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seur 2. m. S8S. Nvena-Nuvgade. Leipzig« Lagedim». Vtenslag, 17. Nooemver 1914. Französische Inschriften an Häusern in Straßburg verboten. Ltraßlmrg, 17. November. (Eigene Drahtnachricht.) Der stellvertretende (Gouverneur der Festung Straßburg hat am 13. November eine neue Verfügung erlassen, »vonach bis 1. Dezember sämtliche sranzüsischen Inschriften an Hänsern und Firmen tafeln bei Strafandrohung entfernt sein müssen. Die kaiserlichen Be- Hörden verboten ihren Beamten auch den a u ßc r d ie n st l i ch e n Gebrauch der sra n- zöfisch en Sprache. (2.) Segen , gemeingefährliche" Lohnkürzungen. «eiiuche», 17. November. Der Kommandierende .General des 1. Armeekorps hat einen Erlaß erlassen, der sich gegen Gehaltskürzungen und L o h n m i n d: r u n g e n, insbesondere gegenüber den Heirnarbciterinnc» richtet und zur Hint anhaltung eines derartigen gemeingefähr lichen Ge b a r e n ? strenge Zwangsmastregeln in Aussicht stellt. Täglich eine kriegsztgaree. Die Heeresleitung hat der „V Z." zufolge ange- ordnet, daß fortan jedem «oldaten täglich eine Zigarre und zwei Zigurettm verabfolgt werden sollen. — Wir ferner Konrad Dreher, der mit Dr. Ludwig Thoma mit Liebesgaben bei den Truppen im Felde war. in einem öfientlichen Dor trag im Münchener Deutschen Theater mitteilte, ist ein Teil der belgischen Kriegskontri- bution an die Soldaten o erteilt worden, und zwar hat feder 4,50 .E erhalten. Eiserne Kreuze. Mit dem Eisernen Kreuz wurden ferner ausge zeichnet- der Oberleutnant der Landwehr Middel. darf, Oberingenieur und Dresdner Übertreter der Berliner Firma Pintsch, der Hauptmann und Kom paniechef im Infanterieregiment 102 Portius ser ist schwer verwundet in französische Gefangenschaft geraten), der Arzt bei einem preußischen Dragoner regiment Dr. med. Moser aus Zittau, der Leut nant der Reserve im Infanterieregiment 12» Max Weyl aus Dresden, der Assistenzarzt der Reserve im Pionierbataillon 12 Dr. Fritz Wolf, früher Assi stent bei Geheimrat Dr. Ganser in Dresden, von den vier im Feld« stehenden Brüdern Hager: Kanonier im Mörserrcgiment 12 Hans Hager und Frei williger im Reserve-Iägerbataillon 25 Georg Hager, der Gefreite beim Regimentsstab des Gre nadierregiments ION Fritz Sack, der Freiwillige im Reserve-Iäaerbataillon 25 Elwin Günther lBolivia), der Sergeant im Feldartilleriercgimcnt N4 Theodor Lätzig, der Feldwebel im Grenadier regiment INI Otto Krausch, der Leutnant der Reserve im Pionierbataillon 12 Grimm, Sohn des b»ch. Oberbaurats im Kgl. Sachs. Kricgsministerium, der Leutnant der Reserve Franz Hartung. Mit inhaber der Firma Moritz Hartung, sämtlich aus Dresden, der Feldwebel im Jäger bataillon 13 Willy Albert aus Eckcrsbach bei Zwickau: der Ofsizierstellvertrcter im Feldartillerie- Regiment Ni Rudolf Leukroth (Mitinhaber der Bastei in der Sächsischen Schweiz): der Leutnant der Reserve Architekt Otto Teichmann in Chem nitz: der Unteroffizier der Landwehr im Reserve- Grenadierregime-nt 100 Ingenieur Paul Weber aus Chemnitz: der Unteroffizier der Landwehr im Reserve-Infanterieregiment 133 Kurt Müller, Kirchschullehrer in Ortmannsdori: der Leutnant der Reserve Alfred Döhler, Mitinhaber der Firma A. Ncuwinger s: Lo.: der Leutnant der Landwehr Otto Schicck aus Plauen, Oberlehrer in Frank furt a. M.: der Vizefeldwebel Vermessungstechniker Karl Ebe It-Plauen (er erhielt zugleich die Friedrich-August-Medaille zum Tragen am Bande des Militär-2t.