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Sonnabend Sonntag, 10/11. April 1837 Sächsische Volkszeitung Nummer 84, Seite 18 Der lurm von klerk Vi-el Quellen-Verlsg - Xsnlgsdellck. dtackvi-uck verboten. i^OINÄN VON v. 13. Fortsetzung. Er antwortet sofort gemätzigter. „Es ist nichts zu rächen in diesen Fällen. Es ist eine unbegreifliche und ge heimnisvolle Sache, ich gebe es zu. Aber von Mord ist keine Rede. Um Sie zu beruhigen, schlage ich Ihnen vor, meinen Kollegen Doktor Gerber zu rufen und die Todesursache durch ihn feststellen zu lassen." Ich nicke und frage, wo er wohnt. Er gibt mir eine Adresse an. Ich hole mein Motorrad und fahre hm. Ich klnigle an der Wohnungstür des Doktor Gerber. Das Mädchen fragt nicht, was ich will, es sperrt die Zimmer tür aus. „Herr Doktor...!" Doktor Gerber kennt mich. Er will mich an beiden Händen hereinziehen. „Herr von Fries, um Himmels willen, was ist denn mit Ihnen? Sind Sie krank?" Ueber meine Lippen stürzen Worte. Ich halte mich nicht mit Einzelheiten auf. Ich sehe seinen Hut hängen und reiche ihn dringlich hin. „Ich habe mein Motorrad unten." Wir laufen die Treppen hinunter, und die Fahrt geht in wahnwitzigem Tempo zurück. Mir ist, als ob diese rasende Bewegung, in der der Wind eine Kühle um die Stirn legt, mir gut täte. An meinem Ohr höre ich ein paar Worte vorbeifliegen. Doktor Gerber schreit mir etwas zu. Wahrscheinlich wegen des halsbrecherischen Tempos. Ich besinne mich. Für mich allein kann ich verunglücken, wenn ich will, aber für ihn trage ich die Verantwortung. Er hat Frau und Kinder, und Clement ist ... tot. Jetzt ist es schon gleich, ob wir zwei Minuten früher oder später kommen. Als wir einfahren, sehe ich Hermann mit müdem Gesicht am offenen Küchenfensier stehen. Ich schreie ihm zu: „Wir sind da. Sagen Sie es Doktor Kerbbauer!" Wir steigen ab und gehen gleich zum Turm. Ich schliesse auf, die Hände zittern mir dabei. Im Fenster, dessen Laden noch aus den Angeln gerissen hängt, steht purpur farben der Abend. Doktor Gerber nimmt mein seidenes Tuch vom Gesicht des Toten, und durch mein Herz zuckt ein freudiger Schrecken, der jäh erlischt. Er scheint so lebendig in dieser Beleuchtung. Als Doktor Kerbbauer hereinkommt, ist Doktor Gerber mit feinem Befund zu Ende. „Der Schutz war absolut töd lich", sagt er, zu mir gewendet, „und ... Enten Abend, Kollege! Ja, die Kugel hat die Schlagader aufgerissen. Der Tod ist sofort eingetreten." Und wieder zu mir: „Sie können die Gendarmerie verständigen, was wohl nötig sein wird. Kommen Sie, Kollege!" Er wendet sich schon dem Aus gange zu. Kerbbauer läuft hinter ihm her. Er ist nicht zu Worte gekommen und will reden. . Ich decke mein Tuch wieder über das Gesicht des armen Clement und habe dabei die Empfindung, als mützte ihm das wohltun. Dann sperre ich wieder die Tür zu. Ich lasse die zwei ein Stück vorausgehen, denn ich bin auf ihre Gesellschaft nicht erpicht. Ich beobachte sie. Kerb bauer redet mit Gesten, die seine Rede überzeugend beglei ten sollen. Wahrscheinlich erzählt er vom erblichen Herz fehler der Erb. Gerber hebt zweifelnd die Schultern. Dann schüttelt er den Kops. Er scheint sich also nicht überzeugen zu lassen. Bor der Terrasse bleiben sie stehen und erwarten mich. Eie wollen gleich absahren. Es ist hier nichts mehr zu tun. Kerbbauer will den Kollegen in seinem Wagen mit nehmen. Gerber reitzt ein Blatt von seinem Block, bekritzelt es und reicht es mir hin. Ich werfe einen Blick darauf. „Todesursache durch Erschietzen. Dr. Gerber", steht darauf. Ich halte den Zettel in der Linken und reiche den bei den kühl die Hand. Dann steige ich die Treppen hinauf und gehe ins Haus. Vom Saal her höre ich Klopsen. Wie doch alles so rasch geht! Die Angestellten des Bestattungsinstituts sind schon da und arbeiten da drinnen, altes schwarz zu drapieren, zum drittenmal in wenigen Monaten. Ich gehe ins Wohnzimmer und zum