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eite » Kontag, 8. November 1889 Nummer 281, Seite S Sächsische Volkszeitung zu, so un- Die deutsche Buchdruekerkurrst in ^)olen len WWWMWM WWMMMWMMWWIWWWMMMMWI«» f sich , der dien, daß lichen jungen Mädchen, die reifere Jugend achtzig? Die Zigeunerin kennt auch Fälle sind fast immer gleichgeartet. Wir ahnen daß die Fachgelehrten sagen: Galls Lehrmeinung, viele muss l in- > ge- zielle das dass t ver- > g e n wer- »n an statt- den sam- und mit g>mg nter- ichen ! der dort dis das der j auch eut - lörü.ui »wokl assmiz eine alten, ischen und i nur vährt vom mög- Wege l da- lilfen rden. Son- Zel» ans > am nver- Uber c der :agen lt, se ¬ he leichs- Mü- inder- i vom n der Hilfe» alten, Welt- le such oder n u r prak- r bei dem Mög- e gilt e t wa- und Ver- . r an. Erdöl ktlen eund- Rllt- tyden rrsor- i um tierte ^nde- euer- innte März heißt >0»d0» e noch -erläa- nt, di« n Tag n, die r. daß fest. ni tief Jnter- lisch.'N iermzg id mn tischen könne ragen, ein« orige» »Kunst lg. di rischen -rsolgt gezeigt, daß die Phrenologie kannten Form ein wisscnschasllichcr wissenschastlich getarnter Aberglaube wäre Aberglaube!" Und die älteren so zwischen vierzig und deren Sorgen, denn die . Meist ist es die Bedrücktheit der finanziellen Lage."„Am" Golde hängt, zum Golde drängt doch alles — ach, wir Armen!" Welche Hausfrau hätte nicht schon so mit Gretchen gestöhnt? In den Augen vieler gilt die Meinung des Schatzgräbers, „Armut ist die größte Plage, Reichtum ist das größte Gut!" Ob cs der Kundin geldlich glänzend oder dürftig geht, kann sic — schon aus dem Verhalten beim Kauf — leicht erschließen. Wer eine bessere wirtschaftliche Lage des Haushalts, etwa das Große Los voraussagt, hat gleich das Herz vieler gewonnen. Sieht die Zigeunerin, daß cs am Geldc weniger fehlt, die Kundin aber unzufrieden ist. so gibt eg eine Reihe anderer Ursachen, die meist mit einiger Uebung feststellbar sind. Der Mann ist viel leicht ein besonderes „Rabenvieh" oder er nimmt es mit der Treue nicht so genau oder eine Krankheit liegt vor. Wenige Andeutungen, z. B. eine Antwort aus die Reizsrage: „Nicht wahr, die Hauptsache ist. -aß wir gesund sind?", genügen der Zigeunerin, um nach wenigen Minuten zu wahrsagen: „Sie haben eine schwere Krankheit hinter sich. Eine besondere Gefahr des Rückfalls ist in Ihrer Hand vorgezeichnct. In genau neun zehn Tagen werden Sie auss neue erkranken, aber das Unglück kann abgemendet werden . . ." Wer sich wie der Verfasser die Mühe macht, die Tricks der wahrsagenden Zigeunerinnen festzustcllen, wird sehr bald erkennen, daß bei ihnen nicht eine Spur von „übernatürlichen" Kenntnissen, z. B. der Handwahrsagckunst vorhanden ist. Nur Menschenkenntnis und „so nebenbei" Gehörtes sind die Metho den, mit denen sie zu ihren „Weisheiten" gelangen. Wer sich „wissenschaftlich" die Hand deuten lassen will, der muß mir schon in die Altstadt folgen, wo in einem sonst nicht unfreundlichen Hause, vier Treppen hoch, eine Frau Phre- nologin und Ehiromantin ihr Zelt aufgeschlagen hat. Wir werden in unserem Falle von einer schmächtigen, etwas weniger als mittelgroßen Frau empfangen, deren