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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230512
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230512
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-12
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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SoaaLdeaü, äea 12. LLst Zett« 4 8r. 111 l.e!priger Isgeblstt uaü H«aäel8L«ttuag Interessen nicht berührt werden. Die Einigung darf weder an Wilhelmsburg und Harburg, noch an Moorburg und den hamburgischen Wald dörfern, die als Enklaven in preußischem Gebiet liegen, scheitern. Und das Reich mutz endlich die Führung übernehmen in dieser Frage, von deren glücklicher Lösung für die deutsche Wirtschaft Ent scheidendes abhängt, und die einen weiteren Auf schub — gar einen solchen aci oalsockos grseoa» — keineswegs verträgt L. L ttlvtr«!. Vundestagung desvolkskirchttchenLaienbundes Unter Teilnahme von zahlretchen «er«r«ern aus gauj - - ' ' . " : 7 - —i- chllv statt. Im Mittelpunkt de» Be- «olksavend» stand dle Festansprache be ¬ wachsen fand dle Taauna de» lvottStirchltchcn Laten» oundee ln Nochllv statt. Im Mittelpunkt de» Be- arükungS- und PolksavendS stand dle Festansprache de» Landiagsabg. Dynodalen Pros. Hickmann (Leipzig) nver die kirchliche Lage und die Gegenwarts ausgaben des BolkSkirchlichcn Laienbunde». In packender Weise schildert« er die Gefahren und Aus sichten für die werdend« Volkskirchc, deren Arbeit zur seelischen Ertüchtigung de» Volks unentbehrllch ist, für die der Laicnbund — abhold allem Engsinn und Eigen sinn — als eine große EtndeitSsront aller Freunde der PolkSkirche schilpend und fördernd etntritt. Auch der (Vang der «ärmlichen Verhandlungen wurde döchst ge schickt von Pros. Hickmann geleitet, den die Vertreler- versammlimg unter anbaltcndcm Beifall einstimmig zum Bundesvorsitzenden wählte, während Oberlandesgertchts- rat Dr. Kulka (Dresden) sein Stellvertreter und Bankier Döder (Dresden) Schatzmeister wurden. Im musikalisch reich auSgestatteien Festgotiesdienst am Sonntag erinnert der Superintendent von Leipzig-Land, Konststorialrat D. Zenker (Leipzig) unter Hinweis auf die geistigen Strömungen der Gegenwart die Bun desglieder, die sich bescheiden »Laten' nannten, an das allgemeine Priestertum und »zahnte, dem Ewigen eine bleibend« Stätte in Volk und Land zu bereiten. In der anschließenden öffentlichen Versammlung waren unter den Begrüßungsansprachen die Aeufzerungen von dem lang jährigen Vertreter des Konsistoriums in den Bundes tagungen, Geheimrat Wirth gen für die Zeichen der Zeit bemerkenswert: »Die Pastorcnktrche ist vorüber; wir brauchen die Saicnktrche. Wenn es no» keinen Laienbund gäbe, müsste nzan fetzt ihn gründen! Beson- der- ist ihm zu danken, daß er die Gemeinden auf die Bedcutrmg der Landeskirche binwetst.- lieber seine sonstigen inncrkirchlichcn Aufgaben hielten Pfarrer Barche Witz lLeipzig) und Landgerichtsdirektor I a u ck (Ehcmnitz) Vortrüge. Jener betonte die Notwendigkeit der Volks- und Einzelmission an Gebildeten, Arbeitern und Jugendlichen, die nicht möglich sei ohne Diskussion und tätigen Zusammenschluß aller Freunde der Volks kirche Dieser trat ein für den Frieden zwischen den kirchlichen Richtungen und die Vereinigung der Christen in den verschiedenen Parteien, weiter für christliche Jugcnderziebung und neue Formen in Kultus und Ver süssung. Auf letztere zielte auch rin Antrag der Annen- gemeinde Dresden, init aller Entschiedenheit für eine nach zeitgemäßen Grundsätzen gewühlte Landcs- sVnode etnzutrcten. Der Bundesvorsttzende wie» dar auf bin wie er seinerzeit In der Dvnode für dle Urwahl