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l9!4. erletzungen mit dem ien in ihre Die Toten votsdamer : Halle im inten vor- getroffen Drahtende, einem der "dzcntrale )ie unter- rde. Heute Gerichts- er Staats- Stelle die ln." ene spielte in Berlin rwaffneten erwehren trch einen erletzt der Nacht e Abküh- emperatur aufmanns > April in verschwand Leichen n und die r Rhein oird noch h finan- : worden des fran- bekannt ie Gattin m y ver- em Auto- ; plötzlich kunft des Steine nobil der afen zum eten nur an. Der Verbrecher r Neben- : n. xonia " Personen anken, arat der >i Leichen wöchigen l ist es gelungen, ähren- rschuldigt elan in hrenkrug sein und uß abge- was mit cch seine zld nach- Bombe, t in der es Rocke gen, wo eder der lt wegen gegen Gerüchte falls die freiem Zwei >ren an« anar- vierte inigung. Material iver und «renz- >aulurnsest ronnabend 0e, m uf,le irochen , Zwickau, mit rund Wetters, aiger als daß das lenommcn « Turner, ds 8 Udr skommerS serordent. trotz des ! eckruf ten nun 9 Uhr i waren, os, wom it halten, r. 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Vas wichtigste. * Der Kaiser hat am Montag von Kiel ans seine diesjährige N o r d l a n d r c i s e angetreten. (S. DtschS. R.) * In Hildesheim traten die deutschen gewerblichen Genossenschaften zu ihrer diesjährigen Tagung zusammen. (L. Ber.) * Alle Werkstätten des Arsenals von Woolwich sind infolge des Ltrcikcs geschlo s- jen. (S. Ausl.) — * Fürst Wilhelm von Albanien soll den .Entschluss gefaßt haben, an Bord eines österreichischen Schiffes zu gehen. (S. bes. Art.) * Bei den am Sonntag in Mexiko borge- nommenen Präsidentenwahlen erhielt Huerta ein Vertrauensvotum. (S. bes. Art.) KÜIow. o Berlin, 4. Juli. Dem gewesenen Minister blüht in deutschen Landen kein freundliches Los. Ist er im Amte, so beugen sich vor ihm alle Häupter und manch mal selbst die Knie, und die Weihrauchwolkcn steigen in dicken Schwaden empor. Mitunter kann das Umschmeicheln im neuen Deutschland sogar recht unwürdige Formen annehmen; das alles ändert sich aber in dem Moment, ivo aus dem amtierenden Kanzler, Staatssekretär oder Minister ein a. D. geworden ist. Plötzlich ist er der Herr Niemand geworden, um den sich kein Mensch mehr recht kümmert; am allerwenigsten, die einst von ihm die größten Vorteile zogen. Höchstens, daß Erwerbsgescllschaftcn, die einen dekorativen Aufsichtsrat brauchen, sich noch für ihn interessieren. Sonst sieht sich keiner nach ihm um, bewirbt sich niemand mehr um seine Gunst. Der sonst im Mittelpunkt sämtlicher Leit artikel stand, ist nun im besten Falle ein be scheidenes lokales Ereignis. Ein Privatmann wie jeder andere; oder besser noch: schlechter als jeder andere. Denn ein Privatmann geht ge- meinhin unangefochten durch diese Welt oder wenn man iHn angrcift, vermag er sich zu wehren. Auf den gewesenen Minister indes pras seln noch immer die Angriffe der politischen Gegner nieder (und anch solcher, die ehedem sich für seine Anhänger ausgaben, nachträglich aber fanden, daß sie nicht recht ans ihre Kosten kamen), ohne daß der Angegriffene in der Lage wäre, fich zu verteidigen. Denn so ist das un geschriebene Gesetz dieses merkwürdigen Landes, I daß cS von dem a. D. schweigenden Gehorsam verlangt. Dem soll für den Nest seiner Tage ui allen politischen Dingen der Takt den Mund verschließen. Wenigstens soweit er selber oder der Monarch oder beide zusammen an den Din gen beteiligt waren; da soll er nicht reden, nicht richtigstellcn, nicht widersprechen dürfen. Schwel gend alles tragen, was man auf ihn bürdet, allein in der Hoffnung sich getröstcud, in