Ge- - ... Ich war wirklich sprachlos! Woher kann sic das nur missen? Und da sagen manche, Handlesekunst Privatleute ist, melden würde, es so, daß das heiraten sollte. Menschenzirkel um sie herum verleiden mochte, und da mag sie nun denken, daß sie mit ihrem bißchen Geld und der Lockspeise einer guten Stelle einen Menschen fiscl-en könnte, der auch andere Forde rungen befriedigt. Der Zufall hat Ihr von meinen Schriften einige vielleicht In die Hände gespielt, an denen sie Geschmack gesunden hat. und für einen Juristen hält sie mich ohne Zweifel. So muß Ich mir das Rätsel erklären, und der Meinung Ist auch Wieland." Auch Körner wußte keine Erklärung für diesen eigen artigen Heiratsantrag. In seinem Antwortbrief spricht er le diglich die Vermutung aus, daß es sich um «In Fräulein V. handeln könne, die durch Nürnberger Verwandte sich dieses Glück habe verschaffen wollen. Andere aber wollen wissen, daß das Mädchen, dem der damals 28jährige wrimarische Rat und Dichter so begehrenswert erschien, die Tochter eines In Schweinfurt lebenden Bürgermeisters gewesen sei. Es heißt auch verschiedentlich, daß den Heiratsvermittler ein Konsulent Elias Steps gespielt habe, den die Ablehnung dieses Antrages bitter enttäuscht habe. Wie dem auch sei — Schiller hatte entschieden. Er blieb seiner Lotte «reu. Nachdem er Im März 1789 Professor der Geschichte in Jena geworden war. stand er am 22. Februar 1799 mit ihr in der Kirche in Wenigen-Jena vor dem Traualtar. Die brave Schweinfurterin aber hat anderswo Trost suchen wüsten. Schiller sollte heiraten! Zum 189. Geburtstag am 19. November. Seit dem Juli des Jahres 1787 wellte Schiller In der Musenstadt Weimar, dem Mittelpunkt des 'Itcrarischen Lebens der Zeit. In das erste Viertel des folgenden Jahres fällt eine Episode aus dem Leben des Dichters, die des Erzählens wert ist. Auf der Rückreise von einem Besuch in Meiningen und Bauerbach im Herbst 1787 hatte Schiller in Rudolstadt die beiden Töchter der Witwe von Lengenfeld kennen gelernt. Seine Zuneigung schwankte zwischen beiden. Als er aber die Lengen felds In Weimar selbst wledersah, da wußte er, wie cs um sein Herz bestellt war. Er gab der jüngeren Schwester Charlotte zu verstehen, was sie ihm bedeute. Ein Scherz des Lebens war es, daß gerade In dieser Zelt glücklicher Liebe dem jungen Dichter von anderer Seite brief lich ein Helratsantrag gemacht wurde, wie man ihn sich eigen artiger nicht vorstellen kann. Auch Schiller muß Ihn von der heiteren Seite genommen haben; denn im April 1788 schreibt er in einem längeren Brief an seinen Dresdener Freund Körner, den Vater des Freiheitsdichters: „Einen Spaß mutz Ich doch erzählen, wenn es noch nicht geschehen Ist. Vor einigen Wochen Ist durch vierte Hand die Anfrage aus der fränkischen Reichs stadt Schweinfurth an mich ergangen, ob Ich dort nicht eine Ratsherrnstelle mit leidlichem Gehalt, verbunden mit einer Frau von einigen tausend Talern, die, setzt man hinzu, an Geistes- und äußerlichen Vorzügen meiner nicht unwert sei, annehmen wolle. Die Stelle soll mich wöchentlich nur zwei oder drei Stunden kosten und dergleichen Vorteile mehr. Wie setzung des Schädelteils 3 -- Nächstenliebe. -1 -- Zähigkeit, 7 -- Scl>affenstrieb ist cs noch ein weiter Schritt. Wie, wenn jetzt ein Oberphreuologc käme und daraus eine neue phreno logische Mathematik machte, z. B.: 3 -b 4 -s- 7 -- 14. 