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Philosophie und Wirklichkeit Ueber die rechten Grenzen de« Intellekt« und de« Lebens Es ist die Tragik vieler philosophiscl-en Systeme, das; sie rur Wirklichkeit führen wallen und auf dein Wege dazu in der Welt reiner Begriffe und Gedankenkombinationen stehenbleiben. Was die Philosophie eigentlich erklären will, das ist das Leben und seine Hintergründe: ivas sie nicht selten zustande bringt, das ist ein für den Laien und wohl auch fiir den Fachmann un durchdringliches Gewirr gedanklicl)er Konstruktionen, die je nach ihrem tragenden Begriff oder nach der ungefähren Tendenz dann mit irgendeinem ..-ismus" bezeichnet werden. So stehen wir heute eigentlich noch mitten drin in der Auseinandersetzung mit jener grotzen Gruppe philosophischer Systeme, die man unter dem weiten Namen des Idealismus zusammenfatzt. Von Plato geht diese Linie über das Mittelalter zu Hegel und seinen Ge genspielern, die bis in unsere Tage hinein in mannigfaltiger Abwandlung ihre Stimme erheben. In irgendeiner Form kehrt bei jeder dieser idealisti schen Philosophien irgendwie eine Uebersteigcrung des Gedankens auf Kosten der Wirklichkeit wieder. Die Welt, wie sie ist, wird geivissermntzcn vergewaltigt von einem System, das den Anspruch erhebt, diese Welt zu erklären, sie tatsächlich aber nur verfälscht. Es mag dahingestellt bleiben, das; jene gedank lichen Kombinationen oft von einer grotzen und genialen Kraft der Denker, die sie schufen, zeugen. Aber wenn der Sinn der Philosophie nicht das geniale System ist, vor dem man, ohne es recht zu begreifen, in Bewunderung verharrt, sondern wenn man cs als Aufgabe der Philosophie betrachtet, den Sinn der Welt und der Dinge auszuhellen, dann mutz man dcts philosophische Denken immer an dem wirklichen Leben messen. Und so mutz das Kennzeickzen einer jeden wahren Philosophie di« Lebensnahe sein. Auf dem Umweg ül»er die Vernunft soll das. was vorher in Wirklichkeit rätselhaft und unklar war. nachher durch di« philosophische Erkenntnis deutlicher und begreiflicher werden. Denn Plato lehrte, datz die Wirklichkeit der Dinge nicht in den Dingen selbst liegt, sondern in einer in sich ruhenden Welt der Ideen, und das; die Wirklichkeit der Dinge eben an jenen Ideen gemessen werden mützte. so inttg das eine Methode sein, zu der verwirrenden Fülle der Dinge in der Welt einen gewissen Abstand zu gewinnen; aber es ist eine sehr gefährliche Methode, weil sehr leicht eine solclze Philosophie das Interesse von der wirklichen Welt ablenkt und unser Bewutztsein an ein Traumiand hängt, das nicht weniger genial als phanastisch ist. Ein ähnliches darf von Hegel gelten, jenem Denker, der nur von wenigen durchdrungen werden kann, weil er unendlich kom pliziert iii seinen Gedankengängen ist. Aber irgendwie, das Kanu gesagt werden, hat Hegel die Grenze zwischen den Dingen an sich, die in vbergrotzer Schärfe Kant herausgestelll hatte, ver mischt mit der Vernunft. Er hat also das, ivas das Denken meint, und das. was das Denken ist. irgendwie als eine Glei chung hingestellt; so legte er den Grund dazu, das; die Philo sophie der Vernunft eine so überragende Rolle zuschrieb, wie sie ihr einfach deswegen nicht zukommen kann, weil die Dinge in der Welt Realitäten und die Begriffe der Verminst Abstraktio nen sind. Es ist kein Wunder, das; sich aus den Kreisen der Menschen, die in der Welt wirken und lelien, naturhaft immer wieder der Widerstand geltend macht gegen jene Vergewaltigung der Wirk lichkeit durch den Gedanken, gegen die Ueberschätzung des In tellekts und die Mitzachtung der