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Volkszeitung v««l»g»»rt vc«»d«». Lnzelseiiprttl«: »1« tlpoltlg« 77 mm »rrU« Zelt» t> Ps-t t»r FllmUtenanzetgen i PI» FN, PI-twll»Ich« Uiu»«» wi, lei« L«wS-l trifte«. LeI4et«t I mal wSchenIUch. vkonaUIlhre vezugepiel» vuich Ikilgee etalcht !X> Plg dz». «0 Plg. Trügellohn l,70; »uick> »le Pa!« ».7V elnlchlleglich Postüderwelluagsgeblld«, zuzNgNch »0 Plg Pokl-BesteNgeld. r>nt»Inumme, 10 Plg. »I» Sonnten». Sonata,, und gesttagnummu 70 Ptg. SS. Iahrg. SachMe SchrlsNeitun,: Dresden-tl., Polteeste. 17, Fernruf 70711». 71011 LrlchSsteslell«, Druck und «erlag: Termanta Buchdruckeiei und «erlag 1» und <b. Winkel. PoUerstraft« 17, Fernruf 7UN7, P-fticheck: «r. 107S, Bank: Stadtbank vreaden Nr. »7»? Freilag, 28. Februar 1N3K Im Falle non HSHerer Dewatt, «ierdot. »tiUreteadrr Beiried» -Srungen ha« der Bezieher oder Werbungttetbend« tetir« S» Brüche, fall, di« Zeitung in drlchrcknltem llmsan,,. -erfpSte» oder nicht erscheint. — LrlilNungoort Dreoden. — — daldige Mwng der Lage in Ma»? Neues japanisches Kabinett bis Freitag? Aortlaufende Beratungen des Geheimen Staatsrats unter dem Vorsitz des Kaisers Tokio, 27. Febr. Nach Einsatz neuer Truppen bietet Tokio nunmehr ein ruhiges Bild. Telle der Infanterieregiment» der 1. Division, von der am Mittwoch der Handstreich auoging, sind in die Ka sernen zurllckigekehrt. Durch den Belagerungszustand ist die Ne gierung militärisch gesichert. Amtlich wird bekanntgegeben, datz die Städte ?)oko- h a m a. Kobe, Osaka und Nagoya unter verstärktem Po- iizeischutz stehen und die Ruhe nicht gestört worden sei. Tie Marincleilung verlautbart, datz das 1. und 2. Geschwader der sapanischcn Flotte den militärischen Schutz von Aokosuka und der Tokiobucht übernommen habe. Der Bruder des Kaisers, Prinz Chichib», Iras, wie die japanische Presse meldet, am Donnerstag in Tokio ein. Tas Kabinett, unter der Leitung des bisherigen Innenministers G o«o, wird bis zur Umbildung der Regierung weiter im Amt blciben. Im kaiserlichen Palast sinden sortlausend Bespre chungen über die Regierungsumbildung statt. Tie Blätter sprechen bei der Behandlung des Putsches von einem „hiltorischen Ereignis" wie es sich seit der Meisirestauration nicht mehr zugetragen habe und erhoffen eine baldige Klärung der Lage. In der japanischen Hauplstadt hat sich die Gesomtläge im allg.meinen weiter beruhigt. Es herrscht Belagerungszustand. t>e neral Kaschii wurde zum Stadtkom m andanten von Tokio ernannt. Die gesamte Garnison wurde seinem Ölxrkommondo unterstellt. Die Beratungen im Geheimen Staatsrat, der auch die Perhängung des Belagerungszustandes beschlossen hat. werden sortlausend fortgcsiihrt. Den Bor sitz führt der Kaiser selbst. An den M'ratungen nehmen sämtliche Minister teil mit Ausnahme des Finanzministers Takahaschi. A mtli ch wird bestätigt, datz Innenminister Goto n u r vorübergehend die Geschäfte des Ministerprä sidenten übernommen hat. In politischen Kreisen wird der Meinung Ausdruck« »«egeben, datz möglicherweise schon am Freitag das neue Kabi nett gebildet wird. Nach den letzten in London cingetrossenen Meldungen ans Tokio sollen die japanischen Ausständischen immer noch im Besitz der Regierungsgebände sein. Es wird lrerichtctt, datz hohe Militärbehörden mit den Meuterern verhandelten und ver suchten. sie aus friedlichem Wege zum Nachgeben zu überreden. Die Gattin des ermordeten Admirals Saito soll an den Händen verletzt worden sein, als sic ihren Gatten am Mittwoch gegen die Ausständisck>en zu verteidigen versuchte. Nach japanischen Berichten, die in Schanghai eingelnnsen sind, haben die japanischen Aufständischen mit der friedlichen Räumung ihrer Slellumzen begonnen. Ein Zusammenstotz zwi schen den Aufständischen und den Truppen, die das Kriegsrecht ansrccht erhallen, sei nicht zu erwarten. * Prinz Lhichibu beim Mikado Tokio. 