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vette 2. Nr. SU. Nvenü-Nusgave. die -wgft vor Ser ,<kmSen". Die „Morniag Post" meldet aus Kalkutta: In folge des Austauchens des deutschen Kreuzers „Emde n" ist jetzt Birma ganz vom Verkehr mit der Außenwelt obgefchnitten Infolge des Verbotes, den Aasen von Rangun zu verlassen, ist bereits seit zwei Wochen kein Tckutt von dort eingclrosben. D i e Aandels > chiffabrt von Birma ist völlig e t n g e st e l l t. Eiserne Kreuze. Dos Eijerue Kreuz wurde verliehen LeiuOrdon- uauzossizier beim Stabe der 88. Insanrerie-Brigadc Kurt Wunderling auf Rittergut Reukirchen bei Deuljchenbora dem Kommandeur der gemischten 47. Brigade Generalleutnant Graf Vitzthum von Eckstädt und seinem Lohne, Hauptmann in, Grenadier-Regiment IM Grat V . Y thumvo n E ck itädt, dem Hauptmann L. L. Bros. Verlach, Ober lehrer an der Oberreoluhule mEhemnitz, dem Leutnant Geidel nn Insantcrie Regiment 134, dem Ober leutnant und Kempaniesttbrer im Reserve-Infanterie- Regiments«! Petrn, Llavtbauinjpektor in Halle, dem Fliegeroisszier oei der Felvsttegeradteilung 12 Kurt Haupt, dessen Vater sich dieselbe Auszeich nung 1870 erwarb. Sem Direktor der Portland- Zementwerkc „Saale" in Vrasnau Ludwig Eck. dem Stabs- und Regimentsarzt im Futzartillerie- Regiment 4 Professor Dr. Karl Loenrng, Oberarzt am Halleschen Diatonissenhaus, dem Ober stabsarzt Dr. med. A Rauschenbach aus Frose, dem Offiziersstelloertreter im Infanterie Regiment 81 Diplomingeneur Hernrann Mücke, Freiberg, dem Oberleutnant der Reserve Sche tel ich, Gewerbe- inspeltvr in Dresden, dem Herausgeber der „Mit-- tcilungen der Zentralstelle des Deutschen Stadte- lagcs" und Statistiker oes Deutschen Slüdlctaaes Herrn Dr May, der als Leutnant d R. im Felde steht 18 Angehörige des 1 Bataillons des Grenadier-Regiments 100 sind mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden, darunter der Kommandeur des BataillonsOberstlcutnant Graf Kiel m a n s e g g. Aus Bautzen werden zwei Fälle gemeldet, das; je drei Brüder diese Auszeichnung er hielten, und zwar in dem einen Falle: Hauptmann im Generalstab des Generalkommandos des 12. Ar meekorps Otto Sch roeder, früher im Infanterie- Regiment 0 3, Hauptmann und Kompaniechef Se- i, e r i n Schroedcr im Infanterie - Regiment 1V und Leutnan. Hans Schroeder im Schützen- Rcgimeni, zurzeit im Reservc-Jagerbataillon 12. Im Zweiten Falls handelt es sich um drei Söhne des Ober staatsanwalts a. D. Martini: Rittmeister E, Mar tini vom Ulanen-Regimenk 18, Leutnant H. Akar, tini vom Ulanen-Regiment 18 und Leutnant d. N. A. M artini vom Husaren-Rcgiment 20 <Assessor bei der Amtshauptmunnschast Plauen. — Weiter wird gemeldet, das; auch den drei Söhnen des Majors n D. 'Nicolai, Dresden, der als Mitkämpfer von 1870 71 selbst Inhaber des Eisernen Kreuzes ist, nämlich Hauptmann A rminRicolai. Kompanie chef im Schülzen-Reginient, Hauptmann Werner Ricolai, .Kompaniechef im Infanterie-Regi ment 102. und Oberleutnant N e i u h. Nicolai im Ulanen-Regimenk 18, zurzeit beim Stabe des General kommandos des 1K Armeekorps, das Eiserne Kreuz verliehen wurde. Der helöetttoö Jes Fahnenträgers. Eine draoe Tat vollbrachte der Musketier Hofi ma ui, Sohu eines Ba Mvürters in Friedrichsruh. der in Gcmeinjhasl mit drei Kameraden die auf dem östlichen Kriegsschauplatz vermiszte Fahne des 01. Infanterieregiments unter Lebens gesahr wieder in Sicherheit brachte. Man sand das Geldzeichen u n te r d e r L e i ch e d e s F a b n e n trägers. Hoffmann erhielt einen Gewehrschus; in den rechten Arm. zu Seifen Heilung er einem Ber liner Lazarett überwies » wurde. weitere Meldungen. Das Preußische Herrenhaus ist aus den 23. Oktober vormittags 11 Uhr einberuscn worden. Graf L o u : 'V . r l l o l d , der Sohu des Aiinl sicrs de'- Aeugern, Ü,, io:e die ..Korrespondenz" er fährt, als Freiwilliger in ein österreichisches Dragonerregiment eiiilu.tr.veu. lieber das Mili.