zuräumen, und sie nie merken zu lassen, daß dies nur — eben Geschicklichkeit ist! Rückgang de» Bücherkonsum« in England. — Fortschritt in den Dominion«. Die englischen Per- loqer beklagen sich über die Einengung ihrer Absatz gebiete. Im ..Planchester Guardian" wird daraus hingewiescn, daß ein Büchertyvn«, der früher großen Absatz auf dem englischen Büchermarkt fand, fast i vollkommen verschwunden ist, nämlich das knappe populäre Buch über soziale Probleme. In den ersten Jahren nach dem Kriege erschienen sehr viele Schrif ten dieser Art, die so billig verkauft werden konnten, daß Studenten und bildungsbedürftige Arbeiter sic erworben. Infolge der Steigerung der Herstellungs kosten ist dieses „billige" Buch so teuer geworden, daß die in Frage kommenden Kreise es nicht mehr kaufen können, und so ist denn in den diesjährigen i Herbstankündigungen der englischen Verleger das populäre wissenschaftliche Buch fast vollständig ver schwunden. Die britischen Verleger sehen sich immer mehr ans den Absatz in den Dominion» angewiesen. Australien und Neufundland sind eifrige Käufer englischer Bücher, und hier findet man auch den besten Absatz für wissenschaftliche Wc.ke. In großem Maßstab hat Japan englische Bücher einzestihrt und auch übersetzt. Von der Universität Lehrziq. A's Nachfolger Wengers wurde Dr. Ludwig Weickmann au« Müncben als ordentlicher Professor für Geo physik nach Leipzig berufen. Salzburger Festspiele 1924- Di» Salzburger Festspielhausgemeinde trefft bereit» umftissenL« Vorbereitungen, um die S«szbur,er Festspiel» 1S24 künstlerisch großzügig auszugestalten. Die Festspiele sollen vornehmlich in der Salzburger Reitschule, die gegenwärtig mit einem Kostenaufwand von 4 bis 5 Milliarden Kronen (etwa 10 Billionen Mark) um gebaut wird, stattfinden. Die künstlerische Richtung der nächstjährigen Festspiele ist bereits dahin festge legt, daß bas Schauspiel durch die Mysterienspiele Max Reinhardts vcrttetcn sein wird. Der musikalische Teil der Festspiele zerfällt in zwei Grup pen: die in der Mozartstadt selbstverständliche Hui- digung dieses Komponisten und in die Huldigung für Richard Strauß, den Präsidenten der Festspiel- hausgcmeinde, der nm 11. Juni 1924 seinen 60. Ge- burtstag feiert. Der Strauß-Zyklus dürste u. a. die Uraufführung von Strauß' neuestem Opcrnwerk „Intermezzo" sowie eine eigens für Salzburg bearbeitete Aufführung der „Ariadne auf Naros" in der Salzburger Residenz bringen. Der musikalische Teil der Festspiele soll vornehmlich von Mitgliedern der Wiener Etaatsoper bestritten werden. Werfel im sprechenden Film. Die kürzUä, einem engen Kreise von Fachleuten und Journalisten ge- > zeigte Erfindung des sprechenden Films wird jetzt dem „Berliner Tageblatt" zufolge von einer führenden Filmgesellschaft für die Praxis ver- , wertet werden. Als erste interessante Erscheinung in diesem neuen System ist die Verfilmung von Werfels „L p i c g e l m e n s ch" geplant. Hervor. ! ragende Schauspieler, wie Moissi, Krauß, Kayhler, ! Lina Lossen, sollen darin die Hauptrollen spielen. Gertrud Falke, die eine de» tanzenden Schwester paares, der Töchter des Dichters Gustav Falke, die seit einigen Jahren in Leipzig lebt, wird, wie wir hören, in diesem Winter begabten Schülern Privatunterricht erteilen. Au» den rbeourdüro» tädtiswe Bubncn , TaS Hitdiilwe Lwauspiel »ringt »m Goetbcldealer zu LauwUaedt Lonntag. 2b. Leviemver. „Die GesavviUei und „Pater Brey' zur AuOüürung. Am -rleickx'i Tagc wird im Alien Tbeaier naw längerer Pause Auldas Lull Intel .Jugendfreunde" wieder in den Zpiclplan ausgenommen. — Lum 16. Lktobcr vereitel die Lpe r eine Neuinszenierurm der „Entlührung au» dem Serail" von Wolfgang AmadeuS Mozart vor. — «Dw a u , v i s l b » u ».> Eugen Ortner» phanra- sttsider Kriminals«!. .Da« ungelebre Leben", dessen Uraufführung ani kommenden Sonnadend Uatt- findee und in dem veraupt wird, dat Detektiv-Irama au« ein MnUleriswe« Niveau ru beben, ist u. a. mit Ltkiv. Straub«. Wildenba<n. Balque, Lina Earlren» und Luise Stau delep». Regie Biehweg Dek-ranonen Nttlche. — Dbeater.» FtU da» Rom de» 1. Vvmn- »en WC 1 Ii