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8ette 2 «r. 111 1.e!pr1ger lagedlstt unü ULväelsreltung 3omrLd«»ü, «len 12. LsL Oie Mordtai von Lausanne «t»enrrDrai)idkrichide»Lrtp»t,erTasrblattt» Lausanne, II. Mai. Die gräßliche Tat, die gestern abend im Hotel Cecil von dem Maurice Conradi begangen wurde, hat sich folgendermaßen abgespielt: Die drei russischen Herren Worowski, Ahrens und Diwilkowski, die ihrer Gewohnheit gemäß ziemlich spät zu Abend aßen, kamen erst gegen Uhr »n den Speisesaal, als die anwesenden Gäste des Hotels ihre Mahlzeit bereits beendet hatten und all mählich den Saal verließen. Kurz nach ihnen erschien noch ein gut aussehender und gut gekleideter Herr, anscheinend in mittleren Jahren — jetzt erfährt man, daß er erst 27 Jahre alt ist —, der am Tische neben Len Russen Platz nahm und ein Diner bestellte. Als Worowski und seine beiden Begleiter eben im Begriff waren, sich nach dem Essen von ihren Plätzen zu er heben, gab ihr Nachbar — es war gegen >LIO Uhr — zunächst einen wohlgezielten Schuß auf Worowski ab, der diesen hinten am Halse traf und fast augen blicklich tötete. Unmittelbar danach folgten einiye weitere Schüsse auf die Begleiter, von denen der lunge Diwilkowski durch einige Bauchschüsse schwer verwundet wurde. Ahrens, der nur leichter getroffen war, versuchte seinen Revolver zu ziehen und auf den Täter zu schießen, fiel aber, durch den Blutverlust ge- schwächt, um und auf den bereits am Boden liegenden Worowski. Der Täter, der sofort nach seiner Festnahme durch den Hoteldirektor erklärt hatte: „Ruft die Polizei, damit sie mich verhaftet/ gab, nachdem man sämtliche Ausgänge des Hotels geschlossen hatte, vor den herbei- eilenden Hotelgästen noch folgende Erklärungen ab: »Ich Hube meinen Onkel und meinen Vater gerächt; in einer Zeit, wie dieser, wo man Davel (em waadt ländischer Nationalheld, dessen 200jähriger Todestag vor einigen Wochen gefeiert wurde) und andere Helden seiert, habe ich der Welt ebenfalls einen Dienst ge leistet, indem ich sie von diesem Schurken befreite/ Später wurde er ungeduldig, als die Polizei nicht sofort eintraf und rief mehrmals: „Wo bletbt diese verdammte Polizei?" Nachdem die Polizei erschienen war, die dem Mörder Handschellen angelegt hatte, machte dieser verzweifelte Versuche, sich von den Fesseln zu be freien. Als in dem Zimmer des Hote.direktors, in dem man Conradi vorläufig untergcbracht hatte, nach Bern telephoniert wurde, wo man einige Be hörden von dem Attentat unterrichtete, verlangte der Mörder — umsonst natürlich — faß man il> mit den Berner Persönlichkeiten, die er gut zu ken nen behauptete, sprechen ließe. Als Ahrens wieder zur Besinnung gekommen war, sagte er: „Das Generlasckretariat der Konfe renz und die Alliierten sind mitschuldig an der augenblicklichen Situation, die dieser Meuchelmörder herbeigeführt hat. Auch die Schweiz ist mitschuldig an dem feigen Mord, da die Behörden trotz aller umlaufenden Gerüchte und trotz der Warnun gen und Mitteilungen, die sie erhalten haben, keine Vorsichtsmaßregeln ergriffen >wben. um diejenigen zu schützen, die im Vertrauen auf ihren Schutz in Erfüllung ihrer politischen Pflicht hierhergekommcn sind." * Die Sorglosigkeit, mit der die Dreimän» nerdelegation der russischen Sowjetrepublik bei der zweiten Lausanner Konferenz auftrat, machte es dem Attentäter leicht, seinen Anschlag auszuführen. Nicht allein, daß die russische Delegation sich in den in der Stadt an offener Straße liegenden Hotel Cecil einquartierte, konnte diesmal, im Gegensatz zu den Gepflogenheiten während der ersten Konferenz, jeder leicht Zutritt zu ihr erlangen. Die russigen Herren bewegten sich ganz frei und ungeniert. Sie ließen darin auch keine Aenderung eintreten, als sie nach dem faschistischen Streich vom letzten Sonntag