Me moiren und nachgelasfencn Schriften zu den Späteren sprechen zu dürfen. Fürst Bülow ist letzte Woche etwa fünf Tage ichom Montag bis zum Freitag mittag) in Ber lin gewesen. Als er das letztemal, ein Jahr i nach seinem amtlichen Scheiden, in Berlin weilte, stieß man noch ab und zu auf einen ihn respekt voll grüßenden Leitartikel. Das war Heuer nicht mehr der Fall. Der Mann, der nns neun Fahr lang und stvie man aus der preislichen Gegen wart in die Vergangenheit zurückscbaucnd doch wohl bekennen muß) nicht eben schlecht regiert «- hat, existierte für die Blätter einfach nicht mehr. Dieselben Leute, die noch vor sechs Fahren auf Vorder- und Hintertreppen Tag für Tag seine Meinung zu erforschen sich mühten, nahmen nun kaum noch Notiz von ihm. Drei Klcinzeileu im lokalen Teil bei der Ankunft waren alles, was sie über diesen immer noch graziösesten Geist unter den lebenden Deutschen auszufagen wußten. Fm übrigen: nur der Lebende hat recht. Evoe Theobalde! Was nicht ausschließt, daß, sobald er nur cntamtct ist, sie ihn noch schlechter bedienen werden. Wir wissen nicht, ob Fürst Bülow das alles selber so empfindet. Wer ihn in diesen Tagen sah, fand ihn heiterer und ge lassener denn je. Die Fahre sind an Bernhard von Bülow nicht spurlos vorübcrgegangen. Acußerlich ist er sogar überraschend gealtert. Das Haar wurde schlohweiß und dünn, auch die elastische Eleganz, die ihm ehedem alle Stim- mungsbildzeichner nachzurühmcn wußten, schwand dahin. Aber die Anmut des Geistes blieb; cS blieb auch das erstaunliche Gedächtnis, das aus einer über alle Gebiete menschlichen Wissens sich erstreckenden Bclcscicheit wie aus schier unerschöpflichem Born immer neue Proben hervorzuholcn weiß. Noch immer ist cs ein Ge nuß, der eine Erinnerung fürs Leben bedeutet, mit diesem Mann zu plaudern. Vielleicht soll , man sogar sagen: dieser Genuß wurde seither größer. Denn Bernhard von Bülow wurde mit den Fahren milder, reifer, abgeklärter. Fn sei nem Fnneren mag es vielleicht auch heute noch bisweilen vulkanisch toben; was an die Ober fläche kommt, ist abgcglättet, ist denkbar reifste Form. Man hat den Fürsten ja gerade in der letzten Zeit nicht eben glimpflich behandelt. Er hat in seiner S-chrifl über die deutsche Politik dem Kaiser so viel Noscn auf den Weg gestreut, daß die historische Treue gelegentlich darunter litt, und an sich durchaus wohlmeinende Kritiker urteilten, das sei mit Bedacht geschehen, auf daß Fürst Bülow sich den Weg zur Macht von neuem eröffne. Wir glauben an solchen Ehrgeiz uichc recht; immerhin: in der Schrift war von nachtragen dem Groll, von Nicht-vcrgessen-können keine Spur. Auf der Gegenseite scheint das Gedächt nis des Grolls leider besser auSgebildec zu sein. Fürst Bülow langte ungefähr nm dieselbe Zeit in Hamburg au, als man dort den neuen Hapag- dampfcr auf den Namen Bismarck tausch. l^S waren Einladungen an Gerechte und Ungerechte ergangen, an manchen, der mit dem Namen und den Manen Bismarcks doch nur in sehr entfernter Beziehung steht. An den Fürsten Bülow aber dachte niemand. Oder wenn man seiner gedachte, geschah es nur insgeheim; hielt man es nicht für opportun, solches Gedenken über die Bewußtseinsschwelle treten zu lassen. Ob Fürst Bülow das nicht doch ein wenig anders erwartet hat? FedenfallS trug cr'S leicht, mit der heiteren Gelassenheit des Mannes, der mit den zunehmenden Fahren immer mehr von der Relativität aller menschlichen Dinge sich überzeugte. Die Politik ist natürlich noch immer die große Leidenschaft dieses Lebens, und anch im Silberhaar ist er, was man ihm früher, weil er die starken Töne