Wirklichkeit. Das hat oft zu liebertreibungcn aus der anderen Seite geführt, etwa in dem platten Materialismus des ausgehenden ttt. Jahrhunderts. Aber im Wesentlichen war der Materialismus eben eine Gegen bewegung gegen den übersteigerten Kult der Vernunft, der vor- aufgegangen mar. Und jenseits des philosophischen Krieges fiir und wider die Verminst hat sich gezeigt, datz die Mensche», die in der Welt schassen, unbeschivert von allen philosophischen Dok trinen, fast noch am meisten erreicht haben, ivenn sie, unbeirrt durch ,,-ismen" der Systeme, einsach aus der Situation ihrer Zeit und ihres Raumes heraus gewirkt haben. So sind in Deutschland im Laufe der letzten politischen Entwicklung Werke geschaffen worden, die aus dem Instinkt, nicht aber aus der Philosophie geboren wurden. Und es ist leicht verständlich, das; jene Menschen, die also aus die Bühne des Handelns getreten sind, sich dagegen zur Wehr sehen, wenn nun plötzlich irgendein ,,-ismus" diese Taten sür sich in Anspruch nehmen oder sie mit der Gloriole seiner Abstraktionen erklären will. Jenen Menschen gilt das Volk und der Stctat als das höchste Dina in der Welt der Wirklichkeiten. Und sicherlich hat diese Auffassung, wenn man sic von Blut und Boden her be trachtet, vieles für sich. Denn das Höchste aus Erden ist zunächst der Mensch. Ter Mensch lebt aber nicht als losgelöstes Wesen, sondern entfaltet seine Fruchtbarkeit und Fähigkeit erst im Rahmen des Volkes, dessen Blut in seinen Adern kreist. Und so ist das Volk noch höher als der einzelne Mensch, und im Kran,; der Wirklichkeiten der höchste und am feinsten durckMgliederte Organismus. Der Feldgeistliche Von Franz Franzltz. Sie haben ihn geholt, den Feldgeistlichen, von vorne. Von da draussen, hinter dem ersten Verbandplatz, der im Schutz des wcithingestreckten, flachen Erdhiiaels liegt, »n Tosen und Bran den der Schlacht um das Dors X. Er ist notivendiger hier als ganz da vorne. Wenn er auch schiver sich trennte von seinen Schutzbefohlenen, die dort zusammengetragen wurden, ivenn der Geistliclp! cs auch fiir seine Pflicht und Aufgabe hielt, gerade dort vorne zu sein und Trost zu spenden, zu segnen, Sakra mente zn reiclzen, noch mehr Arbeit wartet hier auf ihn und seine lindernden, helfenden Hände, sein« begütigende Stimme. Mit einem der rasenden und torkelnden und schwankenden, schnaubenden u. kreischenden Lazarettantos kam er eben zurück, hierl-er, ins Feldlazarett. Schwester Elisabeth kennt ihn gut, den Priester, den Prediger der Division. Sie griitzen sich kurz. Kein« Zeit zum Reden, zum Plaudern. Schon während der Fahrt in dem Todcswagen ist mit ihm, mit seinen tröstenden, lindernden Worten, mit den sest zugreisenden und stützenden, blutbesudclten Händöli Gevatter Tod als blinder Passagier dabeigesessen und hat zugegrissen. Zwei Tote laden sie aus. Denen nichts mehr ivch tut. Glatt sind ihre Gesichter, Friede liegt daraus. Schwei gend überreicht der Geistliche der Schwester Elisabeth die kleinen Habseligkeiten, die Briestasäje, die Erkennungsmarken, Uhren, Ringe. Schweigend geht der Goltesmann an die Arbeit, folgt der voranschreitenden Schwester, hinaus, in den iveiten, weilen Saal. Wartet seines Amtes, drängt sich keinem auf. es sei denn, er riefe . . . Und sic rufen. Sic bitten. Sie flehen darum. Männer, Harle, echte, starke Männer, Soldaten in des Wortes wahrster Bedeutung, die zeigen sich nicht gerne klein und hilf los, armselig und trostbedürstig. Sie Kämpfen, sie ringen ver zweifelt um Haltung. Sie stemmen sich dagegen, mit der letzten, allerletzten. erlösä)enden Willenskraft ... sic