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Berlin mit 30 000 '.'.'kart den Löwenanteil der Finanzierung übernahm. Kleinere Zuschüsse ivurden vom Provinzialaus- schuh und von einigen Landgemeinden gemährt. Eine weitere Aktion für die Erwerbslosen ist seit dem 2. April d. I. im Gang: die Ausgabe von Theaterkarten, welche der Dircklorenvcrbnnd den arbeitslosen Künstlern zur Vcrsiigung stellt. Damit sie den Kontakt mit ihrem Beruf nicht ganz verlieren. Und nun drängen sic sich jeden Dienstag im Hose der Bühnengenossensthast, um rechtzeitig ihre vier I Freikarten (die Wochcnrationj zu erlangen. Letzte Woche z.B. wurden nicht weniger als 1000 Theaterkarten verteilt. Vie nocy eine wtcltnngnahmc Pro(cnor Br. roppicrs aus orr „Ncichspost" zitieren 'Naiv hecht es dort: ..durch die Kon stitution sei keinesfalls jede klassische Blesse gemeint, sondern weit eher jene Art von Kirchenmusik, die manchmal auf dem Lande von zwei Sopranistinnen und einem Batschen unter Be gleitung der vollständigen Fcuerwehrkapclle erekuticri wird." Der Höhepunkt der Polemik aber wird von Alfred Schnerich- Wicn im Aprilhcst der „Zeitschrift siir Musik" erreicht. Nicht sehr respektvoll beginnt er seinen Aritkcl: „Die Klage, das; der dcntsche Episkopal nicht immer aus der Höhe seiner Ausgabe steht, ist nicht gerade neu." „Zn diesem Sinne sind auch die drei Erlasse (gemeint sind die drei .Hirtenbriefe der Bischöfe von München, Freiburg und Trier! zu beurteilen." Dann kommen die bekannten Argumente siir die Beibehaltung der Wiener Klas siker für den kirchlichen Gebrauch, einige kriegerische Bemerkun gen gegen den „Eäcilmnismus" und dann schließlich der Haupt- trnmpi: „Für die kirchliche Berechtigung der Klassiker haben üch von jeher liturgische und munkaliiche Autoritäten ausge sprochen, der seinerzeitige Präfekt der Rilenkongregation Kar dinal Bartolini, Bischof L. Mayer, Hans Nichier und neuer dings Ferd. Habel. Ihnen stehen sehr zweifelhafte Größen mit ihren ungezählten Nachbetern gegenüber." III. Allem diesen nur „als Erscheinung und Boritcllung Erkann ten" widerspricht das „Objektiv Seiende". An der Auihcnzität der Schlujsthrsen l>. Nciscrs ist nämlich nicht zu zweifeln, da si« n ach Vorlage beim Heiligen Vater am 29. Juni 1929 durch Kardinal Kajetan Bisietti approbiert worden lind. In diesen Thesen ist auch die angeblich unrichtige llebcr- setzuna des umstrittenen Artikels VII der Konstitution und eben falls der von der „Schöneren Zukunft" aus der Schweizer Zei tung entnommene Sah enthalten. Also nicht „eine Zeitung" hat geschrieben, sondern Nom hat gesprochen. So liegen die Tatsachen und deshalb kann aus eine eingehendere Replik a ' die verschiedenen mehr oder minder polemischen Abhandlungen, insbesondere die von Schncrich, verzichtet werden An der Frage „Ehoral bezw. Chormessc oder Orchestcrmcsje" ist aber die brei teste katholische Oesscntlichkeit interessiert und es ist weiterhin nicht angängig, sic über die nnversälschtcn Absichten des Hei ligen Stuhls im Unklaren zu lassen. Das wäre ein Mißstand, der nicht durch Abwarten, sondern nur durch frischen Eingrift zu bessern ist, wie der Gencralpräscs des Allgcm. Cäcilicn- Vereins, Domknpellmeister Mötders - Köln, in einer anderen Frage dem Schreiber dieser Zeilen gegenüber äujzcrtc. Der ob- jektive Wert der Instrumentalmusik wird von der Kirche an erkannt. In der Konstitution find Werke verboten, die, „so hervorragend (g.mmvft pmecftr.,) sie auch jein mögen, mit der Heiligkeit der Liturgie und der heiligen Stätte nicht in Ein klang zu bringen sind." An derselben Stelle aber spricht de> Papst von den ..Jubiläumsfeiern für berühmte Komponisten" Vie, Aniag zu tluftuyrung vor Oechestermesien gegeben hätten. Wenn