nicht liebte und lächelnd durch die Reihen finsterer, ewig deklamierender Philister schritt, gar nicht recht zutrauen mochte, ein leidenschaftlicher Patriot. Ein Deutscher, der dabei auch verstehend der Stammesbrüder außer halb der ReichSgrenzen gedenkt. Aber er lernte sich bescheiden und übt, wie in seinem Buch, die Kunst kluger Zurückhaltung. Fn den Streit des Tages will er sich nicht mischen, nicht durch Urteile, die für fremde Ohren nicht bestimmt sind, die deutsche Wirrnis mehren. Ein Mann, der so die Pflicht des Schweigens übt und nur den ganz Vertrauten sich öffnet, ist für die Zei- tungsweit von heute, für die meist nur die Nachricht noch Wert hat, uninteressant geworden. Die vielen, die in diesen Tagen dem Fürsten ihre Aufwartung machten, werden darüber freilich anders denken und dankbar die anregenden Stun den in ihrer Erinnerung bewahren. Ob zu denen auch Herr v. Bethmann gehören wird? Er ist am Mittwoch sogar recht lauge bei sei nem Vorgänger gewesen, und zur Dankbarkeit, sollte man annehmen, hätte er bei dem Mann, der im Grunde ihn erst auf das Piedestal er hob, immerhin einigen Anlaß . . . Amerikanische Aollspionage in Paris Non unserem Pariser ^.-Mitarbeiter. Ein sensationeller Prozeß in Paris. — DieSeidenrobenderMißDolan. — Eine 2 p i o n a gea ge nt u r des amerikanischen Zollamts in der Avenue de l'OpSra. — Offizieller Einspruch Frankreichs in Sicht. Die amerikanische Zollinquisition, unter der die europäischen Länder und insbesondere Frankreich, Deutschland und England leiden, hat jetzt in Paris einen Gerichtsskandal heroorgerufen, der nicht ohne politische Folgen bleiben wird. Alle Beschwerden von Industriellen, kaufmännischen Vereinen und Handelskammern halfen bisher nichts; der Versuch, die Weltausstellung in San Francisco zu boykottieren, mißlang aus bekannten Gründen. Jetzt wird das Plädoyer eines Pariser Advokaten unzweifelhaft „dem Faß den Boden" ausschlagen, denn die Ent hüllungen, die es brachte, werden der europäischen Geduld ein Ende machen. Vor der ersten Strafkammer wollte der ameri kanische Bankier Henry Munroe die Besitzerin eines ebenfalls amerikanischen Konfektionshausrs, Miß Dolan, zur Einwilligung verurteilen lassen, ihr elfjähriges Konto auf seiner Pariser Zweigbank dem Zolldirektorium in New Pork in allen Einzelheiten bckanntzugeben! Man erfuhr die Vorgeschichte dieser seltsamen Klage aus der Verteidigungsrede, die Ad vokat Andre Lesourd namens der Miß Dolan hielt. Er sagte: „Miß Dolan besitzt ein Schneider haus in Brooklyn, sie kauft in Paris Modelle von Toiletten und importiert sie in Amerika. Im Mai 1913 kaufte sie mehrere Roben, die von dem ameri kanischen Zollamt beschlagnahmt wurden, weil Miß Dolan angeblich nicht ihren vollen Wert deklariert hatte. Vergebens zeigte sie ihre vom Konsul in Paris bescheinigten Schneiderrcchnungen vor. Man antwortete ihr: „L'e Konsulatsdejcheinigung Ihrer Rechnungen beweist nichts. Sie hatten mit den Pa riser Schneidern ein Abkommen getroffen, wonach auf den Rechnungen ein niedrigerer Preis vermerkt wurde, als Sie in der Tat bezahlt hatten. Wir wollen feststellen, wieviel die Pariser Schneider von Ihnen einkassierten, und da wir erfahren haben, oaß Sie auf der Filiale der Bank Munroe ein Konto haben, müssen Sie uns einen Auszug über sämtliche Zahlungen erbringen, die dort in Ihrem Namen ge macht wurden, und zwar nicht nur im vergangenen Jahre, sondern während der ganzen Dauer Ihres Kontos, d. h. seit 11 Jahren. Aus diesen Zahlungen werdcn sich ein Vergleich mit Ihren Zolldeklaration n dieser 11 Jahre und die Bemessung der Strafen er möglichen