ürattach - Schi'tsal d^ - srüheren deutschen in Paris. O b e r n v ZtU inrcr - Leipziger Tageblatt. feldt, der beim Ausbruch des Krieges als Rekon valeszent in Grisolles weilte, herrschte noch immer Ungewissheit. Aus San Sebastian wird nun gemeldet, das; die dort erscheinende Zeitung „Pueblo Basco" die 'Nachricht bringt, das; Oberst v. Winter- seldt dort ein getroffen ist und seine Heilung im neutralen Spanien abzuwarten gedenkt. Das Geheimnis der durch England ae führten „Russe n" ist nunmehr aufgeklärt. Es gibt, wie der „Rieuwe Rottcrdamsche Courant" erfährt, eine englische Uniform, und Mützen, die der russischen Uniformierung sehr ähnlich ist, und dies veranlasste die Gerüchte »der die russtiche Hilfsarmee. Der Korrespondent der „Morninapost" in Peters burg schreibt: „Der Zar ist zwar kein Kriegs gott. aber jeder, der die Natur des kleinen Dkannes in Rußland kennt, wird wissen, daß die Soldaten mit doppeltem Eifer kämpfen werden, ux-nn sie wissen, daß Väterchen anwesend ist." Welche politische öeöeutung hat Matwerpea l Die gewaltigen Anstrengungen, die von deut scher Seite für die Eroberung von Antwerpen gemacht werden, lassen schon die Bedeutung Lieser Stadt ahnen. Die politiscl>e Bedeutung der Stada ist von ihrer militärischen nicht zu trennen, da diese beiden Werte Hand in Hand gehen. Als Kiwtenpuntl der Eisenbahnen von Aachen, Gent und Rotterdam Hal Antwerpen eine wichtige Rolle im Handelslebcn des eigenen Landes sowie der angrenzenden Länder. Der Handelsverkehr wird außerdem noch durch zahlreiche Dampf, schiffverbindungcn mit deutschen Häsen wie Bre men, Hamburg und Stettin gehoben und erhält dadurch eine große internationale Wichtigkeit. Schon in den frühesten Jahrhunderten hat Ant werpen als Handelsstadt eine große Rolle ge spielt und übertraf die Bedeutung Amsterdams bei Weitem. Schon im Jahre 1543 wurde darum Antwerpen bereits start befestigt, da man die Schätze dieser Stadt dadurch sichern wollte. Der Italiener Pclliznoli hat die ersten gewaltigen Festungswerke hier angelegt, die durch Philipp ll. noch bedeutend verstärkt worden sind. Der Besitz Antwerpens hat immer die Völker gereizt und zu schweren Kümpfen zwischen den einzelnen Na tionen, wie Franzosen, Oesterreichern, Spaniern, Holländern und Belgiern geführt. Den wirk, lichen politischen Wert Antwerpens für die Ge staltung der Tinge in der Neuzeit hat Haupt- sächlich Napoleon I. erkannt. Durch ein Dekret vom 21. Juli 1803 erklärte er Antwerpen zum ersten Kriegshafen Frankreichs. Da Napoleon gegen England die größte Feindschaft hegte, so sah er es für sein Lebenswerk an, durch den Ausbau des Hafens von Antwerpen England zu bedrohen. Er beschäftigte sich unausgesetzt mit mit der Anlage der Werften und der Hafen- basfains. Es kam auch im Jahre 1809 zu einem Zusammenstoß zwischen England und Frankreich vor Antwerpen, zum mindesten versuchte England die Hafenanlage zu zerstören. Der Plan