Volltext Seite (XML)
8oNe 2 Nr. 1«« Rechts und links Aus demokratischen Kreisen erhalten wir die folgende Zuschrift, mit deren Inhalt wir völlig übereinstimmen: Im Oktober werden, wie das L. T. gemeldet hat, in Oesterreich die Wahlen zum Rational» rat stattfinden. Die Vorbereitungen, die von den Parteien bereits einaeleitet wurden, lassen einen un» aewöhnlich heftigen Wahlkampf erwarten. Namentlich die Sozialdemokratie, die seit ihrem Rückzug au» der Negierung mehr und mehr an Einfluß verloren hat, ist sich, wie aus Wien kommende Meldungen besagen, der Gefahr wohl bewußt, die ihr bei den kommenden Wahlen droht. Erst unlängst haben wir darauf hin» gewiesen, wie die österreichischen Sozialdemokraten durch die Ablehnung der Teilnahme an den Regie- rungsgeschäftcn immer mehr zur Seite gedrängt wur den, während die reaktionären Parteien durch eine aktive Politik ihren Einfluß auf die Volksmasscn be ständig erweitern konnten. Die von den Sozialdemo kraten für die bürgerliche Negierung erhoffte Bla mage ist ausgcblicbcn, und so müssen sie denn nun alle Hebel in Bewegung setzen, um in letzter Stunde zu retten, was noch zu retten ist. Dabei befinden sie sich in einer rech: ungünstigen Lage, da ihre Gegner mit den wichtigsten Steilen in der Regierung und Verwaltung alle Trümpfe in der Hand haben und mit dem Hinweis auf eine immerhin positive Erfolge propagandistisch wirken können. Es ist eine Lage, die nicht ohne Ähnlichkeit mit dcricnigen ist, in der einst .der österreichische Liberalismus von seinen Gegnern zur Rechten und zur Linken aufgerieben wurde. Die gleiche Gefahr nun, die heute die öfter- reich sche Sozialdemokratie zu bekämpfen hat, droht den republikanischen Parteien in Deutschland. Auch bei uns neigen vor allem die Sozialdemokraten dazu, die Verantwortung für schwerwiegende Entscheidungen anderen Parteien zu überlassen, in der trügerischen Hoffnung, daß diese Parteica rasch abwirtschaften und dann ihnen selber das gemachte Bett werden überlassen müssen. Es ist »in gewisser Widersinn darin, wenn sich die Sozial demokraten beispielsweise auf der eine« Seite darüber beschweren, daß die Reichswehr immer mehr ins reaktionäre Fahrwasser gerate, während sie es auf der anderen Seite ablchnen, ihre Vertreter in die Neichsrcg'.eruny zu entsenden, von der aus die Armee der Republik doch wohl am besten zn überwachen ist. Den Demokraten und der Zentrumspartei kann man zwar eine Flucht vor der Verantwortung nicht vor werfen. denn seit der Revolution haben gerade diese bürgerlichen republikanischen Parteien ihre Mit wirkung bei der Regierung auch in den un angenehmsten Situationen nicht versagt. Aber ein» haben sie doch in der letzten Zeit mit den öster reichischen Sozialdemokraten gemein, was auch für sie als drohende Gefahr erscheint: d i e Scheu vor einer rührigen Selbstbetätigung. Wäh rend die Radikalen der Rechten und der Linken immerfort von sich reden machen, beobachtet die republikanische Mitte eine ausfallende Zurückhaltung. Da» Schicksal des Liberalismus und in gewissem Maße auch der Sozialdemokratie in Oesterreich aber lehrt Haß rs vor ollem die Untätigkeit ist, die die Parteien ruiniert. N cbt allein das Wiener Beispiel. Auch die Wahlen inOldcnburg, die unlängst zu einer beträchtlichen Zunahme der demokratischen Stimmen geführt haben, haben gezeigt, daß das herzhafte Auftreten der Demokraten auch partei politisch erfolgreicher war, als die nach rechts hin paktierende Schlappheit, die in