Volltext Seite (XML)
Sell- 4 Ur. IS« Merkwürdige Tafelsitten Während wir Europäer uns in der Auswahl des Eßbaren aus dem überreichen Schaß der Natur ver hältnismäßig konservativ verhalten, gibt cs Böller, die die gesamte Fauna und Flora nach „Delikatessen" durchsuchen und dabei höchst merkwürdige Funde machen. Besonders bekannt wegen dieser Weitherzig, keit in allen Dingen der Küche sind die Chinesen, e.ber auch die nordafrikanischcn Völker haben eine Unzahl von Gerichten, die uns höchst fremdartig an» muten. Von diesen afrikanischen Tafelgenüssen plaudert jetzt Heinrich Göhring in lieber Land und Meer. Die Marokkaner verwenden auf die gute Zubereitung der Speisen viel Sorgfalt, aber für den Europäer ist der Gebrauch eigenartiger Gewürze, vieler Pfeffersorten, des den Hals zuziehenden Argenöls höchst unangenehm. Außerdem gehört zu ssdem guten Gericht, daß es mit viel Butter und Honig angemacht ist. Der Gebrauch der Gabel ist den Mauren noch unbekannt, und da mit Vorliebe dem Gast ein ganzes Huhn oder eine ganze Ente dar- gereicht wird, so ist der Abendländer in Verlegen- hcit, wie er seine „fünfzinkige Gabel", nämlich die Hand, benutzen soll. Wie die Gabel bei dem afrika nischen Tischzeremoniell verpönt ist, so wird ander seits das bei uns so streng gerügte Ausstößen un bedingt gefordert. Der marokkanische Gastgeber würde schwer beleidigt sein, wenn seine Gäste nicht nach Tisch genügend rülpsen würden, denn damit be- weisen sie ihm, daß sie ordentlich zugelangt haben. Ein Mittagessen in Trivolie umfaßt folgende Ge richte: Pferdepilaw (Mischung von Neis und Geflügel im Pastetenmantel), Iaila Kebala (Hammelfleisch am Spieß gebraten, mit saurer Rahmsauces. Spinat wurzeln (in Fleischbrühe gekocht), Käsekuchen (mit Weinbeeren garniert), Ialandi Dolmar (Reis in Weinblätter eingWpillt und in Olivenöl gebacken), Gulekuchen (Torte mit Wein angrrührt), Käse, Früchte. Ein Land, in dem besonders viel auf das Essen gegeben wird, ist Abessinien. Bei den Fest mählern am abessinischen Hof fließt der Champagner in Strömen, und es gibt auch schwere einheimische Weine. Große Stücke rohen Fleisches werden von den Stlaven herbeigetragen, und jeder schneidet sich nach Belieben davon ab. Um ein Bild von den Tafel genüssen des „Königs der Könige" — wie der abessi nische Herrscher heißt — zu bieten, sei die Speisen folge eines Festmahls angeführt: Gommen (gehacktes Fleisch, das mit Kohl zusammengestampft wird), Uai (ein Ragout von Fleisch und Beriberi, das an die arabische Kück)e erinnert, jedoch mit doppelter Ladung roten Pfeffers versehen ist), Ergo (eine Art dicker Milch), Fetfet (ein Fleischkuchen, den man mit dem Löffel verspeist, die Pfefferladung ist wieder verstärkt), Teps (ein Braten, in Striemen geschnitten mit Ochsenfleisch). Im Orient wird stets an kreis runden Tischen gegessen, und es ist bei der bekannten Gastfreundschaft Sitte, einige Plätze an der Tafel offenznhalten für Gäste, die etwa noch unangemeldet kommen. Eine besondere Bedienung erfolgt meistens nicht, sondern man reicht sich die Schüsseln gegen seitig zu, und zwar nimmt zuerst der Hausherr, eine Vorsichtsmaßregel gegen die im Orient so gefürchtete Vergiftung. ' r. De» Dresdner Weltkongreß für Briefmarken. Der Weltkongreß für Briefmarken, Ansichtskarten und Rotgeldstunmler wurde mit einer Ausstellung in den Rämnen der Dresdner Kaufmannschaft eröffnet. In