Volltext Seite (XML)
WMWe ba« Prot»t»L geführt »al. an, was GrSschk« «»er toummntflUche Waff«e1ager nsw. gesagt habe, set bi^rch dir Zlutzitzpe« bet ter Mernchniung im allgemeinen bestätigt' worb«. Die Bernehninng wurde von Obcrsäbnrick» Becker »oraenommen. *n der Strrestzelle waren noch Lchiburr und. Nrtitz. SSeun Gröschlc mit der Antwort zögerte. »'inbr er geschlagen; von Becker sei aber der Beseht dazu nicht gc- geöcn worden. Maior Bnchrncker, der zurzeit wegen des Küstrlner PiUschr» eine zehnjährige Festungshaft in (öollnoiv verbüßt, wird vnrgeslihrt. Ter Bvrsitzcndc fragt Ihn, ob von ihm mit Schulz der «Hali eines Verrates erörtert worden sei, z. B. die Abgabe von 20 000 Schutz Mnnition an die Kommunisten d>.rch Gädicke. .ienge Bnchrncker erwidert: Auf derartiges mußten wir vorbereitet sein. Deshalb segelte.ja die ganze Lache auch unter falscher Flagge. Ter Beuge berust sich alif die Tenlschrist des Rcichsivchrniinistcr» »nd Mitteilungen, die ihm ein Rechtsanwalt Tr. Mott aus Ltnttgart über eine Unterredung mit dem RcichSwchrminister voni 13. Aug. 192« gemacht liabc. Er, Buchrucker, habe den Herren !m Laud- lagsuntrrsnchnugsansschuß viel zu wenig gesagt, hier aber wolle er die ganze Wahrheit sagen. Der Ächrministcr habe sich dahin geäußert, datz durch Buchruckcret Handlung beim »tnstrincr Putsch das vorsichtig aufgebantc Berteldignngs- instem gegen Osten zerschlagen und vernichtet und damit dem Vaterland ein unermeßlich großer garnlcht wieder gutzu machender Schaden zugrsttgt worden sei. Als der Oberstaats anwalt und der Vorsitzende den Zeugen ersuchen, sich mehr zur Lache zn äußern, bemertt dieser, er «volle bloß klarlcgcn, in welchem Milieu die Angell.agtrn gehandelt hätten. Vs sei ein wesentlicher Unterschied, ob sie sich gegenseitig tvtgc- schlageu hätten bloß i,n Dienst der ArbcitSkoinmandos zur .'.erstörung von lassen oder ivcil ihnen cingeschärst worden ei, daß cs sich um ein vorsichtig ausg.ebantes Vrrtcidiguiigs mstem bandle, von dem niemand etwas erfahren dürfe. Der Beuge sagt weiter auS, er habe über die Frage, ob Leute ,u beseitigen seien, mit Oberleutnant Lchulz niemals gespro chen. also auch nicht darüber, daß man dazu teilte wie Fahl busch, Bnsching und ttlapprvth gebrauchen könne. Alle, diese Fragen könne er mit einem Nein beantworten. Benn übri gens Lchulz hätte jemand beseitige» wollen, daiin würde ein Mann wie Lchulz de» Betreffenden selbst totgcschlagen haben und cs sei ausgeschlossen, daß er dazu andere vorschicbc -Der <!cugc wird gegen den Widerspruch der Ltaatsanwaltschast vereidigt. Der ,icugc Fischer, der vor der Polizei nnd dem Unter suchungsrichter den Oberleutnant Raphael schwer belastet bat, crinnert sich jetzt nicht mehr genau an seine früheren Aus sagen und wird allmählich so in die Enge getrieben, daß er nur noch folgendes aufrecht erhält: Oberleutnant Raphael sei, als der Beuge Posten stand, mit zwei Freiwilligen in die e'.ellc gctoli7mcn nnd habe Gröschke mit einer Peitsche ge schlagen. Vorher seien dem Gröschlc die .