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Seite S. Nr. 38S. Nvenü-Nusgsde. Serbische Zweifel an -er Schchett -er österreichischen Depeschen. Nilch.ro. Juli, io,<7 Uhr abend«. (UedeeHSetrr» bürg hier eingetroffen.) Der Mi«ift«« de» Aeusiern veröffentlicht folgende De »«Ich«: Di« König!. Serbische Negierung trifft Maßnahmen, run sich über dir Echtheit der untenstehende« Depesche zu vergewissern, di, ihr in einer ungebrituchlichen Form übermittelt worden ist, von der Seine Exzellenz der deutsche Gefandt«, der die österreichisch-un«arNch« Negierung vertritt, erklärte, daß er darüber nicht unterrichtet sei. — Die Depesche hat folgende« Wort, laut: Da die König!. Serbische Negierung nicht in zufriedenstellender Weise auf die Note geantwortet hat, die ihr durch den österreichisch-ungarischen Ge sandten am 23. Juli 1811 überreicht worden ist, sieht die K. und K. Negierung sich genötigt, selbst auf den Schuh ihrer Nechte und Interessen zu sehen und zu diesem Zwecke an die Gewalt der Massen zu appel lieren. Oesterreich-Ungarn betrachtet sich von diesem Augenblick an als im Kriegszustände mit Serbien be findlich. Der Minister des Aeußern von Oesterreich- Ungarn Eras Berchtold. Vie Entscheidung Nustlan-s. London, 31. Juli. Hiesige serbische Kreise wollen wissen, die Entscheidung über das Verhalten Rußlands im österreichisch-serbischen Konflikt sei in den nächsten 24 Stunden zu erwarten. Es wird ver sichert, das; Rußland Freitag abend oder Sonnabend früh offiziell erklärt, daß es außerstande sei, dem österreichisch-serbischen Kamps als untätiger Zu schauer beizuwohnen. Die Truppenkonzentration an -er ruj- fischen Grenze. lleber di« russisch« Truppenkonzen tration an der Grenze lägt sich die „Deutsch« Tageszeitung" aus Myslowitz melden: Gestern ist eine Schwadron Kosaken von Bendzin nach Ezenstochau abmarschiert. Die Grenzbesatzung in Sosnow ice ist marschbereit, ebenso die von Modozejow. Ein Artillerieregiment ging von Marschau nach Alexandrowa. Die ganze Garnison von Lodz ging nach Vilun ab. Der gesamte Jn- Lustriebezirk von Russisch-Polen ist von Truppen be setzt. Die Kasernen in Modozejow wurden der Ge meindeverwaltung übergeben. Alle Kassenbestände sind nach Moskau dirigiert worden. Der Verkehrs rubel hat keinen Mert mehr. Seit Mittwoch sind sieben Kosakenrcgimentcr auf dem Wege nach der Westarcnze. Patriotische Kundgebungen in Rußland. Petersburg, NO. Juli. Die patriotischen Kundgebungen auf den Hauptstraßen nahmen ihren Fortgang. Eine Volksmenge zog unter Hochrufen auf das russische Heer und Absingen der Nationalhymne am Kriegsministerium vorbei. Achuliche Demonstrationen von außer gewöhnlichem Charakter »verden aus anderen großen Städten wie Moskau, Kiew, Tiflis und Odessa gemeldet. Falsche Gerüchte über französische Massnahmen. Paris, 31. Juli. lAgence HaoasZ Zu Unrecht sind heute Gerüchte in Umlauf gesetzt, die die öffent liche Meinung beunruhigen. Insbesondere ist unrichtig, daß die Reservisten Befehl erhielten, sich zu ihren Korps zu begeben. Es ist nicht ein Reserve mann cinberusen worden. Die einzigen Maßnahmen, die ergriffen worden sind, waren die Rückbe ru f' u n g der beurlaubt gewesenen Korps und die Rück kehr derjenigen Truppen in ihre Garnisonen, die sich zu weit davon entfernt hatten. Es ist augenschein lich, daß diese Maßnahmen einen rein verteidi genden Charakter haben und nur ergriffen wor den sind, um jeder Möglichkeit zu begegnen. Diel Aufhebens wird