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Sonnabend/Sonntag, L7./28. April 1848 Sächsische Volkszeitung Nummer SS, Seile S prskttsthe Hsusfrsr» Unsere «IlerNeinsten Winke für di« Baby-Aussteuer — Auch hier Vorhanden«, v«rw«nd«n aufs Herz! ,En sie uns Krauen nicht immer schon die wichtigsten Persönlichkeiten? . . . Erscheint solch heik ersehntes Menschenkindlein, muh es selbstverständlich seine ganze Ausstattung, nicht nur schön aussehend, sondern voll ae- brauchssertig, vorfinden. Für die junge Mutter bedeutet es keine wirkliche Arbeit, vielmehr ist es ihr Bedürfnis, in besinnlichen Abendstunden, Stich für Stich, möglichst alles ifür ihr Kind selbst herzustellen. Zunächst werden alle eigenen Bestände auf Ihre diesbezügliche Derwendbarkelt hin geprüft, denn der sehr zarten Haut zuliebe bevorzugen wir für die ersten Hemdck>en immer die durch längeren Gebrauch so bedeutend weicheren Stoffe aus feinem Leinen und feiner Baumwolle. Natürlich werden sie mit der Hand genäht, denn harte Maschinennähte für das mol kige Körperchen? . . . nein! - Zugleich bedenken wir, das; keine zu großen Stücke zer- schnitten werden, di« für die nächste Hemdchengröhe ausreichen könnten. Für die ersten bedarf es ja so wenig Stoss, trotzdem werden sie nicht zu klein zugeschnitten, weil solch ein Menschlein erstaunlich rasch wächst. Der junge „Vateranwärter" besaht sich gedanklich weit mehr mit „seinem" Kind, wie er sich den An- Zeitg«r«chte Backrezept« Die Nahrungsmittelchemle ist den Hausfrauen eine gute Helferin. Man bekommt „in Tüten" allerlei Ding«, die wir trefflich gebrauchen können. Zum Beispiel ist das T r o ck e n e i - Pulver etivas, was wir durchaus nicht verachten sollten. Wir brauchen zu Backiverk und anderen Gerichten keine frischen Eier zu nehmen, sondern können diese lieber als regelrechte Eier- speisen (gekocht, als Rühr- oder Sehei) verzehren, während beim Backen .und Kochen das Trockenei wirklich fast dieselben Dienste tut. Besonders gern iverden wir l>eute für unfern Keks Kasten etwas backen. Zunächst wird das Trockenei in ein wenig Wasser aufgelöst und gut verrührt. Man läht es «ine Stunde stehen, ehe man mit dem Anrllhren des Teiges beginnt. Man verrührt nun mit dem ausgelösten Eipulver 75 Gramm Zucker und gibt dann 250 Gramm gesiebtes Mehl hinzu, dem man 1 Backpulver unter mischt hatte, sowie 50 Gramm zerlassene Margarine. Diese Masse knetet man gut durch. Sollte sie zu bröckelig sein, so gibt man noch ein klein ivenig Milch hinzu, das wird aber in den sel tensten Fällen nötig sein. Man rollt den Teig nun recht dünn aus und sticht mit einem Likörglase oder mit einer kleinen Blcchform Kuchen aus, die man auf fettbestriärenem Brett bei mäßiger Hitze hellgelb backt. Sie dürfen nicht braun werden, da sie dann bitter schmecken. Man muß die Kuchen nun verschieden verzieren, damit die Keks verschiedenartig aussehen. Man be streut sie z. B vor dem Backen mit Hagelzucker oder mit ge riebenen Nüssen oder belegt sie mit abgezogenen, zerschnittenen Mandeln. Man kann auch «In Häufcl>en Marmelade darauf geben. Einen Teil der Kuchen läßt man unverziert und bestreicht säicin gibt und kommt vielleicht eines abends mit einem n>eißen Wollschal in der Hand (aus seiner Tennisturnierzeit) zu seiner Frau in leuchtenden Augen die schüchterne Frage — . Kann« du das wohl auch ^brauchen?' ... Na und ob' die feine weiße Wolle > ird aufgezogen, auf ein Brettchen gewicke:t, zum Gläl- tc>> ins Walser gc.egl dann getrocknet. Sie ergibt, war es «in Schlauchschal, -ivei Straßenjäckchen oder nur eins, dazu ein Miitzck-en oder ein Paar WoNstiefelchen. die später strampelnde Beinchen bei ihrer gesunden Beivegung hübsch warm halten. lind dann, iver legt sie heute noch auf, die von noch frühe ren Ahnen stammenden weißen