ülcider vom Lcibc gezogen worden. Daraus sei die vielte assen gelassen worden, damit jeder hincingeltcn tonnte, nm Gröschkc zn schlage», b'inen Beseht zur Ofseulaiinng der Belle oder zum Prügeln bat der Beuge aber von Raphael uicht gehört. Angetl. Raphael bestreitet demgegenüber eutschicdcn, jc- mal--> eine Reit oder Hnndcvcitsche besessen zn haben. Beuge Borcherdt hat gehört, wie Gröschtc auf der Bache ohne be- soudereu Bwaug gestanden habe, er sei Kommunist. Rachhcr sei »'«röschte verprügelt worden. Ingenieur Rnchwedel belnndct gehört zu habe», wie i7beriähnrich Becker den weiteren Mißhandlungen Gröschses entaegcntrat. Der Fortwächtcr Bagner erklärt, er habe Oberleutnant Lchulz bei dessen Besuchen immer begleitet; Lchnlz habe die Arrestzelle des Gröschkc nicht ausgesucht. Hieraus trat die Mittagspause ein. Gerichtssiml. Ein Brirsmarkcnschwindlcr der übelsten Lorie hatte sich in der Person des l7jährigcn zn Leipzig geborenen Hand lungsgclnlfcn Friedrich Franz E n k e- vor dem Lchösfrn- gcricht-Vlre-m n itz zn verantworten. Der Allgeklagtr, der schon rund ei» Jahrzehnt B>nchlhans hinter sich Ml nnd zu lebt im Mürz iviedcr zu einem Fähre B.nchtltans verurteilt wurde, wird vor dem ärztlichen Lnchvcrständjgen als gei stig sehr beweglich, aber degeneriert und vermindert zurcch nungsfältig bezeichuct. Dar- hat ihn freilich nicht daran ge hindert, ciue» ganz gerissenen Briesmarkeuschiviudel zn inszenieren. FiN November vorigen Jahres ließ er sich von einer Lchwcizer Firma ans Grund einer Bcitnngsanzeige eine Answahlscudnug Lchwcizer Marken im Berte von Atlm Lchwcizer Franken gegen sofortige Kasse nach Erhalt schicken. Las war natürlich ausgesprochener Betrug, denn Enke war zu dieser Beit vollständig mittellos und hatte auch keinen iläufcr an der Hand. Unter falschen Bvrspiegelungen gelang cs Cnke, einen B»ählungsaufschnb bis zum Januar zu erhalten, und dem vertrauensseligen Lchwcizer Markcu- bänbler «och zwet-wettcre Gerrdungenim Sorte «o« 5» »nd 2L00.Franken beeaarEvcken Tä tr aber mit den Marken duck 20 Echtticttsatteste erhalten hatte, lam er auf «i»e neue Idee. Bo» einer Genfer Firma ließ er sich Neudrucke die srr Marlen Herstellen und versuchte sie unter Benutz««« der Echtbcitsattrste z» veräußern. Bei einem vhemniher Händ Irr Halle er allerdings lein Glück, dagegen erschiviudeAe er sich mit ihnen auf Grlllld eines schriftlichen Angebotes von einem Berliner eine Anzahlung von 170 Mark. Auch einer Bremer Firma verstund er es unter falscher Borspiegelung eine Markenanswavlsendung abznscknvludcln. tvährend es bei einem Nvrdcrneucr Briesmarken ha i»se nur beim Ver suche blieb..-- Das- Gericht warf für diese Straftaten al« tlinzelstrasen tl Fahre B Mvuaie Buchtlmus aus und bilde!« daran« zu der bereits verhäugleit Buchlhnnbstrase eine Zne sahst rase von l Hlahr l> Mönaketl. ? 8cN«erkSrige können selbst in hartnäckigen nnd veralteten Fällen mit unseren neuesten arztl. empfohlenen Apparaten sowrt gut küren! lleberraschendc Laut- nnd Fernwirknng. Unverbindliche Vorführung nm Donnerstag. den 4. Nov. von 9—12 Uhr im Hotel Deutsches Haus in Riesa. Tcntfchc Otovhonc Eomv. G. m. b. H. Frankfurt a. Al., Ulmenstraße 47. Hm« Wn sie Rislnl RM«? «dz. Im Fahre 1 »21 betrug nach den Ergebnissen heg Statistische» Reichsanit» die ltzcsamtzahl der Stebbefäll« im Deutsche« Stetche 700000 gearn rund 860000 im Fahre 1923, oder, aEtausenb Lebende berechnet, 12,2 gegen 13,9. Die schon seit Fahren beobachtete Abnahme der Sterbe- fäll» ilt bei Kleinkind:rn bi« zn .1 Jahren am bedeutendsten <84 ".»). Als TodeSmsache stehen im allgemeinen an erster Stell« die Krankheiten de« Blutkreislaufs: «S starben daran