auch von gewissen Anordnungen ge macht, die den Zweck verfolgten, den Schutz großer Anlagen und wichtiger Plätze zu sichern. Es ist indessen ganz natürlich, daß Schutzmaßnahmen gegen Sabotageocrsuche oder Handstreiche von Anarchisten ergriffen werden. — Weiter wird ausgeftihrt, daß die französischen Maßnahmen lange nicht so weit gingen, wie die von deutscher Seite getroffenen. Schließlich wird betont, daß an der Alpengrenzc von beiden Seiten keinerlei Vorsichtsmaßregeln getroffen wor den sind. Vie Haltung Sulgariens. Sofia, 31. Juli. Der rumänisch« und der griechische Gesandte statteten dem Minister präsidenten einen Besuch ab und erklärten ihm in der sreundschastlichsten Form, das, ihr« Regierungen an der Aufrechterhaltung des Bukarester Frie dens festhielten. — Radoslawow wiederholt« di« Erklärung, daß «nlgarien im öfter, reichisch-serbischrn Kriege strenge Neutralität bewahren werde. — Die bulgarische Regierung hat ihre Vertreter im Auslande angewiesen, die Neutralitätserklärung Vulgär,ens den betreffenden Negierungen mitzuteilen. — Ein« große Anzahl von österreichisch-ungarischen Re. servisten ,jt abgereist. Die Reservisten, die in be- geisterte« Stimmung waren, stimmten wiederholt die österreichisch« Hymne an und wurden vom Publikum lebhaft begrüßt. Die «lütter melden, daß ,m Grenzgebiete zahlreiche serbisch« Deserteur« eingetrofsen sind. In der Grenzstadt Kula ergaben sich gestern allein 1«« Deserteure mit Gewehren den bulgarisch«« B«hörden. Vie Stimmung in Englan-. London, 31. Juli. (Eig. Drahtboricht.) Samt- lich« Morg«nblätt«r konstatier«» «ine schwere Verschärfung der Kriegslage. „News" schreibt, daß »er Krieg für alle Westmächte des Kontinents unabwendbar sri, wenn die Spannung zwischen den Mächten noch 36 Stunden fortdauere. „Standard" stellt fest, daß England nicht unbedingt neutral bleiben lönne, wenn auch kein Bündnis zwang vorliege, wie bei Deutschland. Die Blätter der Regierung berichten, daß d«r gestrige außer, ordentlich« Kabinettsrat die lleberein- stimmung der Minister «»brachte, im europäischen Krieg »ach Möglichkeit für «ufrrchte-haltuug de. Statu, ch«, a«f de» Kontinent etnzntreten. «»»»«dehnte Krieg,ber««tschaf1 der englischen Flotte. London, 3k. Juli. sEig. Drahtmrldung) Die gestrigen Nachmiltagsblätter berichten, baß der König infolge der internationalen Lage di« Fortdauer der Leipziger Tageblatt. ———. — , Zur russischen Mobilisierung. Das russische Heer besteht aus 37 Armeekorps: fünf davon stehen in Sibirien und zwei in Turkestan, sie kommen also für einen europäischen Krieg nicht in Betracht. Don den verbleibenden 30 Armeekorps sind 1V mobilisiert. — Das russische Armeekorps hat eine Verpslegsstärke von 43000 Mann, die Kavallerie- Division eine solche von 4400, die Division eine solche von 20 000 Köpfen. Danach betragen die 10 Armee korps im ganzen 688 000 Manu, die 8 Kavallerie-Divisionen 35 000 Mann. Rechnet man dazu noch 10 Reserve-Divisionen mit 320000 Mann, so erhält man eine Gesamtstärke von über eine Million Köpfe. Aus unserer heutigen Karte gehen sowohl die Stellen der europäischen Armeekorps Rußlands, sowie die Dis- lolalisation der diesen gcgcnüberstehenden deutschen und österreichisch-ungarischen Korps hervor. Flottenmobilisierung der Heimathäfen bis zum 3V. August verfügt hat. Die Blätter knüpfen daran die Auslastung, daß die britische Negierung mit einer sehr langen Dauer -er internationalen Span nung rechnet, falls die nächsten zwei Tage nicht bereits den Krieg bringen. Austanchen serbischer Banden in Bosnien. Wien, 31. