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dreitägigen Ringen», al» dessen Rückwirkung nun- mehr die -aldt-e Befreiung der ganze« Provinz von dem eingedrungenen Feind« erhofft wird. Auch in den Pro oinzstä dien fand di« Siegesbotschaft den frohesten Widerhall. Ein sozialistischer belgischer Minister als Kämpfer. Wie aus Kopenhagen gemeldet wird, be fand sich unter den belgischen Teilnehmern am Kampf in M e ch e l n auch der Minister van der Velde lSozialist), der eine anspornend« Rede an die Truppen hielt. Er erklärte den Soldaten, sie kämpften für die stärkste und heiligste Ordnung der Welt, für ihre nationale Selbständigkeit und für die Wahrung des Friedens. Der polnische Kriegsschatz. Aus Lemberg wird gemeldet: Der Lemberger Eemeinderat hat 1,5 Millionen Kronen für den Kriegsschatz der polnischen Legion gestiftet. Die meisten galizischen Städte sind diesem Beispiel gefolgt. Die Stadt Krakau gibt 1 Million Kronen, die jüdische Gemeinde Krakaus 50 000 Kronen Fürs Vaterland gefallen. Nach der „Krcuzzeitung" sind u a. auf dem Felde der Ehre gefallen: Ain 22. August General und Bataillonskommandeur Friedrich von Schrieben, am 23. August Oberleutnant und Kompagniesührer Martin Gottschick, am 20. August Landrichter Dr. Fritz Lange, Oberleutnant der Reserve aus Schwerin i. M., am 20. August Leutnant Gustav Rath aus Hannover. Englische Schamlosigkeit. Aus Hüll wird absolut zuverlässig gemeldet, daß in England alleDeutschcn unter 10 Jahren in Haft gesetzt worden sind. Einig« deutsche Kriegsgefangene, die aus Frankreich herii hergebracht worden sind, werden in England öffentlich ausgestellt. Was würde man in England für Lärm wohl schlagen, rvcnn wir etwa auf der Leipziger Messe ge fangen« Engländer ausstellen würden! Weitere Melöungen. Die „Nordd Allg. Ztg." schreibt über angebliche Hebelgriffe gegen deutsches und österreichisches Privat- eigentum u. a.: „Wir empfehlen allen Interessenten, deren Güter nach Frankreich unterwegs sind oder in neutralen Hafen sich befinden, auf das dringendste, ihre Waren möglichst zurückzuhalten." * Aus Aachen wird gemeldet: Gestern abend und heute früh trafen hier Gefangenentrans porte, darunter einer mit 300 Engländern in Khakiuniform, auf dem hiesigen Bahnhof ein. * Die Bürgerschaft von Hamburg bewilligte auf Antrag des Senats 200 000 zur Unterstützung der vom Krieg betroffenen ost p r « u ß i s ch e n Bevölke rung und erinächtigte den Senat für die Dauer des gegenwärtigen Krieges, ein durch eine hamburgische Behörde eingcleitetes oder vor einem Hamburger Ge richt schwebendes Strafverfahren gegen di« zu den Fahnen einberufenen Personen niedcrzuschlagen. Vie Mor-brennerei -er Kosaken an unserer Ostgrenze wird aufs neue in einem Soldatenbrief geschildert, aus dem zugleich hervor- geht, daf? mit den russischen Krieasvorbereitungen bereits in der Zeit tiefsten Friedens begonnen worden Erster vaterländischer Men des Schillervereins. Lebhaft zu beglichen ist die Absicht des Leipziger Schillervereins, durch Veranstaltung volks tümlicher Wohltntigkeitsabende zur Erhebung der Stimmung beizutragen. Ein zahlreiches Publikum war dem Ruf in die Alberthalle gefolgt. Im Mittelpunkte der Darbietungen stand der Vortrag von Geheimrat Prof. Dr. Branden burg über „Die Ursache der russischen Feindschaft gegen Dcutschlan d". Geheim rat Brandenburg erschien in feldgrauer Offiziers uniform und wurde stürmisch beglicht. Er führte dann in klaren Darlegungen ungefähr folgendes aus: Unsere Gegner waren sich in ihrer Feindschaft gegen uns in einem einzigen Punkte nicht