-Heinrill)s-Ordens mit Schwertern), ter Unteroffizier Kurt Bruno Leh ei?. Sohn des Herrn Karl Leheis (früherer Wirt der „Zchweizerhöhe" in Plauen: der Etappen Tele graphen Sekretär Mar Höfer, früher am Tele graphenamt Plauen, Sohn des Baumeisters Otto Höfer in Mühltroff: der Leutnant der Landwehr Frenzel, Lehrer aus Mylau: der Hauptmann der Karte zu -ea letzten Siegen über die Russen Low/ly <r oymo !e! o per» Z^cm Ilsv/s i o r / , ———— — Das Ergebnis der letzten Kämpfe auf dem ö tlichen Kriegsschauplatz ist ein großer Sieg der Deutschen über die Russen Bei Wlozlawsk wurden die Russen, nachdem ihnen hier schon vor einigen Tagen 1500 Gefangene und 12 Maichinengewehre abgenommen waren, nochmals empfindlich geschlagen. Dabei wurden mehrere rmsische Armeekorps bis über Kutno zurückgeworfen. Nach den bisherigen Feststellungen haben sie hierbei 23000 Mann an Gefangenen, mindeuens 70 Maschinengewehre und viele Geschütze verloren. Auch die an mehreren Stellen der Grenze sialtgefundenen Kämpfe fielen zu unseren Euniten aus. Bei Stullupönen und Soldau wurden starke russi-che Kräfte zurückgeworfen. Dre bei S o l d a u operierenden Russen wurden nach siegreichem Gefecht bei L»pno aus Plock zurück,,eworfen. In diesen Kämpfen verloren sie 5000 Mann Gefangene und 10 Maschinengewehre. ^NLI NlgLkMc^-^-. ^rCZkS ÜSnÄ ^^^UgU5f0> V o dio^n 6s5///7^7t) ^Z— Ol.o6ä^ ä/rv>/O Reserve Oberförster Müller aus Klingenthal: der Stud. paed. Emil Sachs aus Auerbach: der Unter offizier der Landwehr Karl Ströstner aus Auer bach: der Generalsekretär im Landeskultnrrat Dr. Schöne. Leutnant: der Musikdirektor im Schützen regiment 108 H e l b i g - Dresden. weitere Meldungen. Der zweit« Vorsitzende der deutschen Friedens gesellschaft, Stadtpfarrcr U m d r e ch t-Stutt- gart. hat durch einen Appell an die besseren Teile des englischen Volkes den Versuch gemacht, das Los der deutschen Gefangenen in England zu mildern. * Der Amsterdamer ..Telegraas" erwähnt voll Bewunderung für die d c u t s ch e O r g a n i s a t i o n, daß auch an die Regentage gedacht wurde und die Unterstände für die Truppen mit Leinwand überdeckt worden sind. Ein Tag engtisthe presse. Einer an die „Franks. Ztg." gerichteten Zuschrift entnehmen wir folgendes: „Ich gebe eine Bliitenlele von Notizen, gesammelt aus Londoner Blättrrn des November. Keineswegs ist sie vollständig. Es handelt sich dabei nur um fünf oder sechs der englischen Zei tungen, die über England hinaus Bedeutung haben» nicht etwa um Blätter, d'c auch in Friedenszeiten von Skandal. Radau und Bluff leben. Es soll alles gegen „sie" (das sind dt: Deutschen) fortwährend Heist gehalten werden. Das Feuerungsmaterial ist eine chemische Mischung von Verstellung, Verleumdung. Lüge, Heuchelei, Ge. walt.... kurzum von all den duftenden Eigen arten. die niemand so an seinem Leibe zu verspüren bekommen hat, wie der heutige Blutsbrüder Frank reich (Weshalb ja z. B. auch noch Maupassant nach 1870 und trotz seiner rohen Kriegserzählungen schreiben konnte, daß der Blutfeind der Franzosen England ist.) Besonders ergiebig zeigt sich die »Daily Mall". Eine kleine Auswahl ihrer Nummer vom 3. No vember: „Ich sah einen deutschen Offizier, der sich selber in die Hand schoß.. . . Ich vermute, um sich aus der Feuerlinie drücken zu können." „Der Raum in den deutschen Zeitungen, der früher mit den Inseraten gefüllt war, ist jetzt in den meisten Fällen den Verlustlisten gewidmet, die täglich — viele Spalten feinsten Druckes füllend — er scheinen." Eue dicke Ueberschrist lautet am selben Tag«: „Drei deutsche Heere auf der Flucht." Aus New Pork: „Ein deutscher Offizier, in einem Brief an seine Verlobt« in Warrington, er wähnt beiläufig den „Lcichenzug des Kronprinzen und die große Masse, die ihn erwartete." „Auch ein Brief aus Berlin an eine Dam« in England enthält eine ähnliche beiläufige Erwähnung der Menschen massen, di« sich ang.'sammelt hatten, um den Leick>enzug des Kronp'inze'n zu erwarten." Der »Daily Telegraph" meldet aus Bordeaux: „Ich höre aus unosfjzioller Quell«, daß General von Kluck durch eine Bombe getötet wurde, die auf das deutsche Hauptquartier geworfen wurde." Der „Standard": „B.'lgischc Offiziere, die Diens tag in Paris ankamen, erzählen, es sri sicher, daß der Kronprinz tot sei. Alle deutschen Fahnen wehten am letzten Sonntag in Brüssel auf Halbmast." „Daily Call", eine neue Londoner Zeitung, vom 3. November, teilt mit, daß die russische Regierung darüber verständigt wurde, Oesterreich-Ungarn sei sehr glücklich, seine Finger wieder aus dem Spiel ziehen zu können, unter der Bedingung, daß cs un mittelbar und mit dem Einverständnis von England und Frankreich mit Rußland verhandeln könnte. »Daily Telegraph": Hungersnot in Luxemburg. Staatsminister Eyschen besuchte den Haag mit der Absicht, die Aufmerksamkeit auf die drin«ndt Not wendigkeit zu lenken, Luxemburg mit Nahrungs mitteln zu versehen, da die Bevölkerung vor der Hunaersnot stände. Der Kriegsberichterstatter des »Daily Expreß schreibt u. a.: „Ea war mir nicht möglich, aua erster Hand Darstellung«» der Tätigkeit der Gurkha» zu bekommen. Aber es scheint, daß ihr: kalt« Raubtierwildheit scold ferocity) mehr Entsetzen unter den Deutschen verbreitet, als d r Sturm (rush) der britischen „Tom mies", die mit einem Hurra losgehen, oder die atemlose Heftigkeit, mit der eine sran.zösiscbe Linie die Gräben nimmt." Leider zeichnet dieser Bursche nicht mit Namen, der sich für die Blutgier der englisch»» Menagerie begeistert, statt mit Scham die Notwen digkeit zu verschweigen, daß die Verbündeten viel mehr n'cbt imstnndc waren, sich allein ihr vermeint lich;? Recht zu holen, daß sie vielmehr auf ein ein zelnes Volk, das der Welt in 40 Jahren mehr an starkem Blut gegeben hat, als England in seiner ganzen Kolonialaeschichte in den Baden fliesten ließ, die arms;lia«n Tierinstinkte von Urwald menschen Hetzen mußten." Aus -em Kampjbereich in Flandern. Unsere tapferen Verwundeten. Von G. Haberer. Q 7. November. (-;.) Da wir Beseh! hatten, uns marschbereit zu machen, es könne am nächsten Morgen losaehen, so ha:te jever nocy etwas zu besorgen, und wir ginnen nicht, wie gewohnt, frühzeitig schlafen. Al. 11 Uhr alles zur Rude war, kam neuer Befehl: Um 3 Uhr früh Abmarnh Punkt 3 Uhr zogen wir von B. in die frische Oktobernacht hinaus, ohne Unterbrechung Marlch bisC....» wo wir mittags 0,1 