Häkeldeckchen, pietätvoll in ver- gessenen Truhen aufbewahrt? Fänden sie nicht ihr ailerrllhmlich- stcs Ende, vorbereitet wie der Wollschal, dann zu Jäckchen, Häubchen, Wickelbändern, Strampelhöschen für den kommenden Erdenbürger verarbeitet? Das gleiche ehrenvolle Ende gebührt auch Küchen- und Schrankspitzen. Und Großmutter findet in ihrem Wäscheschrank verborgen vielleicht noch dicke weihe Bett decken, deren eine genügende Wickel- und kleine Einlegetüchcr ergibt. Sie sehen auch reizend aus, mit bunter Kante oder Streumuster bestickt, als Waaen-, wie als Körbchendecke. So gibt es vielfältige Möglichkeiten. Norhandenes für die Erstlingsausstattung auszuwerten. Die Lücken, die dann nach bleiben, auszufüllen, gibt dl« Säuglingskarte, die auf Antrag nach dem 'fünften Schwangcrschastsmonat verabfolgt wird, mehr als ausreichend Gelegenheit. sie nach dem Backen mit Marmelade, worauf man sie zu zweien zusammen legt und sie dann, wenn man l>at, mit Puderzucker be streut. Andere Kuchen bestreicht man mit angewärmtem Kunst honig und wälzt sie dann in Streuzucker, kann sie nun auch noch mit Korinthen belegen. Man kann sie natürlich auch mit einem Guß überziehen. — Selbstverständlich kann man das Trockenei- pulver zu allen Backriszepten verwenden. Man wird überrascht sein, wie schönes Gebäck man mit seiner Hilfe Herstellen kann. Vorzüglich ist auch «in Sahn«pulv«r. das in kaltem Wasser aufgelöst und dann wle Schlagsahne geschlagen und mit Zucker untermischt wird. Es hat einen angenehmen Geschmack und kann sowohl zu Kuchen, als auch zu Obstspeisen usw. ge gessen iverden. Man kann oder z. B. auch eine Nußspeise daraus Herstellen. Man schlägt das Sahnepulver zu recht festem Schaum und mischt nun Zucker und geriebene Nüsse darunter. Dann gibt man die Masse in ein« Glasschale und belegt sie ziemlich dicht mit Marmsladehäufchen. Man kann auch unten in die Schale eine Schicht geriebenes Schwarzbrot mit Zucker ver« mischt, geben und auch dies« bereits mit Marmelade belegen. Vom Umgang mit Gläsern. Hat man Gläser ineinander gestellt. kommt es bisweilen vor, daß man sie nicht wieder aus einandernehmen kann. Man füllt dann das innere Gefäß mit kaltem Wasser und stellt das äußere in warmes Wasser. Man wird dann sehr bald imstande sein, die Gläser ohne Schwie rigkeit auseinanderzunchmen. Wenn ein Glasstöpsel nicht her aus will, so umwindet man den Flaschenhals mit einem In heißes Wasser getauchten Tuch, und der Stöpsel bereitet einem keine Schwierigkeiten mehr. Meine medizinische Rundschau Raufen bei Jung«« natllrlich Zu interessanten Ergebnissen ist eine Untersuchung gekom men. die der Hauptstabsarzt der HI, Dr. Duesberg, Frankfurt a. M., durchgeführt hat. Er stellte sich nämlich die gleiche Frage, wegen der zahlreiche Eltern noch immer die Begeisterung ihrer Jungen am HI-Dienst, an Geländespielen und Sport mit einem leichten Mißfallen betrachten. Im Gegensatz zu den Jungen meinen die Eltern nämlich, daß diese begeisterte Teilnahme bei spielsweise an Raufereien, wie sie der Geländedienst mit sich bringt, für die körperliche Entwicklung der Kinder scl;ädlich sein könne. Wenn es nach ihnen ginge, müßten die Kinder geschont «vcrden. Dies ist aber, wie Dr. Duesberg an Hand seiner Unter suchungen feststellt, durä-aus unrichtig. Pielmehr entstammt der Mauftrieb der Jungen einem durchaus gesunden Instinkt und ist in allem etwa dem Spielen junger Tiere gleichzusehen, die auf die gleiche Art des ernsthaften Spiels ihr sportlich-körper liches Training durchführen. Freilich muß unter gewissen Um ständen ärztlicherseits eine gewisse Beobachtung der Leistungs grenze des Kindes durä>geführt werden. Auch hierbei aber sollte man sich vielmehr als bisher auf das gesunde Empfinden der Kinder selbst verlassen. Ein Junge, der voller