Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe S-zugspreife: LL7.'.M monatlich l.rr m., vierteljährlich Z.7S m. Sei 0er chrjchtistosteU«, unser« Filialen und fluogadesteUrn adgeholtr monatlich 1M., vterteljährUch r M. Durch St» Post- tnuerhold Deutschland» und Ser Seutsche« Kolonie« monatlich M.. vierteljährlich ».so M., auoschltehllch postbegellgetS. Da» leipziger kagedlatt ^scheint werktags rmal.Sonn.u.Zeiertagotmal. I« Leipzig, Sen Nachbarorten unS Sen <vrt«n mit «lornen Zllialen wirS Sie fidenSauogad» noch am HdrnS Seo Erscheinen» in» hau» geliefert. —"ne»NeSaNi»ar In ü«,L,lt«»17.L«kusprr»»Nn><kluii: Moabit Nr.407. Nr. 2SS. Handels Seikurs /lrntsblrUt des Rates und despollreüuntes der Stadt Leipzis NeSattion un» SeschSstosteller ^ohanniogass« Nr.«. * Zrrnsprech-flnschlu- Nr. I»--r, 14S4S un» 14»»». WS. Jahrgang tür Inserat, au» Leip,», unS Umgebung S», /rrrzrigenprerfe. Isp«m„p»tit,»tter»p,.,ül»n»nam«»tt»,m., von au»wart» ZS Pf., Neklamen 1.20 m.. Klein» Nnzeigeu »lepetitzrile nur »Spf.d.vieSerhol.Nab.,Inserat» »onSehörSen Im amtlichrngeil Sie Petit» »eil« SS Pf. S,fchaft»oaz»Ig»n mit plahvorschrift im Preis» erhöht. Nabatt «ach Laris. Setlagrnr Srsamtaufl.SM.Sa»Lausen-au»schl.Postgebühr, fiaz^gea.stnaahme: )obaaai»gojse», bei sämtlichen Malen S», Leipzig« Lagedlatte» unS allen stnnoacen.rxpcüitionen Se» In» uns stuslanüe». SeschSftosteU» für Derlin u.Sie pr.Dran-endurg: Direktion Walter ZlirgrI, Verltn w. IS, Margorethenstrag« ». L«ruspr«ch»flnlchlust: Lühow »»71. Donnerstag, üen 2l. Mal. 19 l< Des Himmelfahrtstages wegen erscheint -ie nächste Nummer Zreltag früh. Vas wichtigste. * Das Ergebnis der Einschätzungen zum Wehr, beitrag stellt sich siir den Stadtbezirk Leip - z i g auf IS 718 771 Mark. (S. Leipzig.) * Der Reichstag ist am Mittwoch geschlos sen worden. (S. Bericht.) * Der Deutsche Flotten verein im Aus lände hielt in Berlin am Mittwoch seinen Haupt- vcrbandstag ab. (2. Dtschs. R.) * In der österreichischen Delegation gab Eraf Bcrchtold eine Darstellung des Verhaltens Essad Paschas. (S. bes. Art.) * Der tschechische Politiker Masaryk erklärt, daß der Abg. Dr. Soiha das Opfer einer Ver wechselung geworden sei. (S. Ausl.) * Im Panamakanal wurde am Dienstag mit dem Schleppdienst begonnen. (S. Ausl.) Reichstagsserien. Vom Reichstagsabgeordneten Otto Keinath. Nach einer ziemlich anstrengenden Tagung geht der Reichstag in die Ferien. Gemessen an dem, was ihm die Regierung zur Arbeit vorgelegt hat und gemessen an den Wünschen und Hoisnungen der oder jener Volkskreise mögen seine fertigen Leistungen gering erscheinen, aber inan kann ihm doch das Zeugnis nicht Verz weigern, daß er fleißig und mit Eifer gearbeitet hat. Die Sitzungen des Plenums wie die Sitzungen des Haushaltsausschusses wurden im mer mehr verlängert und — wenigstens in den Ausschüssen — wurde in den verlängerten Sitzungen sehr ernstlich gearbeitet. Aber trotz dem darf man sich der Erkenntnis nicht ver schließen, daß man nicht allerorts mit dem Reichstag und seiner Arbeit zufrieden ist. Es liegt nahe, nach Abschluß dieser Tagung, den Gründen dieser Unzufriedenheit nachzugchen. In einer Beziehung hat der Reichstag selbst alle Ursache, mit sich unzufrieden zu sein. Es ist nun schon das zweite Mal in dieser Legis laturperiode, also in zweicinviertel Jahren, daß der Reichshaushalt nicht rechtzeitig aus den l. April sertiggestellt wurde und daß mit einem Notgesetz eingegrisfen werden mußte. Das ist eine bedenklich abschüssige Bahn. Denn mehr malige