Mccklcnburg-Strelitz z» einer Verminderung der demokratischen Stimmen geführt hat. Aehnlich liegen die Dinge in Württemberg, wo seit dem Ausscheiden der Sozialdemokraten aus der Regierung die Rechts parteien ohne Unterlaß an Boden gewonnen haben, so daß heute tatsächlich die Gefahr des Ucbergreifens „bayrischer" Verhältnisse auf Württemberg, ehemals eine Hochburg der Demokrat e, festzustellen ist. Beweise genug, daß Rührigkeit des Handelns, Entschiedenheit der Stellungnahme und Derant- wortungsfreudigkeit die Parole der Demokratischen Parteien sein muß wenn sie sich nicht von den Radikalen zur Rechten und zur Linken erdrosseln lassen wollen. GolLmarkgeLühren für Ausländer Dresden, 12. Juli. (Eig. Tel.) Die sächsische Regierung hat eine Verordnung erlassen, die auf Grund von Richtlinien, die zwischen den Län dern zur Erzielung einer gleichmäßigen Gebühren- erhebung bei Einreise- und Aufenthaltsbcwilligungen für Ausländer vereinbart wurden, für Sachsen be stimmt, daß jeder Ausländer als Grundgebühr für die ersten drei Tage des Aufent haltes je 3 Mark, für die nächsten II Tage je 2 Mark und für jeden weiteren Taa je eine Mark zu zahlen hat. Zur Grundgebühr tritt ein Zu schlag in Höhr des G o l d z o I l a u f g e l d e s. Die Gebühr ist auf volle 100 Mark nach oben ab- zurundcn. Die Gebühr kommt in Fortfall, sobald der Zugereiste in die allgemeine deutsche Steuer pflicht cintritt. Auch kann die Gebühr zurück erstattet werden, z. B. mit Rücksicht auf den Zweck der Reise, bei Bedürftigen oder bei kulturellen oder wirtschaftlichen Interessen Sachsens oder des Reiches. Gegenwärtig beträgt das Goldzollaufgeld über 3 Millionen Prozent, so daß also täglich je nach Aufenthaltsdauer 3 00 00—00000 Mark zu zah len sind. Der -eutsche Bergbau in Gberschlesien Nach der kürzlichen Feststellung, daß das Stein kohlenbergwerk Nheinbabcn in der Gemarkung Hindenburg bei Deutschland bleibt, interessiert die endgültige Errechnung des für die Nohproduktion übrigbleibenden Besitzes an Gruben und Hütten anlogen. Es verbleiben laut Indussrie-Kuricr bei Deutschland 8,5 Prozent von SO Milliarden Tonnen bi» zu einer Tiefe von 1500 Meter anstehender Steinkohle oder — nach den Ziffern von 1913 bis 1923 7 Prozent der Förderung. 17L Prozent der aufbereitctcn Zinkerze, 29 Prozent der aufbereiteten Bleierze und 30 Prozent der Hochofcnwerke. Nach der als normal anzusehenden Förderung von 1913 ergibt das cine Fürderungsmöglichkeit von 10.38 Millionen Tonnen Steinkohle und eine Produktion von 91175 tausend Tonnen Zinkerze, 15Z tausend Tonnen Bleierz« und 2S8H tausend Tonnen Roheisen. Der Ausfall beträgt — nach dsn Ziffern von 1913 — 33,42 Millionen Tonnen Steinkohle, 430 tausend Tonnen Zinkerze, 87,7 tau send Tonnen Bleierze und 706 5 tausend Tonnen Roheisen^ In ihrer Gesamtheit sind de»- Eisenerz- ftr-sikau mit 138000- die Zinkhütten «1t 108 «0 ULaäelsreilutig krettsg, üea 13. JuU und die Dleihütten mit 40 tausend Tomern Jahres erzeugung verloren. Vie Mark in New York höher bewertet als in Berlin Die Mark, die durch ständige Interventionen der Reichsbank bei den Devisenzuteilungen in Berlin zuletzt einen immerhin verhältnismäßia stabilen Kur» bewahren konnte, hatte während derselben Zeit im Ausland- ihren größten Tiefstand erreicht. Mit dem New Borker Schlußkur« vom 9. Juli, der eine Parität von nicht weniger denn 275 482 Mark für den Dollar auswics, fragte man stch unwillkürlich, wie lange es noch dauern würde, bis Berlin, da» an jenem