14 Ist laut Tafel gleich Verehrung; also ist Verehrung eine Summe von Nächstenliebe, Zähigkeit, Säzasfenssrieb? Oder gar: ich mich dabei benommen, magst du dir leicht selbst clubilden; doch möchte ich eigentlich wissen, wie man auf mich gefallen ist. Da die ganze Sache mehr der Gedanke einiger und man eigentlich nur jagt, daß, wenn ich mich sie mir nicht schwer fallen sollte, so erklärte ich Ganze die Idee der Person sein mag, die mich Diese hat vielleicht einige Lektüre, die ihr den Funktionen und Leistungen klang zu bringen! Indes, Scherz beiseite! doch recht haben, wenn sie . . geistige Fähigkeiten, Gcmütsanlagcn und dergleichen seien cm bestimmte Stellen der Hirnrinde gebunden, sei zwar grund sätzlich richtig und Gall sei tatsächlich ein echter Forscher ge wesen, — aber seine Theorie, die starke Ausprägung eines „Sinnes" habe eine besondere Wölbung eines Schädclteiles zur Folge, habe sich als Irrtum erwiesen. Gall war tatsächlich ein ernster und großer Forscher, dem man die Sünden der Phrenologen keineswegs in die Schuhe schieben kann. Ebensowenig wie man den Erfinder des Funkeninduktors, Rnhmkorss, verantwortlich machen kann für den elektrischen Zauberapparat zur Feststellung der Intelligenz, will sagen für das „Neuroskop.". Es war ein Unrecht, daß Gall von vielen Gelehrten als Scharlatan angesehen wurde. Schuld an dem Fehlurteil waren manche seiner Schüler, die das Nebensächliche feiner Gedanke» zur Haunisachc machten. Man kann die im Gehirn irgendwie loka lisiert gedachten geistigen oder seelischen Anlagen nicht den äußeren Formen des Schä dels zu ordn en. Noch ganz zu schweigen vo» der willkür lichen, verworrenen, bunt zusammengwürfellcn Anhäufung von Funktionen, Eigenschaften Verhaitungswciscn, wie Nächsten liebe, Ortssinn, Kampflust, Verschwiegenheit. Die Arbeiten eines Earus, Veli, Huschke, Dechenne, Piderit, Darwin haben klar in ihrer volkstümlich be- Unsinn, zu deutsch ei» ist. (Fortsetzung folgt.) 39 (Geist) - 29 (Denkkrast) -- 1 (Liebe). Die Malhematikprofessoreu hätten ein neues Feld der Betä tigung! Stimmt es nicht fabelhaft: Geist ohne Denkkraft ergibt Liebe. Schon Plyto sagt: „Der Liebende wird blind in bezug aus den Gegenstand seiner Liebe"; zu deutsch: Liebe macht blind. Probe aufs Exempel: 18 (Wohlwollen) — 12 (Vorsicht) --- 1 (Liebe). Liebe ist Wohlwollen ohne Vorsicht. Auch wieder richtig! Vor sicht ist zwar Mutter der Weisheit oder auch der Porzellankiste. Aber Liebe ist blind, also nie vorsichtig! 16 (idealer Sinn) — 15 (Hoffnung) -- 1 (Liebe). Für den Kenner schlicht: 16 — 15 — 1 wäre die phrenologische Formel siir Schillers Wort aus „Ton Carlos" (II, 8): „Liebe — kennt der allein, der ohne Hoffnung liebt!" Welche Aussichten! Im Wartezimmer der „Wissenschaft lichen Phrenologin" haben wir eine neue Wissenschaft entdeckt. Eine Wissenschaft, an die der am 9. März 1758 zu Tiefenbrunn in Baden geborene, am 22. August 1828 zu Montrouge bei Paris gestorbene Arzt Franz Joseph Gali, der Stammvater der