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Nach Mel dungen aus Serajewo sind serbische Banden in Bosnien ausgetaucht. Die Banden haben die Aufgabe, die Wege, Telephon- und Tele graphen linien zu zerstören. Nach einem Feuergesecht zogen sich die Serben unter Verlust von einigen Toten zurück. Vle Stellung Japans. New Pork, 31. Juli. sEig. Drahtmeldnng.) Nach hier vorliegenden Meldungen aus Tokio verfolgt man in der japanischen Hauptstadt die Vorgänge in Europa mit äußerster Spannung. Täglich finden in Tokio lange Ministerkonferenzen statt, über deren Inhalt Stillschweigen bewahrt wird. Man hält es hier nicht für ausgeschlossen, daß Japan, wenn Rußland in einen europäi schen Krieg verwickelt werden sollte, der russischen Negierung große Schwierigkeiten bereiten wird. (Wir berichteten bereits in der heutigen Morgenausgabe, daß der japanische Botschafter in Men eine lange Unterrodung mit dem Grafen Berchtold gehabt hat. Die Red.) Keine spanische Hilfe für Zrankreich. Madrid, 31. Juli. Ministerpräsident Dato erklärte die Gerüchte, daß Spanien nach dem spanisch französischen Vertrage verpflichtet sei, 10V0N6 Mann in die französische Zone von Marokko zu entsen den, die im Falle der Abberufung der französischen Truppen zu deren Ersatz bestimmt seien, für unrichtig. Spanien sei durch keinerlei internationale Berpslich- tung gebunden. — Die „Epoca", da» Organ des Ministeriums, erklärt, daß Spanien im Falle eines internationalen Konfliktes strengste Neutra lität bewahre. Sperrung -er nle-erlän-ischen küstengewäster. Haag, 31. Juli. Der Bürgermeister rief gestern abend zu 10 Uhr die gesamte Mannschaft der Land - wehr der Küstenwache unter die Fahnen. E»n amtlicher königlicher Erlaß verbietet einstweilen für fremde Kriegsschiffe die Einfahrt in die niederländischen KUstengewässer, mit Ausnahme von Schiffen der Fischereipolizei und Kriegsschiffen in Seegesahr oder Havarie. Dänische Massnahmen. Kopenhagen, 31. Juli. (Gig. Drahtmekdung.) Das Ministerium erließ für die dänischen Häfen b e - sondere Bestimmungen über Schiffe mit Warentransporten für Kriegszwecke und für Kriegsschiffe fremder Nationen. Der Hafen Kopenhagen wird ab 1. August für alle fremden Kriegsschiffe gesperrt. — Die Manöver des dänischen Heeres sind abgesagt, die Truppen blei ben in ihren Garnisonen. preMmmen zur Lage. Berlin, 31. Juli. Zur Lage schreibt die „Kreuzzeitung": Die deutsche Negierung hat sich acht Tage hindurch entsprechend ihrer bisherigen durchaus friedlichen Haltung die vergebliche Mühe um eine Lösung der schwierigen Krise gegeben und die politische Lage hat sich dessenungeachtet von Tag zu Tag und nach jeder Richtung hin durch die Schuld und nach der Absicht de» Dreiverbandes ganz er heblich verschlechtert. Auch aus di« Volks stimmung dürft« ein« längere Dauer der politischen Hochspannung kaum von günstiger Einwirkung sein. Der ungeheure Jubel über die Tatfreudigkeit der österreichischen Regierung ist verflogen, die hell auflodernde Flamme nationaler Begeisterung unter dem Druck des Hangens und Bangens nach einer Entscheidung unter polizeilicher Einwirkung in sich zulammengesunken. Bismarcks Wort von der Be geisterung, di« sich nie einpökeln laste, findet auch im »»»liegend«» Falle seine Bestätigung. An Stell« der Begeisterung ist di« Rervsfttät getreten. Di« d«utsch« R«gi«r«ng ist in ihren Bemühungen