wissen, datz dann die letzte Station erreicht ist in diesem Erdenlelren. ivenn der Lebenswille verflackert und der eisige Todeshauch schon in den Adern sitzt, wenn der harte und zäl>e Griff am Herzen kältet und im Hirn, der das Vewutztsein nimmt und Abschied bedeutet, Abschied vom Leben . .. Ist auf der Grundlage einer solchen Lebenshaltung Philo sophie überhaupt nicht mehr möglich? Sie ist dann möglich, wenn sie den Dingen, die aus innerer Notwendigkeit geworden sind, gerecht wird und wirklich zu ihrer inneren Erkenntnis und Wesensschau weiterdringt. Die vordringlichste Aufgabe einer solchen Philosophie mutz natürlich die Klarstellung jener beiden grotzen Faktoren sein, di« seit jeher die Grundkräste aller philo sophischen Spannungen waren, der Vernunft nämlich und der Wirklichkeit. Die Möglichkeit, datz es Wirklichkeiten gibt, die über die Wirklichkeit des Volkes hinausgreisen, wird im Ernst von nie mandem bestritten. Das Dasein Gottes zumindest«»» in irgend einer Form wird anerkannt. Und es lassen sich auch keine zwin genden Gründe dagegen anführen, warum nicht zwischen jenem Gott und jenen Dingen, die wir als Wirklichkeit zu durchschauen vermögen, noch ander« Dinge liegen, die die Apparatur unserer Sinne und Begriffe nicht oder nur andeutungsweise erreicht. Es wär« übereilt, die Ausweitung der Welt der Wirklichkeit Land der schöpferischen Gegensätze zu sein die alle Regun gen des deutschen Seelenlebens umspannen, ist die naturgegebene Bestimmung des Sachsengaues. Darum sind«» sich wohl nirgends wie hier so viele arlxntszühe, flcitzige und geistig bewegliche Willensnaturen, die nach Erfüllung ihrer Alltagspslichten aber auch beschaulich und gemütstief sein können. Sie haben nicht nur die schicksalsreicl)e tausendjährige Geschichte ihrer Grenz landheimat soldatisch gemeistert, haben sich nicht nur zu werk tätigen Schöpfern eines Industrie- und Wirtschaftsgebietes erster Ordnung durchgerungen, sondern genietzen auch den Rus, das Volkstum der grotzen Denker und Dichter, der religiösen Grüb ler und Künstler, nicht zuletzt der genialen Musiker zu sein. Ge rade in diesem gesunden Gegenüber von weltosfenem, rationa listischem Wirklichkeitssinn und mystischer Verinnerlichung of fenbart sich der Reiz der sächsischen Wesensart mit dem Unter schiede. datz im Vogtland, Erzgebirge und Lausitz der Hang zur 'Mystik und im meitznisch-osterländischen Flachland der Zug zum Rationalismus stärker ausgeprägt ist. Dort aber, wo beide Seelcnhaltungen zu einem höheren Ausgleich zusammenstreben, liegen schon seit Jahrhunderten, landschaftlich gesehen, die stolzen Stätten geballten sächsischen Werksleitzes und Kulturschaisens Dresden, Leipzig und Zwickau, die teils als Geburts orte, teils als Wahlheimat grotzer Deutscher führende Mittel punkte des ganzen Reiches sind und von hier aus das gesamte deutsche Geistesleben entscheidend beeinslussen. Hier mischt sich das hohe Lied tiefgründiger Weltweisheit und sormenschöner Kunstgestaltung in den treibenden Rhythmus der Arbeit und des Verkehrs — und ist doch ein Lied von Klang, das Lied der deutschen Romantik. Diese hat somit nichts zu tun mit spuk hafter Phantastik, die einer leidenschaftlichen Gefühlserregung entspringt, sondern ist der edle Zusammenklang von Verstand rind Gefühl, von Wissen und Glauben, von Wahrheit und Dich tung. von Wachen und Träumen und schlietzlich von Arbeit und Ruhe. Sachsens Beitrag zur deutschen Romantik Nicht zufällig wurden darum diese drei sächsischen Städte für die deutsch Romantik in der ersten Hülste des 1!