einig, nämlich in der Wahl des Zeitpunktes zum Los schlagen. Rußland gab nun das Signal zum Krieg und ritz seine Verbündeten mit. Welches aber waren die Ursachen der russischen Feindschaft? Unmittel bare Interessengegensätze waren es zunächst nicht. Geheimrat Brandenburg schied dann zwei Reihen von Ursachen. Einerseits lag in den inneren Verhältnissen eine Stimmung gegen das Deutschtum überhaupt: die andere Reihe ist gekenn zeichnet durch Fragen der Machtvolitik. Einerseits haben alte Kämpfe mit den Slawen zwischen Ostsee und Schwarzem Meere stattgefunden und wirken nach. Dann aber sind die Deutschen seit Peter dem Großen Lehrmeister der Russen gewesen. Gerade als Vorposten der westeuropäischen Kultur ernteten sie Undank und Haß. Es ist dies ein allgemeiner Vorgang, und er braucht nicht durch selbstherrliches Gebaren der Lehr meister im besonderen hervorgerufen zu sein. Schwerer an Gewicht aber sind die Gründe der M a ch t p o l i t i k. Rußland war lange Dinnenstaat, braucyte aber den Zugang zum Meere als Quelle des wirtschaftlichen Lebens. Rußland Ist im 18. Jahr hundert bis zur Ostfee vorgedrungen. Man ließ dieses Vordringen mit Einschränkungen gewähren. Das politische Testament Peters des Großen aber war, ohne daß es urkundlich abgefaßt lein müßte, die Beherrschung des Schwarzen Meeres. Die Blicke Rußlands richteten sich nach dem Bosporus, den Dar danellen, nach Konstantinopel. Das Streben nach Teilnahme hat wirtschaftliche Gründe, das nach Be herrschung aber ist nur als Ausströmung eines all gemeinen Machtstrebens zu erklären. Friedrich der Große wie Bismarck erkannten zwischen Rußland und unserem Volke keine Gegen sätze, sondern natürliche Verbündete. 1860 nnd 70 wahrte Rußland wohlwollende Neutralität, ja 1870 hielt es Oesterreich in Schach. Oesterreich war Ruß !onds Feind in dec Beherrschung des Schwarzen Meere». In Oesterreich» Interessensphäre liegen die Balkanstaaten. Sie dürfen nicht Vorposten russischer Machtpolitit werden. Oesterreich braucht den Zu ist. Die „Hamb. Nachr." entnehmen dem Schreiben die folgende Stelle: „Unser Bataillon steht jetzt bei . . . Die Russen haben sich gegen uns enorm verschanzt. Wie e» hier beißt, sollen sie an den Befestigungen schon Mitte Juni gearbeitet Haden, eh« an Krieg überhaupt zu denken war. Etwas Eigen- artiges tst es mit der russischen Artillerie Die Ge schoße sind meist mit Zement ausgcsüllt: sie schlagen ein, ohne zu krepieren, gleich einem Stück Holz und richten dementsprechend wenig Schaden an. Lieber Freund, das, was ich in diesen Tagen, die wir im Felde stehen, erlebt habe, werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen. Es spottet jeder Be schreibung, wie die Kosaken hier ge haust h a b e n Sie sengen und morden nach Herzens lust. 3n . . ., in dessen Nahe wir uns jetzt befinden, sind ganze Familien hingemordet und auf entsetzliche Weise verstümmelt wor den. Einer Frau halten sie von oben bis unten den Leib ausgeschnitten, einen, Kinde die Augen aus gedrückt, die Arme abgeschnitten usw. Die Er bitterung. die in uns kocht, ist un beschreiblich. Es werden deshalb wohl auch keine Gefangenen gemacht, sondern alles nieder gestochen, was uns den Weg verfperrr. Da jammern dann die Hunde: Preiß, nix schitzen! Es hilft ihnen aber nicht viel. Es ist ein Jammer, die ver laßenen, so stattlichen Gehöfte mit den Viehherden zu sehen, die sich jetzt so herrenlos umhertreiben und verkommen. Abends und nachts ist der Himmel immer blutigrot v'n dem Feuerscheinderbrennenden Gehöfte. