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Niemals «len /Nut sinken isssen t Die Newyorker katholische Wochenschrift „The Com- monweal", die sich bei aller kritischen Haltung gegenüber dem kapitalistischen Wirtschaftssystem stets eines gesunden Optimismus befleißigt hat, schreibt in ihrer Ausgabe vom 1. 9. 33, das; seit vier Jahren übergenug düstere Statistiken erschienen seien, um auch einige lichtvolle Ausblicke einmal zu rechtsertigen. Und sie zitiert einen Artikel aus der Newyorker „Hcrald Tribüne", der von Kämpfen ums Da sein mit glücklichem, wenn auch nicht gleich prachtvollem Ausgang berichtet. Ein vielgereister Amerikaner, Mr. H. W. McJntire, erzählt darin von seinen Erlebnissen im weiten amerikanischen Hinterland, wohin sich Tausende und aber Tausende aus den notleidenden Großstädten zurückge zogen haben. Man hört heute in der Regel nur mehr von zusammcngebrochcnen und aufgelösten Familien, von zu grunde gegangenen Existenzen, von Entmutigten und Ver zweifelten: hier wird einmal von Mutigen und Unent wegten aus allen Verufsschichten erzählt, die den Kampf nicht aufgegeben haben. Es gibt, so berichtet Mr. Mc Jntire, immer noch Arbeitsmöglichkeiten im Land, wenn natürlich auch nur auf naturalwirtschaftlicher Grundlage, die lediglich ein frugales Leben zuläßt — aber doch im merhin ein Leben. Die Versuche so vieler Menschen aus der Stadt, sich in neue und völlig ungewohnte Verhält nisse mutig einzuarbeiten, entbehren meist nicht der Pio nier-Nomantik. Ein unerschöpflichen Enthusiasmus treibt Rechtsanwälte, Zahnärzte, Musiker, Finanziers, kleine An gestellte und noch tausend andere dazu an, es mit dem „Land der unbeschränkten Möglichkeiten", das sie zwar als „Gottes eigenes Land" enttäuscht hat, noch einmal, diesmal auf bescheidenerer Grundlage, zu versuchen. Und es gelingt! Der Verfasser des Artikels erzählt, daß selbst hartgesottene Farmer oft ein ungewöhnliches Maß von liebevollem Entgegenkommen aufbringcn, wenn sic tapfere Menschen so ehrlich bemüht sehen, sich irgendwie näßlich zu machen, bis die Zeit wieder kommt, wo sie neu Wurzel fassen und mit ihren Familien ehrlich leben kön nen. Die f>>2u, «tte man keirskek Welches das beste Hciratsalter für die Frau sei, diese Frage ist schon mehrfach zum Gegenstand von Prcisaufga- ben und Rundfragen gemacht worden. Das eine ist sicher: daß die frühe Jugend heutzutage weniger das Ideal der Männerwelt ist — und darauf läuft es in der Hauptsache ja doch hinaus — als früher. Noch vor wenigen Jahr zehnten sah die Frau nur mit Trauer und mit Vangen ihrem 30. Geburtstag entgegen und begann um diese Zeit, ängstlich die Zahl ihrer Lebensjahre zu verbergen. Heute darf sich eine Frau um die 30 noch mit Recht als jung be zeichnen: j", fast ist man geneigt, gerade diesem Alter, in dem die Jugendschönhcit noch nicht geschwunden ist und sich andererseits die innere Reife vollzogen hat, die Palme zuzuerkenncn. Es ist sehr bezeichnend, daß dies auch in der Heiratsstatistik zum Ausdruck kommt. Die Feststellung, in welchem Alter die Frau durchschnittlich heiratet, ist ja viel leicht überhaupt der beste Maßstab dafür, welches Lebens alter an ihr geschäht wird. Im Jahre 1913 betrug das durchschnittliche Heiratsalter des weiblichen Geschlechts im Deutschen Reich 24 Jahre. Im Jahre 1916 schon 25 Jahre, im Jahre 1919 26 Jahre, und augenblicklich wird cs auf 27—28 Jahre geschäht. Also innerhalb kurzer Zeit eine Verschiebung um mehrere Jahre, was gewiß nicht bedeu tungslos ist. Zum Teil dürfte diese Verschiebung auf die ungünstigeren Bedingungen für die Gründung eines Haus halts zurückzuführen sein, aber sicherlich nicht allein und Aenderung der Zivilprozeßordnung Ser Wortlaut des Gesetzes Berlin, 27. Okt. lieber die