Tage den Dollar mit 180 000 notiert hatte, der ganz außer gewöhnlichen Spannung anchaeben müßte, und man sah dann schon einen Fall unserer Währung voraus, der alles bisher Dagewesene übertreffen würde. Diese Befürchtung ist nicht eingetreten. Die Mark ist lang sam wieder aufwärts gestiegen, und wie aus dem eigenen Radiodienst unseres Blatte» hervoraeht, hat sich in New Park am Doane-staa vormittag die Mark bereits so weit gebessert, daß die Parität auf 177 935 zu stehen kam, während Berlin den Dollar noch mit 187 000 notierte. Offenbar seht sich doch in Börsenkreisen di« Mei nung durch, daß das Unternehmen im Ruhrgebiet mehr und mehr seiner Liquidation engegensieht. Und wenn man auch dabei für un» natürlich nichts herauskommcn sehen kann, so muß man sich schließlich doch gestehen, daß Frankreich seine in das Unter nehmen gesetzten Erwartungen nicht so in Erfüllung gehen sieht, wie es erhofft hat. Die neuerliche Stellungnahme Amerikas, daß nach dem New Parker Herold, augenscheinlich dir englische Politik in der Ruhrfrage zu stützen gewillt ist, scheint ebenfalls seine Schatten auf die Bewegungen an der Dörfe voraus- zuwerfen. Limburg von neuen besetzt Frankfurt a. M., 12. Juli. (Eig. Tel.) Heute haben die Franzosen Limburg a. d. Lahn er neut besetzt. Sie sind in Stärke von etwa einer Kompanie mit Maschinengewehren und großem Ge päck in die Stadt eingerückt. Außer dem Gymna sium, das sofort zur Kaserne gemacht wurde, sind auch Post und Rathaus besetzt worden. Der stellver tretende Direktor des Gymnasiums, Oberstudienrat Louis, wurde verhaftet. In den Bahnbetrieb haben die Franzosen bis jetzt noch nicht eingegriffen. Der Lokalverkehr geht bis Limburg vorläufig noch weiter. Heute früh um K Uhr haben die Franzosen in Speyer die Postdirektion und das Telegraphen amt bcstzt. Lokalverbindung ist mit der Stadt unter brochen. Wie verlautet, find fünf - Posträte fest genommen worden. Der Grund aller dieser Maß nahmen soll in der Nichtbesorgung eines Telegramms liegen, doch ist unbedingt Zuverlässiges noch nicht bekannt geworden. Eingriffe in die deutsche Justiz Essen, 12. Juli. (Eig. Te l.) Gestern vormittag erschienen französische Kriminalbeamte im Essener Iustizgebäude und verlangten den Ober staatsanwalt zu sprechen. Da der Oberstaatsanwalt nicht anwesend war, nahmen die Franzosen den Ersten Staatsanwalt Dr. Bey fest und brachten ihn zum Gcrichtsgefängnts. Dort verlangten sie von ihm die Herausgabe von vier Sträflingen, die vor einiger Zett wegen Kupferdraht-Dreb- stähle an Fernsprechleitungen bei Katernberg inhaftiert und zu Gefängni» verurteilt worden waren. Die Franzosen behaupten, daß die Sträflinge einen Sabotageakt begangen hätten, und bean spruchten die Gerichtsbarkeit über die bereits nach deutschem Gesetz abgcurteilten Gefangenen, die jetzt vermutlich vor ein französisches Kriegsgericht gestellt werden sollen. Der Erste Staatsanwalt lehnte selbstverständlich da» Verlangen der Franzosen nach Herausgabe der Gefangenen a b, aber es gelang den französischen Kriminalbeamten, ihre Herausgabe zu erzwingen. Staatsanwalt Dey wurde darauf wieder sreigclnssen, nachdem die Gefangenen von den Fran zosen abtransportirrt worden waren. verurteilte Bürgermeister Essen, 11. Juli. (Tig. Te l.) Dor dem Kriegs gericht in Werden wurde heute gegen eine Reihe von Bürgermeistern und stellvertretenden Bürger meistern verhandelt. Der Bürgermeister Have- mann aus Wülffra th war beschuldigt worden, Kohlenlieferungcn an