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, das den Körper durchrieselt, wenn man sich aus Voi posten befindet. Du steht da, die Büchse fest umspannt. Nerven und Sinne aufs äußerste angespannt, der ungeheuren Verantwortung wohl bewußt, die aus dir lastet. Es ist nichts zu hören als Hundegebell: ab und zu rufen die Käuzchen. Dann flteoen w hl die Gedanken zurück zur Heimat und zu den Lieben . . . da auf einmal tauchen dunkle Gestalten auf, die sich heranzuschleichen suchen. Halt! Wer da? . . . Ich kann nicht weiter schreiben, da eben Befehl zum Abmarsch kommt." Wie -ie „Times" -en Einzug -er Deutschen in SrüHel be schreiben. rst Wie wir aus mehreren Nummern der „Times" ersehen, hält es das Blatt doch für gnt, eine im allgemeinen sachlich Berichterstat tung einzuhaiten. An Angriffen nnd Beschnl- dignngen fehlt es natürlich nicht, aber es ist doch bemerkenswert, das; nicht nur die Schnellig keit der deutschen Bewegungen in Belgien und Frankreich, sondern auch unsere Siege als Be weise überlegener Kriegskunst anerkannt werden. Lesenswert ist z. B. die Schilderung des Ein zuges der Deutschen in Brüssel. Der Bericht erstatter der „Times" hat sich dem großen (Lin- drnek nicht entziehen können, und es fallt ihm sichtlich schwer, einige kritische und feindselige Bemerkungen cinznslechten. Wir lassen seine Schilderung hier folgen: „Die Deutschen marschierten heute in der belgi schen Hauptstadt kurz nach 2 Uhr ein, ohne einen Flintenschuß «bgcfeucrt zu haben. Die bürgerliche Verwaltung löste im letzten Augenblick, den Lehren der Vernunft und Humanität sich beugend, die Bür gergarde auf, die die Deutschen nicht als Militär anerkennen wollten. Die ordnungsgemäße Polizei war mit der Aufrechterhaltung der Ordnung betraut worden. Nach einem Tag wilden Schreckens verbrachten die Bürger ein« schlaflose Nacht. Jedes Fenster war er leuchtet und wenige suchten ihr Nachtlager auf. Der Morgen stieg glänzend herauf, und die Stadt war bald nach der Dämmerung auf den Beinen. Auf all«n Lippen schwebten die Worte: „Sie sind hier!" oder: .Sie kommen schon!" „Sic" waren schon außerhalb der Stadtgrenze in großer Stärke Die Artillerie eingepfercht an der Straße nach Waterloo, während Retterei, Fußsolda ten und Pioniere tief die Louoai»-Strah« füllten. Ein unternehmender Motorradfahrer kam zurück mit dieser Nachricht, und die Menge am Platz der Na tionen und an anderen Geschäftszentren verstummte plötzlich wie durch einen Zauber. Um 11 Uhr wurde gemeldet, daß ein Offizier mit einer halben Truppe Husaren, weiße Fahnen tra gend, vor dem Louvaintor erschienen sei. Der Bür germeister, dessen Leitung der Bevölkerung durchaus würdig war. fuhr mit dem Automobil, begleitet von vier Beamten, und wurde sofort zu den deutschen Militärbevollmächtiatcn an der Spitze der Haupt kolonn« geführt. Das Zusammentreffen fand bei den Baracken der Karabiniers statt. Der Bürger- meister, Herr Max. nahm für die Bürger die Rechte des Kriegsgesctzcs bei der Behandlung einer unbe festigten Stadt in Anspruch, als er brutal (!) ge fragt wurde, ob er bereit s«i, die Stadt bedingungs los zu übergeben. Man sagte ihm auch, er sollte sein Amtszeichen als Vorbedingung zur Verständi gung entfernen. Der Bürgermeister fügte sich sofort, und nachdem die Unterredung — eine sehr kurze — beendigt war, wurde Herrn Max das Amtszeichen zurückgegebcn, und er wurde vorläufig bedingungs weise mit der bürgerlichen Kontrolle der Einwohner, die selbstverständlich umfassend ist, betraut; jedoch würde «r verantwortlich gemacht werden für jeden feindseligen Akt seitens der Bürgerschaft gegen die