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Ausgabe Lund v Nummer IS» — 31. Jahrgang erschein« Omni wc»u. mil iNuslr. GrauSb«i!aa«n.Pennal und Well' nnd der Miiderbella«e »giir nnlre kleinen Leu!«', iowie den rertdeiiagen .Unlerhaliuna nnd Willen' .DiePraMiche HauS- l>a»', .To» n»t« Buch'. Monailicher Bezugspreis Ausgabe N mit St.-Beniw-Biatt 2,70 Ausgabe II ohne St.<Benno<BIatI 2.20 tlnzeinnmnicr 1« Sonnabend, u. Sonuiagunmnier »0 Hauplichrillleiler Dr. G. DeSczhk, Dresden. M M Mittwoch, den k. Juli 1932 W W m>i,k>ac»vrrl,t; Die Igeipallcne peli,zelle Ntt Z.g-imUt-n. nnzelgcn n.LlcNengeinche ÜN Tie pellireNaniezcile. 82 mm. .^WD^MW WW IW DW brc». 1 .< slnr Anzeigen anherhalb des BerdreilnngSgeb eleS W 4<> diepeiilrellamezeile I.litt.«. Vrieigeb.llll^. ^misaNe 8W W8 « UW Wn « »m IM WIM höherer Gewall eililchl >ede Vervfitchinng anl vieiernng Iowie Wz 88 WWl lirliillnng v. Anzeigen > AnilrOgen n. hciiinng v. Schadeneriah M M M d W «eichiiillicher Teil: G. Winkel, Dresden. volksseUuna GeschLftSftell«, Druck und Bering, Germania, Buchdrucker«! nnd «erlag 0reSden.il. l, pollerlir. 17. gernrni 21012. poslscheckkonlo Dresden 1025. VanP lonlo Liadtbank Dresden Nr. l»7S7. Für christliche Politik und Kultur Nedaktlou der Sächsischen BolkSzeitnng VreSden-Allsladi l. Poliersirahe 17. gernnv 20711 und 21012. „Talsächliche Revision" Ein englisches Urteil über die Bedeutung ter Formel von Lausanne Versriihler Optimismus rnb. London, 5. Juli. (E. M.) In einem Leitartikel schreibt „Times": Es würde unerklärlich sein, wenn Zeit und Kraft vergeudet werden sollten, wegen ein,seiner Punkte, die viel weniger wichtig sind, als das Prinzip, über das eine Ver einbarung erreicht sei. Deutschland habe sich bcreiterklärt, einen gewissen Beitrag zu leisten, und die anderen Mächte haben sich bereiterllärt, aus Neparanonsannuitüten zu verzichten, oder auch nur davon zu sprechen. Das Geld, das Deutschland bezahlen werde, solle der gemeinsamen Sache der Wieder herstellung Europas gewidmet werden. Das Erreichte sei zu wertvoll, als dass es gesährdet werden dürfte wegen der letz ten Einzelheiten oder wegen des Dalums der Ratifizierung. Wenn eine oder die andere Delegation in der letzten Minute die Vereinbarung wegen dieser oder jener Bedingung zerstöre, dann werde ihr die Welt das nicht so leicht verzeihen. Selbst die Höhe des deutschen Beitrages sei verhältnis mässig unwichtig. Ob die Summe zwei Milliarden oder das Doppelte ausmache, habe gar nichts mit Deutschlands Zahlungsfähigkeit zu tun. Die Summe sei unendlich geringer als die Gesamtsumme, die vor nur 2'- Jahren von den Sachverständigen im Haag als zahlbar erklärt worden sei. Sie habe keinen Zusammenhang mit den grossen Summen, die die anderen europäischen Mächte technisch noch immer an die Vereinigten Staaten schulden. Die Summe sei das Wahrzeichen dafür, daß die Reparationen der Vergangenheit angchörten. Es verlautet, führt „Times" fort, das; die deutsche Dele gation eine Anregung wegen der Revision der Abrüst u ngs- nnü Reparativ nsklauscln des Versailler Ver trags gemacht habe. Demgegenüber sei in erster Linie zu bemerken, dass kein Vertrag durch eine Kruppe von Unter zeichnern revidiert werden könne, und in Lausanne seien nur die Rcvarationsmächte vertreten. Aber tatsächlich würde die Vereinbarung, die jetzt in Sicht sei, an und für sich aus eine Abänderung des Vertrages hinauskommen, da sie praktisch die Annullierung des ganzen Repnrationsabschnittes bedeute. Der Korrespondent der „Times" sagt zu der deutschen Auffassung, das;.die Kriegsschuldklausel