drei Sälen wird ein vollständiger Ileberblick ge- 1s6°!Io» «ItrevSo üdSrKewäSU un<i jeglicde , üortSUHriiovKe vsod eigenem l(te»I«x8teiv. Klon» «nrl»!»» Magerkeit und welke Haut müßten namentlich Frauen beseitigen. Wir raten Ihnen, 30 a echte Avoca-Kerne zu kaufen, die er probte, unschädliche Stoffe von ansatzfördernder Wirkung enthalten. Nehmen Sie 3mal tägl. 2 bis 4 Stück. Sicher erhältlich: König Salomo-Apotheke Grtmmaische Straß« 17; Engel-Apotheke, Markt 12. Der Witwer 3Sj Noman von MsrrvnlelH , »Nachdruck verboten.) ' Ls war das schändlichste: einen Men schen beschämen. Und er wollte alles tun, Mn das zu vermeiden. Denn ganz ab- gesehen davon, daß sie ein Recht hatte zu sein, wie sie war, und zu leben, wie es ihrer Natur entsprach — vielleicht war sogar das Wort von dem Tag, auf den sie gewartet, ehrlich ge- wesen. Zum mindesten wollte er es anncshmen nach der alten Lehre, Gutes von den Menschen zu glauben, solange sie einem nicht das Gegen- teil bewiesen. Freilich: man lief dabei Gefahr ausgelacht zu werden. Das war ein Punkt, den die männliche Eitelkeit am allerwenigsten ver trug. Wer nein, sie würde nicht lachen, am Ende hatte sie sich auch schon besonnen, bereute es, daß sie sich von ihren Gefühlen so hatte über rumpeln lassen. Wahrscheinlich wartele er vor- gebens vor dem Theater auf ihr Erscheinen. Das wäre die einfachste Lösung gewesen. Leichter wurde Stromberg ums Herz, als ec so dachte. Wenn er eine halbe Stunde gewartet hatte und sie kam nicht, dann wollte er in sein Hotel gehen und am andern Tag mit dem ersten Zug nach Berlin fahren. Ihm war, als locke ihn zum erstenmal wieder seine Arbeit. Ordentlich hinein versenken wollte er sich. Warum sollte die Heil kraft der Arbeit bei ihm versagen? Sie wurde doch von so vielen als Universalmittel gepriesen. Freilich, bis fetzt hatte er ihre Wirkung nicht ver spürt, aber das lag wohl auch an seinem Willen, der sich nicht kräftig genug stemmte und sich von Erinnerungen überwältigen ließ . Das sollte nun anders werden, es galt kräftig angehen gegen die Schatten des Linst. Zunächst aber hieß cs mit dem törichten Erlebnis dieses Tages fertig zu wcrden. Line halbe Stunde vor Beginn der Vor stellung stand Peter Stromberg am Eingang des I^eipriger Hgedlütt wonnen. Die Briefmarke läßt sich von ihren An- sängen bis zum heutigen Tage in ihrer Vielgestaltig- keit verfolgen. Besonders die sächsischen Besucher werden sehr viel Freude haben an einer Sammlung von Kurfürstlichen Erlassen und überaus zahlreichen Reskripten. Die Ansichtskartensammlung führt durch die halbe Welt, von Sachsen bis zur Südsee. Unter den Gelcgenheitssammlungen von Briefmarken und Notgeld befindet sich auch Alunriniumgeld des Lauta- Werkes und Bielefelder Seidengeld. Schreckensszenen auf hoher See Auf dem Dampfer „Brave Coeur" der United Shipping-Linie, der von Deutschland nach Amerika unterwegs war, Hot sich auf hoher See eine Tragödie abgespielt. Das Schiff befand sich ungefähr auf der Höhe von Oporto, als der zweite Steuermann plötz lich irrsinnig wurde. Er griff in seinem Wahn zur Waffe und richtete auf dem Schiff ein furchtbare« Blutbad an. Zuerst erschoß er den Kapitän, dann den Steward, dann den Telegraphisten, schließlich verletzte er noch einen Passagier und einen Leicht matrosen. Der Wahnsinnige verkroch sich dann in seiner Kabine. Die Offiziere beschlossen nun, schleu