wurde aber durch die Aufmerksamkeit der Franzosen vereitelt. Auch heute ist die Furcht Englands vor Ant werpen groß. Man jagt wohl nicht zu viel, wenn man behauptet, daß die menschenfreund liche Hilfe, die angeblich England ans reiner Liebe den Belgiern bringen wollte, hauptsäch lich in der Furcht ihren Grund har, daß Deutsch land sich Antwerpens bemächtigen könne. Welche Pläne die deutsche Regierung hat, kann heut kein Mensch wissen. Wenn die englischen Zeitun gen schreiben, daß Deutschland aus Antwerpen einen starken Mittelpunkt der Flotte machen wolle, so sind das Phantasien, die der Furcht entsprungen sind, und die darum nicht ernst genommen werden brauchen. Trotzdem aber hat die Erstürmung von Antwerpen auch heut für uns schon eine große Bedeutung ans politischem ivie auf nlilnärischem Gebiete. Der Eindruck, den die Erstürmung dieser mächtigen Festung auf die neutralen Staaten machen muß, ist von allergrößter Bedeutung. Werden doch dadurch wieder einmal mit einem einzigen Schlage alle die Hunderte von Lügen totgeschlagcn, die von unseren Feinden über die ganze Welt betreffend die Lage vor Antwerpen verbreitet werden. Der Rückschlag einer solchen Nachricht aus die kriegS-- frenndlime Stimmung mancher neutralen Mächte ist nicht zu unterschätzen. Die zweite Bedeutung der Eroberung von Antwerpen ist darin zu er blicken, daß eine große Anzahl von Truppen für weitere Verwendung frei werden. Daraus ist zu erkennen, daß von allen Zutunftsplänen abgesehen Antwerpen für uns schon heut eine große Bedeutung hat und die Erstürmung der Festung reiche Früchte zeitigen wird. Der glück liche Ausgang des Kriege? wird durch die voll endete Tatsache der Eroberung Antwerpens nm einen wesentlichen Schritt gefördert. Der panzerzug. Die neue Art der Kriegführung mit „wilden", d. h. ^führerlosen Eisendahnzügen, die die Belgier in das in deutschen Händen befindliche Eisenbahnnetz losgelassen haben, ist erfolglos geblieben. Die deutschen Truppen haben sich, wie berichtet wurde, in Belgien dieser wilden Züge mühelos erwehrt, indem sie einige Brücken sprenaten, io daß die führerlosen Lokomotiven in den Fluß stürzten, ohne den geregelten Eisenbahnverkehr stören zu können. Eine rationellere Waffe bildet dagegen der auf deutscher Seite in Belgien und sonstwo verwendete Panzcrzug, über den in «der „Straßburger Post" der Führer eines solchen, Leut nant d. R. Dr. Kurt Blaum. Direktor der städti schen Armenoerwaltung in Straßburg, aus Brüssel vom 26. September folgende interessante Mitteilung macht: „Ich bin hier Kommandant eines Panzerzuges und habe mit diesem vorgestern eine Ec Walt er! undun g bis 30 Kilometer vor unsere letzten Vorposten unternommen, um die An wesenheit belgischer Truppen im Westen aufzu klären. Hierbei fuhr ich mitten in den belgischen fahrplanmäßigen Schnellzugsverkchr hinein, be schlagnahmte die Post des eben in der Betriebs endstation eingetroffcncn Zuges und verfolgte einen zweiten auf der belgischen Betriebsstrccke noch drei Stationen weiter, bis ich auf stärkere Infanterie und auf Truppenausladungen stieß. Dort zerstörte ich die Strecke und den Betrieb. Bei der wegen der Wichtigkeit der Meldungen, der Unruhe der Be völkerung und der Entfernung von unseren Truppen s30 Kilometer) sehr raschen Rückfahrt kam der Zug 10 Kilometer vor unseren Vorposten zur Ent- glei sung. Eine belgische Pionier-Radfahrer kompanie, der unser Kommen auf der Hinfahrt