die Militärbehörden ver weigert zu haben. Das Urteil lautete auf 5 Jahre Gefängnis und 50 Millionen Mark Geldstrafe. Der Beigeordnete Steinert, ebenfalls aus Wulff- rath war angeklagt, die Zivilbevölkerung mit Strafe bedroht zu haben, fall» sie die von den Fran zosen beschlagnahmten Kohlen abliefere. Er wurde zu 3 Jahren Gefängnis und 50 Mill. Mark Geld strafe verurteilt. Regierungsreferendar Glehn, der stellvertretende Bürgermeister von Grelten, war cmgcklagt, Armeepistolen, die von der Bevölkerung im Nathause abgelicfert worden waren, nicht an die Franzosen weitergegeben zu haben. Ferner hatte er sich geweigert, eine der Stadt auferlegte Geldbuße zu entrichten. Das Urteil lautete auf 3 Jahre Ge fängnis und 10 Mill. Mark Geldstrafe. Ferner stand vor dem Kriegsgericht Regierungsrcferendar Kauf mann, der stellvertretende Bürgermeister von Ucberruhr, der ebenfalls beschuldigt war, eine der Stadt auferlegte Geldbuße nicht bezahlt zu haben. Er wurde zu 6 Monaten Gefängni« und 10 Mill. Mark Geldstrafe verurteilt. Der tschechoslowakisch-französische Handelsvertrag verlängert Nach aus Paris eingegangenen Nachrichten ist die Gültigkeit de» bisherigen tschechoslowakisch-fran zösischen Handelsverträge» auf Grund de» getroffe nen Ucbereinkommens bi» zum 31. August verlängert worden. Der Handelsvertrag sollte am 15. Juli ablaufea. Die Verhandlungen gestalteten sich sehr schwierig und wurden schließlich abgebrochen. Die tschecho- slowakische Regierung lanzierte eine Meldung in di« Presse, daß e» zu «ine» gollkriea kommen «erde. Aber die Tschechoslowakei ist politisch von Frankreich abhängig und auch Frankreich braucht di« Tschecho slowakei für seine Politik. So «ar »oran»zusehr«, daß eine Einigung erfolgen «erd«. Durch bi« jetzig« Verlängerung hat »an nunmehr Zeit für die «eite ren VertzMDiMWM geschapw^ Sächsische Theaterpolitik Li» Zwischenfall in -er Dresdner Larr-esoper v»r dem LawdtnG Dresden, 12. Juli. (Eig. Tel.) Die Unstim migkeiten während der Abstimmung über da» Dr- amtenpflichtrngesetz finden vor Eintritt in die heutig« Tage»ordnung de» Landtag» ihre Erledigung. Be kanntlich hatte der Abg. A. Kaiser die Beschluß fähigkeit dr» Hause» angezweifelt und dement sprechend einen schriftlichen Antrag eingrreicht, der von der Linken nicht anerkannt wurde. Hiergegen ist Protest erhoben worden, auch von dem demokra tischen Abg. Dr. Reinhold. Wie wir gestern be reits mitgeteilt haben, hat sich der Aeltestenrat mit der Angelegenheit beschäftigt, ist aber zu keiner Einigung gekommen. Der Streitfall wurde an da» Plenum zurückgewiesen. Die bürgerlichen Ab geordneten erklärten heute, daß sie sich an der zweiten Beratung über diese Angelegenheit nicht be teiligen würden. Sie verließen daraufhin den Saal. Abg. Müller-Ehemnitz (Soz.) beantragte, die sofortig« zweite Lesung de» Beamtenpflichtengesetzr» noch ein» mal vorzunehmen. Da» Haus war damit einver standen. Bei dem Kapitel Porzellanmanufaktur Meißen wird der Etat nach den Einstellungen debattelo» erledigt. Ueber Staatstheater, Sammlungen für Kunst und Wissenschaft und Kunst zwecke im allgemeinen berichtet Abg. Frau Bütt ner (Soz.). Sie weist auf die hohen künstlerischen Ergebnisse der Staatstheater hin, die sich augenblick lich wieder auswirken in dem Züricher Gastspiel, das auch von der ausländischen Presse höchstes Lob für sich beanspruchen konnte. Abg. Schneller (Komm.) behauptet, in dem neulich im Staatlichen Schauspielhaus gespielten Schauspiel „Wechsler