Volltext Seite (XML)
98 zu vertauschen, falls man den andern Göttern und dem Orakelspruch des pythischen Apollo trauen darf; zugleich erinnerte ich sie an diesen Orakelspruch und zeigte ihr an, was er bedeute; derselbe war derCha- rikleia nicht unbekannt, da viele ihn im Munde führten und nach seiner Auslegung suchten. Sie war hierdurch wie versteinert und sagte: Da du nun meinst, daß die Götter es so wollen, und ich selbst es glaube, was soll ich thun, Vater? Dich stellen, als willigest du in die Vermählung mit Alkamenes, entgegnete ich. Es ist zwar schwer und sonst schimpflich, versetzte sie, es auch nur in den Mund zu nehmen, daß man einen An dern dem Theagenes vorziehe; da ich aber einmal den Göttern und dir, mein Vater, mich überlassen habe, so erkläre mir, welch' einen Zweck hat diese Heuchelei und auf welche Weise wird sie sich lösen lassen, ohne daß sie in's Werk gesetzt wird? Du wirst es durch die Thatsachen er kennen, erwiderte ich; Frauen bekommen manchmal Bedenken, wenn ihnen etwas im Voraus gesagt wird, wogegen sie das aus dem Steg, reif in Angriff Genommene häufig mit mehr Muth vollenden. Folge nur meinen Rathschlägen im Uebrigen sowohl, als auch willige zu Cha- rikles in die Vermählung, er wird nichts ohne meine Anleitung thun. Sie versprach es mir. 14. Ich verlasse sie in Thränen, und sehe eben bei meinem Her austreten aus dem Hanse den Charikles in nhergroßer Betrübniß und ganz niedergeschlagen. Du wunderlicher Mann, redete ich ihn an, wenn du dich ergötzen und freuen und den Göttern Dankopfer dar bringen solltest, da du erreicht hast, was du längst wünschtest, und Cha- rikleia's Sinn endlich mit vieler Kunst und durch meine Weisheit zum Verlangen nach einer Heirath gebrochen ist, bist du traurig und nach denkend, und weinst nur nicht, weiß der Himmel, was dir widerfahren ist. Wie sollte ich es nicht? erwiderte er; diejenige, die mir am lieb sten ist, wird vielleicht eher aus dem Leben scheiden, als durch eine Heirath, wie du sagst, mit Jemanden verbunden werden, wenn man auf Träume etwas geben soll, auf andere und auf die, durch welche ich in der vergangenen Nacht erschreckt wurde; ich glaubte, daß ein Adler, den der pythische Gott aus seiner Hand losließ, plötzlich her niederflog und ach! die liebe Tochter von meinem Schooße raubte und sie nach der entlegensten Gegend der Welt, die mit dunkeln Schatten-