auch kein Name genannt wird, wird jedermann zunächst an die Wiener Klasfiker denken müssen. Es kann mit vollkom mener Sicherheit ausgesprochen werden, dasz Nom die Verwen dung von Instrumenten zwar bei außertiturgischen Gottesdien sten aeltattet. di« Auklükruno non Orcheltermcilen jedoch in Vas Heim. Dagegen hat eine dritte Aktion der Bühnengeuojsenschaft, das Schnuspielerheim, ein recht unrühmliches Ende gesunden. Es war nur ein Tagesheim mit Lese- und Schreibjälen und einem billigen Mittagstisch. Vor zweieinhalb Jahren war ein Mittagessen siir 70 Psennig schon eine Leistung. Heute sehen so und so viele Gastwirte ihren Gästen um denselben Preis und noch billiger ein annehmbares Essen vor. Das Schauspie lerheim hat sich icdoch den veränderten Verhältnissen nicht an gepasst. Kein Wunder, dost es einen Teil seiner Besucher ver lor. Ein anderer Umstand beschleunigte sein Ende. Miete und Erhaltungslostcn wurden aus den Einnahmen der „Nacht vorstellungen" gedenkt: nächtliche Schauspiele, von erwerbslosen Künstlern in Kinotheatcrn ausgcsiihrt. Ansangs sand der Ge danke Anklang und die Einnahmen konnten sich sehen lassen. Jetzt aber, wo die Wirtschastskrise selbst gut fundierte Bühnen erschüttert, gibt cs für die Nachtvorstellungen kein Publikum mehr. Sieben von ihnen muhten in der letzten Saison abge sagt werden. Kurz — die Miete siir das Heim war nicht mehr auszubringcn, und so ist es vor vier Wochen geschlossen worden. Die Bühiicngenojjenschast hat seine Möbel cingelagert, denn sie hasst aus eine Wiedcr-Erösjnung in absehbarer Zeil. Ob es überhaupt einen Zweck hat, das Heim aus der alten Basis wieder zu errichten? Eine billige Wohngclegcnheit, eine Schlajstälte siir Provinzschauspielcr, die sich aus der Stellung suche in der Hauptstadt aushnllen müssen, wäre entschieden wichtiger als ein Tagesheim. Aber die Geldnot schiebt ja allen Projekten einen Riegel vor. Ueberdics lastet die Erhal tung des Marie-Secbach-Stisles in Weimar auf der Genossen schaft. Man konnte die Insassen — 20 alte Schauspieler — nicht gut aus die Strohe setzen, als sich nach der Inflation her- ausstcllte, dah die Mittel der Stiftung zerronnen waren. Augenblicklich besaht sich die Bühnengenossenschait noch mit zwei anderen Problemen. Dem Abschluh ganzjähriger Ver träge an möglichst vielen Theatern — was zweifellos sehr wünichenswert wäre, wenn auch der Augenblick nicht gerade günstig ist — und der Einführung strenger Ausnahmcbcdin- gungen an den Thcatcrschulen, welche alle mähig Begabten von den überfüllten Bühnen fern halten sollen. Regelmäßig wiederholte Prüjungen, vielleicht auch Schlustcxamina, konnten gewiß manchen jungen Menschen hindern, einen Berus zu wählen, zu dem sein Talent doch nicht ausreicht und der ihm nichts als Not und Enltäujchnng bringt. Keil. wissen ^1r. 127 — 4. .luni 1Y31 siKige fte volk82<K, I Bereits im Jahre 190.1 hatte Pius X siir die Verwendung der Instrumentalmusik in der katholischen Kirche genaue Vor- schristen in dem bekannten Xlon, proprio ertasten. An dieses wichtige Ereignis in der Geschichte der Kirchenmusik wurde die Welt 25 Jahre später, am 20. Dezember 192b, durch die Apo stolische Konstitution Pins' Xj. über Liturgie und Kirchenmusik erinnert, die eine Vertiefung und Ergänzung der Gedanken des dloru proprio bedeutet. Beide Päpste waren — um mit Dr. E. Drinkwelder O. 8. 