im Jahre 1924 in Deutschland los 500 Menschen. Weiter starben, nach Zähkenarößen-Klaffen gegliedert, an Lungen entzündung und anderen Krankheiten der AtmungSorgan« 88 400, a» Altersschwäche 87 500, an Tuberkulose S0 500, an Krebs 60 500. an Krankheiten der VerdauunaSorgane 58000; an LebenSschmäche (Kinder) 47 000, Tehirnschlag 40 000 und an Nervenkrankheiten 31 500. Bezüglich der Verteilun« auf die Geschlechter zeigt sich, daß der Anteil der Todesursache der Frau dem des Mannes bei Alters schwäche ttm 15 000 Fälle, bei Krebs um 7000, bei KreiS- taniftöeungc» u«n 6.000,.bei Grhirnschlaa um 3000 nnd bei Tuberkulose um 2000 übertrifft. Mehr Männer als Frauei« starben dagegen an den Krankheiten der AtmunaSorgane, an Lungenentzündung 6000 und an Lebensschwäche und Bildungssehlern (Knaben) 6000, an Nervenkrankheiten 3000. Die wichtigsten Todesursachen in den einzelnen Alters- klassen sind in« SänglinaSalter die Lebensschwäche, Ver- dauungS« und AttnungSkrankheiten, im Kleinkinderalter Atmungs- und JnsektionSkrankbeite» nnd, besonders bei den 15- bis 30-jäbrigeli, die Tuberkillose, bei Männern „außerdem UuglückSfälle. Von den im Alter von 30 bi« 66 Jahren GesMheiM ballei> die meisten als Todesursache Kreislaufstörungen cinschl. Gebirnschlag, Tuberkulose und Krebs. Bei den 60- bis 70-jährige» treten außerdem die Krankheiten der AtmnngSorganc in den Vordergrund. Die über 70 Jahre alten sterben schließlich an Kreislauf störungen nnd Altersschwäche. . Inder srachmittaOtzsttz«,« wird zunächst der Techniker AostA I«"»mn»en. der in der Voruntrrswchuna augegebrn iü Spandau sei allgemein davon gesprochen worden, Klapproth habe der Mordkommission zur Beseitigung von Verrätern angehört: er habe einmal in der Kantine , qesaat, e« sei leicht, kiuen Menschen durch zwei Schüsse in de» Hutterkopf »im di« Ecke zi« dringen. Der Zeuge erklärt, er habe da« durch andere Kameraden gehört und er-sei einmal zu Oberleutnant Schpkz geschickt worden, MU in die Kr!,iiinalabteilnng zur Ueberwachung von Ofsiziertn, Unter- osstzirre«« und Mainischaste» eingestellt »u werden. Dabei sei ihm augedentrt worden, men» er nicht seinen Mund halte, werde es ihm lehr schlecht geben. Darum bade er versucht, möglichst bald von der Schwarzen Reichswehr sorlzukpmmeu. Der Bnaettaßte Schulz erwidert hierauf, daß ihm von einer Krinlinnlckbteiluua absolut nichts bekannt sei. Daß die Todesstrafe angedroht sei, Wäre «in glatter Unsinn. Dem Zeuge» Kaufmann Berg, seinerzeit Feldwebel in ! Berlin, will es ansaefalle» sein, daß sich der Angeklagte Vogel nach der Rückkehr au« Küttrin in großer seelischer Erregung befunden habe. Er habe aber der Sache keine Bedentung beiqesegt. Bei einer Untevreduua mit Vogel habe dann dieser gesagt, c; bestände «ine Feme, Büsching nnd Klavproth wären dabei. Die Verräter würden iraend- wobin kommaitdiert nnd dann im Anto von Hinte» erschossen. ,, > Der Angeklagte Bogel bestreitet eiitickieden die An gabe» des Zeuge«. Der Ausdruck Feme sei in jener Zeit bei de» ArbeitSkommandoS überhaupt uicht gebraucht worden. Zeuge Piel-Berli» erklärt, daß sich seine früheren Aus sage» über die Bestrainng von Verrätern mit dem Tode nur ans Gerüchte» auibauteu. Der Zeng« Kriminalkommissar Etnmm konnte nicht« wesentliches über eine etwgige Jemetiitigkeit des Ober leutnant« Schulz bekunden. Im Berlaüfe der Berurknüung