und Händler" von Hann» Io Hst zeige sich der Bankerott der sächsischen Theaterpolitik. In diesem Stück komme die faschi stische Tendenz unverhüüt zum Ausdruck. Seine Freunde beantragten, daß oie Regierung sogleich da» Weiterspielen diese» Stückes verhindere, die für die Aufführung diese» Stücke» verantwort lichen Personen unverzüglich zur Rechenschaft ziehe und die schärfste Kontrolle über die Spielpläne aus üben solle. Abg. Claus (Dem.) warnt davor, die Reichs- besoldungszuschüsse von 9—10 Milliarden Mark für die sächsischen Staatstheater al» eine dauernde Ein stellung anzusehen. Das Theater müsse versuchen, in dieser schwierigen Zeitlage mit den eigenen Ein nahmen den Ausgabeetat zu decken. Abg. Dr. Reinho 1 d (Dem.): Don einer Partei, die die Freiheit immer im Munde führt, klingt der Ruf nach dem Zensor recht eigentümlich. Wir protestieren gegen die Zumutung, in die Freiheit de» Spielplanes von außen einzugreisen. Abg. Frau Büttner (Soz.) erklärt unter großem Lärm der Kommunisten, dieser Zensurantrag rufe die Kulturbegrenzung einer wilhelminischen Zeit in die Erinnerung zurück, die man glücklich überwunden habe. Sie (zum Abg. Böttcher) haben in Rußland, woher Sie soeben kommen, eine Zensur, vor der man ausspucken möchte. Sie haben in Ruß land jede sozialdemokratische Meinungsäußerung er würgt. Ihr Zensuraatrag ist eine Aeußerung reak tionärer Gesinnung im höchsten Grade. (Ungeheurer Lärm bei den Kommunisten; Rufe: Da» will eine Vertreterin des Proletariats sein!). Wir werden die Dummheiten des Bolschewismus jedenfalls nicht mtt- machen. Der kommunistische Antrag wird darauf hin gegen die wenigen Stimmen der Kommunisten abgelehnt. Abg. Dr. Dehne (Dem.) vertritt bei dem gleichen Kapitel noch einen Mmderheitsantrag, 100 Millionen Mark für di, sächsische Landesbühne ein zustellen. Der Antrag wird aber abgelehnt, die Ein stellungen werden bewilligt und dir vorliegende Ein gabe der Regierung überwiesen. Abg. Frl. Dr. Hertroig (D. Dp.) bedauert, daß der christlichen Frauenschule nicht dieselben Vorschüsse gewährt werden sollen wie den beiden anderen Frauenschulen. Die kommunistischen Anträge lehnten ibre Freunde ab. Abg. Bültmann (Dntl.) wender sich ebenfalls gegen die Ungerechtigkeit, die christliche Frauenschul« nicht zu unterstützen. Abg. Frau Büttner (Soz.) führt au», die Sozialdemokraten würden der christlichen Frauenschule die Zuschüsse versagen, weil sie nicht wünschten, daß die kommenden Wohlfahrtsbeamtinnen in einer bestimmten konfeffto- nellen Einstellung erzogen würden. Abg. Schneller (Komm.) begründet die kom munistischen Anträge auf Beschlagnahme und mög lichst unentgeltliche Abgabe von Milch fürSäug- linge, Schwangere und Kranke, ferner auf ein Alkoholverbot, auf Verbot gewerblicher Be schäftigung schulpflichtiger Kinder in den Fürsorge erziehungsanstalten. Abg. Rammelsberg (Dntl.): Durch den kommunistischen Antrag könnten di« Schwierigkeiten in der Milchbeschaffung nicht behoben werden, da die Milchnot in Sachsen nur von der Höchstpreisfestsetzung herrühre. Auf dem gleichen Standpunkt steht Abg. Dr. Claus (Dem.). Wrrtt schaftsminister Fel lisch erklärt, die Regierung denke nicht daran, die Verordnung über die Milch höchstpreise aufzuheben. Erst müßten die Arbeiter ihre Leistungen in Doldn»erten bezahlt erhalten, wie sie die Landwirte und die Industriellen bereit» für ihre Erzeugnisse längst erhielten. Die kommuni stischen Anträge werden daraufhin abgelehnt. Zum Zwecke der