0. zu reden — „von einer heiligen Sorge um eine heilige Cache" getrieben. „Unter den Sorge» des Hirtenamtcs (lnrcr pallorast, otiical nimmt ohne Zweifel die erste Stelle jene ein, die Herrlichkeit und Würde des Gotteshauses zu wahren und zu fördern." Diese Worte Pius X sind bezeichnend für die Bedeutung der beiden mahvollcn und vorsichtigen Erlässe, die namentlich von Mitgliedern des Bene- diktinerordens wie Pros. ?. Dominikus Iohner, l> Dr Beatus Reiser, l>. Dr. Erhard Drinkwelder und ?. Othniar Spöth ebenso eindringlich wie jnchgcmäst kommcn.tiert worden sind. Desto er staunlicher ist cs, zu beobachten, wie bis in die jüngste Zeit hinein von katholischer Seite an der ilcbersctzung und Aus legung der päpstlichen Konstitution durch die Benediktiner Kritik geübt worden ist die in einem Falle nicht einmal vor den Hirtenbriefen dreier deutscher Bischösc Halt machte. H. Namentlich eine Rede des Bencdiktinerpaters 'Beatus Reijcr-Rom hat die Geinter in Aufregung versetzt. In ihr war die Frage aujacworjen worden, ob nach der neuen Verziigunq des .wenigen Stuhls die Orchestcrmcssc liturgisch vollwertig sei und Werke dieser Kunstgattung ansgeführt werden dürsten. Dast süddeutsche und österreichische Kreise an dieser Frage besonders interessiert sind, ist durchaus begreiflich. Weniger verständlich aber ist die Art, in der man ost die durchdachten und klarbe- griindeten Ausführungen des l> Reiser in ihrer Wirkung ab« zuschwächen suchte. In der „Salzburger kalhloischen Kirchen zeitung" 'Nr 31 1930 beschäftigt sich I'. Michael Horn mit der Rede Reisers und meint, „cs sei zu verstehen, daj; sic Aussehen machte, besonders mit „Schlagworten" wir Authentische Er klärung". Auch ein sonst aut unterrichtetes Blatt, die „Schönere Zukunft", wirft in einer Notiz vom 12. Oktober 1930 katholischen Kreisen die „Verfälschung der wirklichen Absichten des Heftigen Stuhls" vor. lind der Anlast zu diesem immerhin deutlichen Vorwurf? Hören wir die „Schönere Zukunft": So war z. B. kürzlich in einer Schweizer cZitung eine höchst gewaltzaaie llebersehung einzelner Sähe aus der Apostolischen Konstitution Pius' Xf. zu lesen. Nach dieser unrichtigen ileberscstung hätte der Papst ganz allgemein erklärt, dasz „der Gesang mit Or- chestcrbcaleilung dem von der Kirche gemeinten Ideal litur gischer Musik nicht entspricht". „In Zukunft müsste doch ein Dirigent erröten, wollte er gerade an den Hochfesten des Kir chenjahres ausgerechnet Werke jener Mnsikgaltung aussühren, die der Papst als liturgisch nicht vollwertig ansicht, d. h. Or chesterkompositionen mit vollständiger oder ngkczu vollständiger Ausschließung des gregorianischen Chorals" schreibt dazu die Zeiluna. — Soweit die Auslührunaen der ..Schöneren Zukunft", 8ekau8pLeIer in Xvt Vie WoUkaiu^sorzsoisativneu äer kiikneozenvssensekskt 10 000 deutsche Schaufpleker gehören der Bllhnengenossen« schäft an. Und von diesen zehntausend stehen heute zwei Drittel ohne Erwerb aus der Ctrasze. Dabei wissen die Büh nenkünstler genau: auch im Herbst, wenn alle Theater und Theaterchen ,m deutschen Reich wieder zu spielen beginnen, wird nur ein kleiner Teil der Arbeitslosen das Heist ersehnte Engagement finden. -1000, 5000, vielleicht noch mehr, müssen leer ausgehc». Denn schon im vorigen Jahr, als die Verhält nisse etwas günstiger lagen, standen ven 7500 verfügbaren Stellen 12 000 Arbeitskräfte gegenüber. Was sollen diese Allzuvielen tun? Von der Arbeitslosen unterstützung und ihren Ersparnissen leben? Leicht gesagt. Wenn «in Schauspieler nur die Möglichkeit hätte, Ersparnisse zurllckzulegen! Natürlich gilt das nicht für die „Prominen ten", deren Name fett gedruckt auf den Theaterzetteln prangt. Auf ihre hoch bezahlten Filmverträge gestützt, bilden sie das Gros der 2000 Austenseiter, welche der Vsihnengenossenschaft lern geblieben sind. Und bilden nebstbei die ewige Verlockung, die immer wieder Phantasten aus die Bretter führt...» Oageu. Scheinbar ist zwar auch siir die Kleinen gesorgt. So wurden im Tarifvertrag zwischen Biihncnaenosscnsck)aft und BUHnenvcrein (dem Dircktorenverband) Mindestgagen festge setzt, die für Berlin eine stattliche Höhe erreichen. 