eingctreten sei diese aber keine Mehrheit sand. Jetzt gelte rS. zunächst einmal auf diese» Boden der Tatsachen sich zu stellen und vor allein für die VolkSkirche zu ar beiten, ähnlich wie im staatlichen Leben. Einstimmig wurden drei Kundgebungen angenommen. Die erste gegen die teilweise Vergewaltigung evangelischen Gemeindelcbcns im Einbrnchsgebiet, die zweite gegen die Abänderung der Augustvcrordnungcn des sächsischen KultnSministers. welche den katholischen und israelitischen Volksgenossen gerecht zu werden sucht, aber eine Ver höhnung der evangelischen Mehrheit des sächsischen Volks bedeutet, lvesdalb Schulbcsrciung an den staatlich nicht anerkannten evangelischen Feiertagen und Freiheit für die Pflege von Sebulgebet und religiösem Lied in christ lichen Schulen gefordert wird. Die dritte Kundgebung gegen die kiröl'enscindliche Stellung deS Staates, der seine unbestreitbaren vcrsassungSmäßigen Verpflichtungen gegen die Kirche noch imnier nicht anerkennt, zeitgemäße Staatsleistungen zum BesoldungSaustvand der Landes kirche verweigert und so die bittere Not in den Familien der Pfarrer und Kirchenbeamten verschuldet, denen für ihre bewundernswerte Treue um so mebr »u danken sei. Die Angehörigen der Landeskirche müssen sich fetzt zu einer Notgemcinschaft zusammcnschließen. damit die Seidenstage der Kirche einmal wieder ihre Ehrentage werden! — Daß seine AN im Dienste der VolkSkirche Abwehr und Aushau ,n treiben, weithin moralische und materielle Unterstützung sindet, Har der Laienbund — ge- Wih mit Befriedigung — in Rochlitz frststellen können. Schieber - Rotwelsch. Wie alle verbrecherischen Beruft, bedienen sich auch die Schieber und Schleich. Händler zum Verkehr unter sich einer Art Rotwelsch. Leute, die „in Schleich molochen", das heißt im Schleichhandel arbeiten, verkaufen ihre Waren nicht, sie „verschließen", „verschärfen" oder „ver- schärbeln" sie. Natürlich nur gegen „schweren Zaster" (viel Geld). Wer „links bcschastert" (schlecht bezahlt), kann im Schleichhandel nichts besehen. Der Schieber rechnet in echt englischer Weise nur nach „Pfund". An einem Zentner „Staub' (Mehl) ver- dient er zum Beispiel nicht 1000 Mark, sondern er „erbt" 5 Pfund. Sehr häufig kommt es auch vor, daß ein Schieber den anderen „plombiert" (beschwin- delt), beispielsweise wenn „blinde" (nicht vorhan dene) Ware in der Kette verschoben wird. Solche Oberschieber bezeichnet man als „linke Russerte" (ge mein« Halunken)^ Heillosen Respekt und — glühen- den Haß trägt der Schieber gegen den „schwarzen Mann" im Busen. Wenn der Staatsanwalt nicht wäre, der schwarze Mann, wie schön ließe sich da leben und „schleichen" . . . Aber so ein Gerichts- mensch ist schnell bet der Hand mit „zwei Schock Qualm", da» sind zwei Monate Gefängnis. Wer wegen „Schleich" schon „beurlaubt" gewesen ist oder „Knast geschoben" hat (im Gefängnis war), der macht sich nicht mehr gern an „verlauste Sachen" (kritische Geschäfte) heran. Am besten soll sich jetzt noch in „Zoggenwärmern" (Pferdewurst), in „Fettig, ketten" (Butter, Speck usw.) und in „Jochem" (Wein) molochen lassen. Schwedische Menschenliebe. Die schwedische Kin derhilfe „Rad da Barnen", die seit drei Jahren deutsche Kinder in großzügiger Weise unterstützt, hat zugunsten des Ruhrgebietes über 13 000 schwedische Kronen gesammelt. Ein großer Teil davon wurde schon durch die Geschäftsstelle des Deutschen Roten Kreuzes für bedürftige Ruhrkinder verwendet. In den schwedischen Patenstädten Herne, Gelsen kirchen, Recklinghausen wurden eigene schwedische Aktionen durchgeführt, insbesondere Tuberkulose, und Säuglingsfürsorgestellen. Zahl- reiche Kinder aus anderen