>. Jahr hunderts bedeutungsvoll. Während Dresden als Hauptsitz der romantischen Kunst, Dichtung und Musik an die Spitze dieser neuen Knlturbewcgung trat, schenkten Leipzig und Zwickau dem Rcicl)e die beiden Grotzmeister der romantischen Musik: Ri chard Wagner und Robert Schuman n. Diese schöpften sowohl aus dem Erbe ihres Geschlechts und den Biidungsgrund- lagen ihrer Zeit als auch aus der artgebundenen Tradition ihrer Sachsenheimat, zu der sie sich immer wieder mit freudigem Stolz bekannten. Denn sie spürten nicht nur die kraftvolle Begeisterungsfähigkeit der Sachsen für neue revolutionäre Ideen in sich, sondern trugen auch den Drang nach umfassender Bil dung, eine starke Phantasie und eine hohe künstlerische Be gabung im -Herzen. So sehr sie aber in glcicln'r Weise mit diesem köslliäjen Sachsenerbe gesegnet waren, so sehr waren sie mensch liche Gegensätze. Darum verlies ihre erste gemeinsame Begeg nung in Dresden, die für sie von grötztem Nutzen hätte werden können, voller Enttäuschungen. Wagner war entsetzt über die Sic haben sich die Arbeit geteilt, vorne, am ersten Verband platz, bleibt der evangelische Kollege, hier, im Feldlazarett, auf Wunsch des Chefarztes, auf Weisung der Division, die an alles denkt, maltet der katholische Priester seines Amtes. Hilst Ster benden sterben . . . Hilst, die schmale, messerscharfe, schwankende Brücke beschreiten, die hinüberführl in das Jenseits, zum Frie den. zum Erlöschen, zu Gott. Das Sterben nm laufenden Band, im Feldlazarett, dort, wo Rettung kommen soll und Hilfe, dort, wo gegen das Verbluten gekämpft wird, mit allen Mitteln von Technik und Geist, mit allen Errungenschaften der Wissenschaft, im Saal der Schmerzen und der Wunden, lern der Heimat, be treut von Frauen-Schneestern-Händen. das ist bitterhart. Der Gottesmann hier, das ist einer von ihnen selbst, ein Landser, ein Soldat. Der trägt das E. K. I zu Recht, der hat nur einen Futz. Der andere, der modert . . . vorne, irgendwo in Frankreich, von früher her. als noch ^Bewegungskrieg war. Leise knarrt dann und wann die Prothese. Der Mann, im feldgrauen Priesterrock, in der verdreckten Uniform, an der Blut klebt und Schweis; und Tränenspuren Flecken hinterlictzen, der hat Männerworte Keine hohlen Phra sen, keine glattflietzenden Mendmigen und Tieschwörungen, keine abseitigen, welt- und kriegsfremden Gemeinplätze. Er streut sei nen Gottessamen dahin, dorthin. In offene Herzen, in gläu bigwerdende Sinne. Er hilft beten. Behutsam, vorsichtig, ver stehend. Er versteht es, längst verschüttete Kindergelrete wachzu rufen. Saiten schwingen zu lassen, die in fernes Kinderland führe», er gibt den Zagen Trost, den im Sterben grotze Festigkeit. Wimmern und Stöhnen, grelle Schreie zucken auf. dazwi schen Atempausen, Röcheln, Lispeln, Flüstern. Brcct)«nde Augen verlangen nach ihm. Fiebrige Hände um klammern seine Arme. Er streicl)elt die waidwunden Männer, die Alten und die Jungen. Er sänftigt die Delirien, trocknet die Schiveis;büche, hilft verbinden, lagern, betten. Hilst aufstützen, dann, wen» der Kampf einsetzt . . . und dann, dann gibt er den starren Augen Ruhe und Frieden, drückt sie zu. Stunden um Stunden, ohne Rast und Rulze, ohne Pause, den Tag Uber, die unruhige, kreisende Nacht hindurch. <Aus: Franz Franzis;. Wir von der Somme. Drei Fronten um «in Dorf. 8° sVIIl und 398 S.) Freiburg im Br«isgau 1V3Ü, Herder. 