27. Febr. svstasiendienst des DNB.) Wie amtlich bekanntgegeben wird, hat sich der Bru der des Kaisers Prinz Chichibu sofort nach seiner Ankunst in Tokio zum Kaiser begeben. Bei der Besprechung war auch der jüngere Bruder Prinz Takamatsu anwesend. Es scheint sich zu bestätigen, datz der Kaiser den Bizehos- marschall zum Prinzen Saionji nach Okitsu entsandt hat. Giun-erüange Sitzung -es Kriegsrates Regierungsbildung unter Ginfluß der japanischen Rationalisten Tokio, 27. Febr. tOstasiendienst des DNB.) In politischen Kreisen der Hauptstadt bezeichnet man die Pildung einer starken von Einflüssen jeder Art freien Regie, rang als wesentliche Voraussetzung für die Wiederherstellung der normalen 4'age. Wie bereits amtlich gemeldet wurde, verlangen die von jungen Offizieren geführten nationalen Aktivisten im Sinne der Schowa-Restauration ein entschlossenes, unabhängiges Kabinett zur Uebermindung der gegenwärtigen Krisenzeit und zur Siche rung der Kaiserlichen Staatsform. Es ist demnach wahrschein lich, datz bei der Regierungsbildung neue Persönlichkeiten auf treten, die dem Programm der Aktivisten nahestchen. Am Donnerstag fand eine stundenlange Sitzung des Kricgsrates statt, an der die Prinzen Asoka nnd Higaschi sowie die Generäle Araki, Abe, Mazaki, Hayaschi, Te- rauchi. Nischi nnd Ueda sowie der Kriegsministcr Kawaschima lcilnahnien. Nach Schlntz der Sitznng des Kriegsrates begab sich General Ueda znm Chef des Gencralstabes, Prinz Kanin, nach Odawara lxn Tokio. An den Besprechungen nahm im Auf trage der Kriegsmarine der frühere Flottenchef Admiral Kato teil. Am Donnerstagnachmittag fand eine Unterredung zwischen dem bekannten General Tanaka, dein Führer des nationalisti schen Bundes „Meirlnkai" mit den Generalen 'Araki und Mazaki statt, die, wie die Agentur Domei meldet, eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen um die Bildung eines neuen Kabinetts spielen. Im Laufe des Nachmittags sammelten sich grotze Mensckxn- meugen vor dem mit Truppenableilungen ab,zes>>errten Kaiser- lickxn Palast an. um dem Kaiser ihre Huldigungen da r z n b r i n g e n. Angesichts der scharfen Zensur, die in Tokio verhängt wm- den ist. lauten die Nachrichten über die Ereignisse in Japan zum Teil ausserordentlich widerspruchsvoll. Nach den übereinstim menden Meldungen der Londoner Abendmesse haben sich ins gesamt Mvlt Man» an dem Staatsstreich beteiligt, doch scheint, als ob die Behörden wenigstens im Augenblick Herr der Lage sind. Eine Bestätigung der Meldung, datz insgesamt ül) matz gebende Persönlichkeiten getötet worden seien, liegt bis jetzt noch nicht vor. In London geht die vorherrschende Ansicht dahin, datz der Ausstand unter Umständen ein schärferes Vorgehen der Japaner in China zur Folge haben werde. Diese Auffassung vertritt auch der frühere politische Berater der chinesischen Nalionalre- gierung, Sir Frederick, Whiste, der autzerdem Matznahmen gegen Eowjetrutzland für möglich hält. Die japanische Botschaft In London erhielt am Mittwoch abend vom Innenministerium In Tokio ein Telegramm, in dem cs heitzt, datz es autzcrhalb der japanischen Hauptstadt zu keiner lei Zwischenfällen gekommen sei. In Tokio selbst seien Heer und Polizei gemeinsam bemüht, Ruhe und Ordnung zu hallen. Die Lage sei ruhig. Der geschästssührende Ministerpräsident