Uhr anlamen. Wenige Kilometer vor uns tobte erbittert der Kampf, unsere Truppen hatten es mit einer bedeutenden Ueberzahl zu tun und die Auf gabe, sich zu halten, bis Verstärkung heran war, eine Aufgabe, die sie brav lösten. Aber auch mit schweren Opfern. Kaum angekommen, gab es für uns alle Hände voll zu tun. Schon kamen die ersten Verwundeten an, und unaufhörlich luden Autos aus der Front neue Verwundete ab. Rasch ein Haus als Lazarett heraerichtet. Die Möbel auf die Straße, in den Garten, Matratzen in die Zimmer, ein Helles Speisezimmer ist in Minuten zum Oprrationssaal verwandelt und Aerzte und Mannschaft haben fieberhaft zu arbeiten, um den Verletzten die erste Hilfe zuteil werden zu lassen. Bald sind die wenigen Räume belegt, das Auto bringt immer neue Männer aus dem Feuer, Tragbahre um Tragbahre wird mit ihrer hilflosen Last abgeladen, in den Zimmern liegen sie in Reihen nebeneinander, auf Korridoren, im Hausflur, Bahre an Bahre, und harren der ersten Pflege, der ersten Linderung ihrer Scbmerren. Da gibt es noch vorerst viel Blut zu sehen und das Herz krampst sich zusammen vor Mitleid beim ersten An- blick der Braven, die vor turrem noch so kraftvoll, froh und heiter-mutig ihre Pflicht getan und die nun so zugerichtet und hilflos daliegen. Aber auch setzt noch sind es ganze Männer, die stramm ihr Los tragen, wenn auch schwurt) und still, aber sie sind doch immer deutsche Soldaten voller Disziplin: geduldig wartet jeder bis di« Reihe an ihn kommt und ich habe kaum einen jammern oder stöhnen ge hört. Wie oft mußte man sich wundern, wie die Braven die Schmerzen verbeißen. Zum Glück bat doch die weitaus größere Anzahl leichtere Verletzungen. Hand» und Armschuß (Fleischwunden), aber auch Schwerverwundete, namentlich durch Granatsplitter, Brust- Lungen-, Bauchschüsse kommen leider immer wieder — und so den ganzen Nest des Tages bis in die Nacht hinein, und als endlich Ruhe eintritt, und ich auf die Uhr selben kann, ist es früh 4 Uhr geworden. Todmüde von Marsch und Arbeit finde ich in einem Rachdarhause einen Winkel, wo ich mich endlich zur Ruhe legen kann Der frühe Moreen finde: jeden wieder auf seinem Posten, neue Verwundete werden herangebracht, Leichtverwundete, solche mit Hand-, SvkrsidMLSvdirion kkenMitz ». Orimmal^eb« 8tv. 24. 1'e!. 12980. 8^ königprictz vabeim. 17s Noman von «da von ktzerSdorff. So gingen die Tage in gemeinsainer Arbeit, aber sonst in traurigem Frcmdbleiben. Jeder von den drei war mit seinem eigenen Herzen in Leid und Kampf beschönigt, twn dem er nichts abgab, und stundenlanges Schweigen herrschte, nur von den Ticrlauten fern und ab unter brochen. Einmal gestand Jari dein alten Freunde, daß er ganz unsagbar Utie, dem über alles ge liebten Mädchen so nah und doch so fern zu sein. Es zehre an seiner Gesundheit, lälnnc seine Arbeitskraft und Lust, und der Gedanke an den Tod als Erlöser läge ihm fast nahe, wenn er sich nicht sagte, daß sein Leben eine Notwendig, kett für das Mädchen sei, das ihn doch hasse und tmmer noch verachte. Der alte Mann aber entgegnete ernst, daß alles das ganz unhaltbar sei, und dabei doch ein sich Ergeben und Entsagen ebenso unmöglich, wie den Tod suchen. Keiner von ihnen dreien könne den andern allein lassen, wenn Gott selbst ihn nicht riefe, und fast