Ruhrstädten erhielten Frciplätze in Kinderheimen. — Der junge deutsche Cellist Han» Bottermund, der in Schweden konzertiert, hat aus dem Ertrag eines Konzertes für Ruhrkinder 25 volle Freiplätze gestiftet. — Auch Wohlfahrtseinrichtungen im übrigen Deutschland er- hielten durch „Rädda Barnen" namhafte Geld- spenden. Besonders wertvoll ist die Verteilung von zwei Waggons in Schweden gesammelter Kleidung», und Wäschestücke. Der Gutsbesitzer und die Schwindel-Studeutin. Einen bösen Streich spielte einem schlesischen Guts besitzer eine angebliche Studentin der Medizin, die er auf der Heimfahrt von Berlin im Eisenbahnzug kennen lernte. Die Reisegefährtin, die sich Nelly Falkenstein nannte, erzählt«, daß sie in der Charitö beschäftigt sei, vor dem medizinischen Staatsexamen stehe und jetzt einen sechswöchigen Urlaub erhalten habe. Diesen wollte sie am liebsten auf dem Lande zubringen, weil ihre Eltern in Holland lebten, und sie in Deutschland ganz allein dastehe. Der mit- leidige Gutsbesitzer nahm die junge Medizinerin für die sechs Wochen auf sein Gut und führte sie in seine Familie ein. Zum Dank dafür kundschaftete „Nelly" seine Geschäftsverbindungen in der Kreisstadt aus, erhob hinter seinem Rücken einen erheblichen Teil seines Bankguthabens, machte auf seinen Namen allerhano Einkäufe, ohne zu bezahlen, und holte auch noch die einem Schneider zur Verarbeitung über- gebenen Stoffe ab. Dann verschwand sie mit der ganzen Beute. Jetzt ist es gelungen, die Schwindel- Studentin in Frankfurt a. M. festzunehmen, als sie wieder einen Schwindel beabsichtigte. Die Verhaftete wurde als eine 23 Jahre alte, aus Dietz an der Lahn gebürtige Wilhelmine Rensch entlarvt, die sich früher einmal ohne Erfolg als Krankenpflegerin versucht hat und seitdem von Schwindeleien lebte. Der erste Sonnenstich. Lin für die jetzige Jahres zeit überaus seltener Unfall hat sich in Wien ereignet. Ein 18jähriger Praktikant stürzte auf der Straße bewußtlos zusammen. Es wurde Sonnen stich fcstgestellt. Der Gatte einer Prinzessin al» Matrose. Wil liam Leeds, der Gatte der Prinzessin Tenia, der Tochter des russischen Großfürsten Georg Michajlo witsch, hat sich jetzt als Matrose an Bord eines von New Port nach Hüll fahrenden Frachtdampfers an- heuern lassen, um eine auf zweitausend Pfund Ster ling lautende Wette zum Austrag zu bringen. Seine Gattin und sein Kammerdiener haben auf einem vorher abfahrenden Schnelldampfer die Reise angc- treten, um ihn in Hüll zu erwarten. William Leeds ist der Sohn der Prinzessin Anastasia von Griechenland, der Witwe des amerikanischen In dustriellen und Multimillionärs Leeds, die im Jahre 1920 in der Schweiz mit dem Prinzen Christoph von Griechenland eine zweite Ehe einging. (rericktsssLl Zondershauser SUberdiebstahl: ver Strafantrag Der 3. Verhandlungstag wird durch einen Lokaltermin im Schlöffe eingeleitet, an dem außer dem Gerichtshof die Hauptangeklagten und die Presse teilnehmen. Das Silbergewölbe liegt im ersten Stockwerk. Der Angeklagte Konrad muß de- monstrieren, wie er von außen hochgestiegen ist und da» Fenster geöffnet hat. Da aber inzwischen das Gitter durch ein engmaschigeres ersetzt ist, läßt sich das Experiment nur andeutungsweise ausführen. Die Besichtigung dauert ungefähr eine Stunde. Kurz nach 10 Uhr wird die Verhandlung wieder ausgenommen. Das Publikum hat inzwischen den Korridor des Gerichtsgebäudes besetzt, und es wieder- holen sich dieselben häßlichen Szenen beim Betreten des Saales wie > den Vortagen. Man kämpft um den Eingang, ^as Gedränge ist fürch. terlich, so daß Verteidigung und Gerichtshof nur mit größter Mühe Einlaß finden können. Niemand erhebt