von versichcdenen Seiten zur Vorsicht ermahnt wurden. Ein schwerer Vorwurf fällt aber zweifel los auf die Lausanner Sichcrheitsbe» Hörden, deren Chef, Polizeidirektor Iacquillard, zurzeit gerade eine militärische Hebung absolviert und nicht im Dienst ist! Kufbahrung der Leiche Worowski« Eigener Drahtvertcp, de» Leipziger Tageblattes Lausanne, II. Mai. Die Leiche Worowskys ist vorläufig im Hotel Cäciel aufgebahrt. Für die Beerdigung sind aus Moskau telegraphische Instruktionen erbeten worden. Worowsky hatte noch am letzten Mittwoch eine seiner Töchter, die lungenleidend ist, nach Leysin gebracht. * Worowsky ist als einer der ersten Sowjet delegierten von den Bolschewisten ins Ausland ge schickt worden. Er wurde ISI7 nach Stockholm ent- saudt, war später in Finnland und vorübergehend in Berlin tätig. Zuletzt war er Leiter der Sowjet mission in Rom. Als die jetzige Konferenz in Lausanne begann, reiste er dahin ab. Die Konferenzmächte stellten sich jedoch auf den Standpunkt, daß Sowjet rußland nur dann berechtigt sei an der Konferenz teilzunehmen, wenn die Dardanellenfrage auf die Tagesordnung käme, was jedoch nicht beabsichtigt war. Der Mörder Eonra-i Eigener Drahibrrtcht de» Leipziger Tagrblciltrg Lausanne, II. Mai. lieber die Persönlichkeit des Mörder» wird fol- gcndes bekannt. Conradi ist am 18. Juni 1896 in Petersburg geboren, aber Schweizer Bürger des Kantons Graubünden. Er ist Techniker von Beruf und wohnte in Zürich, von wo er gestern früh nach Lausanne gereist war. um die Mitglieder der russi schen Delegation zu ermorden. Sein Plan war sehr sorgfältig vorbereitet, denn man fand in seinem Hotelzimmer eine Art von Denkschrift, in der er seine Absicht darlegt. Ein Brief, der gestern nachmittag für ihn au» Genf in seinem Hotel in Lausanne eingetroffen ist, wurde von den Unter» suchungobehörden beschlagnahmt. Es soll sich in dem Brief eine größere Geldsumme befunden haben. Die Untersuchungsbehörden stehen auf dem Standpunkt, daß der Mord einen rein persön lichen Racheakt darstellt, da der Vater und der Onkel Conradi« vyn den Bolschewisten «mordet sein sollen. Angeblich hat Conradi gestern mittag in Gesellschaft eines Dr. Markus au» Berlin, der sich bereit» seit längerer Zeit in Lausanne aufhalten soll, gefrühstückt. Auffällig ist, daß der Mörder die Persönlichkeiten der Mitglieder der russischen Dele gation sofort genau gekannt hat, obwohl es natür lich nicht ausgeschlossen ist, daß er sich diese Kennt nis vielleicht auch von Hotelgästen oder Hotel angestellten verschafft haben kann. Hierüber wird wohl die Untersuchung nähere Aufklärung bringen. Die hiesige Sektion der Nationalen Liga behauptet, daß ihr der Mörder völlig unbe kannt sei und daß er auch keiner anderen Abtei lung der Schweizer Nationalen Liga angehört. Dibilkowski auher Lebensgefahr »»Nviq, VoxI« Lausanne, II. Mai. Bei der russischen Delegation sind aus Moskau bisher noch keinerlei Nachrichten eingelroffen. Einst- wilen befinden sich die Verwundeten, Ahrens und Dibilkowski, noch immer im Hotelzimmer unter Pflege von Dr. Dagotztzky und einiger Lausanner Aerzte. Dr. Bagotzky, der Chef der russischen Ro ten Kreuz-Mission in eBrn, führt einstweilen auch provisorisch die Geschäfte der Delegation. Der Ver wundete Ahrens weigert sich heftig, in eine Klinik überzusiedeln, weil das nach seiner Auffassung die Auflösung der Delegation bedeuten würde, die er un bedingt bi» zum Eintreffen von genauen Instruk tionen au» Moskau vermieden wissen will. Da» Be finden des Sekretär» Dibilkowski, der gestern Abend lebensgefährlich verwundet zu sein schien, ist nicht mehr unmittelbar besorgniserregend. Es hesteht Hoffnung, ihn am Leben zu erhalten. Vie Entente will sich rechtfertigen «t»enerDrayi»ert»lde« Leipziger Tageblattes Lausanae, II. Mai. In den Kreisen