Schreibtisch, wo das Telefon steht. „Verbinden Sie mich mit dem Eendarmeriepostenkommando Dürrnbach." Ich warte und hebe dabei den Blick. In der Ecke stehen die drei Ledersessel um den kleinen Tisch, wo wir meist abends satzen. Jeder von uns hat schon seinen be stimmten Sessel gehabt. Da sehe ich, datz Konrad dort sitzt. Er rührt sich nicht, und sein Kinn hängt auf der Brust. Ich Habs ein Gefühl, als fiele ich in einen Schacht. Es wird mir schwarz vor den Augen ... diese Kugel von damals spüre ich noch immer am Herzen. Hat er sich vielleicht selbst gerichtet? „Konrad!" rufe ich. Er schreckt empor, sieht zu mir her, und ich atme auf. Das Eendarmeriepostenkommando meldet sich. Ich mutz sprechen. Dann lege ich den Hörer auf die Gabel und trete näher zu Konrad. Ich sehe sein erloschenes Gesicht und lasse mick in den anderen Stuhl nieder. „Es mutzte sein!" Und ich meine die Meldung an die Kriminalpolizei. Er nickt. Wir schweigen. Als ich es nicht mehr ertrage, ihn so zu sehen, sage ich! „Du bist jetzt Besitzer und Herr auf Merk!" Er hebt die Linke mit einer matten Bewegung von der Armlehne des Stuhles und läht sie znrückfallen. Es ist dis Bewegung, mit der ein Mensch ein beharrlich verfolgtes Ziel und sich selbst verloren gibt, weil es nicht mehr wichtig ist. Ich sage sanft und beschwörend: „Sage mir alles!" Er hevt die Augen und lätzt sie stumm auf mir ruhen. „Habt ihr einen Streit gehabt?" forsche ich. „Was glaubst du von mir?" fragt er zurück mit einer Traurigkeit, die grenzenlos ist und unbeschreiblich. „Was alle glauben." „Wenn es alle glauben ... du solltest mich besser kennen", erwidert er und lätzt den Kops wieder auf dis Brust sinken. , , Ich stehe auf, gehe zu einem Wandschrank und schenks uns zwei Gläser ein. „Trinke das!" befehle ich. Er gehorcht widerstandslos. In sein Gesicht kommt ein wenig Farbe zurück. Wir sitzen, und unsere Blicke nehmen denselben Weg zum leeren dritten Stuhl. Es ist unerträglich ... man kann ihn nicht so stehen lassen. Ich stehe auf und schiebe ihn an die Wand. Ich versuche noch einmal, Konrad zum Sprechen zu be wegen, aber es gelingt nicht. Ob er sich jetzt zurechtlegt, wie er sich am zweckmiitzigsten verhalten soll? So sitzen wir, während von drautzen die Dämmerung herankriecht und alle Dinge, die um uns sind, in ein unbe- stimmtes Licht rückt, so, als wäre nichts mehr gegenwärtig und nichts mehr wirklich. Da geht leise die Tür auf. „Wer ist's?" frage ich und strenge meine Augen an. Da keine Antwort kommt, bin ich mit einem Ruck auf und schalte das Licht ein. Es fällt mit einer aufzuckenden Plötzlichkeit in das Verwischte dieser Stunde, datz es schmerzt. Es reitzt alles wieder in die Gegenwart. Im Rahmen der Tür sehe ich Hermann stehen. Er tastet mit der Linken am Türpfosten herum, und seine zer knitterte Stimme hat ein Entsetzen in ihrem Klang. „Die Herren von der ... Gendarmerie!" meldet er. Dann schließt er wieder die Tür, und es ist, als ob ihm die Kraft mangele, es zu tun, denn er mutz zweimal die Klinks niederdrücken. Man sieht es von innen, wie sie sich auf- und niederbewegt. Ich sehe Konrad an und sage rauh: „Komm mit! Denn du wirst wahrscheinlich benötigt werden." Er steht sofort aus und folgt mir. Unten an der Freitreppe salutieren drei Beamte.. Ich reiche ihnen die Hand, und Konrad tut dasselbe, ivann gehen wir miteinander zum Turm. Der Kommissar hat eine Scheinwerferlamv«, die er sofort auf den Toten richtet. Er spricht lange kein Wort. Er dreht sich und lätzt den Schein durch das Feilster hinaus- rinnen. „War das Fenster offen?" Konrad macht einen Schritt vor. „Ich wollte es gerade öffnen, als ich den Fall hörte und den Schutz. Mein Vetter hatte mich geveten, es zu tun, aber ich kam nicht mehr dazu." Der Kommissar nickt. „Ist hier etwas geändert wor den an der Lage der Dinge, der Leiche, des Gewehres?" „Nein", sage ich, „solange ich hier bin, nicht." Er wendet seinen