sich, als der Gerichtshof den Saal betritt. Vors.: Angeklagter Topf, Sie haben doch eine Belohnung von 100 000 Mark auf die Ergreifung der Täter ausgesetzt. Warum haben Sie den Staatsanwalt nicht benachrichtigt und die Spur auf Wiegleb gelenkt, von dem Sie doch annehmen mußten, daß er die Tat ausgeführt hatte? Angekl.: Ich hatte wohl Verdacht auf Wieg- leb, aber solange ich keinen Beweis für die Schuld eines Menschen habe, verdächtige ich niemand. Die Beweisaufnahme ist damit abge- schlossen und der Anklagevertreter erhält das Wort. Oer Antrag des Staatsanwalts Staatsanwalt Dr. Kunze: Wer Sondershausen kennt, weiß, wie hier geklatscht wird. So entstan- den auch nach dem Einbruchsdiebstahl die wider- sprechendsten und unsinnigsten Gerüchte, die sich auf die materielle Notlage des Fürstenpaares und aus die Unbeliebtheit des Hofmarschalls von Halem stützten. Die Sache beschäftigte auch den Thüringi- schon Landtag. Dort wurde mir vorgeworfen, ich soll den Hofmarschall unterstützt haben, daß er für sechs Millionen Mark Silber beiseite bringen und der Thüringische Staat geschädigt werden könnte. Ich habe alles getan, was zur Aufklärung der Sache diente. Es ist unglaublich, daß ein Landtagsver treter sich bereit finden konnte, Beamte, die jahr- zehntelang ihre Pflicht getan haben, unter dem Schutze der Immunität anzugreisen. Sonders- Hausen wollte eine Sensation. Das ist vorbeigcglückt. Das Schild des fürstlichen Hauses ist genau so rein wie seit tausend Jahren, und auch das Wappen des Herrn von Halem hat nicht die geringste Trübung erfahren. Der Staatsanwalt gibt dann ein Bild über die Aüsführung des Diebstahls. Das Sondershausener Gefängnis sei leider zu klein, um den Verkehr der Gesangenen unter sich verhindern zu können. So sei es erklärlich, daß die Beschuldigten, nachdem sie einige Wochen gesessen hatten, ihre Taktik änderten und ihre früheren Geständnisse plötzlich widerrufen konnten und sie erfanden das Märchen vom höheren Auftrag. Topf, der in sehr guten Verhältnissen lebte, habe einen großen Dertrauensbruch be. gangen. Er sei der Spiritus recior des Einbruchs diebstahls. Auch Konrad und Wiegleb seien der Aus- Übung dieses Verbrechens schuldig, für das das Go- setz eine Strafe von 1 bis 10 Jahren Zuchthaus vor- sieht. Die drei Söhne Wieglebs hält der Staatsanwalt der Beihilfe überführt, während das Beweismaterial gegen die Berliner Angeklagten Schönbrodt und Schumann zu einer Verurteilung nicht ausreicht. Der Staatsanwalt beantragt folgende Strafen: Hofsekretär Hermann Topf 5)4 Jahre Zuchthaus und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Goldarbeitcr Friedrich Wiegleb sen. 4 Jahre Zuchthaus und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Schlaffer Gott- Hard Konrad 3 Jahre Zuchthaus, Otto und Willi Wiegleb 2)4 Jahre Gefängnis, Ludwig Wieg- l eb, der wegen Einbruch»diebstahl» schon vorbestraft ist, 2)4 Jahre Gefängnis und sofortige Verhaftung dieses Angeklagten wegen Fluchtverdachts, Frau Topf 5 Monate Gefängnis, durch die Unter- suchung»hast verbüßt, und Emma Rübesamen L Monate Gefängnis, Schönbrodt und Schumann kostenlose Freisprechung. Ein Wohltäter im Gerichtssaal Eine rührende Szene spielte sich dieser Tage im Schöffengerichtssaal des Amtsgerichts Berlin- Schönberg ab. Auf der Anklagebank saß das 18jährtge Dienstmädchen Margarete R., in Tränen zerfließend, unter der Beschuldigung des Dieb stahls. Die Angeklagte war bei einer älteren Dame beschäftigt und hatte ihrer Dienstherrin Sachen im Weste von damals 4000—5000 Mark entwendet, deren Wert die Bestohlene heute aus anderthalb Millionen schätzte. Die Angeklagte beteuerte unter Schluchzen, daß