von Einwohnern vorgcmeldet war, hatte hinter mir die Strecke gesprengt. Der Fernübcrfall durch ihre zurückgelassenen Gruppen wurde von meinen Leuten abgeschlagen. Wir stellten ein Gleis in anderthalb Stunden für unseren Zug wieder her und gelangten glücklich in den Bereich unserer Truppen zurück. Bei der Entgleisung wurde ich, da ich auf dem vordersten Wagen stand, gegen die Panzerung geschleudert und am rechten Knie verletzt. Ich tue jedoch, wenn auch hinkend, meinen Dienst als Kom mandant des Panzernrge« weiter und habe gestern zwisclien unserer und der belgisclzen Schützenlinie i m Gefecht mit meinem Zuge die Gleise eines Bahnhofes, die siebenmal gesprengt waren, in zwei Stunden wiederher gestellt, um gewaltsam zu erkunden, was auch sehr gut gelang. Erst das belgische Artilleriefeuer, dem der Zug nicht ausgesetzt werden darf, vertrieb uns. Vielleicht interessiert Ihre Leser diese Tätig keit mit einer in diesem Kriege zum ersten Male an gewandten Vehikclwaffe!" vermischtes. * Deutsche Frauen — Deutsche Kleidung! So tönt es jetzt durch alle Zeitungen. Der Weltkrieg hat cs allgemein als eine Volkspflicht zur Erkenntnis ge bracht, wie alles in deutschen Landen, so auch die Fraucnkleidung von fremdländischer Art und fremd ländischer Abhängigkeit zu befreien. Eine neue, gc sundheitsgcmäße, geschmackvolle, der Eigenart ange » paßte, deutschem Wesen und deutscher Kultur und I rruttwom, c. Lttttooer I9l4. Kunst entsprechende Frauentracht soll geschaffen wer den. Dieses schöne Ziel erstrebt bereits seit zehn Jahren die „Neue Frauenkleidung und Frauenkul- ucr", die Verbandszeitschrift des Verbandes für Neue Fraucnkleidung und Fraucnkultur. Sie ist beharrlich ihren eigenen 'Weg gegangen, im Kampfe gegcn Widerspruch und Gleichgültigkeit, und es ist ihr ge lungen, heute eine Gemeinsamkeit vereinigt zu haben, die, nach den Lesern der Zeitschrift zu rechnen, rund 7000 zählt. So hat diese Zeitschrift fruchtbaren Boden vorgcarbeitct und verdient cs, daß sich ihr jetzt die Aufmerksamkeit weitester Kreise zuwendet. Mochten recht viele mithelfen, die Bestrebungen der „Neuen Fraucnkleidung und Frauenkultur" zu verwirklichen und der deutschen Frau eine deutsche Kleidung zu geben, schlicht und schön, gesund und zweckdienlich, und unabhängig von fremder Mode. Probehefte der genannten Zeitschrift liefen kostenlos jede Buchhand« jung und auch der Verlag der G. Braunschen Hof« buchüruüerei in Karlsruhe. * Wie die Russen gehaust haben, beweist ein der „Königsb. Alhz. Ztg." aus Heinrichswalde zur Verfügung gegellter Brief: „Seit dem Einzüge der Russen in Tilsit wurde auch hierher Besatzung ge schickt, sofort wurde die Postverbindung durch Zer hauen der Drähte und Zerstörung des Postamtes sowie aller Telephone uns abgeschnitten. Die Geschäfte wurden gezwungen, offen zu halten, Getränke waren,abcr dem Militär verboten. Da wir aber bei einer Weigerung stets in Gefahr waren, sofort niedergestochcn zu werden, so nahmen sich die Soldaten alles, was sic brauchten. Ringsherum brannten alle großen Besitzungen. Am tollsten wirt schafteten die Russen am Mittwoch, den 9. September. Sie sperrten die Straßen und jagten alles aus einen Platz vors Dorf. Dort mußte alles, Frauen und Kinder, auch alte Männer, zweieinhalb Stunden ent blößten Hauptes auf Knien liegen. Ringsherum starrten uns die offenen gespannten Gewehre ent gegen, hinter uns steckten sie dann das Dorf an, und dies