der Konferenz herrscht eine arge Bestürzung über den Mord, den alle Delegationen einmütig verurteilen, und das um so mehr, als in der Schweiz solche Attentate auf politische Persönlich, keilen fast niemals von Schweizern begangen worden sind. Man hält einen Zusammenhang mit den Drohungen der Nationalliga nicht für so ganz aus geschlossen, obwohl der Präsident der hiesigen Ab teilung der Liga erklärt haben soll, daß die Liga nach der Mitteilung des Bundesrates (?), wonach die russische Delegation nicht zur Konferenz gehöre und Ende der Woche Lausanne verlassen werde, auf jede Fortsetzung ihrer Aktion verzichtet habe. Die Sitzung des ersten politischen Komitees der Konferenz unter dem Vorsitz von Sir Horac Rum» bold hat heute vormittag von 10>L bis I Uhr stattgefunden, ohne daß sich die Konferenz offiziell mit dem Attentat beschäftigt hätte. Wie es heißt, bereiten die Alliierten eine Erklärung vor, die sie durch ihre offzizöse Agentur verbreiten lassen wollen, um die ihnen zugeschobene Mitschuld an der unklaren Situation der russischen Delegation in Lausanne zurückzuweisen. In dieser Mittei lung soll noch einmal die ganze Sachlage klarge stellt werden. Regierungskrise in Prag Eibener Drahtbertcht de» Leipziger Tageblatt«» Prag, II. Mai Das Prager Tagblatt bringt die Nachricht von einer schweren Regierungskrise in der Tschecho slowakei, die so weit akut geworden ist, daß Minister präsident Svehla daran denke, seine Demission zu überreichen. Auch Finanzminister Beczke habe den Wunsch, das Ministerium zu verlassen, da er bei der Bankaffäre nicht die restlose Unterstützung der Koalitionsparteien gefunden habe. Man «wäge die Bildung eines Beamtenministe riums, das die Rcgierungegeschäste bis zum Ab schluß der Gemeindewahlen, die im August beginnen sollen, zu führen hätte, mit Czerny an der Spitze, der schon einmal Chef einer Beamtenregierung war. Den unmittelbaren Anstoß zum Akutwerden der Krise soll die Bankenäffäre gegeben haben, bei der besonders die Agrarier heftigen Angriffen ihrer Koalitionsgenossen ausgesetzt waren, ferner die Ver stimmung der Katholischen Dolkspartei, welcher die Extratour ihres Ministers Pater Schramek nach Rom zum Vorwurf gemacht wurde. EitstirtlichLng -er österreichl chrn Bundesbahnen Eigener D««btbericht de» Leipziger Tageblatt«» Wien, II. Mai. Bundeskanzler Dr. Seipel hat in einer Ver sammlung in Salzburg angekündigt, daß die Re gierung in wenigen Tagen mit einem Plan zur völligen Umgestaltung der österreichischen Bundesbahnverwaltung hervortreten werde. Der Bundeskanzler ist Anhänger einer Reorganisation im Sinne einer kaufmännischen Verwaltung, die das bisherige staatliche Perwaltungssystem aus- schaltet und an seine Stelle eine kaufmännisch« Ge- schäftsgebahrung mit einem Generaldirektor al» Leiter setzt, der vom Parlament und Ministerium möglichst unabhängig sein soll. Diese Reorganisation werde den ersten Schritt zur Entstaatlichung der Bundesbahnen bedeuten. Bundeskanzler Seipel will diese Reorganisation offenbar durchfuhren, noch ehe der auf englischen Wunsch demnächst in Wien ein treffende Fachmann de» Völkerbundes, der 72 jährige A» worth, in Dien ankommt. Eine wirtschaftrkonferenz von Nichtpolitikern Eigener Dr«tzt»rrtcht»e» Leipziger Tage bl» tte» Pari», II. Mai. Wie der New Pork Herald mittet lt, wollen die Handelskammern der Vereinigten Staaten bei der Washingtoner Regierung die Einberufung einer Weltwirtschaftskonferenz fordern, an der alle 30 Staaten teilnehmen sollen, die an den Repa rationen und dem interalliierten Schuldenproblem unmittelbar interessiert sind. Diese Konferenz soll nur aus Vertretern der Geschäftswelt bestehen, denn die Politiker hätten au» d« Repara tion». und Schuldenfrage eine Art politischen Fuß ballspiel» gemacht. Vie polnischen