Phrenologie, gar nicht denken konnte, als er Hirne und Schädel von Menschen und Tieren untersuchte, um die geistigen Funktionen und Leistungen mit den Schädelsormen in Ein ¬ wissenschaftlich einwandfreier Grundlage beruht, in Verordnung ausdrücklich als Wissenschaft, nicht glaube anzusehen ist. Wenden wir uns noch einmal der Zigeunerin interessant die Person im übrigen sein mag! Ihre Wahrsagerei beruht nicht auf irgendeiner besonderen Aenntnls der Chiromantie (Chirosophie) oder Handwahr jagekunst. Vielmehr ist ihre ganze Wahrsagerei gar nichts weiter als schlau angewandte Menschenkenntnis, bin bißchen Schmeichelet ebnet den Weg zum Herzen: Furcht und Hoffnung werden auf raffinierte Welfe erweckt. In neun Tagen ein großes Glück; in vier Tagen ein schreckliches Unglück, — men ließe eine solche „Offenbarung" kalt? Schivebt doch der Mensch immer zwischen Furcht und Hoffnung. — Ein junges Mädchen, das fröhlich ist. (und welcher Menschen kenner würde das nicht sehen! Und nun gar eine Frau!), ist glücklich verliebt; ein trauriges hat Liebeskummer. Liebeskum mer kann im allgemeinen zwei Ursachen haben — wir finden sie in Bürgers Ballade „Lenore" gut formuliert: „Bist un treu Wilhelm oder tot? Wie lange willst du säumen?" Manchmal, wenn auch viel seltener, ist die Ursache des Liebes kummers, daß die Eltern gegen den Herzallerliebsten sind. Das Ziel der allermeisten jungen Mädchen heißt: Hochzeit. Ob «» schon so ivsit, schon bald so weit ist oder ob es noch nicht so weit ist, wird eine geübte „Handicscrin" meist mit einem Blick erkennen: braucht sie doch nur flink zu schauen, ob auf der rechten Hand oder der linken Hand oder aus keiner Hand ein goldenes Ringlein blitzt ... Die Menschenkennerin-Zigeu nerin kann demzufolge aus wenigen Elementen eine bunte Welt erbauen. Und überdies, da man so schätzt und schwätzt, fließt im Gespräch so manches Wörtchen über die Nachbarschaft mit ein — die Zigeunerin hört und sieht so manches —, was bei der nächsten Gelegenheit die Nachbarin in höchstes Staunen versetzen wird: „Denk dir, Männe, die Zigeunerin hat mir unter anderem gesagt . sichtsausdruck — dunkle Augen, tlesdunkles Haar — nicht un sympathisch ist. Sie fragt nach unserem Begehr, ist zunächst mißtrauisch, läßt uns aber in einen dürftig erhellten Raum eintreten. Eine geraume Zett müssen wir warten, da die Bera terin gerade mit jemandem Besprechungen hat. Seltsame Dinge gewahren wir aus altertümlichen Gestellen und Regalen: Men- fchenschädel mit ausdruckslosen Gesichtern, aus Holz oder einer jtelnartigen Masse, starren uns an. Sie sind über und Uber mit kleinen Rechtecken, Quadraten bedeckt, die durch Zahlen kenntlich gemacht sind. Tafeln an der Wand erläutern die geheimnisvollen Zahlen. Wir betrachten die Schädel und die Tafeln. Dort, wo das Nasenbein unter den Stirn beginnt, im Raum zwischen den Augenbrauen, steht die Zahl 21, die Tafel erklärt: dort sitzt der Farbensinn. Auf der Stirn finden wir die Zahlen 13 (Wohlwollen), 32 (logisches Schlußvermögen), 31 (Nachahmungssinn); auf dem Hinterkopf 19 (Selbstvertrauen), 11 (Ruhmsucht), 4 (Zähigkeit). Insgesamt sind über die Schädel 32 Zahlen verteilt, denen die Geistes- oder