Deutschen. Bon 9—2 Uhr blieb die Menge ruhig und er wartungsvoll Kurz nach 2 Uhr gab der Kanonen donner und später der Klang von Militürmusik der guten Brüsseler Bevölkerung einen Wink, daß ein Triumphzug des Feindes begonnen hatte. Da kamen sie — voran eine Ulanentruppe, dann Fuß soldaten, Artillerie und Pioniere mit vollständigem Belagerungszug. Als besondere Spezialität eine Reihe von hundert Automobilen, aus denen Schnell- feuergeschütze aufgelegt waren. Jedes Regiment und jede Batterie hatte an der Spitze ihre Vorhut zu Pferde und zu Fuß. Run kamen die Trommeln und Pfeifen und nun der Lärm der Blechinstrumente, und ununterbrochen der Soldatengcsang, der „Wacht am Rhein" und „Deutschland, Deutschland über alles". Entlang der Häuser von Lourain, an den botanischen Gärten vorbei zu dem großen Platz vor dem Nordbahnhof, in normalen Zeilen der Bummel platz aller Müßiggänger der Stadt, kommen die Le gionen des Mannes, der den Frieden Europas ge brochen hat, um seinen verspäteten Ehrgeiz zu be friedigen. (!) Unter der Kavallerie waren di« be rühmten Braunschweiger Totenkopfhusaren und ihre Kampfgenossen in mancher blutigen Schlacht, die Zietenhusarcn. Aber wo war die schwarze Uniform der einen nnd die bunte Tracht der anderen? Wo das Blau der Artillerie und Infanterie? — Ver schwunden, es wird auf den Schlachtfeldern nicht mehr gesehen. Alles war in grünlichem, erd farbigem Krau. Alle Helme in Grau versteckt. Die Kanonen grau angestrichen. Die Wagen grau, und selbst die Pontonbrücke, alles vollständig in Grau. In schnellem Schritt war die Mannsmaft nach dem große« Platz marschiert, als auf den Ton des Ge flüsters — das Wort Kommando scheint denselben Weg gegangen zu sein wie die glänzenden Uniformen — die Infanterie in den berühmten Parade- oder Gänseschritt verfiel, während die guten Brüsseler Untertanen den Mund vor Verwunderung aufrißen. Am Bahnhof vorbei marschiert« der groge Militärzug, durch die Boule vards, um auf den Höhen der Stadt nahe Kockelberg zu kampieren. Sicherlich war es ein Anblick, die Augen Kaiser Wilhelms zu beglücken, aber das Volk murrte heimlich: „Sie sollen auf ihrer Rückkehr nicht hier tmrch kommen, die Verbündeten «erde» für sie sovaen." Biel« der jüngere« Lent« Mienen erschöpft nach dem langen und angeftrengtrn Marsch. Al« «tn Mann wanken wollte, wurde er durch jein« Kame raden aufrecht gehalten. Ein Kavallerist lag quer auf dem Rücken seine» Pferdes, während seine Kame raden seinen Ueoerrock öffneten und ihm ihre Flasche reichten. . . . Einige der Regimenter boten einen vortrefflichen Anblick dar. Er ist so aut, daß das Volk in England ihn kennen müßt«. Besonders war dies der Fall bei dem 66., 40. und 20. Regiment. Nicht ein Mann von ihnen .zeigte Zeichen übermäßiger Ermüdung nach einem aufreibenden Rachtmarsch, und zweifellos war der Befehl zum Parademarsch besonders gegeben wor den, um den Zuschauern einen Begriff von der Wider standskraft des deutschen Militärs zu geben. Die Kräfte, die durch Brüssel marschierten, werden auf 35 000—10 000 geschätzt und hinter ihnen müssen nicht weniger als 150 000 aller Waffengattungen sein." Ungehalten ist der Herr Berichterstatter über das Benehmen der Offiziere, die es sich nach seiner Mei nung nach dem Einzug in den Cas«s gar zu bequem gemacht und die Bewohner herausfordernd angeschaut hätten! Auch soll ein Offizier über «in Blumenbeet geritten sein. Das sind freilich entsetzliche Dinge. Unruhige Stimmung in Holland« Es ist begreiflich, daß sich der Nieder länder, die dem belgischen Kriegsschauplätze so nahe sind, eine