Wirtschaft«. Verhandlungen mit Danzig gescheiter Eigener Dra hi »ertiht de» Letpziger Tageblatt«» Danzig, II. Mai. Die Polen haben die Danzig-polnische Wirtschafts verhandlungen, di« bereit» einmal unterbrochen waren, jetzt endgültig -um Scheitern gebracht. Die Verhandlungen, die sich um Zoll- fragen, Einführung der polnischen Monopole und indirekten Steuern in Danzig drehten, schienen bei größtem Entgegenkommen Danzigs zu einer Einigung führen zu sollen, als am Mittwoch abend die pol nische Vertretung die Tendenzmeldung eine» Dan ziger Blattes, die Danziger Schutzpolizei habe sich des Gebäudes der polnischen Handelsakademie in Danzig mit Gewalt bemächtigt, benutzte, um die Konferenz abzubrechen. Bei der polnischen Meldung de» Danziger Blat tes handelt e» sich um folgende»: Ein lettischer Groß kaufmann hatte das ehemalige Offizierskasino des Regiments 128 in Danzig gekauft und der polni- nischen Regierung zur Verfügung gestellt, um darin eine polnische Handelsakademie zu errichten. Das Wohnungsamt hatte aber die der Zwangswirtschaft unterstehenden Wohnungen in diesem Gebäude Wohnungssuchenden zugewiesen. Als diese ein- ziehen wollten, fanden sie die Räume verschlossen und ließen sie deshalb ordnungsgemäß durch die Polizei öffnen. Die zu Wohnungszwecken ungeeig neten Räume stehen dem Käufer nach wie vor zur Verfügung. Da» polnische Handelsministerium erklärt in einem amtlichen Bericht, ein Weiterverhandrln mit der Danziger Delegation sei unmöglich, weil di« Danziaer Polizei gewaltsam ein für die polnische Handelsakademie bestimmtes Gebäude besetzt habe. Offenbar ist diese rein private Angelegenheit nicht der Grund, sondern der Vorwand zum Abbruch der wirtschaftlich-politischen Verhandlungen gewesen, was auch aus den heutigen Pressekommentaren hervorgeht. Links wie rechts wird heute einhellig ein Oterum aenseo gegen den Freistaat ausgesprochen. Der Bericht des Ministeriums sprüht übrigen» nicht von einem Abbruch, sondern von einem Aufschub der Verhandlungen, und so ist vielleicht noch zu hoffen, daß die polnische Regierung dem Rufe der gesamten Warschauer Presse nach Gewaltschritten, die überaus ernste internationale Verwicklungen .»rcs- lösen könnten, nicht nachgeben wird. Polen lenkt ein? Ei»«»er Dr aht bericht de» Le«P»igerT»g «blatte» Warschau, II. Mai. Hier herrscht allgemein der Eindruck, daß sich die polnische Regierung mit ihrem unglaublichen Ver langen auf Auflösung des deutschen Konsula tes in Thorn in eine unhaltbare Lage gebracht hat, und daß die betreffende Note in Abwesenheit de» zuständigen Dezernenten in ihrer ungewöhnlichen Form abgefaßt worden ist. Es scheint daher die Aus sicht zu bestehen, daß Polen versuchen wird, sein Ver langen in eine diskutable Form zu bringen. We die hiesigen Blätter melden, soll General ge- ligowski, der bekannte Urheber des Ueberfalle» auf Wilna, zum Kommandeur des pommerellischen Ar- meekorps ernannt werden. Er war bereits vor eini gen Tagen in Thorn, um sich mit seinem künftigen Befehlsbereich vertraut zu machen. Dieser Ernennung muß angesichts der gegenwärtigen politischen Lage eine besondere Bedeutung beigemessen werdeir. Al» interessantes Seitenstuck zu dieser Ernennung verdient die Tatsache erwähnt zu werden, daß Graf Hektor MieIezynski, der unter dem Namen Do- wyna Dolina der Anführer de» oberschlesischen Auf standes vom Mai 1921 war, sich auf einem Gut« dicht an der Grenz des Freistätte» Danzig ansässig gemacht hat. Der polnische Geschäftsträger in Berlin hat der Reichsreaierung eine Verbalnote überreicht, in der über die Behandlung der polnischen Zei tungskorrespondenten in Berlin Klage geführt wird. Die polnische Regierung droht Re pressalien an, falls den Berichterstattern nicht die gleichen Rechte gewährt werden, wie sie die deutschen Korrespondenten in Warschau