Rauflust und Bewequngsfreude steckt, ist sicher gesünder, als einer, dem jede Lust an derartigen Unternehmungen abgeht. Und an Stelle jenen zu schelten, sollten die Eltern zur Leistungssteigerung ver anlassen oder mit ihm zum Arzt gehen, da sich hinter der Fern haltung vom Raufen vielfach Störungen der normalen Entwick lung verbergen. Vitamine und Kalk in der Schwangerschaft So sehr wir auch geneigt sind, anzunehmen, daß Medika mente irgendwelcher Art nur für kranke Menschen angezeigt sind und so wenig mir eine Schwangerschaft als Krankheit be trachten können, so sehr gehören Vitaminpräparate und Kalk In Form von Tabletten oder Tropfen doch zu denjenigen Dingen, die einer Scipvangercn unbedingt zugute kommen müssen. Bei des muß ihr zugcführt werden, weil die Bedingungen der Schwangersclmft einen besonders großen Verbrauch dieser beiden Ergänzungsstoffe unserer Ernährung mit sich bringen. So ist beispielsweise die oft weitgehende Verschlechterung des Gebisses vor und nach einer Geburt fast stets auf Mangel einer ausrei- chenden Kalkzufuhr zurückzusühre». Beide Ergänzungsstoffe finden sich In etwa ausreichender Menge in Milch, weshalb diele jeder Schivangeren besonders zugeteilt wird. Darüber hinaus aber ist es in den Monaten, in denen uns kein ausreichendes Frischgemiise zur Verfügung steht — andererseits aber auch Kuh milch ivegcn des Mangels an Grünifutter weniger gehaltreich ist —, sehr zu empfehlen, sowohl Vitamine wie Kalk in der Form pharmazeutischer Präparate einzunehmen, nicht, um gesund zu werden, sondern die Gesundheit zu erhalten und auch di« Ent wicklung des Kindes un'er günstigen Umständen vor sich gehen zu lassen. Vitamin im T«e? Es wird nicht selten auch von Laien die Frage aufgeworfen, ob man vor allem im Winter einen Teil unseres Vitamin-T°Be- darfes durch den Genuß von schwarzem oder grünen Tee be streiten könne. Hierzu ist zu sagen, daß japanische Forscher tat sächlich im grünen Tee eine gewiss« Menge Vitamin C nachzu weisen vermochten, daß amerikanische Forscher aber bei ein gehenden Untersuchungen zu dem Ergebnis kamen, daß diese Vitaminmengen doch so gering sind, daß sie nur eine recht be- scheiden« Rolle im Rahmen unserer Vitamin-C-Ausnahme spie len können. Noch ungünstiger verliefen die Untersuchungen des sogenannten schwarzen Tees. Hier fand sich praktisch überhaupt kein Vitamin C mehr, da dieses offenbar im Verlause der Fer- mentation gänzlich verloren geht. Für unsere deutsche Küche ist es jedoch in diesem Zusammenhang besonders bemerkenswert, daß wir ein Riickgreisen auf chinesischen grünen Tee gar nicht notwendig haben, da unser deutscher Ho-wbuttentee derartig große Mengen an Vitamin C enthält, daß schon verhältnismässig geringe Mengen unseren ganzen Tagesbedarf an diesem Vita min E stillen können. Wenn die Horsythia blüht... Plauderei am Wochenende von Marabu. Die Krokusblüte ist vorbei, Dl« Anemone auch vergeht, Forsythia in Flammen sicht: Nun öffnet weit sein Tor der Mai. Und alle Kräfte werden frei: Mit Maiwuchs prangt der grüne Waid, Weiß bliihn die Obstplantagen bald Und Flieder wirkt wie Zauberei. Die Tage wachsen mild und stet, Sie üben auf Dein Herz Gewalt: Jeder Gedanke wird Gestalt Und jeder Atemzug Gebet. Man muß sich erst besinnen Wie lange ist es wohl her. daß uns der Frost den Bade ofen zersprengte? Wie lange, daß wir mit sorgenvoller Miene unserem Vorrat an Briketts zählten nd einteilen? Mr möch ten meinen, das müsse vor Jahren gewesen sein. Und doch ist es erst wenige Wochen her . . . Wenn man damit heute noch einen Blumentopf gewinnen könnte, dann würde ich mich als Prophet auftun. Mancher getreue Leser wird sich erinnern, daß ich hier mitten im bitter kalten Januar fröhlich der Meinung Ausdruck gegeben habe, der harte und lange Frost verheiße