Blick fragend zu Konrad. „Ich habe nichts angerllhrt!" Der Kommissar wendet sich wieder zu mir. „Es ist offenbar Selbstmord. Nach Lage der Waffe kann es nichts anderes sein." Ich gebe keine Antwort, und er fügt, zu Konrad ge wendet, hinzu: „Der Herr Baron hat in dem Augenblick das Gewehr gegen sich abgedrückt, als Sie, Herr Baron, das Fenster öffnen wollten." Konrad sagt leise, aber bestimmt: „Ich habe zuerst den Fall gehört und dann den Schutz." Der Kommissar hebt die Achseln. „Das ist kaum mög lich. Im Moment der Aufregung kommen solche Sinnes täuschungen vor. Man kann dis Aufbahrung veranlassen." Er wartet, bis wir den Turm verlassen und folgt uns dann. Nach ihm geht der Wachtmeister. Ich schließe die Türe nicht ab, es ist nicht mehr nötig.— Die Herren sind fort. „Das Ergebnis ist günstig", sag« ich, während wir durch den Gartensaal gehen, und sehe Konrad an. Er gibt kein Zeichen von Befriedigung. Ich lasse ihn ins Wohnzimmer zurückgehen und öffn« die Saaltiirs. Die Fenster sind schwarz drapiert. Die lebensgroßen Bilder der Erb haben um ihre schweren, barocken Eoldrahmen Trauerflor. In der Mitte ist ein Katafalk kergerichtet. Auf ihm ruht auf silbernen Löwen- pranren ein schwarzer, leerer Sarg. Der Leiter der Dekorationsarbeit kommt eilig zu mir her. „Dürfen wir jetzt den Herrn Baron hinüberschaffen ins Schloß? Es ist schon alles hergerichtet. Ist es Ihnen so recht?" Ich nicks. Ich muß Kraft sammeln, um zu sprechen. „Ja, der Turm ist offen." Er gibt seinen Leuten einen Wink. Sie eilen mit einer Tragbahre fort. Eine Stunde später werde ich gefragt, ob Totenwache gestellt werden soll. Ich sehe auf Konrad und sage: „Ja." Ich fühle, datz wir beide nicht fähig dazu sind. Aoer nach Mitternacht fasse ich Konrad am Arm. „Komm! Es ist alles fertig! Wir gehen jetzt hinüber zu ihm." Er geht neben mir her. Wie ich die Saaltilr aufmacke und der unendlich große, feierliche Ernst über uns herfällt, muß ich nach ihm greifen, denn er schwankt. Während ich ihn noch am Arm halte, weise ich mit der Linken auf den Betschemel zu Füßen des Sarges. Er taumelt vor und stürzt so schwer mit den Knien und mit dem Kopf auf den Rand des Pultes, datz der Sarg ein wenig schwankt und der Kopf des armen Clement eine leise, nickende Bewegung macht, Es läuft mir eiskalt über den Rücken. * Am andern Tag kommt der alte Freyschlag. Er steht plötzlich mitten im Zimmer und sagt mit einer verrosteten Stimme: „Ich habe die Gendarmerie veranlaht, den Wilderer Karl Steinhuber zu verhaften." Ehe ich antworten kann, hebt Konrad die Hand und sagt leise: „Das war unnötig! Er ist unschuldig." Dio Worte haben eine Eindringlichkeit und eine Ueber« zeugung, wie sie nur der Mensch hat, der den Schuldig«« kennt und weiß. Ich sehe Freyschlag an. der breit und wuchtig mitten im Zimmer steht. Ein plötzlicher, erschreckender, unmöglicher und unsinniger Gedanke kommt über ihn. Sein große» Mund ist fest zusammengepreßt. Er sieht Konrad lange an, Dann macht er eine ruckartige Bewegung zu mir her, reicht mir flüchtig die Hand und geht an Konrad vorbei hinaus zur Tür, die hinter ihm zufällt. Ich bin erst wie gelähmt und sehe auf Konrad, der e« geben, resigniert mit hängenden Armen an der Wand lehnh „Clara...", sagt er leise, mit einem Ton, der mein Herz aufreibt. Ich stürze hinaus. Ich will ihn einholen, ich will mU dem Alten reden. lForl,e»ung ,olgi., Herren - M WW nur 8cli-kke,n1n. 21 ^NL-lieeUIt U k»cli,«icb»lt Unttormluck« sller Art l-oäenstokle, Traaktenstokte, l.llster- stolle, Hillarästokke, 8cbrelbtlscktucd« llelt-, Lkaukkeur- unck ktuto-Lorck» SMsiksn Markt 2 Slvlvva Ob. Cibestr. Damen-, Herren-, Kinäer-LekIeiZunxf putr-, IVoIIwaren — 8trümpke 8I»ilö»NSS N»k ikoktMIiabin, wenn 8le öle nrelgen in äer 8äcbs. Volksreituno verkalken. tzstsckirins! - Drogerie kVMsOtisrllOti lllelnmarkt Inkadsr vn. hz/IIK. llolr u. 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