genießen. Meine politische Nachrichten Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemo- kratischer Gemeindebeamten, im sächsischen Gemeindebeamtenbund organisiert, hat zu einer Landeskonferenz nach Dresden eingeladen. * Im Anschluß an die große Gedenkfeier in der Paulskirche zu Frankfurt in Gegenwart des Reichspräsidenten Ebert und zahlreicher anderer Staatsmänner, Politiker und Parlamen tarier wird am 20. dieses Monat» der republi kanische Reichsbund im Sonderzug von Frankfurt nach Heidelberg fahren. Im Mittelpunkt der dortigen Ferer steht eine große republikanische Kundgebung im Heidelberger Schloßhof. Etwa 1000 auswärtige Gäste werden erwartet. * Da für die Franzosen die Belieferung ihrer Hüttenwerke mit Koks infolge der Stillegung n»uer Kokereien immer schwieriger wird, hat General De- goutte durch eine Verordnung alle Bestände an Koks und den Nebenprodukten der Kohlen zu gunsten der Alliierten beschlagnahmt und die Verwendung von Hüttenkoks als Hausbrand ver boten. * Papst Pius XI. hat für den Herbst 1925 ein ökumenisches Konzil nach Rom einberufen, dem etwa 2200 Bischöfe und Prälaten aus allen Teilen der Welt beiwohnen werden. Der Papst soll in dem Wunsche, über diese Fragen die Meinung der ganzen Welt zu hören, bereit» allen Bischöfen einen besonderen Fragebogen vorgelegt haben. Wei au» Madrid gemeldet wird, hat die spa nische Regierung die Aufhebung der Lan dungssteuer beschlossen, die Ausländer bet ihrer Ankunft in spanischen Häfen zu bezahlen hatten. * Die amerikanische Regierung erklärt offiziell, daß amerikanische Streitkräfte in China und auf den Philippinen zur Verfügung stehen für den Fall, daß die auswärtigen Diplo- maten in Peking beschließen sollten, eine inter nationale Polizeimacht wegen der Unruhen in Schantung aufzufordera. vayerisch« Notverordnung Die bayerische Regierung hat sich nun endlich ent schlossen, etwa» gegen die bewaffneten Selbstschutz verbände d« Nationalsizialisten zu unternehmen: Sie hat eine Notverordnung erlassen, in der bestimmt wird, daß Versammlungen und Aufzüge, ferner Plakate, Flugblätter und Flugschriften an behörd liche Erlaubnis geknüpft werden. Die Ankündi gungen von Versammlungen dürfen nur sachliche An gaben enthalten, womit der Verhetzung vorgebeugt werden soll, die in den Texten der nationalsozialisti- schen Plakate getrieben wird. Ein weiter« Para- graph führt «ine Vorzensur ein und bedroht alle Herausgeber, Drucker und Verbreiter nicht genehmig ter Plakate, die Veranstalter verbotener Versamm lungen und die Teilnehmer an solchen Versammlun gen sowie die Aufforderung zum Besuch der Dersamm- lungen und schließlich di« Aufforderung zur Gewalt mit schweren Strafen. Diese Verordnung, die am heutigen II. Mai in Kraft getreten ist, bedeutet eine verkleinerte Neuauf- läge des Ausnahmezustandes, die Aufhebung von Bestimmungen der Reichsverfassung über gewisse staatsbürgerliche Rechte für Bayern, und enthält außerdem eine bedenkliche Einschränkung der Pressefreiheit. Es soll nämlich bestraft wer den, „die Verbreitung von Behauptungen, die ge eignet sind, die Staatseinrichtungen oder obrigkeit liche Anordnungen verächtlich zu machen oder zu Wi dersetzlichkeiten aufzureizen und verhetzend zu wirken, wenn sie in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Unwahrheit erfolgt*. Damit kann jede Opposition gegen di« bayerische Regierung mundtot gemacht werden. Wenn die bayerische Regierung ernstlich gegen die staatsgefährlichen Umtriebe der Hitlerschen Banden vorgehen will, so kann sie das auch ohne die Not verordnung tun, denn das allgemeine Strafrecht gibt ihr genug Handhaben dazu. Die Notverordnung aber ist durch die Dehnbarkeit ihrer Bestimmungen nur ge- eignet, Rechtsunsicherheit zu schaffen, und gibt repu blikfeindlichen Beamten ein bequemes Mittel