unruhige Stimmung bemächtigt. Im allgemeinen ist die Bevölkerung mit ihrer Gesinnung nicht auf deutscher Seite. In der „Deutscheu Wochenzcitung für die Niederlande und Be lgien" lesen wir fol gendes „Stimmungsbild": „Die hiesigen Zeitungen nehmen, was den In halt betrifft, allmählich wieder das frühere Aus sehen an. Die mit Blut geschriebenen Spalten findet man nur noch selten, denn der vernünftige Leser ist damit übersättigt. Infolgedessen wirft man uns Deutschen in jüngster Zeit wieder etwas freundlichere Blicke zu, so daß Hoffnung besteht, daß nun auch gewisse politische Kannegießer das Kriegsbeil begraben werden. Ein solcher erklärte mir kürzlich noch in wirklich rührend offenherziger Weise: „Von meinem idealen Standpunkt aus wünsche ich, daß ihr Deutsche so viel Prügel kriegt, als ihr nur vertragen könnt. Denn wenn ihr diesen Krieg gewinnt, dann platzt ihr vor Ein bildung. Vom materiellen Standpunkt aus jedoch ist mein sehnlichster Wunsch, daß ihr siegen möchtet, und zwar recht bald, denn sonst ist mein ganzes Geschäft mit Deutschland zum Teufel." Wenn wir nun die intelligenten Leiter des Geld- und Großhandels und einen Teil des Offi zierkorps, das seine Freude an dem schneidigen Vorgehen unserer Truppen hat, ausnehmen, dann können wir, ohne uns der Uebertreibunq schuldig zu machen, ruhig behaupten, daß ein sehr großer Teil der übrigbleibenden Niederländer derselben Ansicht huldigt, wie unser Kannegießer." Tas Blatt führt dann Beschwerde über die deutschen Berichterstatter, die über die Grenze kommen und Siegesberichtc verteilen. Das sei überflüssig, denn die holländische Presse werde genügend unterrichtet. Auch der Kriegs min i st er a. D. Staal nimmt in „Het Bader- land" das Wort zur Kriegsberichterstattung und empfiehlt, einerseits den belgisch-französzschen Meldungen über die Grausamkeiten der Deutschen zu mißtrauen, anderseits aber auch die deut chen Berichte über die Kriegsgreuel abzuweisen. Gr sagt zum Schluß: „Wenn nun auch für Niederland die Aussicht auf einen Krieg gering ist, so besteht sie immerhin doch. Dann aber halte ich es für gang zum Aegäischen Meer und stößt hier auf die Tradition der russischen Politik. Eben darum aber war das Bündnis zwischen Oesterreich und uns von einschneidender Bedeutung. Der Panslawismus aber, der zunächst ausging von den Kämpfen der slawischen Kleinstaaten und bei der russischen Machtpolitik eine nur allzubogrün- dcte begeistert« Aufnahme fand, konnte nur bestehen, wenn fein Ziel sich auf die Zertrümmerung Oester reichs richtet«. Bismarcks Politik wollte beide Par teien balancieren. Wer einen Krieg anfängt, hat Deutschland gegen sich. So war es durch den Rück- verficherungsvertrag unMrideutig bestimmt. Deutsch land verhinderte aber hiermit. Oesterreich und Un garn zu zerschlagen und ward so Gegner des Pan slawismus. Naturgemäß richtete sich dessen Haß gegen Deutschland. Als nun 1878 England und Oesterreich Rußland hinderten, die Früchte seines Türkensieges zu ernten, vermittelte Deutschland und rettete Rußland aus schwieriger Lage. Aber das Eingreifen Deutschlands ward mit Undank gelohnt, und di« verblendete Volksmeinung, deren Macht wir gerade jetzt wieder beobachten konnten, richtete sich vor allem gegen Deutschland. In Asien stieß Rußland auf Interessen Englands. Nach Bismarcks Abgang aber wurde «ine Annähe rung an England versucht, und eben diese trieb Ruß land in die Arme Frankreichs und brachte jenes selt sam« Bündnis zwilchen dem despotischen Zarenreiche und der französischen Republik zustande. Durch wirt schaftliche