beseitigt werden müsse: wenn man in Lausanne den Reparationen ein Ende mache, dann sollte es nicht schwer sein, eine Klausel zu finden, die zum Ausdruck bringe, daß durch die Beseitigung der Repara tionen logischcrweisc Teil 8 des Bersailler Vertrages ein schliesslich des Artikels 23l hinfällig wird. Ein« solche Klausel würde wohl bei einigen Mächten auf Widerstand stützen aber die Anregung scheine keine so schwie rige Situation gcsckmsfen zu haben, wie dies noch vor gar nicht langer Zeit der Fall gewesen wäre. livenn es der deutschen Delegation gelänge, die „Leiche der Kriegsschuldliige" mit nach Berlin zu bringen, so würde sic damit einen innerpoliti schen Erfolg erzielt haben, der viel wichtiger sei. als das Ri siko einer Verzögerung der Ratifizierung durch die Signatar mächte. Der Optimismus dieser Darstellung hält die gleiche Linie ein. die die englisckie Presse hinsichtlich der Beurteilung der Vorgänge in Lausanne von Anfang an eingenommen hat. Tatsächlich find noch recht beträchtliche Schwierigbeiten vorhanden. Allerdings ist feslzuslellen, das; di« deutsch» Delegation, abwei- ch»nd von der Linie der Reparationspolitib Brünings eine Schlußzahlung angeboten hat. die nach Wiederherstellung der deutschen Zahlungsfähigkeit amortisiert werden soll. Die deut- sch» Delegation betont in einer halbamtlichen Mitteilung, das; sie keinen Gegenvorschlag gemacht habe, mutz aber selbst zu geben, das; sie erklärt Hai, über einen Betrag von 2 Milliarden als Beitrag zur Wiederherstellung Europas werde sich reden lassen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt würden. Offenbar hasst man auf deutscher Seile, von den Verhandlungsgegncrn die Zusicherung zu erlangen, das; der Artikel 231 des Versailler Vertrages (die Kricgsschuld- lktgr) durch die Lausanner Vereinbarung erledigt ist. Ob sich ein solch»-; Anerkenntnis erreichen lässt, dars bezweifelt werden. Das; die deutsch» Delegation sich mit dem Zugeständ nis, überhaupt ül>er eine Cchlutzzahlung zu verhandeln, aus einen recht gefährlichen Weg begeben hat, beweist die Tatsache, das; die Franzosen jetzt auf der Summe von I Milliarden be stehen. Ob unter diesen Umständen die Einigung, wie Mac- donald will, bis Donnerstag zu erreich»» ist, oder ob noch eine neue Krise der Konferenz eintritt, bleibt abzuwarten. Herriot wieder in Lausanne wtb. Lausanne, b. Juli. Herriot. der heute früh wieder in Lausanne eingetros- fen ist, hat sich um !> Uhr in Lleglcitung von (tzermain-Marlin und Bonnet zu Macdonald begeben. Die Unterredung dau erte IX Stunden. Bei ihrem Abschlus; weigerten sich die fran zösischen Minister, irgend ivelcl» Auskünfte zu gel»n, indes be merkte Germain Martin läcl>elnd: „Wir haben immer noch die Tasch»n leer, sind al»r voll von Hoffnungen". Wenige Minuten nach dem Weggang der französischen Minister trafen Reichs kanzler v. Pape n, Reichsautzenminisler Freiherr von Neu rath und Reichsfinanzminister Graf Schwerin-Krosigk bei Mac- donald «in. Kellogg klagt an Oie Völker wollen Abrüstung - aber die Staaten rüsten auf Nichts Neues aus Gens Paris, 5. Juli. Auf einem Bankett zu Ehren des amerikanischen Unab hängigkeitstages und zur Feier des 200. Geburtstages Ge orge Washingtons hielt Frank Kellogg eine Rede, in der er sich eingehend mit dem Friedensproblem beschäftigte. Er er klärte u. a.: Line der zynischsten Redewendungen der Politik sei die von dem Gleichgewicht der Kräfte. Das sei die formelle Per- neinung der Abrüstung. Rur durch Abrüstung komme man zur Sicherheit und zum Frieden. In Wirklichkeit seien aber die Rüstungen