Milchverbilliguna werde» 900 Millionen Mark, für die Fortführung der Schul kinderspeisungen 1>j Milliarden Mark bewilligt. lieber da» Kapitel „Technische Hochschule zu Dresden" berichtet Abg. Bl üb er (D. Dp.). Die Technische Hochschule in Dresden solle allen Be gabten offenstehen. Deshalb müßten große Mittel flüssig gemacht werden, um auch den bedürftigen Stu denten den Besuch der Hochschule zu ermöglichen. — Die Einstellungen werden nach der Vorlage ge nehmigt. Abg. Schiffmann (Dtschpt.) vearündet den Minderhcitsantrag, neben der Bundesschule de» Ar- beiter-Turn- und Sportbunder auch dem 14. Turner kreise Sachsen der Deutschen Turnerschaft 80 000 bzw, eine Million Mark Unterstützung zu gewähren. Abg. Ellrodt (Kom.) bekennt, daß «» sich nur um eine Vergeltungsmaßnahme handele, wenn der Deutschen Turnerschaft jetzt keine Unterstützung ge geben würde. Früher habe man den Arbriterturn- verbänden auch keine Unterstützungen gewährt. Der Antrag Schiffmann wird «--«lehnt. Da auch der Aba. Deckel (Soz.) dagegen stimmt, ruft ihm die Recht« za: die deutsche Turnerschaft wird Ihnen di« Antwort darauf -eben. Die Herausgabe einer Zeitschrift für staatbürgerliche Aufklärung wird «U-Ü-e-er Lo»»uatt-« « - ß e 1« tz » L Gegen di« Bewilligung von 200 Mill, Zuschuß an di« Grasst-Textil-Meßbau-A^G. ft» Leipzig opponierten die Kommunisten durch den Leipziger Abgeordneten Lieberasch. E» handele sich bet dieser Bewilligung um ein Geschenk an dir Textil- Industriellen. In Leipzig würden die kostbarsten Stoffe ausgestellt, um in da» Ausland verkauft zu »verden, während die Arbeiterschaft nicht wisse, wie sie sich kleiden solle, und nun obendrein noch 200 Millionen Mark bewilligen solle. Abg. Berg (Dntl.) entgegnet ihm, daß es sich nicht um ein Geschenk, sondern lediglich um ein Dar- lchrn handele, da« zudem mit X Prozent über dem jeweiligen Reichsbankdiskont zurückvergütet würde. Der Dau solle eine Ausstellungshalle werden, in der die sächsische Textilindustrie Ausstellungen veran stalten könne, um dadurch größere Arveitsmöglich- keilen nach Sachsen einzubringen. Wenn die Komm», nisten jetzt da» Darlehen ablehnten, so folgten st« nur ihrem Bestreben, den Arbeiten» immer wieder bi« Arbeitsmöglichkeit zu entziehen. Abg. Dr. Reinhold (Dem.) schließt sich dem Vorredner an und bemerkt dazu, daß in dem Auf- sichtsrat der Draffi-Textil'Meßbau-A..G. nicht nur die Stadt Leipzig stch befand», sondern auch Mit glieder de» Reichswirtschaftsrate» und de» sächsischen Wirtschaftsministerium». Die Kommunisten könnten versichert sein, daß dir Gelder hier durchau» am rich tigen Platze seien. Ab. Röllig (D. Dpt.) fügt noch hinzu, es sei be kannt, daß r» sich bei Vollendung diese» Ausstellungs baue» im gewissen Sinne um ein Konkurrenz unternehmen zwischen Leipzig und Frankfurt handele. Wenn jetzt der Meßbau in Leipzig nicht zustande käme, würde Frankfurt der Textilindustrie schon di« Möglichkeit zur Au»stellung bieten und damit wäre dem Staate Ärchsen durchaus kein Dienst erwiesen. Die 200 Mill, werden daraufhin gegen die Stimmen der Kommunisten b e - willigt. * Bei der Abstimmung über di« neue Gemeinde vorlage in der Mtttwoch-Sitzung de» Landtags wurde weiter ein Antrag Dr. Eberle (Dntl.), daß die Bürgermeister in Städten mit mehr als 8000 Einwohnern di« Fähigkeit zum Richterbrruf« oder zum höheren Vrrwaltung»beamten haben müssen, abgelehnt. Gestrichen wird ebenfalls 8 71 der ur sprünglichen Vorlage: „Durch Ortsgesetz kann von dem berufsmäßigen