Scelensunktioncn sowie Eigenschaften Liebe, Kinderliebe, Nächstenliebe, Zähigkeit, Kampflust, Zerstörungstrieb, Scl>afsenstrieb, Begierde usw. ent sprechen silllen. Einstweilen lesen wir auf den Tafeln, was es mit der Phrenologie aus sich hat. „Durch das Acußerlick;« des Menschen läßt sich sein Inneres erkennen". Das klingt nicht übel. Aber folgt daraus schon, daß die „Hoffnung" oben, etwas seitlich unter der Schä- -eldccke liegt? Denkbar freilich insofern, als ein schwerer Ham merschlag auf den Schädel manchen Menschen in einen hoff nungslosen Zustand versetzt hat. Doch das gilt auch von der Schläfe, wo der Sclmsfenstricb und Sprachsinn dicht neben einander wohnen! Die Liebe sitzt so zicmttch im Nacken. Hinter den Ohren liegen 5 und 6, Kampflust und Zerstörungssinn — nun verstehe ich endlich, was es heißt, daß mein Freund Egon Haudogen es „faustdick hinter den Ohren" haben soll! Nach leuchtet es uns aber nicht ganz ein. wieso das Acußere des höchsten Schädelgipfels (Nr. 18) Festigkeit verkörpern soll. Von dem allgemeinen Satz, man könne aus dem Aeußerlichen des Menschen auch sein Inneres erkennen, bis zu der Gleich setzung des Schädelteils 3 -- Nächstenliebe. 4 -- Zähigkeit, Die überspitzt nationalistische Agitation in Polen übte sich in den letzten Jahren darin, den deulscl)cn Einfluß aus die wirt schaftliche und kulturelle Entwicklung Polens nicht nur abzu schwächen, sondern sogar völlig abzustreiten, obwohl die bedeu tendsten polnisä-en Wissenscl)astler mehr als einmal diese Ein flüsse ausgezeigt und klar anerkannt halten. Kein wirklich ernst hafter Kenner der polnischen Geschichte, gleichgültig welci)er Nationalität, hat es je liestritten, daß sich in Polen erst dann Anzeigen und Ansätze einer kulturellen Entwickiung bemerkbar machten, als sie mit den Deutschen in Berührung kamen. Nie mand vermag auch abzuleugnen, daß die polnisch)« Kultur schlechthin auf oeulsä)en Fundamenten ruht. Die Deutschen brachte» den Polen das Christentum. Der deutsch)« Kaiser Otto III. schuf in der Gründung des Erzbistums Gnesen uni das Jahr 1900 für die Polen nicht nur einen kirchlichen, sondern auch gleichzeitig den nationalen Krislallisationspunkt. Deutsch)« Soldaten, Künstler, Wissenschaftler und Handwerker haben die Entwicklung in Polen nicht nur ursächlich, sondern auch durch die Jahrhunderte wirkungsvoll beeinflußt und geleitet. Un mehr als ein nal:onalpolnisci)er Gelehrter hat nnederholt fest gestellt, daß Polen immer dann gut fuhr, wenn deutsche Solda ten, Wirtsel/astler, Staatsmänner und Geistlich)« seine inneren und äußeren Geschicke maßgebend beeinflußten, aber wieder aus allen Gebieten absank, wenn es dem polnischen Chauvinis mus gelang, die Dcutscl-en aus dem össcntlichen Lelien auszu schalten. Abgesehen davon, daß Zisterzienser, Augustiner un andere Orden hervorragende Kulturarbeit aus allen Gebieten leisteten und auch leisten konnten, so lange sie streng auf die rein deutsch Zusammensetzung ihrer Konvente zu bestellen ver mochten. Erst als gegen Mitte des 16. Jahrhunderts die Klöster durch ein Dekret Sigismunds I. gezwungen wurden, nicht nur Polen in die Konvente aufzunehmen, sondern auch rein polnisch)« Aebte