sie der Verführung zum Opfer gefallen sei, weil sie oft unbeaufsichtigt allein in der Wohnung gewesen sei. Im Hinblick auf das reumütige Geständnis erkannte das Gericht auf drei Wochen Gefängnis, bewilligte aber Strafnachlaß unter der Bedin gung, daß sie 10 0000 Mark Buße an die Ge schädigte in monatlichen Raten von 5000 Mark Kahle. Als das Urteil verkündet war, erhob sich im Zuhörerraum ein Ausländer und erklärte sich zur Zahlung der 100 000 Mark bereit, damit das junge Mädchen nicht noch einmal strauchle. Er zog seine Brieftasche und legte die 100 i.00 Mark aus den Gerichtstisch. Ter Schutzverbauv der Vorbestraften inLeipzig. Aus Dresdeu wird uns berichtet: Die Zweig niederlassung des Schutzverbandes der Vorbe straften Deutschlands in Leipzig, die der In genieur Linke als Bevollmächtigter verwaltete, ist von der Polizei wegen gewerbsmäßiger Be sorgung fremder Nechtsangelegenheiten auf gehoben worden. Eine Haussuchung hatte das Ergebnis, daß eine Anzahl Akten über Zivil streitigkeiten und Ehescheidunassachen beschlag nahmt wurde. Die sich meldenden Personen mußten Mitglieder des Verbandes werden, Auf nahmegebühren bezahlen und auch die Verbands zeitschrist „Ter Staatsanwalt" abonnieren, und außerdem erhebliche Vorschüsse leisten. Schöffen gericht und Berufungsinstanz haben wegen Ge werbevergehens die Niederlassung verurteilt und betont, daß es dem Angeklagten hauptsäch lich um das Honorar zu tun war. Von ide ellen und Humanitären Bestrebungen könne man nicht, sprechen. Auf die Revision des Angeklagten hat jetzt das Lberlandesgericht Dresden das an gefochtene Urteil ausheben müssen, weil die Frare der Verjährung noch nachzuprüfen ist. Die An gelegenheit wurde an das Landgericht Leip g zurückverwiesen. Bestätigtes Todesurteil. Vor dem fünften Straf- senate des Reichsgerichtes fand Freitag die Rev.sivns- Verhandlung im Mordprozeß Johann Alayer statt. Der Tagelöhner Mayer wurde am 7. Februar d. Is. vom Schwurgerichte in Coblenz wegen Mordes vier mal zum Tode, und wegen Todschlages zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Verteidigung hatte ihre Nevisionsanträgc mit Verle'nmgen der Strafprozeß ordnung begründet; auch führt sie an, daß sie bchin- dert worden sei und daß einzelne wichtige Zeugen nicht geladen wurden. Was den letzten Punkt anbe- trifft, wurde vom Gerichte erklärt, daß die Zeugen Zigeuner sind und keinen festen Aufenthaltsort haben. Bei der Verhandlung in Coblenz hatte der Verteidi- ger die Aussetzungen der Hauptvcrhandlnng gefor dert; diese wurde aber nicht bewilligt. — Der Reichs- anwalt widerlegt die Gründe des Revrsionsantraqes, der als unbegründet verworfen wird. Gegen Sommersprossen müssen Sie schon fetzt etwas tun. Wir raten 1 Stück Citabol-Bleichwachs zu kaufen und damit die be treffenden Stellen zu behandeln. Sicher erbältliw: König Salomo-Apotheke, Grimmaische Straße 17. Engel-Apotheke, Markt 12. Kokoschka Graphische Arbeiten im Kunstverein Man lernt hier Kokoschka, von dem bisher ja nur ganz selten etwas in Leipzig zu sehen war, vor allen: als Porträtisten kennen und damit allerdings von einer wesentlichen Seite seiner Kunst. Ueberblickt man das anderthalb Jahr zehnt feiner an Wandlungen so reichen Entwick lung, so findet man das Interesse und die Fähig- keit für die Interpretation des Individuums bei ihm von Anfang an und durchgehends lebendig. Man wird dann freilich auch bemerken, daß von den graphischen Bildnissen, mit denen wir es hier ausschließlich zu tun haben, etwa nur ein halbes Dutzend seinen Meisterwerken zuzurechnen ist. Enthüllen der Seele, Bloßstellung ist die Auf- gäbe des Porträtisten. Das andere: ein Bild zu