Aenderungen aus dem Gebiet des Ztvllprozetz- rcchtes, die das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat und die in allernächster Zeit in Krast gesetzt werden sollen, haben wir brreits in der gestrigen Ausgabe berichtet. Hierzu wird amtlich noch folgendes mitgetcilt: Eine volkstümliche Rechtspflege ist nur in einem Verfahren möglich, das dem Volle verständ lich ist und einen ebenso sicher wie schleunig wirkenden Rechtsschutz verbürgt. Die Parteien und ihre Vertreter müssen sich bewußt sein, daß die Rechtspflege nicht nur ihnen, sondern zugleich und vor nehmlich der Rechtssicherheit des Volksganzen dient. Keiner Partei kann gestattet werden, das Gericht durch Unwahrheiten irre zu sichren oder seine Arbeitskraft durch bös willige oder nachlässige Prozeßverschlcppung zu mißbrauchen. Dem Rechtsschutz, aus den jeder Anrecht hat, entspricht die Pflicht, durch redliche und sorgfältige Prozeßsichrung dem Rich ter die Findung des Rechts zu erleichtern. Ausgabe des Richters ist es, durch st raffe Leitung des Verfahrens und in enger Fühlung mit den Parteien dahin zu wirken, daß jede Streitsache nach gründlicher Vor bereitung möglichst in einer einzigen Verhandlung aufgeklärt und entschieden wird. Er hat Vertagungen, die nicht sachlich dringend geboten sind, zu vermeiden und zu verhindern, daß ein Verfahren durch verspätetes Vorbringen verschleppt wird. Nur so gelangt man zu einem lebendigen Verfahren mit voller Mündlichkeit und Unmittelbarkeit, das dem Richter eine sichere Findung der Wahrheit ermöglicht und dessen Verlaus die Parteien mit Verständnis und Vertrauen folgen können. Um die zur Erreichung dieser Ziele vorhandenen gesetz lichen Mittel zu verstärken und zugleich noch andere notwendige Verbesserungen des Verfahrens herbeizusühren, hat die Reichs regierung das nachstehende Gesetz beschlossen, das hiermit ver kündet wird: Artikel 1 Die Zivilprozeßordnung wird wie folgt geändert: I. Wahrheitspflicht. Einfügung in 8 138: Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstünde vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. II. Maßnahmen zur strasseren Zusammenfassung deo Streitstosfes. Aenderungen der 83 279, 519, 527, 529. M. Unmittelbarkeit deo Vcweisverfahrens. Aenderung des 8 349 (die wesentlichen Beweisaufnahmen haben nicht vor dem Einzelrichter, sondern vor der Kammer stattzu finden). Aenderung des 8 375 (grundsätzlicher Ausschluß von Zeugenver nehmungen durch einen beauftragten Richter). IV. Aenderungen des Eidrechts. a) Zeugenbeweis. Aenderung des 8 391: Ein Zeuge ist nur zu beeidigen, wenn das Gericht dies mit Rücksicht aus die Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage für geboten erachtet und die Parteien aus die Beeidigung nicht ver zichten. Aenderungen der 83 393, 395. b) P a r t e i v e r n e h m u n g. Der Zehnte Titel des Ersten Abschnittes des Zweiten Buches über den Parteieid ist durch einen neuen Abschnitt „Beweis durch Parteivernehmung" ersetzt. c) Schätzungseid (8 287) und ä) Editionseid (88 426, 427) Ebenfalls Ersetzung des Eides durch die Parteivcrnehmung. V. Revision. 8 549: Neuordnung des Kataloges der revisiblen Rechts normen. VI. Wiederaufnahme des Verfahrens. Aenderungen des 8 589, die im wesentlichen mit dem Ueber« gang vom Parteleid zur Parteivcrnehmung im Zusammenhang stehen. VH. Sicherheitsleistung für die Prozcßkosten und Armenrecht. Aenderungen der 83 HÜ, 111 (Befreiung der im Inlands wohnenden Staatenlosen von der Sicherheitsleistung). Aende rungen der 83 114, 115, 116, 118a, 119, 126, 127 (insbesondere Möglichkeit der Armenrechtsgewährung an Staatenlose, Parteien kraft Amtes und juristischer Personen). VIII. Aenderung von Vorschriften Uber die Zwangsvollstreckung und das Arrestversahren. Aenderungen der 83 366, 996, 922. 