zu wählen, wurde es anders. Welch entscheidenden Ein fluß das Deutschtum im Tkrlaufe der Jahrhunderte hier aus geübt hat, geht auch daraus hervor, daß die Zahl der Lehnwör ter und Begriffe aus dem Deutlcl)en ganz außerordentlich groß ist und daß cs in dem neuen Polen nach 1919 kein wichtiges Amt gab. wo nicht Polen deutscl)en Namens oder verstümmelten deutschen Namens saßen. Diese jahrhundertealten Verbindungen brachten es mit sich, daß auch «ine der wichtigsten deutschen Erfindungen des Mittel. alters, die Buck)druckcrkuust, bald in Polen eingesührt wurde. Kaum zehn Jahre nach dem Tode Gutenbergs (1467) bemühen sich schon drei deutsche Buchdrucker, Kaspar Hochscder, Hanns Criiger und Hans Popclau, die neue schwarze Kunst in Polen ansajsig zu machen. Diese drei ersten deutschen Drucker waren jedoch nicht sehr erfolgreich. Ter erste Druck, der in Polen er schien, war das Calcndarium anni Domini currentis, ein Kalen der siir das Jahr 1474 und das erste Buch hieß: Opus restitu- tionum (1475). Der Drucker Sweybolüt-Peyl wanderte 1479 aus Franken ein. legte eine große Druckerei an und stellte Biick)«r für die griechisch-katholische Kirche her, wofür ihm der Braun- jchweiger Rudolf Bornsdors die Type goß. Diese Druckerei wurde aber bald stillgelegt. Den ersten großen Ersolg errang Johann Haller aus Rothenburg ob der Tauber, der 1491 in Kra, kau eine Bucl)druckerei gründete und 1505 ein königliches Pri vileg erreichte, wonach niemand Bücher aus dem Auslande be ziehen durfte, die auch Haller druckte. Meßbücher. Breviere, Handbücher aller Wissenschaften kamen aus seiner Ossizin. Der berühmte polnisci)e Historiker Ptasnik nennt den Buchdrucker Haller „einen mächtigen Hebel der Gcistesbewegung in Polen". Hallers Bücl^r waren jedoch hauptsächlich in lateinischer Sprache. gedruckt. Erst der Bayer Florian Ungler druckte in Krakau die ersten Bücher in polnischer Sprach)« und führte auch zuerst den Holzschnitt als Buchschmuck ei». In den Jahren 1510 bis 1516 verließen 76 Werke seine Druckerei. Ungler wurde bahn brechend für die polnische Sprache. Ihm haben es die Polen in der Hauptsache zu verdanken, daß ihre Sprach so früh auch schon zur Schristspracin' wurde, lliigier saal — nach Dr. A. Lück, Posen, — in dem Vorwort eines seiner polnisch gedruckten Bücher: „Diese eure Spraci)« ist der menschlichen Vergessenheit anheimgejallen und durch ein fremdes Volk nahezu in Verfall geraten. Da mich dies sehr dauerte, habe ich als erster vor ande ren die Arbeit unternommen, polnisch)« Bücher mit nicht dageivc- senen Buchstaben zu drucken, wonach andere sich an mir ein Beispiel genommen haben". Als Ungler starb, führte seine Frau die Druckerei weiter. Bei ihrem Tode belies sich die Zahl der in Unglcrschcn Druckerei l»ergestellten Werke auf 15 000! Unter den Buchdruckern und Buchhändlern Polens ragt besonders die Familie Scharfenberg hervor. Marcus Scharfenberg schuf ein Unternehmen, das nach unseren heutigen Begriffen modern an mutet; denn er gründete nicht nur eine eigene Druckerei, son dern erwarb dazu auch zwei Papiermühlen und richtete auch eine eigene Buchbinderei ein. Diesem begabten Buciidrucker und Kaufmann gelang es, einen