ein beständiges und war mes Frühjahr. An dieser Hoffnung bin ich also nicht zuschan den geworden. Aber ich will mich dessen nicht rühmen, denn es bringt nichts ein. Aber eine gute Lehre kann man vielleicht daraus ent nehmen: daß nämlich der Optimismus um so mehr Berech tigung hat, je größer die Bedrängnis des Augenblicks ist. Auf harten Winter folgt ein holder Frühling, auf Regen folgt Son nenschein. Nichts gibt es auf dieser leidvollen Erde, was die heilende Zeit und die gütige Natur nicht wieder ausgleichen könnte. * Dl« Natur ist souverän Manchem freilich mag die Natur als ein rechter Tyrann vorkommen. Sie fragt uns nicht nach unseren Wünschen. Sie handelt mit erhabener Gesetzmäßigkeit. Wir haben -nur die Wahl uns entweder ihr zu fugen oder zugrunde zu gehen. Wie gern möchte jeder von uns einmal die Rolle des wortgeivaltigen Mannes spielen, der dem Gestirn des Tages befehlen konnte: „Sonne, stehe still im Tale von Gabaon! Aber die Sonne, die damals mitten am Himmel stehenblieb, muß am Stillstehen keinen Geschmack gefunden haben. Sie hat das seitdem gänzlich verlernt. . - Ein Tag kann noch so schön sein: er geht dennoch unaus- haltsam zu Ende. Ein Tag mag noch so häßlich und wider- wärtig sein: dennoch dauert er seine v > e r u »dz man zig St und en. Uns Menschen hilft es nichts zu wünschen: .Jetzt wüßte Som- mer sein!" oder: „Jetzt müfsie der Herbst uns reife Früchte schenken I" Die Natur ist souverän. Sie folgt ihrem eigenen Gesetz, nicht unseren Wünschen. Es Ist der Anfang aller Weis heit, das einzusehen. Und das Geheimnis der Zufriedenheit, sich nichts Unnrägliches zu wünschen. Den Beginn der Voll kommenheit aber bedeutet «s, gute wie böse Tage mit gleicher Heiterkeit willkommen zu heißen. * D«r Atensch ist abhängig Wir Menschen möchten gern als etwas ganz Besonderes gelten, möchten wünschen, daß im großen Haushalt der Natur eine Extrawurst für uns gebraten würde. Die Natur aber denkt nicht daran. Wir sind den gleichen Gesetzen des Werdens und Vergehens unterworfen wie Pflanze und Tier. Der gleiche Kreislauf der Jahreszeiten bedingt für uns Steigen und Fallen der Säfte, bestimmt den Gang unserer Arbeit und die Folge unserer Empfiisimngen. Der Mensch ist abhängig von der Natur. Er kann diese Abhängigkeit als Segen empfinden oder als Fluch — aber sie ist da. Nicht anders ist es mit dem einzelnen und der Gemein schaft. „Der Einzige und sein Eigentum" — das ist der kühne, weltfreinde Traum eines Philosophen. Tausend Vorbedingungen menschlicher Existenz waren Voraussetzung unseres Eintritts in diese Welt. Ein ganzes Heer von Ahnen steht vor unserem Geiste auf, dem wir Leben und Eigenschaften verdanken. Tau send Zeitbedingtheiten haben unseren Lebensweg beeinflußt, unsere Bildung und Arbeit bestimmt. Ohne die Wechselwirkung mit de» Mitmenschen ist unser Leben überhaupt nicht zu denken. Der Mensch ist abhängig von der Gemeinschaft, nur in der Gemeinschaft kann er existieren. Unglücklich jeder, t«m solche Abhängigkeit eine bittere Last dünkt. Diese Einheit mit der gottgeschafsenen Natur und der menschlicl)en Gemeinschaft — ist sie nicht ein großes Glück? Natur und Gemeinschaft, das sind die Tore, durch die der Strom der Ewigkeit in uns einfließt. Was uns Abhängigkeit dünkt, ist Anteil an einem Sein, das größer ist als wir selbst. Von dorther können unserem Leben die stärksten Impulse, unserem Daseinsgefühl die höchsten Steigerungen zuteil iverden. * Hingabe an da» S«s«tz Es ist sinnlos« Qual, den Gegebenheiten zu widerstreben, die für den Rhythmus unseres Lebens bestimmend sind. Die Hingabe an diese großen Gesetze aber kann für uns zum Quell der reinsten Lebensfreude werden. Das gute Gewissen unschuldiger Lust wird uns in der Erkenntnis geschenkt, daß wir einem ewigen Willen gehorchen, wenn