3,40 M.; in Leinen 4,50 M s über das unseren Sinnen und Begriffen Zugängliche von vorn herein aus der Diskussion zu lassen. Nur darf sestgehalten wer den. das; irgendwelchen rein philosophischen Kombinationen über jene „Ueberwelt" mit Misstrauen begegnet werden wird in dem Matze, als durch sie die Welt der Wirklichkeit, wie sie sich uns Mensüxn darbietet, in ihrer natürlichen Geaelrenheit ver wischt oder ins rein Intellektuelle umgebogen wird. Wie im einzelnen der Weg der Philosophie zu einem um fassenden Weltbild führen kann, das die berechtigten Ansprüche des Menschen hineinnimmt, ohne dabei aus der einen Seile die Tatsächlichkeit der Dinge zu beeinträchtige» oder aus der ande ren Seite die aushellende Kratt der Vernunft zu gering anzu schlagen. das zu umreitzen und im einzelnen darzutun, mutz jener Philosophie der Zuknnst Vorbehalten bleiben. die nieder ein Zeitungsartikel noch ein mehr oder minder geistreiches Gespräch vorwegnehmen Kanu. Den Mangel aber einer solchen in allem befriedigende» Philosophie kann die Menschlpit immerhin so lange hinnehmen, als es ihr möglich ist aus den Krüsten, di« in ihr liegen, das Leben so zu gestalten, wie es dem Drange ihres Innern entspricht. Aus den Mängeln und Unvollkommen heiten des Tuns erwächst dann der Wunsch, mit den Krüsten der Vernunft das auszuhellen, was der Instinkt allein nicht zn er klären vermag. Sa bleibt die Philosophie, obwohl zum Leben wesentlich nicht nötig, doch ein Wunschziel, das das Bild der Welt und der Dinge abrunden soll. sonderbare Verschlossenheit Schumanns, und dieser verurteilt« den Komponisten des Tannhäuser, weil er unaushöriich redete. Noinantisches Zwickau Da Robert Schumann am 8. Juni 1810 in Zwickau geboren wurde, stand seine Wiege in einer der reizvollsten damaligen Kleinstädte der sächsischen Provinz, wo sich erzgebirgische. vogt ländische und siachländische Art segensreich vermählen, so datz sich hier eine Pslegestätte, sowohl der Arbeit als auch der Bil dung und der Kunst entwickelte. Das Gewandhaus der Zwickauer Tuchmacher aus dem Mitelalter, die Lateinschule und die gotische Marienkirche mit der Bildhauerkunst Peter Breuers sind dir ehrwürdigen Wahrzeichen dafür. Das war auch der rechte Ort, wo ein romantisches Talent wie Schumann heranreisen konnte. Hier mochte er so recht eigentlich von Jean Paul und E T. A. Hoffmann träumen und für Beethoven und Schubert schwärmen, bis die Flamme der Dicht- und Tonkunst in ihm selbst zündele. Dichter oder Ronrponist? — Beides Solchen Trieb zu eigenem Schassen spürte der Sohn de» kunstsinnigen Buchhändlers und Verlegers Schumann schon früh, zeitig in sich. Hatte er sich in der kameradschaftlichen Ver einigung des Zwickauer Gymnasiums lebhaft au der Pflege der Dichtung und Musik beteiligt, so sand er bereits mit tt> Jahren seine eigenen Wege zur Kunst. In sormgcwandten Versen pries er diese und hielt eine bekenntnismutige Schulrede ..Ueber die sinnige Verwandtschaft der Poesie und Tonkunst". Wenn er auch notgedrungen 'nach dem 'blesuche des Gymnasiums in Leipzig und Heidelberg die Rechte studierte, so verschönte er sich die Zeit durch 'Musik und Lesen romantischer Dichtungen, bis der Künst lerwille in ihm siegle. Allerdings mutzte er den Gedanken an die Pianistenlausbahn aufgeben, da er sich durch übertriebene Fingerübungen eine Lähmung der rechten Hand zuzog. Mit um so gewaltigerer Hingabe betätigte er sich nunmehr als Schrift steller. Herausgeber. Kritiker und Komponist. 