machen, kommt erst sehr viel später in Frage und eigentlich nur insofern, als alles, was dazu ge- hört — Komposition, Raum, Licht, Beiwerk, Hand- schrift —, zur Steigerung der Charakteristik bei tragt. Und vollends, worauf der Durchschnitt aus- chließlich Gewicht legt: vorteilhafte Erscheinung, Repräsentation, ist kaum noch eine Angelegen- Helt'der Kunst. Kokoschka hat seine Berufung durch die Unerbittlichkeit bewiesen, mit der er oiele seiner Modelle desmaskiert hat; er hat er- chütternde Dokumente des Menschlichen gegeben, ffber — um einem Irrtum vorzubeugen — er >erbindet mit dem Unerbittlichen kaum je etwas Grausames, er ist kein Karikaturist. Wenn er die hysische und psychische Entstellung zeigt, skrofu- öse, zerwühlte, ungekämmte Visagen, ein von der Dämonie des Geistes geknetetes Fleisch, so chleppt er selbst die Qualen dieser gequälten und besessenen Kreatur. Indem er den anderen seziert, bringt er sein eigenes Innere ans Licht, und, wie alle bedeutende Porträtkunst, sind solche Werke gleichermaßen Offenbarungen des Dar- estellten wie des Darstellers. Die müßige Frage, b der Porträtist überhaupt den Charakter eines deren erfassen und ausdrUcken könne, ver stummt. Ja bei solcher Intensität des Erlebens und Miterlebens wird er nicht nur Interpret fremder Individuen, sondern einer Zeit. Man sehe diesen Dr. Wallerstein, den kleinen Hasen cleverkopf, das Profil der Mutter, dieses Fräu lein G., die beiden Fassungen des Herrn H. E., vielleicht noch den Reinhardt — sind sie nicht ein Teil unserer selbst, Repräsentanten einer elen digen, von tausend Zweifeln erschütterten, von ungeheurer Energie gespannten Menschheit? — Wie kommt es, daß neben so viek visionärer Wahrheit Proben einer gefälligeren, aber auch leichter wiegenden Kunst zu finden sind? Dieser Bildungsgraphiker, der ja auch in seinen gemalten Porträts graphische Mittel gern mitspielen läßt, hat allerdings die Fähigkeit, seine Modelle in intimsten Augenblicken zu belauschen, aber er hat zugleich die Absicht auf die große Geste. Ist es der Wunsch, das Gesehene zu ver- einfachen und zu steigern, oder der Drang, die aufgespeicherte Kraft der Hand in großen Zügen aus der Fläche zu entladen — jedenfalls ist das Ergebnis eine Monumentalgraphik, wie sie auch sonst, mit und ohne Einwirkung Munchs, von der jüngeren Generation vielfach angestrebt wird. Dabei braucht nicht notwendigerweise das intime Erlebnis verloren zu gehen. Die bereits er- wähnte Bleistiftzeichnung der Frl. G. besitzt, trotz der Lebensgröße, die ja in der Graphik nicht das schlechthin Natürliche ist, eine wunderbare Zart- heit der Modellierung und des Lichts. Oder in den beiden H. E.-Dildnissen ist nun allerdings die Abbreviatur der Pinselschrist von einer Groß- artigkeit der Formandeutung und Ausdrucks- kraft, die den Meister verrät. Aber öfter be- obachten wir, wie bei dem Streben nach Größe des Stils die letzte Wahrheit sich verflüchtigt. Wenn in der Halbfigur Hasenclever» die ur sprüngliche Bewegtheit des Profils sich ebnet und das Individuelle nur noch in der gebrochnen Hand zu finden ist, oder wenn der unvergeßliche Blick des Dr. Wallenstein zu dem Augenaufschlag eines Greco-Heiligen umgebildet wird, erkennt man die Gefahren, denen selbst Kokoschka bei der Methode schwer entgeht: Verallgemeinerung, Verarmung. Es bleiben bei ihm immer noch ge sättigte Leistungen, aber tatsächlich streift in den üdischen Fra nbildnissen die Resignation und )as Probtematische schon ein wenig die gesell- chaftliche Konvention. Dafür vermag auch die graphische Schönheit dieser Blätter, die in der Sicherheit des Formaufbaues und dem be ruhigten Glanz einheitlicher