Abhängigkeit Rußlands von Frankreich wurde das Bündnis gefestigt, Frankreichs Revanche bedürfnis kam ihm entgegen: dieses bedachte freilich nicht, daß es auch zu unlnwbsichtigtem Zeitpunkte von Rußland wider seinen Willen in einen Krieg gehetzt werden könnte, wie es nun geschehen ist. Mit dem allen verband sich in Rußland die innere Unzufriedenheit. Das Heer grollte, weil es sich von Deutschland um die Frucht seiues Sieges betrogen rvähnte: Adel und Kirche, nm ihre Rechte be sorgt, witterten in der westeuropäischen Kultur ihren natürlichen Feind und fürchteten eine geistige Inva sion. Die an sich anders gestimmte Herrscherfamilic konnte dem Drängen dieser Mächte, die sie nun ein mal nicht entbehren konnte, nicht länger Widerstand leisten. Wurde Serbien von Rußland preisgegeben, so war es für immer mit seinem Ansehen vorbei. Dies gab den Ausschlag. Gebeimrat Brandenburg betonte am Schlüsse seiner Ansprache, daß der Krieg, wollten wir nicht unsere natürlichen Interessen opfern, unvermeidlich wer und schloß mit einem zuversichtlichen Ausblick in die Zukunst. Begeisterter Beifall dankte ihm für die scharfsinnigen nnd inhalireichen Ausführungen. Dann erklang der gemeinsame Gesang unserer National hymne. Der Vortrag war umrahmt von künstlerischen Darbietungen, für die Herr Organist Max Fest, Herr Kurt Stteler, Frau Aline sanden und Fräulein Anni von Orelli in selbstloser Weise ihre besten Kräfte geliehen hatten. Herrn Fests stimmungsvolles Orgelspiel, Stielers ausgezeichnete Nczitationskünfte. Frau Sandens innig empfundener Gesang und di« beseelten vor- trüge von Fräulein v. Orelli fanden rauschenden Beifall. Wir danken dem Schillerocrein für diesen Abend. Dr. l?- L. Kunst «ad Wissenschaft. * Im Neuen Theater kam es am Sonntag abend bei der Aufführung von Wagners „Lohengrin" zu lebhaften vaterländischen Kundgebun gen. Schon im ersten Akte brach nach den Worten König Heinrichs: „Was deutsches Land heißt, stelle Kämpferscharen, dann schmäht wohl niemand mehr das Reich!" der von Hans Müller prachtvoll ge sungen wurden, tosender Beifall au«, und im dritten Akte wiederholten sich diese stürmischen Kundgebun gen, als König Heinrich mit markiger Stimme wider den Feind „aus dem öden Osten" den Heerbann auf rief: „Für deutsches Land das deutsche Schwert!", und weiterhin als Lohengrin (Rud. Jäger) dem König Sieg in dem Kampfe gegen seine Feinde prophezeit -. Die von Otto Lohse schwungvoll ge leitete Aufführung hinterließ auch insgesamt einen tiefen Eindruck. —r. * Da» Stadttheater in Halle a. S. wird trotz des Kriegszustandes seine Pforten öffnen. Die Dar steller erhalten herabgesetzte Gagen von der Direktion gesichert, während die etwaigen Betriebs überschüsse ebenfalls unter die Mitglieder verteilt werden. Dieses günstige Ergebnis wurde durch das Entgegenkommen des Direktors, Geheimrat Richards, ermöglicht, der für sich auf jegliches Einkommen aus dem Theater ver zichtete, dagegen das gesamte verbleibende Risiko von rund einer Diertelmillion Mark übernahm. * Ehrenpromotionen. Von der Technischen Hoch schule in Danzig wurde nach der „Chronik" die Würde einesDoktor-Ingcnicurs ehrenhalber verliehen: dem Professor für Wasserbau an der Technischen Hoch schule in Dresden Geh. Hofrat Hubert Engels in Anerkennung seiner heroorraAenden Verdienste um die Entwicklung des Versuchswesens auf dem Gebiete des Wasserbaues nnd in Würdigung seiner Tätigkeit bei dem Ausbau wissenschaftlicher Methoden zur Er forschung der Bewegung des Wassers und der Wink stoffe, dem Professor der Architektur an der Tech- nisck)«n