wir uns diesen reinen und einfachen Schönheiten des Daseins ganz hingeben. So genießen wir auch den Frühling mit der klaren Empfindung des Wissenden, der in dem Erleben des Frühlings selbst einen Auftrag spürt. Die Tatsache allein, daß wir die holden Tag« der Blüte mit Augen schauen dürfen, daß wir noch nicht himveggrnommen sind aus der Zahl derer, die das Licht sehen — und der Ruf ins Dunkel kann Alte wie Junge in gleicher Weise treffen — diese Tatsache schon bedingt die Pflicht zur Daseinssreude. Mail Welche Fülle von Seligkeit ist in diesem kurzen Wort beschlossen. Gute Dinge darf jeder von diesem freundlich sten aller Monate erwarten. Nicht ein« Pfingstreise freilich, wie sie wohl in früheren Zeit«» üblich war. Die werden wir un« «benso schenken wie im April di« Osterreise. Da» ist «ine Selbstverständlichkeit für jeden, der um die Verpflichtung gegen- über der Gemeinschaft weiß. Aber eine solä>e Reise ist auch ganz unwesentlich für das Miterleben der Maienzeit. Wesent lich aber ist das Wandern im Grünen, wie es unsere Groß väter Pflegten, deren einfachere Lebensgcwohnheiten noch nicht den Luxus kostspieliger Feiertagsreisen kannten. Wesentlich ist die liebevolle Beobachtung der Natur, die jetzt mit jedem Tage ein Stück vorankommt. Die Blumen vor unserem Fenster, der Baum in unserem Garten, der Park In unserer Riihe: sie können uns unerschöpflich erzählen von der Herrlichkeit de» Maten . . . * Das Recht aus Ueberschwang Lernt von den Kindern, wenn ihr den Frühling mit gan zer Seele erleben wollt. Kinder können vor Entzücken über ein paar neu erwachte Blüten laut schreien. Kinder strecken die Arme aus nach den Vögeln, deren Lieder nun wieder aus den Zweigen grüßen. Kinder möchten an schönen Abenden den sanften Frühlingsmond vom Himmel hcrunterholen. Und wenn wir noch so alt und würdig geworden sind — im Mai haben mir ein Recht auf Ueberschivang. Tausend Blu men blühen, tausend Vögel singen — da möchte man, wie es Chinas großer Dichter Li Tai Pe empfiehlt, tausend Becher guten Weines trinken. Aber es miissdn ja nicht gleich tausend Becher Wein auf einmal sein: Hie und da ein Sä>öpplein Wald meister-Bowle ist auch schon ganz schön. Und der Alkohol Ist wahrlich nicht der einzige Genuß dieser gesegneten Tage. Herr lich sind die ersten jungen Radieschen, wunderbar der erste frische Spargel. (Ganz roh, nur gewaschen und sauber geputzt, solltet ihr einmal die ersten Stengel versuchen — das ist ein Genuß, den ihr noch nicht erprobt habt!) Oeffnet nur eure Herzen, meine Freunde, und die Freude am Frühling wird von selbst den Weg zu euch finden. Wenn ihr aber erst einmal selbst froh seid, dann wird es euch nicht chmerfallen, andere zu entdecken, die gleiches empfinden, und roh zu sein mit den Fröhlichen. Und wenn einer im Ueber- chivang der FrUhlingsseligkeit mit allen vieren in die Luft ,cchen sollte wie ein junges Füllen — selbst das wollen wir hm nicht iibelnehmen. Denn es ist Frühling, die Natur legt ihren schönsten Festschmuck an — mann denn, wenn nicht jetzt, sollen wir die sck)änen Erinnerungen sammeln, die uns einmal in bitteren und lichtlosen Tagen, wie sie keinem Leben erspart bleiben, trösten können? * Phönix Frühling Grün hat jüngst die Erde neu bedeckt, Helle Halme hat es aufgestreckt. Heut ist unser schmales Gartenland Nur ein weiß und gelbes Blütenband. Und nun schwärmen Hinterm kleinen Haus Aus den Stöcken froh die Bienen aus, Küssen Bliit' um Blüte ab in Ruh', Tragen uns die süße Beute zu. Ist des Frühlings Zauber längst verweht ^--ostestod durch alle Gärten geht ^ mk' ich bei des Honigs Süßigkeit An vergangene Maienseligkeit. Ja, ganz grausam ist das Leben nicht: Non dem Blühen, von dem Dust und Licht, Von dem Schwärmen und der Jugend Schwung Bleibt ein Hontgbrot: Erinnerung.