Goto sowie die übrigen Mitglieder des Kabinetts hätten ihren Rücktritt eingereicht. In dem Telegramm soll tehlietzlich er wähnt werden, datz das Kriegsrecht erklärt worden sei. Weitere Nachrichten aus Japan wollen wissen, datz die Negierung die Lage völlig beherrsche. Die Börsen und 'Banken in Tokio hätten wieder ihren Betrieb ausgenommen. Ebenso sei die Börse von Osaka wieder geöffnet. Tokio selbst sei unter kriegsmätzige Polizeikontrolle gestellt worden. Gerüchte, wonach ein hoher Beamter der Mitin Bishi-Bnnk in Tokiv ermordet worden sei, haben sich nicht bestätigt. Hosmarschall Suzuki, der Führer der Eeiyukai-Parlci wurde nntzhandell und dabei schwer verletzt. Der frühere Siegelbewalner Mokmo, der eben falls angegriffen wurde, wurde im Gesicht leicht verletzt. Er konnte entkommen. Seine Leibwacbe erschotz den Anführer der Meuterer, mit denen cs zu einem Gefecht kam. Die Meuterer eroberten das Landhaus Mnkinos nud setzten es in Brand. Aus den Fürsten Saionji wurde kein Anschlag verübt. Takahaschi feinen Verletzungen erlegen T o k l o, 27. Febr. Finanzminlster Takahaschi ist. wie amtlich bekanntgegeben wird, am Mittwoch seinen schweren Verletzungen erlegen. Prinz Saionji, der einzige noch lelx-nde „alle Staats mann", der sich vorübergehend nach Schizuoka znm Oberpräsi denten begeben Halle, ist am Donnerstag in sein Landhaus nach Odilsu znrückgekehrt. Eine Verlautbarung des japanischen Innenministeriums Berlin, 27. Febr. Die japanische Botschaft in Berlin veröffentlicht nachstehende Verlautbarung des japanischen In ne n m t n i st e r i u m s: Nach Meldungen, die aus den verschiedenen Provinzen ein treffen, herrscht in jedem Teil des Landes Ruhe, und in der Hauptstadt wirken Truppen, Gendarmerie und Polizei zusam men zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Auch hier herrscht Ruhe. Schärfste Angriffe Radeks gegen Japan Moskau, 27. Februar. Die Ereignisse in Japan hallen in der Sowjetunion grotze Erregung hervorgerufen Radek richtet in der „Isivestija" schärfste Angriffe gegen Japan und betont, datz sich aus den Vorgängen in Japan sehr ernste a u tze n p o l i t i s ch« Folgen entwickeln kömien. Soldaten machen Politik Ohne Zweifel ist der blutige Staatsstrcichverjuch der jungen japanischen Offiziere, dem führende Mitglieder der Negierung und Verwaltung zum Opfer gefallen sind, durch das Ergebnis der Parlamcntswahlen unmittelbar ausgelöst worden. Der unbestreitbare Wahlsieg der die Negierung stützenden Minseito - Partei, welche die eigentliche Trä gerin der liberal-kapitalistischen Ideen Japans ist, hat in militärischen Kreisen die Besorgnis wachgerufcn, das; die parlamentarisch-demokratische Negierungssührung einen neuen Auftrieb erhalten und dadurch die nationalistischen und sozialrevolutionären Zielsetzungen der Armee und der nationalistischen Verbände znrückdrängen würde. Von An fang an hat der Nipponismus, dessen aktivster Träger junge Ossizierskreise sind, vor dem Mittel des politischen Atten tats nicht zurückgeschent, und eine lange Liste politischer Attentate bezeichnet den Weg der radikalen Erneuerungs bewegung in den vergangenen fünfzehn Jahren. Drei Mi nisterpräsidenten sind in diesem Zeitraum einem Attentat zum Opfer gefallen, mehrere Minister und Grotzindnftrielle haben ihren Widerstand gegen die Forderungen der natio nalen Extremisten mit dem Leben bezahlt. Jedesmal han delte es sich um eine innen- nnd autzenpolitische Demonstra tion grössten Ausmatzes, bei der die Volks-Meinung weit gehend auf die Seite der Attentäter trat. Das Attentat gegen den Ministerpräsidenten Hara im November l!