vor einem Rittmeister, der ruhig seine Ziga rette rauchte. Dann entließ er Frauen und Kinder. Die Männer wurden cinbchaltrn. Wie die Russen in Wehlau preußische Fahnen „eroberten", das wird in der „Königsberger Hartung scheu Zeitung" wie folgt erzählt: Einige russische Offiziere besuchten in Wehlau auch die Kirche und be merkten die dort aufgehängte Fahne des ehemaligen Kreiskriegervereins. Ein Offizier erklärte daraufhin sofort, daß sie die „Trophäe" mitnehmcn müßten. Bold darauf rückte auch ein Kommando an und holte die Fahne mit militärischen Ehren ab. Auch die etwa 70 Jahre alte Fahne des Wehlauer Män nerturnvereins war in die Hände der Russen gefallen. Der in der Stadt zurückgebliebene Eeroer- mcister Meyer. Ehrenmitglied des Vereins, nahm die Fahne den Russen jedoch wieder heimlich fort und brachte sie in Sicherheit. Wie Marschall Bazaine zum zweiten Male ge fangen wurde. Einen lustigen Schwabenstreich hat sich kürzlich ein kleines schwäbisches Blatt geleistet. Es wor am Tag nach der Siegesbotschaft von der Bogescnschlacht. Der Redakteur hatte sich aus einem größeren Blatt zu gelegentlicher Verarbeitung einen Artikel über die Verluste der Franzosen im Kriege von 1870/71 ausgeschnitten. Den Absatz über die Verluste von Metz hatte er als besonders aktuell auf ein Blatt Papier geklebt und war dann zum Mittag essen gegangen. Nach einer Weile kommt der Ver leger in die Nedaktionsstube und sieht den Ausschnitt liegen. „Es ist doch ein Kreuz mit diesen jungen Redakteuren!" flucht er. „Eine solche Nachricht laßt dieser Mensch nun nicht einmal anschlagen." Blei stift her, rasch den Text des Anschlags geschrieben, zum Ectzcr hinaus und eine halbe Stunde später sieht die ganze Bürgerschaft staunend vor folgender Neuigkeit: „Die Schlacht bei Metz. In der schon ge- melde'.en Schlacht zwischen Metz und Len Dogmen ver lor die französische Armee an Gefangenen allein 173 000 Mann, 4000 Offiziere und 3 Marschälle, dar, unter den Marschall Bazaine." * Reue Reliefkarte der deutsch-französischen Grenz gebiete. Der Reliefkarte der deutsch russischen Grenze hat die Franckhsche Verlagshandluna in Stuttgart nun eine solche der deutsch-französischen Grenzgebiete folgen lassen, die als eine ganz be sondere Erscheinung anznsehen ist. Die Verlagsbuch handlung plant die Herausgal^e noch weiterer solcher Karten. Der Preis der Karte beträgt 2ä Pf. ** Nie dunckert Tage. 18j Roman aus dein Jahre 1815- von Ak. von Willen „Ich verstehe' Ich verstehe," begütigte die Marsctmllin, indem ne Toska auf die Wange llopjte. Sie ivae eine giue und warmherzige, wenn auch keine vorucluiie Fran, die ibrer ein- iarhtn Herkunft weg u am Hofe Ludwige XVIll. manches ausznstehen g.liadi „Ter Grain zehrt noch iniiuer au Ihnen , ttünerle sie. lind als Toska sie erschrocken aiibliclie, siiln sie rascb eriiäreud ini gleichen Tone fori: „Ihr Baler Hai nur cr.zählr . . .!" Nehmen Tie sich ein Beispiel am Kaiser, .Zinnie! ^ein Herz verlang! gewiß nach seiner Frau nacd feinem Sohn! Im Vertrauen: icli überraickne niu gestern - weinend vor dem Bild des Königs non Rom! Aber vor der Welt zuckt er mit keiner Wimper." Ilnd als Tosla um gesentcen Lidern, und ohne einen Blittslcvpwu im Gelicku, beh/.iclicli weiter schwieg, fügte sie fragend hinzu: „Wann haben Sie i h n denn zuletzt gesehen'?" „Ick, sah den Kaiser zum letzten Maie, als er nach Rußland absuhr. 