Wiederholung einer Nachlässigkeit führt zur Gewohnheit und zum Gewohnheitsrecht, brivoipiis obsta! Der Reichstag hätte allen Grund einem weiteren Einrcißen dieser sein Budgetrecht materiell beeinträchtigenden Unsitte durch weise Selbstbeschränkung in der Redeflut entgegenzu treten. Natürlich sind an der Verzögerung der Etatsberatung auch andere Faktoren mitschuldig — späte Einberufung, Ueberbürdung mit Gesetz entwürfen, mangelhaftes Zusammendisponieren von Reichstag und Regierung —, aber der Reichstag ist zu einem guten Teil selbst haft bar. Ist es z. B. wirklich eine unabweislichc Notwendigkeit, die Erörterung zum Reichsamt des Innern viele Wochen lang unter steigender Ermattung und Teilnahmlosigkeit des Hauses fortzuschleppen? Oder ist es nicht ein unver antwortlicher Kräfteverbrauch für die Abgeord neten wie für den ganzen Beanncnstab dieses Reichsamtes? Und wie wenige von den zahl losen Anregungen und Wünschen eignen sich zu einer gesetzgeberischen Verdichtung! Dazu kommt die Ueberlastung des Haushaltsausschusscs, der trotz fleißiger Arbeit und trotz der Verlängerung seiner Sitzungen von drei auf vier und dann auf fünf Stunden täglich nicht genüefend Be- ratungsstofs für das Reichstags-Plenum zu lie fern vermag, so daß letzteres manchen kostbaren Tag mit der Beratung von Füllsel verlieren muß. Der Abg. Bassermann wies vor kurzem mit Recht auf die Notwendigkeit hin, durch frü here Vorlegung des Haushaltsentwurfs und Einberufung des Reichstags Mitte November den Haushaltsausschuß in die Lage zu ver setzen, vor Weihnachten einen erheblichen Teil des Haushaltsentwurfs vorzuberaten, so daß das Plenum nach Weihnachten ohne Stockung die zweite Lesung durchführen kann. Aber auch der Haushaltsausschuß könnte viel erreichen Lurch strenge Selbstbeschränkung auf seine eigentliche Aufgabe. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß mindestens der dritte Teil der aufgewendeten Zeit an Erörterungen verschwen det wird, die ins Plenum gehören und auch mit unfehlbarer Sicherheit im Plenum wiederkehren. Zu ernsten Bedenken gibt Anlaß die Un zufriedenheit in Handel und Industrie mit dem Reichstag. Man kann es nicht kurzerhand als eine vorübergehende Verärgerungsstimmung bei seite schieben, wenn eine so angesehene Körper schaft wie der deutsche Handelstäg den Beschwer den eines Berichterstatter» über die Behandlung gewerblicher Angelegenheiten im Reichstag aufs nachdrücklichste zustimmt. Es liegt hier tatsäch lich manches im argen. Die sozialpolitischen, die steuerlichen Lasten auf den schultern der selbständigen Gewerbetreibenden häufen sich, ohne daß, wie es sonst der Fall zu sein vflegt, der politische, der staatliche Einfluß dieser lasten tragenden Schichten eine entsprechende Ver größerung erfährt. In den Parlamenten selbst sind verhältnismäßig wenig Angehörige des selbständigen Handels- und Gewcrbcstandes. Ab hilfe ist freilich nicht leicht zu schaffen. Kandida turen sind bei Handel und Gewerbe nicht be liebt, und wenn, wie es vorkommt, Handels kammern auch ihren angestellten Syndici die Annahme von Kandidaturen verwehren, so ist cs nicht verwunderlich, wenn die unmittelbare Vertretung gewerblicher Interessen unerwünscht klein bleibt. In den meisten Beschwerdefällen aber entspricht die Entscheidung im Reichstag nicht einer mangelhaften Sachkenntnis in ge werblichen Dingen, sondern sic ist das Ergebnis eines Niemand ganz befriedigenden Ausgleichs zwischen gegensätzlichen Interessen der verschie denen Berufsklasscn. Daran würde