dieses Beugen kömmt es zu Auseinandersetzungen über die Persönlichkeiten der Zeugen Schmidt Halbschnh (bereits von, UlitersiichungSaNSschim des Preutzischei« LangtagS ver nommen) und von Albert. Das Gericht beschließt, diese Aussagen als für den Fall Gröschke unerhedlich nicht zu bcriicksichtigcü. Die Zeugenvernehmung wnrde heute Dienstag vor mittag fortgesetzt. Die Gründe bcz Professvl-z drangen durch 2lllgcniein erklärte man sich für eine Besichtigung des heiligen Felsens am nächsicn 'Abend. Für heute sei cs teider zu spät. Zudem lockte bic Ltabt und ihrs nun in glänzender Licht Helle liegenden Slraßen. Biele warteten bas Ende der Mahlzeit gar nicht ab und zerstreuten sich noch während des Diners in alle Winde, getrieben von einer geheimen Sehnsucht, die jeder suhlte und doch nicht zu deuten wuple Slsla Verger saß an jenem Abend in ihrem Hotel zimmer an dem zierlichen Schreibtisch und versuchte, einen Brief an Fulie Frank zustande zn bringen. Die elektrische Krone war ausgeschaltet: die kleine Stehlampe auf der Tischplulle wari lange Lichtbandcr in das dunkle Zimmer, auf den weißen Briefbogen, auf die schlanke Hand. <!nd diese Hand zitterte nnd der Geist versagte. Siska sand nicht die richtige» Worte, um da» auszudrücken, was in ihr lebte. ^rei oder viermal hatte sie von neuem begonnen, donn legte sie die Feder beiseite. Sic erhob sich und trat oiw offene Fenster. Das, was in ihr stürmte und wogte, das lieg sich ja doch nicht in Worte kleiden, noch viel weniger nicdeischreiben. Zn schwarzer Nacht und rinnendem Mondschein lag die Stadl. Ihrem Fenster gerade gegenüber thronte die Vuig von 'Athen, gleich einem Diadem auf kantiger Königsstiln; taghell beschienen vom Pcrlmutterglanz der blank im indigofarbeucn Himmel hängenden Mondscheibe. «Schwere llhrschlägc tönten von dein unsichtbaren Turm irgendeiner Kirche. Der Klang eines Glockenspiels folgte und erfüllte die 'Nacht mit seiner harmonischen Stimme. Ein weltentrücktes Träumen war wieder über das ,ungs Mädchen gekommen, und weit, weit schweiften die Gedanken, bi- sic sich verloren im bunten Reich der sehnenden Phantasie. Was lag daran, wenn die Seele ihre Schwingen entfaltete und weit hinwegflog vom Nest des eigenen Ich? Sie kehrte doch wieder gehorsam zuruck, und s>c selbst war wieder Siska Berger, die sich bongte und verzehrte uni den Vater und ein nieder schmetterndes Geheimnis schweigend mit sich Herumtrug, damit er glücklich sei. Hinter den Fenstern des von grünlichem Phosphor licht umflossenen Restaurant» Eonventgarden, das am ent gegengesetzten Ende des Gcorgsplatzcs lag, schimmerten die zahllosen Lichter der elektrischen Kronen durch di« Nacht. Zeitweise klangen verlorene Getgentöne bis herüber zu Franziska. Die Anlagen vor dem Hotel entsandten einen berückenden Llütendust. Der Frühling war da unten im Süden zeitig ins Land gekommen, und überall wehte» schon seine farbigen Banner nnd Fähnlein. Ein Gedanke stieg in Siska aus; ein Gedanke, so brutal und selbstsüchtig, daß sie davor erschrak. Hatte sie nicht dem Vater unendlich viel gegeben, vielleicht den besten Teil ihrer selbst? Weshalb nahm er nun so wenig Rücksicht auf sie, verriet ihre gute Mutter an diese -- an diese — — Sie schloß das Fenster und trat zurück. Ein lahmendes Entsetzen überkam sie, und zitternd jchlug sic beide Hönde vors