3e,tdem nicht wieder," würgte Toska hervor. „Seitdem nicht wieder?" uderlcgte die Mar schallin. „Freilich der Kaiser war in diesen Wochen nnglanblicl, beschäftig». Seine Arbeits kraft grenzt ans Wunderbare. Tennoch hatte ich geglaubt —" „Ich sollte von meinem Barer vorgcstcllt werden," beantwortete Toska müde die nnaus- gcsprochcne Frage. „Zwei oder drei Mal. Aber ich lag krank zu Bett." „So schlimm war's? Armes Her za,en..!" Fanfaren ertönten. Ein ungeljeurer Jübek, sturm draußen zerriss jedes weitere Gespräch. Musikkapellen setzten ein — Kanonen donnerten — die Karosse hielt. Man war auf dem Mars, selbe. Ter weite, weite Platz augefüllt mit un. zähligcu Menschen Darüber die grell blendende Sonne. Toska sah und sah doch nichts. Dazu das EhaoS der Geräusche sie war einem Schwindel nahe und atmete erlöst auf, als sic endlich ihren Platz auf einer der Tribünen ein- nehmen konnte — zur Linken der Marschallin, dicht Himer der greisen Madame Möre. Langsam stellten sich ihr Nftnschen und ^Gegenstände klar vor die Augen. Ein halbkreisförmiges Gebäude, eine Art Amphitheater, war aufgebaut, in dessen Schei. telpuiikl der erhöhte Thron errichtet war, vor dem ein Altar, „der Altar des Vaterlandes" sich erhob, an dem einst Ludwig XVI. mit den Ver. iretcrn Frantceichs den Eid auf die neue Ver. iassung geleistet Em leiser Schalter durchraun Toska. Ihr Auge glitt weiter über die rechts und links sich anichließenden Galerien, auf denen fick, eine vornehme Gesellschaft niedergelassen. „Die staatlichen Körperschaften, dft hohe Geistlichkeit, die Abgeordneten der Departements, die Mitglieder der Depuliertenknminer, der ge- iamte Hofstaat, die Würdenträger und Beamten der Stadl Paris," Erklärte die Marschallin. Und neben den Zivilbehörden die Vertreter der Armee in ihren blinteuden, goldstrotzendcn Ulitiormen. Jedes Regiment ljatte fünf seiner Offiziere, Unteroffiziere und Fahnenträger ent. sandt — es war ein sinnverwirrender Glanz! Und doch erkannte Toskas Auge den Barer heraus. Lächelnd, aunnunternd grüßte er mit der Hand von der gegenüberliegenden Tribüne zu issr hinüber. Sein Grus; lat ihr wohl und tat ihr doch zugleich weh. Sie wandte sich apathisch ab; ließ den tränenverdunkelten Blick weitcrschwcifcn: am Ende der Galerien hatte die Kaiserliche Garde, die Garnison von Paris, die Nationalgardc Auf. Heilung gesunden. Und dahinter, auf den bäum- bepflanzten.^ rasenbelcgten Erdwällcn, die das ungeheure Sandfeld umschlossen, hauen Hundert- lausende von Zuschauern ihren Platz ein genommen. Welch ein Sct-aujpiel! „Sehen Sie dort den >kaiser!" Den Kaiser! ToSka fuhr sich mit der Hand über die Augen. Ein dumpfes Erstaunen über sich selbst strich schattenhaft durch ihr Hirn. Wie war eS nur möglich, daß iie nach dem Kaiser noch nicht auSgeschant?! Nach ihm, dem Mgott ihrer Kind heit? Dort fuß eine Gestalt auf dem Thron — Toska zuckte leicht zusammen — war das der Kaiser? Nicht mit der Uniform seiner Garde, die er sonst so gern getragen, war er, der in aller Kürze zur Armee abgehcn und in einen gcwalti- gen Entscheidungskamps ziehen wollte, angetan, nein, einem Schauspieler gleich hatte er sich in ein rotsamtcneS Gewand mit weißseidenen Beinkleidern geworfen. Die Schulze mit Troddeln, die weiße Samtmütze auf dein Kopf verschärften noch das Peinliche der theatralischen Erscheinung. Durch Toskas Seele zog ein heimliches Frösteln, zog die gähnende Oede eines großen Enltäuschtseins. Hatte er sich so verändert? Oder