Hochschul« in Karlsruhe Oberbaurat Fritz Ostendorf auf Grund seiner hervorragenden Stu dien über die Entwicklung der mittelalterlichen Bau kunst wie des mittelalterlichen Handwerks und seiner grundlegenden Arbeiten zur Förderung einer gesun den einheitlichen Auffassung über das Wesen archi tektonischen Gestaltens: dem Oberingenieur Richard v. Helmholtz in München in Ansehung seiner hervorragenden Verdienste auf dem Gebiete des Loko- motivboues, ferner dem Professor nnd Direktor des phvsikalisch-chemiichcn Instituts an der Berliner Universität Geb. Rat Dr. phil. et med. Walter Nernst in Anerkennung hervorragender Verdienste um die Förderung der technischen Wissenschaften. Fortdildnngskurjn» für Oberlehrer in Berlin. In der Berliner Universität soll vom 12. bi» 24. Oktober 1914 ein französischer Fortbildungskursus abgehalten werden. Vortrüge werden halten u. a.: Professor Ebeling, Professor Mors, Professor Stern feld, Professor Haquenin. Vom 29. September bis 10. Oktober 1914 findet ein mathematisch-natur wissenschaftlicher Ferienkursus für Lehrer höherer Schulen statt. Hier halten u. a. Vorlesungen: Pro fessor Dr. Scheffers. Professor Lamp«, Pro fessor Liebisch. Hebungen und Besichtigungen schließen sich in großer Zahl an. Endlich ist für die Zeit vom 12. Oktober bis 24. Oktober 1914 ein ge schichtlicher und staatswissenschaftlicher Fortbildungs kursus für akademisch gebildete Lehrer an höheren Lehranstalten und Lehrerbildungs-Anstalten in Aus sicht genommen. Professor Wilhelm Kahl stellt hier Grundzüge der Verfassung des Deut schen Reiches dar. Professor Stammler- Halle entwickelt Rechts- und Staats theorien der Neuzeit. Professor Hoetzsch spricht über Grundzüge der russischen Ge schichte, Professor Becker-Bonn über Ge schichte und Aufgaben der deutschen Orientpolitik. * Hochschulnachrichten. Die Privatdozentin an der Technischen Hochschule zu Dresden Dr. phil. Harry Dem der (Physik), Adjunkt des physikalischen In stituts, und Dipl.-Jng. Otto Wawrzinick (Ma- terialprüfuirgswesen), Adjunkt an der mechanisch technischen Versuchsanstalt, wurden zu etatsmäßigen außerordentlichen Professoren daselbst ernannt. — An der König!. Landwirtschaftlichen Hoch schule in Berlin werden vis auf weiteres russische, serbische, französische, eng lische und belgische Studierende nicht mehr ausgenommen. Dieser Ausschluß von Auslän dern wird auch auf die Angehörigen solcher Staaten ausgedehnt, die sich im Laufe der Kriegsereignisse noch auf feindliche Seite stellen sollten. — Dem Architekten Otho Orlando Kurz in München ist der Pro- fe s s o r t i t e l verliehen worden. — Die Wiener Technische Hochschule begeht am Ende des Jahres 1915 die Feier ihres hundertjährigen Be stehens. Ans diesem Anlaß wird eine Festschrift er scheinen. welche die Geschichte der Anstalt auf Grund eingehender Forschungen schildert. — Wie uns unser Schweizer Korrespondent berichtet, wird der inter nationale Kongreß für Neurologie und Psychiatlie, der vom 6. bis 12. September in Bern stattfinden sollte, auf unbestimmte Zeit ver schoben. * Sine große Düsseldorfer Kunststiftnng. Unter der Leitung des Direktors der Akademie Prof. Fritz Roeber wurde in Düsseldorf eine Sammlung eingeleitet zum Ankauf von Kunstschätzen für die Düsseldorfer städtische Kunstsamm lung. Diese Sammlung hat einen Betrag von mehr als 1 Million Mark ergeben, und zwar wurde dieser Betrag von 88 Spendern aufgebracht. Der städtische Galerie-Verein und die Gesellschaft zur Ergänzung der Kunstsammlungen wurden al» „Düsseldorfer Museum»o«rein" ver schmolzen.