zu Wasser und zu Lande heutzutage aröher denn je. Sie würden in besorgniserregendem Ausmaß auch noch weiter ausgebaut. Wie lange werde die Geduld der volksmassen angesichts dieser entmutigenden Wirklichkeit an halten? Ein großer Schritt auf dem Wege zum Weltfrieden, der kesserung der politischen und der Wiederherstellung der virtschastlichen Lage sei allerdings getan. Der Hoovervor- chlag zur Herabsetzung der Weltrüstungen um ein Drittel ässe wieder Hoffnungen auskommen. wtb. Genf, ». Juli. Das Büro der Abrüstungskonferenz tritt am Dienstag nachmittag zusammen. Der Hauptausschutz wird voraussichtlich am Donnerstag zusammentreten. Eine Mehrheit der Konfercnzstaaten soll der Auffassung sein, datz di« Konferenz nicht in die Ferien gehen könne, ohne wenig stens einige konkrete Matznahmen bezüglich der Beschränkung und Herabsetzung der Rüstungen beschlossen zu haben. Man rechnet damit, das; im Hauptausschutz zunächst eine Debatte über den Hoovcrplan und die britischen Vorschläge ftatlfinden wird. Oie Londoner Güllhalte-Konferenz wtb. London, i> .Juli. Die Londoner Sttllhaltckonscrcnz setzte am Montag ihre Besprechungen fort. Der offiziellen Mitteilung zufolge handelt cs sich zunächst um die Frage von Vorzugszahlungen, wie sie gemätz der Abmachung vom l. März denjenigen Gläubigern zugestanden sind, deren Forderungen noch nicht um volle tti Prozent reduziert wurden. Ferner be saht sich die Konferenz auf Verlangen der deutschen Delegier ten mit dem Problem der Neuregelung der Zins raten. Die Konferenz will ihre Arbeit am Dienstag zum Abschlus; bringen. Im Laufe der heutigen Besprechungen schei nen sich insbesondere dadurch gewisse Schwierigkeiten ergeben zu haben, das; von Schweizer und holländischer Seite Forts rungen auf eine Erhöhung der Zinsraten geltend gemacht wurden. Beamt« demonstrieren gegen Gehaltskürzung. wtb. Paris, 5. Juli. Vor dem Kammcrgebäude versuchten gestern Beamte gegen die Kürzungen zu protestieren, die in dem neuen Finanzgesetzentwurf vorgesehen sind. Di« Polizei nahm etwa 300 vorübergehend fest. Brüning im Wahlkampf Aus den Wahlreden, die Reichskanzler Dr. Brüning am 3. und 4. Juli im Rheinland gehalten hat, geben wir im fohlenden einige wichtige Abschnitt« wieder. Da die darin behandelten Fragen überall im Wahlkampf eine grotze Rolle spielen, empfehlen wir diesen Auszug der besonderen Be achtung unserer Leser. Die Redaktion. Zur Siedlungssrage Ich persönlich habe unter allen Umständen danach gestrebt, den deutschen Osten, der am Zusammcnbrechen war und der in ihrer vollen wirtschaftlichen Auswirkung erst die Folgen des Versailler Vertrages in den letzten vier Jahren zu spüren be kam, den deutschen Osten zu retten. Und das haben wir getan. Wir sind von dem Gedanken ausgcgangcn, datz die östliche und westliche Landwirtschaft als Fundament des Wiederaufbaues der Wirtschaft unter allen Umständen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden mutzte. Und das haben wir dadurch getan, was vielfach nicht bekannt ist, das; wir die Getreidepreis« langsam und vorsichtig aus das Zwei- bis Zweieinhalbfach« des Weltmarktpreises gebracht haben, und wir haben dadurch dem Volke grotze Opfer auferlegt. Aber das war nur möglich, weil wir die freiwillige Zustimmung und die Einsicht auch der Ver treter der grohen Massen der Konsumenten in den Städten da. für bekommen haben. So hat das alles einen grohen Sinn ge habt, eine Zusammcnsassung im Sinne einer Volksgemeinschaft. So haben auch die grotzen finanziellen Entschuldungsmatznahmen im Osten einen Sinn gehabt; aber, was nicht