1»34 gründete er die „Neue Zeitschrift sür Musik", die bald im deutschen Musik leben von grötzter Bedeutung wurde, denn sie war das Kamps organ der „Beethovener" gegen alle Plülisterei und Seichtheit in der Kunst. Was hier der kühne Sachsengeist Schumann an Aussätzen, Aphorismen und Kritiken herausbrachte. überbot alle Werke der Zeitgenossen auf diesem Gebiete weit durch Geist.s- sckärfe, Erfindungskraft und meisterhaste Sprachgewait uyd ge hört zu den ersten und bedeutendsten Ansätzen einer deutschen Kulturpolitik. Insbesondere ist Schumann der erste gewesen, der die Bedeutung von Berlioz. Chopin und Brahms rechtzeitig erkannte und mit gebührendem Kampfgeist hervorhob. Uel>er- dies entsprach es völlig seinem romantischen Denken und Fühlen, das; er einen geheimnisvolle» sogenannten „Davidsbund" zu nächst erfand, den er sich zum Sprachrohr an die Leserschast machte, bis dieser wirklich ins Leben gerufen war. So meisterhaft sich auch Robert Schumann als Schritt- steiler und Kritiker betätigte, so begnadet war er an künst lerischer Formgewalt, als er seine ersten Tonwerke schuf. Mit Recht hat Hans Pfitzner das Urteil gefüllt, das; „nicht Beethoven und nicht Mozart, nicht Bach und nicht Wagner, noch sonst ein Komponist mit solcher Meisterschaft, solcher Originalität iolcher Vollendung in sich bei seinem Schassen eingesetzt hat wie Robert Schumann". Schon die Klavierwerke aus den ersten Schassens jahren — die „Pavillons" op. 2, „Davidsbündlertänze" op. 6. „Sonate in sis-moll" op. 11. die ..Fantasiestücke" op 12. die „Sinfonischen Etüden" op. 13, die „Kreisleriana" op 16 und die bezaubernden „Kinderszenen" — verralen die geradezu un erreichbare Künstlerschast des genialen Sachsen, die alle Stuttn von dämonisch-spukhafter Phantastik bis zu i'onnenhaster Klar heit, von leidenichastlicher 'bieivegtheit zu rulzender Stille, von Trauer zu Jubel, von eisiger Kälte zu gettihlsinniger Wärme durchläuft. Sie ist Musik und Dichtung zugleich. — Auch die Fülle der Lieder, Orchesterwerke, Kammermusik. Chorkomposi tionen und O;>ern. die der Meister während seiner kurzen Kunst- lerisäzen Laufbahn in wahrhaften Rauschzuständen hervor- zaulrerte. atmet ganz diesen Geist der dich««risch-musikalischen Romantik. Ob Schumann die Perlen der deutsclren Lnrik von Rückert in seinem ..Liebessrühling" op. 37. von Eicliendorss im ..Liederkreis" op. 39 und von Chamisso in ..Dichterliebe. Frauen- lielx' und Lel>en" op. 42 oder von Goethe. Hebbel. Lenau und Gcibel in einer anderen Reihe von Liederhesten vertonte ob er Sinfonien oder Kammermusik komponierte und ob er Chor- nvrke mit Orchester wie „Das Paradies und die '4K.ri". „Der Rose Pilgerfahrt" und Byrons „Manfred" oder „Szenen aus Goethes Faust" und die romantische 'Märeizenoper ..lOenoveva" nach -Hebbels Dichtung tondichterisch gestaltete, immer offen barten diese sinnfällig das Herz eines poetischen Munkers. des sen sächsisches Erbe ihn reich machte an Lelviisfülle und Le bensfreude, an leidenschaftlicher Aufwallung und friedvoller Träumerei, an Formenkunst und begnadeten Melodien. Llara Wieck Vielleicht wäre dieser künstlerische Zegensstrom nicht so guellfrisch ^flössen, hätte nicht eine innige Liebe den grotzen Meister mit der Tochter seines Leipziger Musiklehrers, der berühmten Pianistin Clara Wieck verbunden. Zwar wurde Sie Verlobung der beiden Lielxnden durch Claras Vater mit un- vei stündlicher Roheit zerstört, indem dieser Sie Tochter nach Wien verbannte. Aber Schumann reiste im Herbst 18-38 nach, und nun scheuten die beiden selbst ^richtliche Auseinander setzungen mit dem alten Wieck nicht, um das oäterliäze Jawort zu erringen. Endlich im September 1846 konnten sie die Trau ung in einer stillen Dorfkirche bei Leipzig vollziehen. Die hell tönenden Anfangsfanfarvn und die lustigen Neckereien der „Frühlingssinfonie" sB-Dur Nr. 1 op. 38) geben Kund« davon. Robert Schumann, der musikgewaltige / Inin Gedenken an den romantischen Genius / der deutschen Musik — 2Y. Juli ^850 Sachsenerbe