Gesicht. Rein, nein; nicht solche Gedanken» nicht solche Ge danken ! Der Vater war edel und gut, er hatte gehandelt, wie er hatte handeln müssen. Ihn bürstete nach seinen« Glück, wie sie dürstete nach dem ihren. Daß er es nicht fand wer mochte ihn darum schelten ? üinmer feuriger funkelten draußen die Sterne am schivarzblauen Himmel; immer stärket? wurde das silberne Rieseln, das sich niedcrjenkte aus das phantastische-Ge- wirre von Türmen, Kuppen, Zocken Und Zinnen, das sich schweigend in die blanke Nacht yineinreckte. Schwüler und jinnberückendcr jubilierten vom Eynventgarden her die Geigen. „Sehen wir einen Augenblick hinein?" meinte Dr. Sandor zü Frühwald, wahrend sie den geräumigen Georgs platz überschritten. „Ich verspüre zum Schlafen nicht di« mindeste Lust. Nicht zuletzt offenbart sich in solchen Lokäldn du» Niveau der Bevölkerung einer Stadt am »iigeschMinttesten." Frühwald zögerte einen Augenblick; Zu solch vor gerückter Stunde hatte sich, wie er wohl wußte, die respektable Welt längst aus den Räumen des Convent- gardens zurückgezogen, und die grauköpfige und flaum bärtige goldene Jugend Athens dominierte. Mein er bog dach nach dem Restaurant ab- „Meinetwegen," lachte er; „sehen wir bei einer Tasse Kaffee einmal zu, wie ein kleines Geschlecht beim Knallen der Ehämpagnerpfrvpfen seine großen Ahnen vergißt und seine eigene Würde mit Füßen tritt!" Erne feuchte warme Luft schlug den beiden Herren entgegen, als sie den kolossalen Glasraum de» Restaurant» betraten. Es war noch ziemlich still. Man saß an kleinen Tischen und in den geheimnisvoll von bunten Glühbirnen erhellte» Tropfsteingrotten, über welche üppig wuchernde Blumen in laugen bunten Ketten herabhmgen. Gezahnt, gefiedert und gezackt hoben mächtige Palmen ihre schlanken Säulenschäfte aus riesigen Kübeln bis unter die kühn ge- schwungene Eisenkonstruktion der Decke. Einige mächtige Glaskugel«-streute» gleich ungeheuren Opalen ihr bläulich gedämpfte» Licht aus über Palmen und Blumen und Menschen. Der Kaffee duftete in den zierlichen Schalen. Spöttisch ließ Frühwald den Blick nach einem etwas entfernten Tisch hinüberschweifen, an welchem ein Fremder, anscheinend ein russischer Magnat, den Champagner in Strömen fließen ließ. „Ein reicher Lojare" — in Griechenland gilt jeder reiche Fremde slawischer Abstammung als Bojare —, er zählte dienstbeflissen der sranzöstscke Kellner. „Seit einer Woche verbringt .er jede Nacht hier. Jeden Nachmittag bezahlt er im Hotel seine Rechnung, um abzureisen, und sitzt am Abend wieder hier im Eonventgarden. Jrühwaw kräuselte die Lippen und wollte etwas er widern, als er in einem eintretenden Herrn zu seiner größten Ueberraschung Graf Wilnar erkannte, der mit ironischen Äugen sich in dem Raume umblickte und an scheinend mit sich zu Rate ging, ob er bleiben oder wieder gehen sollte. Jetzt erkannte er den ihm zuwinkenden Doktor und trat lachend an den Tisch Heron. „Nein, solch ein Zusammentreffen! Dazu hätte man sich nicht in Verona zu trennen brauchen!" Frühwald schnitt ein geheimnisvolles Gesicht. Wilnar köchelte schmerzlich. Er glaubte verstanden zu haben, was den Freund nack Athen führte. Zn diesem ^Augenblick gab es an dem Tische des Magnaten einen Höllenspektakel. Der Kellner hatte wohl ein wenig mit doppelter Kreide geschrieben. Zur Strafe schleuderte nun der Russe ohne eine Miene zu