auch die auf dem Handelstag und anderswo ge wünschte Teilnahme von wirtschaftlichen „Sach verständigen" an den Kommissionsberatungen des Reichstags nichts ändern. Die Sachverständigen der Unternehmer und der Angestellten würden in der Frage der Konkurrenzklauscl, der Sonn tagsruhe und ähnlichen eben genau entgegen gesetzte Meinungen zum Ausdruck bringen. Der Beschluß des Reichstags, auf nauonalliberalen Antrag eine ständige Kommissrdn für Handel und Gewerbe einzusetzen, ivird hoffentlich wenigstens insofern eine Besserung bringen, daß die gewerblichen Angelegenheiten systematischer, einheitlicher und praktischer be handelt werden, als bisher, wo die verschiedenen Kommissionen ohne inneren Zusammenhang arbeiteten. Aus der erdrückenden Fülle des von der Regierung vorgelegten Beratungsstoffes — der Reichstag hat cs nun glücklich zu dem Rekord von 30 Kommissionen gebracht — gelang es doch, einiges heranszuheben und zu einem guten Ende zu führen. Neben verschiedenen internationalen Vertrügen, wie den zur Verhütung von See unfällen (Titanic-Vertrag), und neben zahl reichen kleineren Vorlagen wurde z. B. LaS wichtige Gesetz über die Konkurrenz- klausel im Handelsgewerbe zustande gebracht, zwar nicht zur "restlosen Freude der interessierten Kreise, aber doch geeignet, einen vorläufigen Ruhezustand herbeizuführen. Die neue Ge bührenordnung für Zeugen und S a ch- verständige wird wohltätige Wirkung äußern, das Spionagegesetz dem Vater land den von der Regierung gewünschten stär keren Schutz gewähren, das Duellgesetz und die Militärstrafgesctznovelle einem weitverbreiteten Vvltsempfinden Rechnung tra gen. Die Beratung der Postdamprersub- ventionen ergab das eigenartige Bild, daß der Reichstag mit seltener Einmütigkeit in einer Frage der deutschen Weltstellung weit über die Forderungen der Regierung an Opferwilligteit Yinauszugehen bereit war, ein Bild, das etwas an die Verhandlungen über die Beschickung der Weltausstellung in San Francisco erinnerte. Die genannte Beratung beweist ebenso, wie die Einzelberatung des Etats, auch des Etats der Schutzgebiete, daß das nationale Verantwortlich keitsgefühl in den bürgerlichen Parteien des Reichstags wesentlich zugenommcn hat und daß die Zeiten jämmerlichen Feilschens um einige Bataillone, um ein Kriegsschiff, um eine kolo niale Eisenbahn versunken sind. Mag auch die Bewilligung von Eisenbahnen in den Kolonien noch durch die Mehrheit von Zentrum und So zialdemokratie mit unberechtigten Eingeborenen resolutionen verquickt werden: im großen und ganzen ist der nationale Gedanke im Wachsen. Um so ausfallender ist es, daß die Be ziehungen zwischen Reichstag und Regierung andauernd recht kühl sind. Es sind nicht etwa die Nachwirkungen Zaberns oder der Ablehnung des Militürkabinetts, sondern es fehlt an der für eine reibungslose Erledigung der Arbeiten notwendigen dauernden Fühlung. Wohl bemühen sich einzelne Reichsämtcr in an erkennenswerter Weise und mit Erfolg darum, für ihr Ressort die Verbindung aufrechtzuerhal- tcn, aber im ganzen fehlt der Kontakt. Schluß oder Vertagung? Diese doch die Reichsbotcn mit Rücksicht auf ihre Dispositionen für die Arbeit in den Kommissionen interessierende Ent scheidung wurde seitens der Regierung bis auf den letzten Tag zurückgehalten, ein Verfahren, das ails dem Reichstag wiederholt öffentlich als eine Unfreundlichkeit bezeichnet worden ist. Der Reichstagsschluß läßt die Arbeiten zahlreicher Kommissionen nutzlos unter den Tisch fallen, gewiß keine Aufmunterung zur