an die Hund, Republikaner zu schikanieren, statt Nationali sten zur Vernunft zu bringen. Nasinoklatsch? Die Berliner Korrespondenz „Republikanische Presse* berichtet über Offiziersklatsch aus dem Ber liner Offizierskasino, der geeignet ist, militärisch und politisch Schaden anzurichten, und dem deshalb so schnell als möglich durch eine amtliche Klar stellung der Boden entzogen werden sollte. Nach der genannten Korrespondenz wird in diesem Kasino (in dem übrigens jeder Offizier monatlich eine Flasche Sekt „aus Heeresbeständen* für IM Mark erhalten soll) erzählt, General v. Horn, der Kommandeur, begegne dem Oberhaupt des Deutschen Reiches mit offenem Hohn, um damit seine Gegnerschaft gegen die Republik zu bekunden. Er ver kehre nicht mit Ebert. Als er vom Reichspräsidenten eine Einladung zu einem offiziellen Frühstück er hielt, da hab« « — nicht einmal selbst, sondern durch seinen Adjutanten — kurz Herrn Ebert schriftlich mitteilen lassen, er sei „dienstlich verhindert*, de» Einladung Folge zu leisten. Rach militärischen Begriffen ist selbstverständlich eine offizielle Einladung durch das Reichsoberhaupt ein dienstlicher Befehl, dessen Befolgung jedem anderen Dienst voranzugehen hat. Warum werden aber solche Geschichten im Berliner Offizierskasino erzählt und von dort bis in die Mannschaftsstubea weitergetragen? Werden durch solche Geschichten di« Mannschaften In den Glauben versetzt, daß ihr« höchsten Vorgesetzten auf Ebert und die Republik pfeifen, dann verlieren diejenigen, die es mit ihrem Treueid ernst meinen, das Vertrauen zu ihren Vor gesetzten; die übrigen aber, die streberisch nur «in« gute Nummer beim Vorgesetzten erzielen wollen, ent wickeln sich zu Schädlingen für die Republik, die si« schützen sollen. Dq« sind Gefahren, an denen die für die Wehrmacht der Republik verantwortlichen Stellen nicht vorübergehen dürfen. E-ler von Braun -st Ei»«r«rDrahtbertchi de» Leipziger Tageblattes München, 11. Mai. Im Alter von 60 Jahren ist heute der Präsident des vorläufigen Reichswirtschaftsrates, Staatsrat Edler von Braun, gestorben. * Friedrich von Braun wurde 1863 in Nürnberg als Sohn des späteren Senatspräsidenten'am Ober landesgericht München Theodor von Braun geboren. Er studierte Rechts- und Etaatswissenschaften und wandte sich dann der beyerischen Verwaltungslauf bahn zu. Bei Schaffung des Kriegsernährungsamtes wurde er in dessen Vorstand berufen, wo er auch ver blieb, als aus seiner Stelle im Kriegsernährungsamt ein Unterstaatssekretariat geschaffen wurde. Nach der Revolution wandte er sich der parlamentarischen Tätigkeit zu und wurde im Juni 1920 in den Reichs tag als Mitglied der Deutschnationalen Partei ge wählt. Ebenso wurde er Mitglied des Reichswirt schaftsrates. In halbjährigem Wechsel mit einem Vertreter der Arbeitnehmer führt er seit Juli 1920 den Vorsitz im Reichswirtschaftsrat. Erhöhung -er Steuerermätzigungssätze Berlin, 10. Mai. Im Steuerausschuß des Reichstages hatte Abg. Dr. Hertz (Soz.) eine Erhöhung der Ermäßigungs sätze zur Einkommensteuer beantragt. Dieser An trag hatte einem Unterausschuß zur Beratung vor- gelegen, der sich vorbehaltlich der Zustimmung der Fraktionen dahin geeinigt hatte, gegenüber den be stehenden Sätzen für den Steuerpflichtigen und für seine zu seiner Haushaltung zählende Ehefrau eine Erhöhung der Ermäßigungssätze um 100 Prozent, für jedes zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende minderjährige Kind im Sinn« de» 8 17 des Einkommensteuergesetzes gleich falls eine Erhöhung der ermäßigten Sätze um 100 Prozent und zur Abgeltung der nach 8 13 Ab satz I zulässigen Abzüge eine Erhöhung der Er mäßigungssätze um 3S0 Prozent vorzuschlagen. Die Neuregelung soll vom I. Juli d. I. ab in Kraft tr«ten. — Ueber den Antrag wird am Sonnabend entschieden werden.