nigst den nächsten Hafen anzulausen. Die Fahrt wurde unter größten Schwierigkeiten und Auf- regungen vorgcnommen. Es war nicht möglich, den immer noch wüst um sich schießenden Steuermann zu entwaffnen. Decks und Kabinengänge waren leer gefegt von Passagieren. Sie hockten alle zitternd in ihren Kabinen. Als das Schiff schließlich in den Hafen von Oporto einfuhr, wurde die Flagge halbmast ge- hißt und die Matrosen gaben das Signal „Aufstand und Mord". Sofort stürzte die Hafenpolizei in Be- gleitung eines Arztes an Bord und versuchte den immer noch bewaffneten Mörder zu verhaften. Es entspann sich ein verzweifelter Kampf. Der Wahn sinnige verbarrikadierte sich in seiner Kabine und schoß unentwegt auf seine Gegner. Die Polizei griff schließlich zu einem ganz seltsamen Mittel: sie schüt tete durch eine Oeffnung zwei Säcke Kalk in die Kabine des Mörders, der infolge der undurchdring- lichcn Staubwolken gezwungen wurde, die Waffen zu strecken. Aber mitten aus diesem weißen, atem beraubenden Nebel dröhnten doch noch zwei Schüsse, dann wurde es in der verwüsteten Kabine völlig still. Als die Luft sich einigermaßen klärte, drangen die Polizeibeamten in den verbarrikadierten Raum ein und fanden den Wahnsinnigen tot am Boden liegend vor. Er hatte sich durch zwei Schüsse in den Mund selber getötet. Die Leichen dieses Blutbades wurden in Oporto bestattet. Der Dampfer setzte dann seine Fahrt nach New York fort. Spione vor dem Reichsgericht. Der Senat der 1. Instanz für Strafsachen des Reichsgerichtes ver urteilte heute den Kaufmann Josef Pyrkosch wegen versuchter Spionage zu 4 Jahren Gefängnis und Ehrverlust von 5 Jahren. Pyrkosch hatte im Jahre 1920 während der Abstimmung in Oberschlesten ver sucht, militärische Geheimnisse der deutschen Frei- korps an die polnische Abstimmungskommission zu geben, wodurch die deutschen Interessen in Ober schlesien außerordentlich geschädigt worden wären. In einer zweiten Verhandlung wurde der Berg mann Komann aus Recklinghausen zu 1 Jahr tt Monaten Zuchthaus und 8 Jahren Ehrverlust ver urteilt. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffcntlichkeit statt. Neuer Präsident der Dresdner Oberpostdirettion. Der Präsident der Oberpostdirektion, Geheimer Ober- poLxat Spranger, ist am 1. Juli in den Ruhestand getreten. Als Nachfolger ist der Ministerialrat Weigel aus Berlin berufen worden. Der diebische Stadtrat. Der sozialdemokratische Etadtrat Krägel in Meyenburg in der Priegnitz wurde verhaftet, als er einen Eisenbahnwagen aus- plünderte. Eine Durchsuchung seiner Wohnung förderte große Mengen Diebesgut zutage. Selbstmord einer Deutschen in Lissabon. Unter eigenartigen Umständen ist in einem Krankenhaus zu Lissabon kurz nach ihrer Einlieferung die 26jährige Gouvernante Isolde Meyer-Stromfeldt verschieden. Sie hielt sich zwecks Regelung privater Angelegen heiten in Lissabon im Frankfort-Hotcl auf. Sie ver kehrte mit niemand. Kürzlich hörten die Bewohner des Hotels nun morgens aus dem im dritten Stock gelegenen Zimmer der Gouvernante einen gellenden Schrei und darauf das Klirren von Fensterscheiben. , —-SSÜMS vuä Urmtlelsrettuag Man fand dann di« junge Dame im Nachtgewand vor dem Haus« auf dem Pflaster liegend. In ihrem Zimmer waren Geld und Wertsachen unberührt. Welche Gründe die iunge Deutsche zum Selbstmord veranlaßt Haden, ist gänzlich unbekannt. Der Lkumenische Patriarch