Tätigkeit. Daß mit Vertagung oder Schluß die Frcifahrkarten stehen und fallen, steht in zweiter Linie. Daß die Regierung dieses Zwangsmittel, dessen Wir kung src wohl weit überschätzt, nicht aus der Hand geben »vill, wird der Reichstag zu ertragen wissen. Besonders freundlich gegen den letzteren ist cs nicht, denn daß eine Beeinflussung mit dem Druckmittel Vertagung oder Schluß keine besonders würdige Sach« ist, wird niemand be streiten. Fm Schlüge -er Legislatur, perio-e -es Lan-tags. Als ain 11. November 1900 der auf Grund des neuen Wahlgesetzes gewählte Landtag zum ersten Male zusammentrat, bekannte sich die Re gierung in der Thronrede zu dem Grundsatz von dem „besonnenen organischen Ausbau des geschichtlich Gewordenen". Die damit bekundete Neigung, berechtigten Anforderungen der Ge genwart auf dem Gebiete der Gesetzgebung zu entsprechen, fand ihren zumeist freilich etwas vorsichtigen Ausdruck in den Gesetzentwürfen, die dem neuen Landtage vorgelegt wurden. Die Vorlagen über das höhere Mädchenschulwesen, über die Berggesetzgeoung, über die Gemeinde verbände, das Brandverjicherungsgesetz, dessen zeitgemäße Fassung allerdings im wesentlichen ein Verdienst des nationalliberalen Abgeord neten Dr. Löbuer ist, sic alle ließen ein gewisses Bestreben der Regierung erkennen, mit der Zeit vorwärts zu schreiten, überlebtes Altes durch besseres Neues zu ersetzen. Noch deutlicher und greifbarer freilich wurde von den liberalen Par teien der Kammer auf Fortschritt gedrungen. Besonders die Anträge der Nationalliberalen auf Reform der Ersten Kammer, auf Reform der gefaulten inneren Verwaltung, auf Verein fachung der Verwaltung der Staatseisenbahnen zeigten, daß die Mehrheit der Kammer den Be griff des „organischen Ausbaues" des geschicht lich Gewordenen erheblich tiefer und weiter faßte, als die Regierung. Da in der Zweiten Kammer die Sozialdemokratie zum ersten Male wieder ausgiebig vertreten war, glaubte die Re gierung freilich, sich die Erfüllung vieler Wünsche der Liberalen versagen zu müssen. Sie konnte sich eben von der angenehmen Erinnerung an die bequeme absolute Mehrheit der Konser vativen noch nicht freimachen und fand in ihren Hemmungsbestrebungen bei der Ersten Kammer lebhafte und weitgehende Unterpützung. Trotz alledem: die parlamentarischen Arbeiten wur den unter liberaler Führung durchgeführt, und was in der ersten Zession zum Abschluß ge langte, trug zweifellos ein durchaus liberales Gepräge. Tie zweite Session war mit gesetz geberischen Aufgaben von weittragender Bedeu tung überlastet. Es war eine schon vor zehn Jahren vergeblich versuchte Neuregelung Les ^teuerwesens der bürgerlichen Gemeinden, der Kirchengcmeinden und der Schulgemeinden ge plant-, die revidierte Landgcmeindeordnung soltte den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßt wer den; ferner lagen u. a. Entwürfe zu einem Fischcreigesetz, zu einem Gesetz über die der Irrenfürsorge, zu einer Scnuuarresorm, zu einer Neuordnung der Bezirksverbünde, zur Reform des Landestulturracs, zur Errichtung von Talsperren vor. und endlich sollte die lange erwartete Reform des Voltsschulwefcns verwirk licht werden. Die Bewältigung dieser Unmasse von Arbeitsstos^, zu dem natürlich noch zahl reiche Anträae aus der Zweiten Kammer kamen, aelana unter äußerster Anspannung aller Kräfte nur dadurch, daß Zwischendeputanoueu eingesetzt, und daß in einer Nachsession die beträchtlichen Neste aufgcarbeitet wurden. Was von den Auf gaben dieser Session zur Vollendung gelangte, macht