>2l war die Antwort aus die angeblich zu nachgiebige Haltung der japanischen Delegation in Washington, das Attentat auf den Ministerpräsidenten Hainoguchi im November IM) steht im Zusammenhang mit den Londoner Flottenvcrhond- lungen, die Ermordung Innkais im Mai 1sttz2 war die Ant wort auf die als zu motzvoli empfundene Durchführung der mandschurischen Aktion. Der heutige Gewalislreich, der in seinen Ausmatzen über die genannten Vorgänge weit hiu- ausgeht, ist gleichfalls eine Auswirkung der tiefgehenden Gegensätze über die Führung der inneren und auswärtigen Politik des Landes. In Japan stehen sich heute zwei starke Gruppen im scharfen weltanschaulichen und politischen Kamps gegenüber: der Liberalismus westlicher Prägung und Observanz und der Nationalismus einer jüngeren Generation, dessen lei denschaftliches Bestreben die Rückführung Japans zum Kaiser-Gott-Mifthos, zum totalitär i Staat dcr Soldaten und Bauern, und zu den stäudijch gebundenen Formen einer nur aus den Staat und das Volk anegerichleten Wirtschaft und Kultur ist. Seitdem in der Meist Epoche Japan in un vorstellbar kurzer Zeit den Uebergang vom mittelalterlichen Fcudalstaat und Rittertum zum modernen tapftalististhen Staatswesen voll-w-m, botst'. began"en die mestleristhen Ideen in Wirtschaft und Kultur des Landes scheinbar b m- mungslos einzuströmen. Japan rezipierte die angeftachsi- schen Formen des Zwei-Parteieu-Spslems und der konstitu tionellen Monarchie, drei Jahrzehnte lang konnte der in die sen Tagen einem Attentat znm Opfer gefallene Prof. Mi» nabe ungehindert einem wachsenden Schülerlreis seine „Organtheorie" von der Einordnung des Kaisertums in den konstitutionellen und nation.llen Machtbereich vortragen, und eine von ausländischen Gelehrten ausgebaute und durch das Auslandsstudium japanischer Studenten erweiterte Metho dik der Wissenschaft errang die Vorherrschaft an den Univer sitäten, in der Literatur und der Prepe und im Gesellsthafts- lcben der oberen Schichten. Eine einzigartige Konjunktur förderte die riesige Machtausdehnung der Kapitalien, die Konzernbildi'ng, die Herrschaft des Bank- und Bi. rsenwe ens und die Festsetzung jener sozialpolitischen und arbeitsmarkt politischen Erscheinungen, deren Auswirkung in Iamin wie im allen Europa bald die Ausbreitung marrisiiicher Ideen war. Fast unberührt von diesem Einbruch wesllerifchen Denkens blieb die Armee und Marine, die dem Kaiser, dem Nachkommen des sagenhaften Urvaters Iimmu Tenno und höchsten Inbegriffs religiö'en und nationalen Strebens unmittelbar unterstellt und verpflichtet war. Auch im Bauerntum, das auch heute noch nahem l>0 Prozent der Ge- samtbevölkernng des Landes umfasst, blieben die alten Denk- und Lebensformen fast unverändert, wie jeder Besucher des Landes immer wieder bestätigen mutz. Diese beiden Grup pen, Soldaten und Bauern, traten mit der Umbildung des alten Samurai-Heeres zu einem modernen Volksheer in enge Verbindung, und Igpans Generale haben wiederholt darauf hic gewiesen, datz das Bauerntum die eigentliche Kraftouelle und der Iungborn der Armee sei. physisch u n d geistig, angesichts der starken Verwandtschaft der Ideolo gien. Soldatentum und Bauerntum sind die eigentlichen Wurzeln der heutigen Ernencrnngsbcwegttüg. die im Zei chen einer Wiederbelebung des alten religiösen Geistes, des Shintoismus und des Bushido, des alljapanischcu Ehr begriffes, steht. Den eigentlichen Anstotz zur revolutionären Bewegung bot die ausserordentlich gedrückte Lage des japanUck- n -inucrntums. Bon 5)4 Millionen Bnu.rn.anu!.?n lc,i».»tl