um di« Erhaltung des Frieden» bis fast an die Grenz« des Möglich«» und im Interesse des eigenen Lande» Zulässigen gegangen. Die Verant wortung für ein Sch«itern der friedlichen Bestrebun gen würde nun und nimmermehr ihr zur Last fallen können. Sie darf versichert sein, daß man im Volke von ihrer bis zum Letzten einwandfreien und korrek ten Haltung durchdrungen ist. In der „Vossischen Zeitung" heißt es: Deutsch land will den Krieg nicht und fordert ihn nicht heraus. Alle Bürger würden sich glücklich schätzen, wenn die Kriegswolke an uns vorüberginge, ohne sich zu entladen. Muß es aber sein, dann in des Himmels Namen; dann soll und wird sich Bis marcks unvergeßliches Wort bewahrheiten, daß das ganze Deutschland auffliegen wird wie eine Pulvermine. Daß dies nicht ge schehe, liegt bei Rußland. Nur wenn Rußland den Krieg ebensowenig will wie Deutschland, nur wenn Rußland in zwölfter Stunde sich besinnt, was der Einsatz des furchtbaren Spieles wert ist, ist das Verhängnis aufzuhalten, das uns alle bedroht, die wir in Europa wohnen. Die „Deutsche Tageszeitung" äußert znm Erlaß des deutschen Ausfuhrverbots: Diese Maß nahme zeigt, wie ernst die Lage in Deutschland aus gefaßt wird. Man ist sich eben der Tatsache bewußt, daß eine unbefriedigende, ja schon eine unklare Ant wort aus Petersburg die sofortige Mobil, machung in Deutschland zur Folge haben muß. Hoffen wir, daß Rußland sich noch in letzter Stunde seiner schweren Verantwortung bewußt wird. Der „Berl. Lok.-Anz." läßt sich aus Petersburg melden: Die Lage gilt im dortigen Auswärtigen Amt al» fast hoffnungslos. Die Kriegspartei, die Nationalisten und Panslawisten, arbeiten mit Hoch druck für den Krieg. Die „Nowoje Wremsa" sagt: Der Krieg mit Oesterreich wäre äußerst populär. Sine vortreffliche Kriegskarte für Oesterreich-Ungarn und Serbien bat soeben das Karthographischc Institut Earl Flem ming, A.-K., Berlin W. 50 und Glvgau heraus gebracht. Die vollendet technische Ausführung dieser Karte ermöglicht, da sie mit großer Schärfe auch die kleinsten Einzelheiten der Otts-, Boden-, Verkehrs- und Grenzverhättniste wiedergibt, einen ausgezeich neten ileberblick über die vom Kriege betroffenen Gebiete. Die Karte enthält ganz Serbien und größere Teile der Nachbarländer Albanien, Monte negro, Bosnien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien. Der Preis der Karte beträgt nur 1 »ck. Zwischen Selgra- unö Nisch. Die Hoffnung der Serben auf «ine glückliche Wendung. — Die Kriegszensur. — Die Skup- schtina. — Alles hängt von der Militärpattei ab. — Die Narodna Obraua und ihre Macht. — Der trostlose Zustand i« Belgrad. Unter obiger Spitzmarke schreibt unser im serbischcnLager befindlicher Berichterstatter in seinem am Montag, den 27. Juli, in der siebenten Llbendstunde in Belgrad einem öster reichischen Enrigranten ausgehändigtcn Briefe fol gendes: Nm heutigen Montag brachte mich'der Zug in der fünften Morgenstunde nach Nisch, nach dem ich in Belgrad vergeblich den Beginn der feindlichen Operationen erwartet hatte. Erster Eindruck in Nisch: Alles hofft auf fried liche Wendung, auf Einsicht der Oesterrcicher,daß es so unmöglich weitergehen kann. Serbien hat mobili siert. Das ist richtig. Aber es will noch immer nicht an den Ernst Oesterreichs glauben. Ich »»»erde nach dem offiziellen Prcßburcau geführt und erhalte einen sauberen Abzug von den Er- klärungen, die Pasitsch am Samstag abend dem Vertreter Oesterreichs vor Abbruch der