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Zweites Buch. 1. 'Do wurde die Insel vom Feuer verheert. Theagenes und Knemon merkten von dem Unglück nichts, so lange die Sonne Hoch stand, weil ihre Strahlen den Anblick des Feuers bei Tage verdunkeln und schwächen: als sie unterging und die Nacht heranbrachte und die Flamme ihren ungetrübten Glanz bekam und weithin in die Ferne leuchtete, da guckten sie, durch die Nacht ermuthigt, aus dem Sumpse hervor und sahen die Insel in Hellen Flammen stehen. Und Theagenes schlägt sich den Kopf, raust das Haar und sagt: Weg mit dem Leben heute: alles soll aus und am Ende sein, Furcht, Gefahren, Sorgen, Hoffnungen und Liebe. Charikleia ist dahin, Theagenes verloren. Vergebens war ich, Unglücklicher, feige und entschloß mich zu unmänn lichem Entlaufen, weil ich mich dir, Geliebte, erhalten wollte. Doch werde ich nicht am Leben bleiben, da du, Theuerste, als Leiche daliegst und gar nicht einmal, was das Schrecklichste ist, durch das allgemeine Naturgesetz und nicht in den Armen, in denen du es wolltest, das Leben verließest. Du bist wohl ein Opfer des Feuers geworden, und solche Fackeln hat dir die Gottheit anstatt der bräutlichen angezündet. Die mehr als menschliche Schönheit ist so vertilgt, daß auch nicht ein Rest der ächten Anmuth wenigstens in der Leiche übrig ist. O Grau samkeit! o unaussprechlicher Neid der Gottheit! sogar die letzte Um armung ist mir genommen: auch die letzten, leblosen Küsse sind mir geraubt. 2. Wie er so sprach und das Schwert ringsum betrachtete, schlug Knemon es mit einem Mal aus der Hand nnd sagte: Was soll das, Theagenes? weshalb beweinst du die Lebende? Charikleia lebt und ist