924, 925. IX. Aenderungen von Vorschriften über das schiedsgerichtliche Verfahren. Aenderungen des 8 1025 (Unwirksamkeit von Schiedsvcr- trägen, bei denen eine Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Ueberlegenheit dazu ausgenutzt hat, den anderen Teil zu seinem Abschluß oder zur Annahme von Bestimmungen zu nötigen, dis ihr im Verjähren ein Uevergewichl uver den anderen Teil ein- räumen). Aenderung des 8 1027 (Einführung der Schristform für Schiedsverträge außer im Verhältnis von Vollkaujleuten unter einander). X. Zahlreiche textliche Anpassungen an die Aenderungen I—IX. Artikel 2. Fortfall der Vorschrift der Notverordnung vom 14. Juni 1932, wonach die Revision nicht auf die Verletzung der richter lichen Fragepslicht oder Vorschriften Uber die Vewciswürdigung gestützt werden kann. Artikel 3. Aenderung des 8 06 Abs. 1 des Ge r i ch t s v e r f a s s u n g s- gesetzes dahin, daß für den Fall der Verhinderung des ordentlichen Kammervorsitzcnden das Gerichtspräsidium für das Geschäftsjahr einen regelmäßigen Vertreter bestellen kann. Artikel 4 und 5. Einige technische Aenderungen des Arbeitsgerichts- gcsetzes und des Mieterschutzgesetzes im Zusammenhänge mit dem Üebergang vom Partcieid zur zeugeuschajliichen Partciver- nehmung. in ausschlaggebender Weise, da ja das Hciratsalter der Frau mit dem des Mannes nicht so stark zusammenhängt. Der Hauptgrund ist zweifellos, daß sich ein Umschwung in'der Wertung der Frau vollzogen hat. Die Ehefrau von heutzutage soll innerlich reif fein, soll Kameradin sein, oder, wie ein Soziologe es ausgedrückt hat: „Noras Pup- penhcim ist restlos überwunden. Eine Frau, die man hei ratet, muß etwas sein." Artikel 6. Eine Aenderung des Gcrichtskostengesetzes (Befreiung der im Jnlande ansässigen Staatenlosen von der Ausländervorschuß- pslicht). Artikel 7. Zwei Aenderungen der Gebührenordnung für Gerichtsvoll zieher (insbesondere Ermäßigung des Reijekosten-Kilomcter- satzcs von 0,15 aus 0,12 RM.). Artikel 8. Anpassung der Vorschriften des Strafgesetzbuchs an de» Ungewöhnliche Art, einen Gläubiger koszuwerden. Ein reicher 45 Jahre alter Kaufmann aus Kitau- chi-mura (Japan) verließ sein Haus, um einen säumigen Schuldner aufzusuchen. Er kehrte von diesem Nusgang nicht zurück. Drei Wochen später erhielt seine Familie durch die Post eine Urne, in der sich die Asche eines mensch lichen Leichnams befand. An der Urne war eine buddhi stische Totentafel befestigt, die den Namen des Kaufmanns und sein Todesdatum trug. Die Familie verständigte so fort die Polizei, die jetzt nach einem Mann sucht, mit dem der Ermordete kurz nach seinem Verschwinden in einem Hotel gesehen worden ist. Man weiß, daß dieser Mann dem Kaufmann erhebliche Summen schuldete. Kann ein Mensch seine Muttersprache vergessen? Das Erlebnis eines Chinesen, der als junger, aber immerhin schon erwachsener Mensch seine Heimat verließ, scheint diese Annahme zu bestätigen. Ah Luk, so heißt dieser Chinese, wanderte vor fünfzig Jahren nach Kanada rus, angelockt durch die Berichte einiger Landsleute, die yon sagenhaften Goldschätzen in diesem Lande erzählten. Nach einer mühseligen Reife am Lauf des Fraser-Flusses mtlang, kam er nach Ueberqucrung des Laribou-Gebirges in das Innere des Landes. Dort wollte er Gold suchen, und nach langen Jahren der Entbehrung hatte er Erfolg, kr wurde nun nicht auf einen Schlag ein schwerreicher Mann — solche Geschichten findet man nur in Büchern — sondern er hat sich in jahrelanger, zäher Arbeit ein nicht kbcn riesiges, aber doch ansehnliches Vermögen erworben. Vor kurzem mußte er wegen einer Gcrichtssache in die Provinzhauptstadt reisen, und da stellte sich heraus, daß dieser Mann, der seit einem halben Jahrhundert