oder — wgr es ihr Herz, das sich verändert hatte und mit andern Augen sah? Wieder versank sie in dumpfes, gramvolle? Brüten. Der Erzbischof von Tours mit einer großen Anzahl von Geistlichen in weißseidenen Ehor- Ileidcrn zelebrierte die Messe. Sie nahm es kaum wahr. Ihr Auge blickte nur immer und immer wieder nach der aufgepupten Gestalt ans dem Throne bin Als müsse die endlich sich wieder verwandeln. Aber sie verschwand nicht. Rede auf Rede folgte, deren Sinn ihrem ver- träumten Geiste verschlossen blieb. — Endlich erhob sich der Kaiser mit großer Geste. Er ergriff das Wort. Zündend floß seine Rede. Er fei zurückgekehrt, um Frankreich den wahren Frieden zu schenken. Aber die Mächte glaubten seinen Versicherungen nicht — sic droh, ten mit Krieg. So beteurc er seinem Volte, daß er Frankreichs Grenzen, Frankreichs Ehre bis zum Aenszersten verteidigen werde. Und uni ihm die Bürgschaft von der Aufrichtigkeit seiner Ge sinnungen zu geben, habe er sich freiwillig der absoluten Gewalt entkleidet und sei entschlossen, Frankreich eine Verfassung zu verleihen! Die .Hand auf das vom Erzbischof vorgehal tene Evangelium legend, beschwor er die Ver fassung. Militär- und Zivilbehörden taten das gleiche — Herolde verkündeten die Annahme der neuen Verfassung und ein Tedeum rauschte über das weite, weite Feld. Jetzt erst erwachte Toska aus ilzrem Traum, zustande. Und die dumpfe, verständnislose Trauer ihres Herzens verwandelte sich in wache-, bitter schmerzlicheS Mitleid, — in bitterschmerzliches Mitleid mit dem, zu dem ihre Seele einst gebetet. Mitleid tötet alle Anbetung. Mitleid zerstört allen Götterglauben — wie glühendes Wachs schmolz er dahin in Toskas Seele. Sie erzitterte vor der Tragik im Leben dieses Mannes, der dort sich selber zunichte machte, ehe andere ihm nahten — um ihn zu vernichten. Unglücklicher Napoleon! Titane du! Durch die Gewalt des eigenen, unumschränkten Willens groß und übermächtig geworden, begibst dn dich selber freiwillig dieser Gewalt, die dich allein zu retten vermag. Begibst dich ihrer in dein Augenblick, da die ganze Welt dick' in die 'Acht erklärt und im Begriff steht, ans dich loszustürmen! So schrie es in Toskas Seele. Was hatte ihn so verblendet ? Tat er cs, um damit das Volk, dessen Mit. Hilfe für den bevorstehenden Kampf er nur zu sehr bedurfte, zu hellster Begeisterung, zu schrankenloser Opferwilligkeit für den gropmütt- gen Geber zu entflammen? Tat er es, mußte er es tun, von einer heimlich auwachscnden Geg- ncrschaft, von Verhältnissen gezwungen, die stär. kcr waren als er? Stärker als er — als Napoleon?! Dann war Napeoleon eben Napoleon nicht mehr, der Gigant, der Himmel und Erde ge- trotzt! Toskas Herz klopfte in wilden Schlägen. Gewaltsam klammerte sie sich an das „Vtvs I'omporonr!" „Vivo I'omporom-!" das MM immer von neuem an-Z den Reihen der Truppen und der znschauenden Menge ertönte, als der Kaiser an die vorbeiziehenden Regimenter die Feldzeichen für den bevorsteheuocn Krieg verteilte. Gewaltsam Zwang sie sich, an den Jubel zu glauben, der das Militär und die Masse des Volkes letzten Endes wie ein Sturm erfaßte und die Begeisterung für den Heimgekehrtcn noch einmal zu hellodcrnder Flamme entfachte. ES mußte, mußte ja noch derselbe Na poleon sein! Der Napoleon ihrer Kindheit — der Napoleon, um dessentwillen sie von dem Gallen gegangen! Wie hätte sie sonst leben sollen? LForlsetzmia in der Morgenausgabe.)