am schlimmsten wäre es noch, wenn ettoa doch an ibn selbst dieser Rus in einiger Bälde ergehen sollte. „Da sei Gott vor! D<tS kann und wird er nicht ivollen!" sagte Jarl. „Sehen Sie, Jarl," sagte der alte Sammet mann nach einer Pause, „das Mädchen ist ein verschlossener Ebaralter, sic hat etwas Rätiel- bailes, ist manchmal so hohcitsvoll, fast könig. lich, daß sie ordentlich größer zu iverdcn scheint, l)vchmittig und kalt und dann auch mal wieder so recht lieblich »art und schüchtern hilfsbedürftig, so als möchte sie sich nur zu gern anschließcn und an einem warmen Herzen Schutz und Kraft suchen »- bloß, daß sie sich lieber totschießen ließe, als daS auch nur sich selbst gestehen, daß sich auch nur ihr kleiner Kinger etwas aus eines Menschen Lieb« macht! Aber lassen Sic solch eine nur erst mak Frau sein, und st« fällt Ihnen ins Gegen teil! Al! das zurlulgehaltene Verschlossene, mit dem sie sich selbst gequält hat und das kleine dumme Herz zerbrochen, das sucht dann Ersaß für Versäumtes und dann kann ihr das Feuer gar nicht heiß genug sein, an dem sie in aller Eile ihr letztes Eis schmelzen laßt. Und was dann für Mengen kostbarer Schake l-erans- schmelzen, nm einen braven Kerl glückselig zu machen, — ja, Jarl, das ist bei solchen Eis- jnngfranen gar nicht hoch und reich genug zu schätzen." „Wozu sagen Sie mir das alles, Kapitän? Wenn Sie doch ganz genau wissen, daß der Schlüssel zu allen diesen Schätzen nie und nimmer in meiner Hand sein wird!" „Genau wisse» soll ick, daß eine — — nun, eine Heirat nicht möglich ist? Das Gegenteil weiß ich, lieber Freund." „Bitte, keine Scherze über diesen Punkt, Sammetmann. Sie tun mir tatsächlich weh da mit." „Den Teufel scherze ich — und —" „Und ohne eine regelrechte Heirat, Trauung nnb .Hochzeit halten Sie selbst es denn doch wohl elper für möglich, das, sie sich lebendig einmanern läßt, ehe sie sich auf andere Weise ergibt." „Ja, aus die regelrechte Hochzeit müßte sie ja hier verzichten," gab der alte Mann zu, „aber der Segen Gottes —" „Genügt ihr auch nicht, selbst wenn Sie den Ihrigen, als stellvertretender Baier, dazu gäben," unterbrach Knut Jarl ihn mit schmerzlichem Spott. „Da haben Sie freilich recht: Der Segen Gottlieb Sammctmanns, selbst zum Segen Got tes hinzugetan, was man so nennt: „Hör Gott Mann und Frau" werdcn, damit dürfen wir ihr nicht konrmen, selbst wenn sie in Liebe zu Ihnen verginge, was sie tatsächlich nicht tut, tm Gegenteil. Durch Ltebe ist ihr nicht beizu kommen, wenn es nicht Vernunft und Verstand tun. . Der Doktor staird auf, um das Gespräch abjubrechen, das sich nm einen wtcn Punkt drehte »uno ihn sehr peinigte. „Hm, erlauben Sie mir denn — mit ihr zu reden?" „Ich begreife Sie nicht, Kapitän Sammet mann. Was habe ich zu sagen, wenn Sie mit ihr diese Frage bereden wollen... Daß ich Sic beauftragt habe, werden Sie —" „Werde ich gewißlich nicht sagen —" „Schön. Und das andere geht mich nichts an. Ich gehe die Jolle loSmachen. Wir müssen nach dein Wrack zurück. ES ist zwar noch nicht spät. Al>er es ist besser, wir fahren zurück. ... Ist das wirklich nur die Beleuchtung oder sehen Tie so blaß und abgespannt ans, Sammetmann?" unterbrach er sich hastig, sckwn im Fortgehen. „ES wird wohl nicht die Beleuchtung sein, Doktor. . . mir ist fiebrig — schon gestern um diese Zeit... ich fürchte, es meldet sich ein Leiden bei mir, das mich sckion zweimal an den Rand des Grabes gebracht hat — eine Art Tropensieber, zn den: ich nun einmal neige, wenn Hitze und Feuchtigkeit sich gesellen. Und ich bin heute nicht mehr so widerstandsfähig wie damals. Dies grauenhafte Unglück, mein liebes, altes Schiff . . ." Er brach ab, etwas wie Schluchzen steckte ihm in oer Kehle. Jarl erschrak. Er suhlte Puls und Herz schlag, sah ihm in die Augen und zuckte die Achseln. Es ließ sich noch nichts sagen . . . man mußte diese Nacht abwarten. Der Kapitän schauerte ein paarmal fieberhaft zusammen, seine Hände waren heiß und die Stimme hatte den heiseren Klang der Fieberkranken. „Guter Gott, tu uns das nicht an!" dachte Jarl beklommen. „Was tun wir, wenn er irirvl. Wenn ich allein mit ihr bleibe auf der Insel, mit keiner Hoffnung als der auf den Zufall, der ein Schiff in Rufnähe brächte!" Er dachte an die Worte deS Kapitäns, als er zum erstenmal ihm gebeichtet hatte, wie seine Liebe und beinahe seine Ehre gescheitert wären: „Weit bester und einfacher wäre lallte Ihre un- glückliche Lage, wenn die gefährliche Situation jener Nacht naturgemäßer geendet hätte." Anna Scholastika hatte sich, wie meistenteils in der letzten Zert, von den Männern entfernt und saß auf einem Felsstück abseits, wo sie leinen Teil an dem Gespräch nehmen konnte, still und fast regungslos auf das Meer schauend. Jarl ließ den unter ihnen verabredeten Signalpfiff hören, «vorauf sie aufstand und sich mit eigen tümlich schleppendem, müdem Schritt näherte. ES kam ihm vor, als sei die liebe Gestalt schmaler geworden, und so gebrechlich, so anlehnungs bedürftig sah Anna Sclwlastila auS, daß er am liebsten zn ihr geeilt wäre und sie still in die Arme genommen hätte, ihr krankes, sehnsüchtiges Herz an sein starkes, gesundes zu drücken, daß es daran gesunde und stark würde zu neuen, schönen Pflichten auf Erden, den herrlichsten, die keiner Einsamleit und keiner anderen Sehn sucht Eingang gestalten. Als sie heimsahrend nahe dein Wrack waren, kam ein Laut der Verwunderung über Jarls Lippen. Da stand der kleine Mischling, wmkte, schrie immerfort etwas hinüber zu ihnen. Was hatte der Junge nur, der sonst eher zu phleg matisch und langsam im Reden und Bewegen, Furcht lind Schrecken durchaus nicht kannte, sich höchstens zu einer Art glotzenden Staunens ver stand, daS seine runden, schwarzen Augenkugeln etwas schneller rollen lictz, wenn für andere Gefahr und Angst schon bis an die Kehle saßen. Was aber in aller Welt sollte auf dem menscl-enleeren, iotcnstillcn Wrack, festgekeilt tn den nadelspitzen Riffen, sich denn ereignet haben? Vielleicht aber hatte Tino andere Aufsasinngen darüber als die Drei. Vielleicht hatte er eine fette Ratte gesehen und der Anblict dieses köst- licl-en Bratens hatte ihn so außer sich gebracht, meinte Jarl. Hinter ihm im Boot erklang jetzt plötzlich ein brechender Laut, ein Aufschrei Anna Scholastikas, die am Steuer saß, und wirbelnd drehte das jäh loSgelassene Steuer aus der Rich tung, die leickte Jolle zu gefahrvollem Schwanken bringend. „Ein - ein Schiff — ein Schiff kommt", rief sic und die Tranen stürzten ihr auS den Augen, „Tino hat es gesehen und " iLortletuna i» der MorgeaauagaLe.)