lassen." Natürlich verweigerte Miß Dolan dieses Bank konto mit der Begründung, das Zollamt habe kein Recht, sich auf diese Weise einen Einblick in ihr Privatleben zu verschaffen. Tas Zollamt antwortete darauf zunächst mit der klassischen Strafe, die auf den vierfachen Gesamtwert der beschlagnahmten Roben veranschlagt wurde, ohne diese Strafe auf den ge ringsten materiellen Beweis falscher Deklaration zu stützen. Dieser Willkür sind ja nicht nur die Ameri kaner selbst, sondern auch unsere Kommissionäre und Fabrikanten ausgesetzt. Aber das Zollamt leistete noch Besseres. Miß Tolan wurde von ihm vor die obere Anklagekammer berufen und mit Verweisung an das Kriminalgericht wegen Schmuggels bedroht. Aber da man noch immer keine Beweise hatte, suchte man sie sich um jeden Preis zu verschaffen. Tas Zollamt verlangte von Henry Munroe, dem Direktor der New Porter Bank, eine Abschrift der Pariser Kontos der Miß Dolan, insbesondere sämtlicher seit 1l Jahren für sie ausg.',zahlten Schecks. Munroe ocrschanste sich natürlich hinter sein Berufsgeheimnis. Darauf wurde er vor die Anklagekammer gestellt, wo er geltend machte, daß er seinen Teilhaber in Paris nicht zwingen könne, ihm die gewünschte Abschrift zu senden. Richter Morton gewährte ihm eine Bedenk zeit für eine „ehrliche Anstrengung", dis Dokumente beiznbringen. Gleichzeitig wurde er mit Gefängnis strafe wegen „(.'cuiienipl oi courl" bedroht. Ter Bankier schrieb an die Pariser Zweigansto.lt. der er die Lage auseinandersetzte, worauf von Paris an Miß Dolan um die nötige Autorisation geschrieben wurde. Diese aber ließ durch Gerichtsvollzieher am 15. November 1913 der Filiale Munroe in Paris jede Indiskretion scharf untersagen. Am 29. De zember erschien Henry Munroe zum zweitenmal vor dem Richter Morton: der erklärte, der Bankier be kunde den Behörden seines Landes gegenüber un genügenden Respekt, und er verurteilte ihn zu 250 Dollar und 10 Tagen Gefängnis. Munroe legte Be rufung ein und harrt noch dieses zweiten Urteils. „Um jedoch diesen Appell zu rechtfertigen und der Justiz seines Landes zu beweisen, daß er wirk lich alles getan Hot, um den Bücherauszug zu er halten, strkngte der amerikanische Bankier gegen Miß Tolan den jetzigen Prozeß in Paris an: die französische Justiz soll die Schneiderin in Brooklyn zwingen, der Pariser Bankfiliale die Erlaubnis zur Mitteilung aller für sie ausgezahiten Geldsummen und Schecks an das Zollamt in New Park zu geben. Was verlangt in Wahrheit die Dank Munroe? Sie verlangt, recht maßvoll und diskret, ein Ver gehen gegen ten Artikel 378 des Strafgesetzbuches zu autorisieren! Dieser Artikel straft nämlich den Bruch des Berufsgeheimnisses, die Enthüllung von Geheimnissen, die geschäftlich oder moralisch schädigen können." Der Advokat ging dann schneidig zum Angriff gegen das amerikanische Zollamt und seine In- quisitionspraxis über. „Das Zollamt begnügte stch nicht mit seiner Aktion gegen die Bank. Es schlug noch andere Wege ein Miß Dolan kaust nämlich nicht nur Roben, sondern auch Spitzen uns Tüll in Frankreich, vor allem bei der Firma Pagny. Herr Pagny stellte aber unlängst fest, daß ungerecht fertigte Abschriften aus seinen Büchern vor genommen worden waren, und reichte Klage ein. Die jetzige unwahrscheinliche und doch wahre Ge schichte wird dem Gericht klarmachcn, über welche ungewöhnliche Organisation die amerikanische Zollbehörde in Frankreich verfügt und welches merkwürdige Verfahren sie ein schlägt. In Wohnräumen, die an das amerikanische Generalkonsulat, 30h. Avenue de l'Opöra anstoßen, richtete die Zollbehörde ein offizielles Bureau