übersiedelt nach dem Berge Athos. Au» Athen wird gemeldet: Der öku' mcnische Patriarch beschloß, Konstantinopel zu ver lassen und sich vorläufig auf dem Berg« Athos rieder zulassen. . Studenten al» Gäste de» Reichspräsident««. Der Reichspräsident empfing zum Tee im Garten seines Hause» Studierende der deutschen Universitäten und Hochschulen, Professoren und führende Persönlich- leiten de» deutschen wirtschaftlichen Lebens, die sich zu einer Derwaltung»rat»sitzung der Wirtschaftshilfe der deutschen Studentenschaft in Berlin eingefunden hatten. Teure Erbschaft. Daß das Erben von kleineren Beträgen mehr Aerger als Vorteil bringt, mag der Klagebrief eines Münchner« erweisen. Er schreibt: Nach dem Tode eines Verwandten hatte ich als Mitcrbe dessen Lebensversicherung im Betrage von 3000 Mark zu erheben. Dreitausend Goldmark würden heute etwa 21 Millionen Papicrmark ent sprechen, ich erhielt aber nur 3000 Papiermark. Und um diese zu bekommen, mußte ich folgende Aufwendungen machen: Für Beschaffung eines Erb scheines einschließlich der Straßenbahnkosten 1400 Mark, für einen Totenschein einschließlich der Straßenbahnkosten 700 Mark, zweimaliger Besuch der Versicherungsanstalt mit " Straßenbahnkosten 800 Mark, Abzug für Kapitalzinsertragssteuer 26 Mark, Abzug der Erbschaftssteuer 180 Mark, Zeit- versaumnis acht Stunden, die Stunde nur zu 1000 Mark gerechnet, 8000 Mark. Um die 3000 Mark zu erheben, hatte ich eine Ausgabe bzw. einen Verbienstentgang von mindestens IIIOSMk. Ich zahlte demnach auf die Erbschaft über 8000 Mark darauf. Vielleicht kann diese Erfahrung anderen Lesern von Nutzen sein. Der größte Diamant der Welt. Aus Kimberley wird gemeldet, daß in einer der Gruben der De- Beers-Kompagnie ein Diamant mit einem Gewicht von 20)4 Karat gefunden worden ist. Dies ist der größte Diamant, der jemals aufgefunden wurde. Sein Wert beträgt 10 000 Pfund. Die Wetterkatastroph« iv Kärute«. In das von der schweren Wetterkatastrophe heimgesuchte Gebiet am Ossiachersee wurde Militär zur Hilfe leistung entsendet. Mehr als 100 Mann der Wehr macht arbeiten an der Eindämmung der Wildbäche und werden dabei von einer größeren Anzahl Eisen bahner unterstützt. Das Dorf Tschören ist zum größten Teil zerstört. An einzelnen Stellen reicht das von den Bergen heruntergeschwemmte Geröll« bis zu acht Meter Höhe. Das Sägewerk de» Ortes ist vollständig vernichtet. Die Wasser- leitung, die Tschören und Bodendorf mit Trink wasser versorgt, ist schwer beschädigt. Am Ausgang von Tschören liegen Felsblöcke von ungeheurer Größe. In weiter Umgebung sind die Kulturen vernichtet. Zu gleicher Zeit haben schwere Hagelschläge in einem großen Umkreis, der die Gegend von Feldkirchen, da» obere Glan- und da» obere Gurktal umfaßt, riesigen Schaden angerichter. Der Stier im Tunnel. In einem Tunnel der Eisenbahn von Manchester nach Leeds verursachte ein Stier eine längere Verkehrsstörung, durch welche eine große Anzahl von Zügen aufgehalten wurde. Der Stier hatte sich in einem Tunnel verrannt und war auf keine Weise aus ihm herauszubringen. Schließlich gelang es- ihn dadurch aus dem Weg zu räumen, daß man eine Lokomotive, die alle Lichter aufgesteckt hatte und so viel Lärm als nur möglich machte, langsam auf das Tier losfahren ließ. Schritt für Schritt wich der Stier vor dem schnaubenden Dampfroß zurück und wurde so aus dem Tunnel hinaus bugsiert. Oxforder