Flächen die Ver wandtschaft mit seiner letzten malerischen Periode verraten, nicht voll zu entschädigen. Eine Anzahl Studienzeichnungen gewährt Einblick in die Werkstatt des Künstlers: weibliche Akte (besonders schön eine Sitzende mib aufge- löstem Haar), der prachtvolle Kopf der Revolu tion, eine Szene zum „Wozzek". Hier wie in den illustrativen Folgen (Bachkantate; Hiob; Orpheus und Eurydike) erweist sich das Charak teristische des Bilddichters Kokoschka, der nicht einfach einen Voraang abschildert, sondern in der Art, wie aus der Schraffur Raum, Körper, Geste sich zusammenballen, eine besondere Bild dramatik zu vermitteln weiß. ve. Ter größte BriefmarkenauSftellung der Welt. Die Londoner Internationale Briefmar ken-Ausstellung, die am 14. Mai in der Royal Horticultural Hall eröffnet wird, ist die grüßte Briefmarkenschau, die die Welt bisher gesehen hat; mehr als eine Million Briefmarken werden hier zu sehen sein, und. man schätzt den Gesamtwert der hier vertretenen Kostbarkeiten auf 2 Mil« lionen Pfund Sterling Die Sammlungen stammen von etwa 600 der größten Philatelisten in Großbritannien sowie in den anderen Ländern Europa», Amerikas und Japan». Die kostbarste einzelne Marke auf der Ausstellung ist da» einzige bekannte Exemplar der 1 Ernt British Guyana-Marke von >856. Sie wurde vor dielen Jahren von einem Junaen in Demerara entdeckt, einem Sammler, der sie einem andern Jungen für 6 Schilling obkaufte. Al» man die Einzig- artigkeit diese» Stückchens Papier erkannt hatte, wurde sie von einem Pariser Sammler für 1Ü0 Pfund Sterling erworben und blieb fast ein halbes Jahrhundert im Besitz dieses Sammlers, bis sie nach seinem Tode an den jetzigen Eigen tümer Arthur Hint in Utica in den Vereinigten für 7600 Pfund Sterling verkauft wurde. Wie Deutschland arbeiten muß... Die West minster Gazette bringt einen Aufsatz über die Frage, ob Deutschland zahlen kann. Al- Unter lagen bringt sie folgende Zusammenstellung über die Kaufkraft des Lohnes eines männlichen An gestellten in Deutschland und in England. Die Preise sind berechnet auf Basis der Notierung von Ende Januar, also durch die neue Teuerung des letzten Vierteljahres weit überholt Es arbeitet, um ein Pfund Margarine zu bekommen, ein deutscher Angestellter fünf Stunden (ein englischer Angestellter zwanzig Minuten), ein Ei dreißig Minuten (zehn Minuten), ein Pfund Feinzucker eine Stunde (zwanzig Minuten), ein Pfund ratio nierte- Brot eine Stunde zwanzig Minuten (fünf zehn Minuten), ein Pfund Rindfleisch vier Stun den zwanzig Minuten (eine Stund» fünfzehn Mi nuten), ein Anzug sieben Wochen (eine Woche fünf Tage), ein Paar Schuhe fünf Wochen (zwei Tage), ein Stück Seife fünfundvierzig Minuten (zwölf Minuten^ Sine Zeitung auf hoher See. Das Aller neueste auf journalistischem Gebiet ist die Tat sache, daß von der Daily Mail Maßregeln wegen der Publikation einer „OzeanauSgabe" an Bord von Dampfern der Eunardlinie, die zwischen England und den Vereinigten Staaten fahren, getroffen worden sind. Die „OzeanauSgabe" der Daily Mail ist eine Tageszeitung, die an Bord von Redakteuren dieses Blattes hergestellt und an Bord auf die modernste Art gedruckt wird. Auf der „Herengaria", auf der „Aquitania" und auf der „Mauretania" sind große Linotypes auf gestellt, die ungefähr dretzehntausend Kilogramm da» Stück wiegen. Zweimal im Tag werden die wichtigsten Ereignisse auf drahtlosem Wege dem Schiss mitgeteilt, sowohl von England au», al» auch au» Amerika Selbstverständlich werden auch die bedeutsamsten Börsenberichte und Kurse nachgesendet und in der „OzeanauSgabe" ver« össentltcht.
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