ein, das ursprünglich zur Aufgabe hatte, die Rechnungen der Pariser Kaufleute, die Waren nach den Vereinigten Staaten versenden, mit dem Konsulatsstempel zu versehen; wohlverstanden nach den üblichen, verwickelten Vorschriften. Die Tätig keit dieser Agentur hat sich aber unter Leitung des Herrn Howeland, des „Vertrauensbeamten" des amerikanischen Zollamtes, seltsam erweitert. Die Agentur verfügt über ein ganzes männliches und weibliches Personal, das eine richtige Polizei tätigkeit entfaltet. Den großen Schneidern uns Juwelieren der Rue de la Paix und des ganzen Viertels, das man in Paris bas amerikanische Viertel nennt, ist es wohlbekannt, daß ihre amerika nischen Kunden von den Zollagenten überwacht und auf ihren Ausgängen verfolgt werden. Diese Agenten erscheinen ungeniert bei unseren Pariser Kaufleuten und fragen sie über die Preise aus, die an dem oder jenem Tage zur bestimmten Stunde von irgendwelchem Kunden, dessen Namen und Per sonalbeschreibung sie geben, bezahlt wurden. Ich erfinde nichts. Hier ein Brief der Syndikats kammer der Pelzhändler. Hier ein Artikel des „Echo de l'Exportat'.on" vom 3. April 1914. Aber es gibt noch etwas Unzulässigeres, das ist die Kontrolle, die die amerikanische Zollbehörde der Buchführung der französischen Kaufleute auf zwingen will. Täglich er scheinen Vertreter der Agentur der Avenue de l'Opc-ra bei unseren Fabrikanten und Kommissio nären, die nach den Vereinigten Staaten exportieren, und fordern, daß sie ihnen nicht nur Einblick in ihre Bücher geben und Auszüge daraus gestatten, sondern daß ihnen auch der Nachweis über die Richtigkeit der darin enthaltenen Ziffern und der von ihren Kunden beim amerikanischen Zollamt abgegebenen Erklärungen geführt werde, d. h. daß sie über ihre Herstellungskosten Aufschluß erteilen, damit der wahre Wert der Waren nachgeprüft werden könne. Natürlich möchten die französischen Kaufleute in ihrer ersten Erregung diese Vertreter der amerika nischen Zölle vor die Tür setzen: diese aber machen sie darauf aufmerksam, daß ihnen jeder schlechte Empfang teuer zu stehen kommen werde. Und richtig sieht der französische Kaufmann einige Wochen später alle seine Sendungen auf dem New Parker Zollamt fest gehalten — die dortige Behörde befleißigt sich bei der Entzollung solcher Langsamkeit, daß die Geschäfte vollständig gelähmt werden. So gibt denn der französische Kaufmann lieber nach, damit seine Geschäfte mit den Vereinigten Staaten nicht a-geschnitten werden, und' öffnet für die Agentur seine Bücher, in denen sie alle Auskünfte schöpfen darf, die nicht bloß ein? Zollverwaltung, sondern auch, was gesagt werden muß, die amerikanischen Konkurrenten der fran zösischen Kaufleute interessieren. Diese unglaublichen Tatsachen haben zu zahllosen Klagen des gesamten Handels geführt, und trotz ihrer Hochflut vermochte unser Handelsministerium seit zehn Jahren noch immer nicht diesen Aus schreitungen ein Ende zu machen. Hier sind Briefe der Verbände der Kommissionäre, der Schneider, der Modisten, der Diamanten- und Perlenhändler, der Handelskammern von Lyon, Limoges und Paris. Es ist an der Zeit, daß diesem Verfahren ein Ziel gesetzt wird. Ich beschuldige hier keinesfalls die amerikanische Regierung, die gewiß von dem Ueber- eifcr ihrer Agenten und der unerlaubten Organi sation, die sie in Frankreich geschaffen haben, nichts weiß. Das Zollamt aber soll erfahren, daß es sich nicht länger in Frankreich dieser Art Tätigkeit hin geben darf. Tic französische Kaufmannschaft ist zum Aeußersten getrieben. Ich fordere das Gericht auf, der Rank Munroe die Autorisation zu verweigern