Bürgermeister eine besondere Befähigung gefordert werden." Die Demokratisch« Partei hatte beantragt, den berufsmäßigen Gemeinderatsmitgliedera ein Ruhegehalt auf Lebenszeit schon nach einer 12jährigen Dienstzeit zu gewährleisten. Verlangt wurde nament liche Abstimmung. Der Antrag wurde abgelehnt. Abg. Blüher (D. Dpt.) beantragt, den zurück- tretenden Gemeindebeamten ein Ruhegehalt von SO Prozent ihre» ruhegehaltsfähigen Diensteinkom mens zuzuweisen. Abg. Dehne (Dem.) stimmt dem Wunsch, des Vorredners zu. >.. Abg. Gran» (Kom.) erklärt unter großer Heiter keit de» Hause», seine Partei werde dem Paragraphen unter Protest zustimmen. Der Antrag wurde darauf hin in namentlicher Abstimmung mit 48 aegrn 42 Stimmen abgelehnt und der Paragraph in der Aus- schußfassung angenommen. Danach erhalten im Falle ihre» Ausscheiden» Bürgermeister und Gemeinoevorstande die Hälfte des letzten Iahresdienstrülkommens al» jährliche Rente aus Lebenszeit. Die Rente fällt weg oder ruht inso weit, als der Berechtigte durch Anstellung im Staats-, Gemeinde- »der Privat dienst «in Einkommen oder eine neue Rente erwirbt, wodurch mit Zurechnung der ersten Rente sein früheres Diensteinkommer» oder seine frühere Besoldung überstiegen wird. Nach achtstündiger Beratung ist die Abstimmung über die Gemeindeordnung, die insgesamt 210 Para- graphen enthält, beendet. Die Sozialdemokraten haben mit den Kommunisten all« bürgerlichen Abänderungsvorschläge niederge stimmt. Don bürgerlicher Seite ist eine dritte Lesung de» Gesetzes beantragt, so daß die Schluß abstimmung ausgesetzt wird. Nach Vorschlag des Präsidenten Winkler wird dann das Berggesetz erledigt. Abg. Gündel (Dntl.) beantragt namens de» Ausschusses die An nahme. Der Gesetzesvorlage stimmt man ein stimmig zu. Damit wird die Sitzung abend» 9 Uhr geschlossen. Lausanne noch nicht entspannt Lausanne, 12. Juli. Die Komiteesitzungen der Konferenz, in denen die von den Sachverständigen ausgearbeitcten Verträge endgültig diskutiert wer den sollen, konnten heute nicht stattfinden und wer- den auch noch nicht aus morgen einberufen werden, da verschiedene Einzelfragen noch nicht völlig z-" klärt sind. Das gilt vor allem von der Kon zessionsfrage und der Frage der Räumung Konstantinopel» und Galli poli» durch die alliierten Truppen nach Nit- fizirrung de» Vertrage» durch die große National- Versammlung von Angora. Die Türken wünschen, daß die Bestimmungen nicht nur für die Land- truppen, sondern auch für die alliierten Kriegsschiffe gelten sollen, die sich in den Dar danellen befinden. Die Alliierten find unter Hin weis darauf, daß da» Meerenaenabkommen, da» diese Frage regelt, erst nach Ratifizierung durch Vie drei einladenden Mächte in Kraft tritt, der Ansicht, daß bi» dahin zwei schiffe in den Dardanellea be lassen werden. Diese und andere Fragen werden heut« zwischen den alliierten Bevollmächtigten und Ismet Pascha erörtert. Die Beratung soll morgen fortaesetzt werden. E» wird betont, daß die vor- hanvenen Meinungsverschiedenheiten nur die Unter- zeichnung de» Vertrage» um einige Tage »«rzögern, aber dir am Sonntag erzielte Einigung nicht in Frag, stellen werden. Wie au» Warschau gemeldet wir-, hat Finanz- Minister Linde infolge der ungünstiaen Aufnahme de» Finanzprogramme» im Finanzausschuß um seine Entlassung vom Amte nachgesucht. Al» sein Nachfolger wird der Professor an der Universität Krakau Dr. Arthur Beni» genannt, der Polen bet den Finanzverhandlung e» tu Pari» al» Bevvll-