Studenten — Anhänger der Arbeiter partei. Der Vizekanzler der Universität Oxford, Dr. Farnell, der bekannt ist für die strenge Disziplin, di« er in die Universität brachte, hgt eine Versamm- lung eine» Klubs von Studenten, die der Arbeiter partei angehören, untersagt. Der englische Dcpu« tierte der Arbeiterpartei, Lansbury, sollte in dieser Versammlung das Wort ergreifen. Theaters. Auf dem Zettel unterrichtete er sich, welches Stück gespielt wurde: „Gespenster" von Ibsen. Nun, das war gerade keine ermunternde Einleitung zu einem so sinnenfrohen Abend, wie ihn sich die Fremde wohl jetzt noch ausmalte, dieser Kampf zwischen Pflicht und Freude, Toten und Lebenden. Stromberg erinnerte sich, wie er das Stück vor vielen Jahren, noch als Student zum erstenmal gesehen hatte. Er hatte nur mit Aufbietung aller Willenskraft über sich vermocht bis zum Ende zu bleiben. Man war mit der Zeit abgebrüht. Aber ein Unbehagen kroch doch in ihm empor. Und das war vielleicht gut. Für ihn und für sie. Wer die Gespenster sah, dem verging die Lust, den Abend festlich zu verleben. Ob sie überhaupt kam? Die Theaterbesucher strömten schon zahlreich in die Eingänge. Es galt aufpassen, sonst übersah er sie noch. Aber es war wirklich nicht so ganz einfach alle Menschen zu erfassen, manche entgingen seinen suchenden Blicken. Einmal glaubte er Hilperts überlebens- große Figur gesehen zu haben, das war wohl ein Irrtum gewesen, wie sollte der nach München kommen? Möglich war es immerhin, Hannelore hatte ihm ja erzählt, daß das Göttle durch Frau v. Truschwendes Vermittlung nach der Schweiz gereist sei. Nun ja, und jetzt fuhr er eben über München wieder heim — zu Hannelore. Weg da mit den Gedanken. Was ging ihn das an? Angestrengt schaute er nach der Fremden aus. Gottlob, sie war wohl zur Einsicht gekommen, denn es wurde nachgerade Zeit, daß sie kam. „Grüß Gott, Stromberg," ganz plötzlich stand Utthof vor ihm und schüttelte ihm kräfttg die Hand. Die Begegnung war Stromberg unange- nehm. „Willst du auch ins Theater?" fragte Utt hof unbefangen. „Doch ja, das heißt, ich warte auf eine Dame!" „Bravo! Stromberg, du, das ist famos von dir. Dann will ich nur schleunigst verduften. Ich hab' mich übrigens auch verabredet, der Hilpert ist hier, den kennst du ja auch. Er hat es mir wenigstens versichert. Ein Strudelkopf. Feiner Kerl. Morgen komme ich nochmal zu dir. Ist es dir recht?" Stromberg nickte. „Ich fahre mit dem Früh zuge nach Berlin." . „Is' schon recht, ich komme zur Bahn. Also auf Wiedersehen." Mit raschen Schritten ver- schwand Utthof hinter der Schwungtür des Theaters. Also hatte er sich doch nicht getäuscht, Hilpert war wirklich im Theater. Und wenn die Fremde kam, dann sah Hilpert ihn, und dann würde es es Hannelore erzählen... das würde er sicher tun... Lin Hupensignal gellte durch die beinah still gewordene Straße. Stromberg schrak zusammen. Der Kraftwagen hielt, und ihm entstieg die Fremde. Sie war in einen altgoldenen Abend- mantel gehüllt, auf- dem blonden Haar trug sie einen Theaterhut mit weißen Reihern. Sehr auf- fallend sah sie aus, aber wunderschön. Doch Stromberg war aufs peinlichste berührt. Er be- griff sich nicht mehr, das war doch eine unglaub liche Verirrung gewesen, was ihn da heute vor- mittag gepackt hatte. Nun, er hatte Strafe ver- dient, es war das beste, man nahm dieses Stell dichein von der komischen Seite. „Bin