Be- Ziehungen überreicht hatte. Man ist in Nisch des Glaubens, daß die Wiener Regierung cs nicht über sich gewinnen würde, die serbische Ant wortnote der Oeffentlichkeit zu übergeben, aus Furcht, sich vor der ganzen Welt zu komprimit- tiercn, da die Serben die Hauptforderungen Oesterreichs angenommen hätten. O, diese Ser ben sind höfliche Menschen! Besonders gegenüber den Vertretern der Presse. Ich habe eine gleiche Liebenswürdig keit sonst nur uoch in Italien gefunden. Es gibt ztvar auch schon eine serbische Kr icaS- zensur. Aber noch ist sie milde, geradezu polizeiwidrig milde. Sic hat zu Beratern ser bisch Zeitungsmänner, die ihre Redaklionssesscl in Belgrad im Stich lassen mußten. Wir wer den also außcroroentlirb kollegial behandelt, wie ' cs sich in einem Lande mit demokratischen Ein- Freitag. 31. 3uU 1S14. richtungen und unbeschränkter Preßfreiheit eigent lich von selber versteht. Dann »verden wir mit „Stoff" versorgt. Wollte ich ihn weitergcben, so könnten Sie Ihre TagesauSgabe damit reich lich füllen und hätten für andere Nachrichten kaum noch ein Plätzchen. Dann regnet es Ent schuldigungen über Entschuldigungen, daß die Quartierfrage Sorge» bereite. Ob ich denn nicht noch eine Nacht in Belgrad schlafe»» könnte, werde ich gefragt. Ich käme leicht wieder zurück. Man will mich nicht abschicben. Nein, es sind so herzige Menschen. Man sicht es ihnen tatsächlich an, daß sic zu Tode betrübt sind, mir nichts biete,» zu können. Es warten nämlich Hunderte, ja Tausende in Amt und Würden, »varten seit gestern auf die Lösung der Quartier frage. Die Mitglieder der Skuptschlna habe»» ihre Nachtlager gleich in dem Bc- ratungssaal aufgeschlagen. O, man weiß sich zu behelfen in diesen furchtbaren Stunden und Tagen! Selbst der Kronprinz und der zeitige Regent des so schwer bedrohte»» Reiches begnüg» sich mit einem einzigen Zimmer- cheu. Die Kriegsgefahr macht die ärgsten poli tischen Feinde zu Schlasgenossen. Ich »verde in die Skuptschina geführt. Nicht alle Volks vertreter hatte»» heute uacht über eine Matratze zu verfügen. Vielfach kam eS vor, daß ein Parteigänger dem andern mit dem Allernötig- sten aushclfci» mußte. Vcer Fünftel der Ab geordneten Ware»» schon eingetrofsen. Die bei de,» Sozialisten fehlen. Sie mögen kei nen Mißton ii» die Versammlung hineinvrulgen. Ich sprach mit mehreren Abgeordneten. ES sind sehr ernste Männer, tieftraurig und blicken allesamt in keine frohe Zukunft. Sie sind zu weiteren Konzessionen bereit. Aber... sie fürchten den Terrorismus derjenigen, öerei» Beseitigung Oesterreich fordert. Es ha«, dclt sich um die Nicderringung der Offiziers« Partei. Bekanntlich ist der General Ian- to witsch der Präsident der Narodna Obraua, deren Auslösung von Oesterreich als eovclikio vivo guz voll gefordert wird. Man wird außerhalb Serbiens nicht begreifen, welchen un geheurer» Einfluß politischer, gesellschaftlicher und wütschastUcher Art dieser nationalistische Bereu» in aller» Schichte»» des Bürgertums — von den Sozialisten wird er als gemeingefährlich be kämpft — besitzt. Bon ihm geht die Propa gierung der großserbischcn Idee unzweifelhaft aus. Das gesteht man ohne weiteres ein. Ihm gehören aber auch sämtliche O ffizicre an. Nun hat die Regierung den Vorschlag gemacht, die Narodna Obraua aufzulösen und statt dessen einen Verein nach der Art des deutschen Schulvereins zu gründen. Oesterreich aber sagte, der Name wurde geändert, d»e Ziele blie ben die gleichen, auch