den Willen zu positivem Schassen und dem Ernst der Arbeit des Liberalismus alle Ehre. Indes die liberalen Parteien, vor allen Dingen die Nationalliberalcn, die ja stets in der vordersten Kampflinic standen, hatten doch schon härtere Hemmungen zu überwinden als in der ersten Session. Tie Negierung zeigie manch mal bedenkliche Rückfälle in starr konservative Anschauungen; sie stützte sich bei ihren ableh nenden Erklärungen mehr denn je auf die Erste Kammer; ja sie bewies dem Hcrrenhause -- die überraschend schnelle Zurücknahme des Ent wurfs über dis Reform des Landcskulturrats war dafür ein untrügliches Kennzeichen — mit einer staunenswerten Bereitwilligkeit weitgehen des Entgegenkommen. Am beklagenswertesten war die Tatsache, daß das Voltsschulaesetz schei terte, und daß infolgedessen trotz aller neuer lichen Versuche mit sogenannten „kleinen Schul reformen" Sachsen leider nicht mehr den Ruh mestitel eines Landes der Schulen für sich in Anspruch nehmen lann. Die von nationallibcra- lcr Seite wiederum vorgcbrachten Anträge auf Modernisierung der Verfassung und der Ver waltung fanden bei der Regierung abermals nicht so viel Anklang, daß daraus gesetzgeberische Taten reifen konnten. In der dritten und letzten Session hatte es der Landtag nicht mit so schwerwiegenden Fragen zu tun. Immerhin waren ihm wieder reichlich viel Aufgaben zur Erledigung gestellt. Leider entspricht der Ertrag der geleisteten Ar beit — wir machten bereits in einem ausführ lichen Rückblick auf die Landtagsarbcit darauf aufmerksam — nicht den aufgewandten Mühen. Wohl gelang es, das Knappschaftsgesctz, das Schulbeihilfengesetz, das Gesetz über die Landes kulturrentenbank und das Gesetz über die Er weiterung des Geschäftsbereichs der Altersrenten bank unter Dach und Fach zu bringen. Auf der andern Seite muß aber mit Bedauern das Scheitern des eigentlich längst fälligen Psarr- bcsoldungsgesetzes, des Zuwachssteucrgesetzes und des Eisenbahngesetzes gebucht werden Angesichts dieses Ergebnisses will so etwas wie eine müde Ncsignationsstimmung aufkom men, und davon ist auch die in ihrer Farb losigkeit recht nüchtern wirkende Thronrede beim Schlüsse des Landtags nicht frei. Einer fast ermüdenden Aufzehrung der erledigten Ge setzentwürfe folgen ein paar Worte offiziellen, beinahe frostigen Bedauerns über die geschei terten Vorlagen, und nur am Schluffe ivird der Ton etwas wärmer. Mit dem Tank für die Arbeit des Landtags wird zugleich der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Alte der Gesetz gebung, die sich für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des Landes zum Teil bisher schon als förderlich erwiesen haben, auch fernerhin dazu beitragen werden, dem ge sunden Vorwärtsschreiten des Voltes Vie Wege zu ebnen. Aber die Hosfnung auf „gesundes Vorwärts schreiten" in "der Gesetzgebung ist bei vielen und nicht bei den schlechtesten Staatsbürgern wankend geworden angesichts bestimmter Vor gänge, wir möchten fast sagen: Tatsachcnreihen in dem letzten Landtage. Die Hartnäckigkeit, mit der die Negierung wohlbcgründeten Reform wünschen aus dem Hause — Erste Kammer, Landtagsordnung, Vereinfachung der Staats verwaltung und des Eisenbahnwesens — schon bislang widerstrebte, hat eine erhebliche Stei gerung erfahren. Es entstanden zwischen den liberalen Parteien und der Regierung Span nungen, die manchmal ziemlich heftige Ent ladungen zeitigten. Im Verlaufe der Landtags verhandlungen wurde cs immer klarer, daß die Negierung weniger oenn je zu Zugeständnissen