ich nicht pünktlich?" fragte die Fremde und reichte Stromberg ihre schlanke Hand, an der ein einziger Rmg saß, aber er stellte ein kleines Kapital dar. „Plätze hast du doch be sorgt?" Stromberg d"jahte. Daß sie ihn duzte, war ihm schauderhaft, aber was konnte er ander» erwarten? Und während sie die Treppe hmaufstiegen. lachte sie und meinte, sic habe ja ganz vergessen, ihm zu sagen, wie sie heiße. Wie er sie wohl in Gedanken genannt habe? „Dir Fremde," antwortete Stromberg ruhig. Wieder lachte sie girrend. „Lore, heiße ich, sag'» mal. Ich möchte hören, wie der Name aus deinem Munde klingt." Wie einen Peitschenhieb empfand er den Dtenstag, 2. IiÄ Musik Leitung: UniversitSrSmustMr.Prof. y riedr.B lande» Jnternationale Zestspiele Zürich Das Komitee der Internationalen Festspiele Zürich, vaS nunmehr auf dreijährigen Erfolg zurückblickt, hatte diesmal davon abgesehen, von namhaften ausländischen Dirigenten geleitete Konzerte in die Veranstaltung einzubeziehen: dafür war da» Repertoire der Vorstellungen im Siadttheater von einer geradezu beispiellosen Mannigfaltigkeit. Wer cs mit feinen Finanzen vereinbaren konnte — wir hier müssen nämlich bei aller beneidenswerten Valuta vielmehr rechnen, als man draußen gemeinhin annimmt! — wer also e» sich leisten konnte, alle fünf Vor stellungen zu besuchen, hat einen Kunstgenuß hinter sich, wie ihn gegenwärtig keine, auch keine über seeische Metropole zu bieten hat. Al» erster führte Felix v. Weingartner den Taktstock in einer von Dir. Trede (Zürich) geleiteten Meistersinger- Wiedergabe. Einer Reihe erster fremder Künstler wie Rich. Schubert, Berta Kirurina, Herm. Weil, Karl Sehdl standen beste heimische ebenbürtig zur Seite. Ein seltener Schimmer und Glanz lag über dieser 100. Vorstellung der Meistersinger in Zürich, an der zum ersten Mal auch die Zürcher Zünfte vertreten wären. Händel- „Rodelin", interpretiert durch da- Württemberger LandeS- theater, war ein erstes Sichmelden der Händel- Renaissance in der Schweiz; ein Erlebnis für viele. Selbst wer die Einstellung aufs Werk für» erste nicht finden konnte, mußte deu Stuttgarter Künstlern restlose Anerkennung zollen. Ein Erfolg ohne gleichen: Rossinis „Barbier", von Antonio Guarnieri dirigiert, der die außer ordentliche Anpassungsfähigkeit de» Zürcher Ton- Hallenorchesters zu subtilster Partiturauslegung nutzte. Mitwirkende waren im Ensemble der Mai länder Scala; Ada Sari, DoninBorgioli, Riccardo Stracciari. Große Begeisterung bewirkte, von Max Reinhardt geleitet, „Kabale und Liebe " ES genügt Namen zu nennen wie Paul Hartmann, Werner Krauß, Wilh. Dieterle, Wilh. Diegelmann, Agnes Straub, Helens Thimtg. Im Brennpunkt des JnreresseS standen die den Abschluß bildenden Aufführungen des „Boris Godunow". Nicht nur Generalintendant Reucker und Dirigenten wie Busch und Dobro- wen leiteten schon die Vorbereitungen nebst dem Solisten-Ensemble der Dresdner Oper waren auch Chor, Kostüme und Komparserie von dort zur Stelle. Der Eindruck, den die Erst aufführung erzielte, gehört zu den stärksten, die im Stadttheater Zürich je vermittelt wurden. Erfreulich für das Ansehen der Sächsischen Staats- oper ist der Umstand, daß gerade für die Boris- Aufführung das Festspielpublikum den stärksten Prozentsatz Engländer und Amerikaner auswies. Auf Einzelheiten einzugehen erübrigt sich; es gelang der Spiel- uno musikalischen Leitung, auch auf