verziehen und in aller Gelassenheit ein Stück des Tischgerätes nach oem andern zu Loden, daß es klirrend zerbrach, immer mit der ernsten, ruhige» Gewissenssrage: „Und da» muß üb auch bezahlen, d« du?" Und endlich, als der er- wifchtc Spitzbube schon vor Verzweiflung weinte, gab er ihm. eine Vackpfeife und schleuderte eine Tausendfranknote hinter dein die Flucht Ergreifenden her. Niemand schien sich sonderlich über den Vorfall auf zuregen. Selbst Frühwald zündete sich gelassen einebeue Papnros an und meinte gelassen, so lebe man halt In der Hauptstadt des alten Hellas. 'Nur Wilnar war auf gesprungen und äugte scharf nach dem Fremden hinüber, der gleichmütig einen andern Kellner herbeigewinkt und eine neue Flasche Sekt bestellt hatte. „Las ist jo Iwan Dombrowo, so wahr ich lebe. Seine Güter stießen an die früher mir gehörigen und seine jetzt in Vertin lebende Mutter hat mir noch neulich ihr Leid geklagt. Ich »nutz hinüber und versuchen, ihr zur Heimkehr zu bewegen." Iwan Loinbrowo, denn er wär es wirklich, begrüßte den Freuno und Gutsnächbarn mit gelassener Heiterkeit und begann sofort ein langes Loblied auf Athen und seine Vorzüge zu singen. Er habe ernstlich die Absicht, sich gänzlich hier niederzulassen. „Vergangenen Sommer," fuhr er vertraulich fort „habe ich übrigens in Berlin deine Frau gesehen, Sascha Wilnar. Damals in München war sie schön, jetzt gleicht sie einer Güttin. Sie soll unter dem Namen einer Baronin Racocza leben und ein großes Haus machen!" Auf Wilnars Wangen kam und ging die Farbe. „Weißt da vielleicht ihre Adresse?" Dombrowo schüttelte den runden Borstenkopf. „Keine Ahnung. Ich sah sie nur ganz zufällig von weitem und erkundigte mich nach ihrem Namen." Graf Wilnar saß noch eine ganze Weile und grübelte in das Sektgla» hinein, welches Dombrowo ihm gefüllt hatte. Bon der Galerie her sangen die Geigen eine fest, sam getragene Weise. Ein Springbrunnen plätscherte sansi und mit silbernem Klingen. Wenn es wahr wäre; wenn Iwan Dombrowo sich nicht getäuscht hätte und endlich die so glühend heiß er sehnte Stunde aus nächster Nähe winkte! Er verabschiedete sich von Dombrowo mit dem Ver sprechen, ihn am nächsten Vormittag im Hotel aufzusucheu und kehrte zu Dr. Frühwald und dem Amtsrichter zurück. Mit lauter Stimme schrie Dombrowo zu den Zigeuner« hinauf nach etwas Lustigem, zu Ehren seines Freunde», des Grafen Wilnar. Als die Dreie bald darauf den Heimweg antraten, hatte sich eine tüchtige Brise ausgemacht. Der Slrocco» welcher in der vergangenen Nächt die Adria heimsuchte^ ' war ein wenig herumgeschivenkt und pfiff nun auch über da» Aegäische Meer mit Sausen und Brausen. Die Blütengirlanden in den Anlagen flatterten. Dicke graue Wolken schoben sich über das Schwarzblau des Himmele wie in rasender Flücht. Wilnar war etwas zurückgeblieben. Er trug den Hut in der Hand und bot die brennende Stirn dem zu nehmenden Unwetter. Ha, so war's gut! Sturm in der Brust und Sturm in der Natur — das gab einen guten Gleich klang ! Ohne sich von den beiden andern zu verabschieden, verschwand er in einer Seitenstraße, die nach dem Tele- graphenamt führte. Es wär das achte Mal, daß er, wir er selbst vor sich hinmurmelte, in dieser Angelegenheit den Draht in Bewegung setzte. Der Morgen sah im Unterhaltungszimmer de» Hotel« Minerva nur lange Gesichter, . tFvrlsctlUiig folgt.) .