in Ka nada lebt, nicht ein einziges Wort Englisch kann. Und was noch viel erstaunlicher ist, er kann auch kein einziges Wort Chinesisch mehr. Dafür aber beherrscht er, was heutzutage eine große Seltenheit ist, sieben indianische Dialekte. Dieser Besuch in der Provinzhauptstadt wurde ein großes Erlebnis für den alten Goldgräber, denn er hörte hier zum ersten Male von den Erfindungen des elek trischen Lichts, des Telefons, des Autos, und besonders das Radio erschien ihm als ein tcuflicher Spuk. All das hat ihn sehr bewegt, und er hat beschlossen, nach China zurückzukehrcn, um zu sehen, wie die neue Zeit seine Hei mat verändert hat. Geld hat er zwar, — aber wie wird er sich mit seinen Landsleuten verständigen? Kinder auf der Schatzsuche. Das Motorschiff „Nomance" ist soeben vom eng lischen Hafen Pembroke nach den Kokosinseln im Indischen Ozean ausgereist. Die Expedition gilt der Suche nach einem angeblichen Schatz, der dort verborgen sein soll. Die ser Schatz, dessen Wert aus 12 Millionen Pfund Sterling geschätzt wird, soll auf einer Insel im Jahre 1824 von einem Schiss gelandet worden sein, dessen Besatzung ge meutert hatte. Der Leiter der abenteuerlichen Expedition ist Kapitän Max Etanton, der als Offizier der ersten antarktischen Expedition Mawson im Jahre 1930/31 an gehört hatte. Das Kurioseste aber ist, daß die Mann schaft, die der Kapitän um sich versammelt hat, aus zwölf Jungens besteht, die eben erst die Schule verlassen haben. Intimes von den Insekten. Das naturkundliche Forschungsinstitut in Notham- sted (England) hat soeben unter der Leitung von Dr. Williams, dem Chef des Laboratoriums für Jnsektenfor- schung, eine Anlage geschaffen, die es ermöglicht, das Le ben und Treiben von schädlichen Insekten genau zu be obachten. Ein kunstvoller Apparat zeigt jedesmal den Augenblick an, in dem die Insekten in das Beobachtungs feld kommen. Häufig werden sie sogar gezählt. Man hofft durch diese neuen Versuche genaueres über die Le bensvorgänge dieser Tiere zu erfahren, die in der Land wirtschaft soviel Schaden anrichten. Ein Verbrecherkönig sehnt sich nach der Freiheit. Der ehemalige amerikanische Verbrccherkönig Al Ca« ponc macht neuerdings wieder von sich reden. Bekanntlich sitzt er seit dem vorigen Jahre im Zuchthaus zu Atlanta, wo er eine elfjährige Haftstrafe wegen Steuerhinter ziehung verbüßt. Die Gerichte hatten die Gelegenheit er griffen, um diesen Eroßbanditen, der bestimmt zahlreiche Morde aus dem Gewissen hat, ohne daß man allerdings in der Lage ist, sie ihm einwandfrei nachzuweisen, unschäd lich zu machen. Den Bemühungen Capones, der nach wie vor im Besitz des ergaunerten Nicsenvermögens ist und der, soweit bekannt, nicht weniger als 38 Grundstücke in Ame rika und auf Kuba besitzt, ist es nuu gelungen, in einem nochmaligen Wiederaufnahmeverfahren den Beweis zu er bringen, daß er persönlich nicht für die ihm vorgcworfe- ne Steuerhinterziehung verantwortlich zu machen ist, sondern der inzwischen von Konkurrenzbanditen erschossene „Syndikus" seines „Konzerns". — Gerade zur rechten Zeit ist nun aber der Generalstaatsanwalt von Pcnusylvanien auf dem Plan erschienen und hat vom Staate Illinois die Auslieferung Capones verlangt, weil die Anklagebe hörde dieses Staates Beweismatcrial gegen den Gangster wegen Mordes an einem anderen Verbrecher zusammcnge- tragen hat. Capone bestreitet zwar energisch, jemals in Pennsylvanicn gewesen zu sein, aber der Staat Illinois wird sich sicherlich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Verbrecher, den er sonst freilassen müßte, schleunigst über die Grenze abzuschieben. Die Sehnsucht Capones nach Freiheit dürfte also, nicht zum Schaden der amerika nischen Oesfentlichkcit, nicht ihre Erfüllung finden.