und ihr selbst zu verbieten, daß sie eine Abschrift des Kontos der Miß Dolan gibt." In acht Tagen wird Staatsanwalt Regnault die Ansicht der französischen Justiz vorbringen, und cs besteht kein Zweifel, daß er im Sinne des Rechts anwalts reden und daß auch das Urteil eine für das amerikanische Zollwesen scharfe Kritik enthalten wird, auf Grund deren die französische Regie rung eine offizielle Beschwerde in Washington planen soll. Erstaunlicherweise hat am Tage vorher der Kammerausschuß sich im Prinzip für die offizielle Beteiligung Frank cichs an der Weltausstellung in San Francisco erklärt, trotz der einmütigen Ein gaben -er Handelskammern und kaufmännischen Vereinigungen, die diese Beteiligung von Zu geständnissen der amerikanischen Regierung in den Zollsraasn abhängig gemacht wissen wollten. Fürst Wilhelm vor -er Abreise! Preist Bibdoda. der Vertreter der sürstentreuen Nordalbanicr. ist in Durazzo angekommen, um mit der Regierung zu verhandeln und um von ihr vor ollem möglichst viel Geld zu erhalten. Vielleicht er kennt jetzt der Fürst angesichts dieses Mannes, von dem er die Rettung erhoffte, daß ein weiterer Kampf um seine Herrschaft nutzlos ist und faßt den Entschluß, Durazzo zu verlassen. Seine Lage ist wirklich verzweifelt genug, um den Entschluß ver ständlich erscheinen zu lassen. Was nützt ihm alle Festigkeit und der beste Wille, wenn er so wenig von der einheimischen Bevölkerung und den Groß mächten unterstützt wird? Es liegen folgende Mel dungen vor: Prenk Bibdoda in Durazzo. Preist Bibdoda hatte am Sonnabend zunächst eine Unterredung mit dem Fürsten und wurde dann zur fürstlichen Tafel zugezogen. Am Nachmittag nahm er am Ministerrate teil, der sich hauptsächlich mit der Angelegenheit Bibdodas beschäftigt haben soll. Es heißt, Bibdoda habe weitere Geldmittel ver langt, um den Krieg fortzusetzen. Die widersprechen den Nachrichten über seinen Feldzug lassen es er klären, daß seine Miriditen n.cht eigentlich kämpften, sondern nur plünderten. Die Bevölkerung sei zunächst vor diesen Scharen geflohen, habe sich aber später wieder gesammelt, oie Vorhut Bibdodas über fallen und die Angegriffenen fast ganz nieder gemacht, worauf dann Bibdoda auch fein Eros zurück gezogen habe. Die Abreise des Fürsten? Die Agentur „Jnfv'mation" meldet aus Rom, dort ginge das Gerücht, der Fürst von Albanien werde am Montag an Bord eines österreichi schen Schiffes gehen und Albanien ver lassen, wenn Prenk Bibdoda keine Garantie für die Sicherheit seiner Familie geben könne. lDa diese Meldung aus Nom kommt, sind Zweifel an ihrer Richtigkeit erlaubt. D. Red.) Turkhan Pascha in Wien. Wien, «> Juli. Der albanische Ministerpräsident Turkhan Pascha empfing im Laufe des Sonn abends den Besuch des italienischen Bot schafters. mit dem er eine einstündige Be sprechung hatte. Turkhan Vascha besuchte darauf die rumänische Gesandtschaft und die türkische Bot schaft und hatte eine je einstündige Unterredung mit dem Minister des Aeußcrn Grafen Berchtold und dem Sektionschef Freiherrn v. Ma cch io. Am Sonntag hatte Turkhan Pascha stundenlange Be sprechungen mit dem rumänischen Gesandten und empfing dann den Besuch des Generalkonsuls Rappaport, der die Abteilung für Balkan, angclcgcnhcitcn im Auswärtigen Amt leitet. Heute mittag war Turkhan Pascha zum Frühstück beim Grafen Berchtold geladen. Der unschuldovolle Essad Pascha. In Paris nimmt man an, daß Essad Pascha sich nur deshalb nach Paris begeben habe, um den Verdacht zu entkräften, als sei er an dem Ausbruch der Leidenschaften in Albanien mitschul dig. Deshalb habe er sich von Albanien etwas