Teil des gesamten Buchhandels, des Pazner- und Druckereigewerbcs in seiner Hand zu rxreinigen. Welche Bedeutung dieses Unternehmen erreichte, ist daran zu er kennen, daß sein Sohn Hubert die Konstitutionen und Privi- jegien der Sejmtagungen von 1550 bis 1569 druckte, zum Typo graphen der königlichen Kanzlei ernannt wurde und für 15 Jahre das Recht erhielt, die Statuten des Königreichs Polen zu drucken. Hubert Scharferlrerg richtete als Hofdrucker auch eine kleine Reisedrnckerei für den König ein. so daß er einige Manifeste und Broschüren immer dort drucken konnte, wo der König sich auch Immer aufhielt. Von den bedeutenden deutschen Buchdruckern in Polen sind noch zu nennen: Matthäus Sieben- eycher in Krakau, Paul Konrad aus Danzig in Lublin um 1593, Melchior Nehring um 1575 in Posen, zuletzt in Thorn: in Posen jerner Johann Wolrab um die Wende des 17. Jahrhunderts. Sein Scchn gründet« die erste Buchdruckerei in Kaiisch. In diese Druckereien heirateten häufig Polen ein. so daß die Namen der deutschen Buchdrucker, die den Polen die neue Kunst brachten und zu großer Blüte entwickelten, in der Hauptsache verloren gegangen sind. Einige bedeutende polnische Buchdruckerfirmen mit deut schen Nanien wie Lange usw. bestanden noch bis zu den letzten Ereignissen und legten Zeugnis für diesen Ziveig deutscher Kulturarbeit in Polen ab. Andere deutsche Namen wurden aus durchsichttgcn Gründen hinter anonyme» Akticngcsellsciiaften versteckt, konnten aber trotzdem in ihrer Zusammensetzung den deutschen Ursprung nicht verleugnen. Das Werk deutläwr Buch drucker allein ist rs, daß das polnische Volk sich des Wertes sei ner Sprache durch das gedruckte Wort erst bewußt wurde. Einen Dank für ihr« Arbeit haben die deutschen Piomerc nickt erhob ten, sie haben ihn auch nicht gefordert. Für die Polen und ihren Staat wäre es aber zweifellos vorteilhafter gewesen, wenn si« sich dieser Ding« etuwo stärker erinnert hätten. S. Volksfeind Aberglaube Unter, wahvsa-«*", Zanberxvn un- Gehetmwrssenschaftlevn Sin Latfachenbevlcht von Kvofessov Otto Uvbach n. Es ist gut, wenn wir uns eine in vielen (nicht in allen) Fegenden Deutschlands, z. B. Berlin (datiert 1. Mai 1934), so oder ähnliche Polizeiverordnung ins Gedächtnis rufen: „Das unentgeltliche Wahrsagen, die öffentliche Ankün digung entgeltlichen oder nichtentgeltlichen Wahrsagens sowie Handel mit Druckschriften, die sich mit Wahrsagen befassen, ist verboten." Wahrsagen Im Sinne dieser Polizeiverordnung ist das Voraussagen künftiger Ereignisse, das Wahrsagen der Gegen wart und der Vergangenheit und jede sonstige Offenbarung von Dingen, die dem natürlichen Erkenntnisvermögen entzogen sind. Hierzu gehören insbesondere das sogenannte Handlesen, Kartenlegen, die Stellung des Horoskops, die Sternüeuterej und die Zeichen- und Traumdeutung. Entgeltliches Wahrsagen liegt auch dann vor, wenn zwar kein Entgelt gefordert, jedoch angenommen wird." > - Um Mißverständnisse sogleich zu beseitigen, bemerken wir, daß die Graphologie, also die Deutung des Charakters rin der geistigen Fähigkeiten aus der Handschrift, soweit sie aus wissenschaftlich einwandfreier Grundlage beruht, im Sinne der t als Aber-