wenn das Präsidium in andere Hände überginge. Das Uebel liegt tiefer: die Offiziere haben eine zu starke poli tische Macht und »vollen sich diese nicht aus den Händen winden lassen, so sehr sich auch Männer wie Pasitsch, Patschu, Nowakowitsch dar um bemühen. Lange kann dieser unselige Zu stand ja nicht mehr anhalten. Der Krieg wird eine Aenderung nach der einen oder der andern Richtung herbeiführen. Strenge Herren regieren auch in Serbien nicht lange. Die Militär diktatur — eine solche ist, wem» auch nicht dem Narnrn, so doch dem Wesen nach die Herr schaft der OffiKierspartci — lastet auf allen Gemütern, die sich nach Befreiung und Frieden auch mit Oesterreich sehnen. Es ist fälschliche Annahme, daß der Haß gegen Oesteiweich alle Gesellschaftsschichten durchdrungen hat. In den kaufmännischen und gewerblichen Kreisen lechzt man nach dem Augenblick, wo die Aussöhnung mit dein feindlichen Nachbar in die Wege ge leitet werden kann. Der Kabineitschef Pasi tsch hat es wirklich nicht leicht, zwischen dein Parlament und den Offizieren zu vermitteln. Ec möchte die Preß freiheit einschränken, die in andern Ländern de»» Offizieren unangenehm erscheint. In Serbien ist das Verhältnis umgekehrt. Hier plädieren die Offiziere für schrankenlose Preßfreiheit. Wenn das Parlament sich nicht nachgiebig zeigt, fürchte ich die Eröffnung eines Säbclregiments und viel Schlimmeres. . . . Ueber die militärische Lage mag ich mich nicht auslafsen. Der Gencralstab, dessen Ches Putnik heute hier erwartet wird, nachdem die Meldung von seiner Freilassung großen Jubel l)ervorgerufcn hat, soll seine Vorbereitungen mit großer Kaltblütigkeit getroffen haben. Das ist so ziemlich alles, was ich zu hören bekommen habe. Ob cs genügt, den» feindlichen Ansturm zu begegnen, »verden Sie wahrscheinlich besser zu beurteilen wissen als ich, der auf Schritt und Tritt nur das graue Elend in jeglicher Gestalt zu sehen bekommt. Es müßten Wunder geschehen, »venn Serbien sich seiner Feindeim eigene»» Lande erwehren könnte. Die Grenzen des neuen Serbiens sind zu weit gezogen. Maze donien kann von Truppe»» nicht entblößt werden. Auf eine»» Waffengang mit Oesterreich war Ser bien auch an» Samstag nach Abbruch der Be ziehungen mit dem Nachbar»» noch nicht vor bereitet. Wie ich höre, wird Montenegro bestimmt cingreifen. Und die Hoffnung, daß Griechen land das verbündete Serbien nicht im Stich läßt, ist in Nisch sehr groß. Riesenenttäuschung hat hier das Verhalten Italiens hervorgerufen. Man will es auch heute uoch nicht glauben, daß Italien dem österreichische»» Bundesgenossen bcisteht. Folgendes ist die Kalkulation serbischer Rcgicrungskreisc: Italien läßt Oesterreich ver gehen und stellt alsdann für Wien gänzlich un annehmbare Bedingungen hinsichtlich einer Neu regelung der Adriafrage, in der sich Italien von Rußland und Frankreich unterstützt wisse. Kurz: man spekuliert hier auf die Entzweiung zwischen Oesterreich und Italien fast noch mehr als auf die Hilfe von russischer ^eite. Mau vertraut auf die Stärke der verwandtschaftlichen Be ziehungen zwischen dein serbisch-montenearini«, scheu und dem savohischen Königshause. König Nikita soll bereits seine Fühler in Rom aus gestreckt haben. Von Rußland treffen täglich Züge mit Offi zieren und Munitionen an der östlichen Grenze Serbiens ein. Die Zahl russischer F«iwilliaer, die bereits angekommen sind, soll fünftausend SodllüVLrsokLus SperialitLl: kvdadlttvtvl, — reraspr. 11189. Ls»