der kleineren Bühne, mit fremdem Chor und fremden Hilfskräften und einem Orchester, dem dieser Mussorgsky völlig neu war, das lose gefügte Werk zu geschlossener Einheit zu schweißen. Musiker aus allerlei Berufen. Otto Ianowitz berichtet in der Neuen Musikcrzcitung von Mu sikern, die aus andern Berufen herkamen. Auf fallend ist das Vorwiegen von Juristen. Von der Jurisprudenz zur Musik kamen Tschaikowsky, Ro bert Kothe, Ludwig Nohl, Julius Korngold u. a. Die bedeutenden russischen Komponisten Mussorgsky und Serow standen ihr Leben lang im Staatsdienst. Cesar Eui war Professor der Festungsbaukunde an der Petersburger Kriegsakademie. Vom Handwerk zur Musik kamen unter anderen Zelter, der ur sprünglich Maurer war, und Dworschak, der als Fleischer angefangen hat. Kaufleute waren Leo Blech, Angelo Neumann. Theologie studiert hatten Hermann Langer und Philologie Hermann Kretzsch- mar, Hermann Abert, Friedrich Brandes, Medizin Dogumil Zepler. Nurmehr ein deutscher Musikerkalender. Wie uns die Redaktion des Vereinigten Musikerkalenders Hesse—Stern mitteilt, sind die Vorarbeiten für den 46. Jahrgang dieses einzigartigen Nachschlagebuches schon sehr weit gediehen. Es ist erwünscht, daß alle diejenigen Musiker/ welche in den Kaelnder aus genommen werden wollen und die noch keinen Frage bogen erhalten haben, sich möglichst umgehend an die Redaktion des Kalenders (Max Hesses Verlag, Ber lin W. 15) wenden. Die Aufnahme erfolgt kostenlos. Namen. Er preßte die schmalen Lippen zu- sammen. „So sag'» doch," drängte die Fremde. „Ich finde den andern Namen bezeichnender/ wehrte er beinahe schroff ab. „Heute vormittag warst du mir lieber," mit einer raschen Bewegung schob sie den weißen Aermel ihres Abendmantels zurück, „da sieh mal," sie streckte den weißen Arm aus, da sah er eine rote ovale Stelle. Die Eindrücke seiner Zähne. Er empfand eine Art von zorniger De mütigung. Sie hatte wcf'ss recht, wenn sie ihn so einschätzte, wie sie es tat. Aus ihrer Natur her- aus und nach seinem Benehmen. Nun, er würde ihr im Laufe des Abends schon eine andre Mei- nung beibringen. Jetzt war ihm selbst die Ge fahr, lächerlich zu wirken, gleichgültig. Knapp vor Beginn der Vorstellung betrat er mit seiner Begleiterin die Loge. Oh, die Wirkung war augenscheinlich. Don dem dunklen Hinter grund hob sich der wie yon Gischt umsprühte Hut Lores prächtig ab. Das mattlila Seidenkleid ließ ihre Schultern frei. Auch Stromberg konnte sich ein paar Augenblicke der Wirkung nicht ent ziehen, die das wunderschöne Geschöpf in ihm auslöste. Als er aber dann beobachtete, wie sie all die Blicke auffing und vor befriedigter Eitel- keit ordentlich strahlte, da war er vollständig er nüchtert. „Dekorationsstück," dachte er und lehnte sich In seinen Sessel zurück. Er hatte nur den einen Wunsch: nicht gesehen zu werden. Das Haus verdunkelte sich, da atmete Stromberg er leichtert auf. (Fortsetzung folgt.) verantwortlich für den redaktionell«» »eil: Lbrkredak- «riir S vloldstetn: sllr Rn,eigen: Oswald Müller, dcid« in Leiptta. — Berliner Dienst: Berlin lko<d- strake Ä. Fernsprecher 36M-S6KS. Dresdner Dienst: cheinrich Aerwulen, Dresden elabel-der-erstrafir 2«. Nkernsprecher 34 7SS. — Dn,S nnd Verla«: Lei»,»«er verla«»dru«err». «. m d. H.. Le«p,i«. bodanniSgass« 8. Unverlangte Beitrag« ohne Rückporto werden nicht i»rüa- aclandt. Die vorliegende Ausgabe umfaß! 1L Seite«