an den Liberalismus geneigt war, weil sie von den Neuwahlen im Herbst 1915 eine Erstarkung der Partei ihrer konservativen Freunde erhofft. Das liberale Wahlabkommen wird indes diese Hoffnung der Negierung nicht in Erfüllung gehen lassen. Im Gegenteil: Nakionalliberalc wie Fortschrittler werden eben auf Grund dieses Abkommens in erster Linie der Sozialdemokratie dann aber auch den Konservativen Landtags sitze abgcwinnen, und der unausgesprocl-ene, im stillen aber zweifellos vorhandene Wunsch der Negierung, die Zeilen der liberalen Aera möch ten der Vergangenheit angehvren, wird ein from mer Wunsch bleiben. Die liberalen Parteien, vor allen Dingen die Nationalliberalen, können dem Wahlkampf und den Neuwahlen getrosten Mutes entgegenschcn. Sie haben sich nach Kräften bemüht — manchmal hätte es wohl noch etwas entschiedener geschehen können — ihren Grundsätzen von einem besonnenen steti gen Fortschritte zum Besten des Staates und aller seiner Glieder Geltung zu verschaffen, und sie werden dafür auch troy aller Drohungen von links und trotz aller Beschwörungen von rechts beim sächsischen Volke Verständnis und Anerkennung finden. Vie Sejeitiguag Essad Paschas. Nach der Verhaftung Essad Paschas, über die Graf Verchtold in der österreichlschen Delegation eine ge naue Darstellung gab, ist die Ruhe in Durazzo wieder eingelehrt, da es sich bei den von Essad Pascha auf gehetzten Bauern von vornherein weniger um po litische, als um wirtschaftlickse Momente gehandelt haben mag. Sie haben deshalb bald das ihnen ge stellte Ziel, nach Durazzo vorzudringen, nufgcgeben und ihrer persönlichen Eer-nztheit durch Angriffe auf ihre wirtschaftlichen Bedrücker, die Erundhcrren, Aus druck verschafft. Die Untersuchung gegen Essad Pascha ist sofort eingeleitct worden, aber ihr Ergebnis ist weniger wichtig als die Frage, was Fürst Wilhelm nun ohne den immerhin einflußreickjen Mann tun wird. Eine Zuschrift schildert die Lag« des Fürsten wenig hoffnungsvoll. Wir verzeichnen folgende Mel dungen: Die Verhaftung Essad Paschas. Durazzo, 20. Mai. Essad Pascha hißte bei der Kapitulation eine weiße Flagge. Nach seinem Eintreffen auf dem Kriegsschiff „Szigetvar" wurde ihm der Säbel abgenommen. Essad Pascha wurde in der Kapitänskafüte untergebracht; er wird als Offizier -»Festungshaft behandelt. Schleunige Untersuchung. Wien, 20. Mai. (Priv.-Tel.) Nach einer Mit teilung von unterrichteter Seite läßt der Fürst von Albanien die Untersuchung gegen Essad Pascha durchführen, von deren Ergebnis die Entsclxi- dung des Fürsten über das weitere Schicksal Essad Paschas abhängt. Hier wird erwartet, daß di« An gelegenheit ohne Aufschub erledigt werden wird. Auf der Suche nach den Hintermännern. Berlin, 20. Mai. Das nationalistische „Journal d' Italia" schreibt: Es handelt sich offenbar um einen Handstreich Oesterreichs gegen Essad Pascha, weil dieser Italicnfrcund s«i. Der Fürst habe sich kurz in die Arme Oesterreichs geworfen und seine Lag« sei höchst prekär. Dem widerspricht eine Wiener offiziö»« Meldung, wonach die Verhaftung unter Führung eines italienischen Offiziers stattgesunden habe. Ruhe in Durazzo. Durazzo, 20. Mai. Der gestrige Nachmittag und Abend sind ohne Zwischenfall verlaufen. Die von holländischen Offizieren getroffenen mili tärisch«» Vorkehrungen werden unverändert aufrecht erhalten. Es verlautet, daß die Leute Essad Paschas den nationalistisch gesinnten M a ja r Bei und Muhad Bei getötet und Refek Bei und Abdi B < i, sämtlich Mitglieder der Familie Top«