geht, das ist, datz man eine kleine Anzahl von Gütern des Grotzgrundbesies etwa alle zwei oder drei Jahre neu entschuldet aus Mitteln, die der Westen und der Süden ausgebracht haben. Wenn cs einen gewissen kleinen Prozentsatz von Gütern gibt, die nicht bewirtschaftet werden können aus diesem oder jenem Grunde, dann ist es kein Siedlungsbolschewismus, rvenn man dann den hungernden nachgeborencn Söhnen aus West- und Sllddeutschland auch mal einen Happen Land im Osten zu teilen will. Und es ist ebenso kein Siedlungsbolfchewismus, wenn man Bestimmungen, die im alten preutzischcn Landrecht hundert Jahre Geltung gehabt haben, erneut aus der Not der Zeit für solche Zwecke gesetzgeberisch wieder einjührt. Es ist kein Sied- lungsboljchewismus, was wir vorhatten und was wir gemacht haben. Und ist cs denn nicht notendig, datz schlietzlich auch ein ganz kleiner Prozentsatz einer Schicht, die auch unbedingt not wendig ist für den Staat, für das Volksganze, auch einmal wie - die andern ein kleines Opfer bringen soll. Und ich muh es als eine Infamie zuriickwcisrn, als ob di« Absicht bestanden hätte, irgendwie in den protestantischen Ge bieten dcs Ostens vorwiegend katholische Siedler hcranzuziehen. Das ist eine infame Verdächtigung, die natürlich zu einem be stimmten Zwecke ausgesprochen wird. Die Männer, die das Sicdlungsgesctz, das In der Notverordnung erscheinen sollte, ge macht haben, waren Protestanten und waren alles Männer, die auf der Rechten gestanden haben. vi'ian.z der Wirtschaft! Außerdem liegt es durchaus im Interesse des Dcos^rund- besitzes des Ostens, wenn an den national gefährdeten östlichen Grenzen auch ein Bauernstand, vermischt mit dem Erotzgrund- besitz, herangezogen wird, denn ersahrungsgemätz ist er automa tisch ein stärkerer Schutz, wie wir es überall erlebt haben an den Verlusten der östlichen Provinzen, als eine einseitig« Bewirt schaftung des Bodens in der Form des Großgrundbesitzes. Und nun komme ich zu einem anderen Punkt. Es geht noch um eins in den nächsten Jahren, vielleicht in den nächsten Monaten. Wir haben die klare Bilanz der deutschen Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahren gezogen, die einmal gezogen werden mutzte: Herunterkommcn von den Auffassungen der Kriegswirtschaft, der Inflation und nachher der Kreditinfla- tion. Einmal mutzte das geschehen. Und wenn man daran gehen mutzte, vorsichtig, behutsam, aber zielklar, dann war es selbstverständlich, datz ungeheuer viel Mißstände auch in manchen Unternehmungen, soweit wie es im Augenblick ohne Schädigung geschehen konnte, vor der Ocsfentlichkeit aufgedeckt und unter allen Umständen für die Zukunft verhindert wurden. Ich habe mich mit dem Gesetz über die Reform dcs Aktienrechts, mit der Bestimmung der Beschränkung der Aufsichtsräte, über die er leichterte Zusammenlegung von Kapital, über Bankcnsanicrun- gen und viele andere Dinge selbstverständlich bei vielen Kreisen nicht populär machen können. Wer es unternimmt, auch nur im geringsten eine Inflation in Deutschland zu machen, der wird zweierlei erreichen: er wird unter allen Umständen den Glauben dcs deutschen Volkes an die Möglichkeit, in einer solchen Inflation an einem gewissen Punkt Halt zu machen, sofort erschüttern, und zweitens wird er wieder ungeheure Fehler, Mißgriffe, falsche Ecschästsgcwohn- heitrn, über die wir in den vergangenen zehn Jahren so ost zu klagen hatten, erneut in die deutsche Wirtschaft hineinbringen. Die deutsch« Wirtschaft muß einmal durchgehen durch diesen Tiefpunkt, um zur Klarheit zu kommen, und vor allem, um mit