3M Mark monatlich oder 12 Mark Tagesgage. Davon liesze sich ganz aut leben wenn die Berliner Theater ein festes Ensemble hätten. (Wie z. B. die Staatstheater). Die meisten Direktoren engagieren jedoch nur für ein bestimmtes Stück, so dast viele Künstler im Lause einer Saison an 5 oder 0 Berliner Bühnen austreten. Dah zwischen den einzelnen Engagements Lücken entstehen, in denen der Schauspieler nichts verdient, versteht sich von selbst. Auch wird die erfreuliche Mindestgage sehr ost nicht eingehalten. Gibt es doch genug Anfänger — besonders unter den weiblichen Kräften — welche dem Direktor sogar Summen zahlen, damit sie überhaupt auf die Bühnen dürjen. Jede hofft eben, dast dann bald der Entdecker kommt, der ihr den Weg zu Ruhm und Reichtum ebnet. Inzwischen wird in aller Unschuld der Lohn der Kollegen gedrückt. Viel schlimmer liegen die Verhältnisse in der Provinz. An de» kleineren Bühnen schwankt die Gage zwischen 120 und 250 Mark. Selbstverständlich verlangen Direktor und Publi kum. dast der Schauspieler stets gut gekleidet sei. Wie er das macht, ist seine Sache. Und es geht. Es ist und bleibt zwar rin mathematisches Rätsel aber der jugendliche Held, die Ca- londamc, die Sentimentale und wie sie alle heißem kommen wirklich in moderner Kleidung aus die Bühne. Ob sie zu Mittag gegessen haben, kann man ihnen zum Glück nicht an- schn . . . Im April, spätestens im Mai, werden die Provinz bühnen geschlossen; ihre Spielzeit dauert nur sechs bis sieben Monate. Dann wird der Schauspieler weggcschickt und fährt mit seinen — „Ersparnissen" nach Berlin, um ein Engagement )iir den Herbst zu finden. ver kkackcvel». Man kann sie jetzt im alten Funkhaus kn der Potsdamer Straße sehen, wo der paritätische BUHnennnchwcis — die staat liche und in Berlin zentralisiert« Arbeitsvermittlung für Schauspieler — untergebracht ist. Tag sür Tag versammeln sich hier 40 bi» 50 — wenn der Direktor eines grösteren The aters rintrisst, auch einige Hundert — erwerbslose Bühnen künstler. Zweimal in der Woche di« Schauspieler, zweimal die Sänger, zweimal die Operettenkräst«. Arbeitslose, die auf den ersten Blick merkwürdig aut gekleidet scheinen. Bei nähe- nem Hinsehen merkt man freilich abgewetzte Manschetten und «dünne, verschossene Seidenkleidchen, über vir selbst dir knall roten Lippen der Damen nicht hinwegtäuschen können. Unge duldig, nervös warten manche aus den Augenblick, der sie vor wen Theaterdirektor aus Buxtehude oder Kieritz an der Knat- iler führen soll. Das sind die Neuen, die eben von auswärts «ekommrn lind. Die Stammgäste verhalten sich ruhiger. Sir mtzen nun schon so lange da, haben vor so vielen Gewaltigen iProbe gesprochen und bis jetzt doch kein Engagement gesun ken. Aber wer weist? Ein Wunder kann immer noch geschehen. „In diesem Jahr ziehen sich die Verhandlungen beson ders lange hin, weil viele Direktoren noch nicht wissen, ob sie im Herbst offen halten werden", erklärt eine reise Schönheit mit klassischem Profil. „Glauben Sie das nicht". säNt ihr höhnisch ein Kollege ins :Wort. „Die besseren Theater haben alle schon abgeschlosien. Was jetzt noch bleibt, ist dir äusterste Provinz. Wenn wir 4blück haben, finden wir irgendwo an der polnischen Grenze «in Engagement". „Das ist nicht wahr; man hat mir gesagt . . .". sie wehrt sich, sie will die Hoffnung nicht verlieren. Wo ist denn der kleine Bonvivant geblieben, der vorhin »on seinen großartigen Erfolgen erzählte? Anscheinend glaubt er selber nicht an sie, denn er sah eher nach Weinen «ls nach Lachen aus. Ach ja — er ist drinnen im Zimmer des Gewaltigen. Und kommt kurz daraus strahlend zurück: heule nachmittag Probesprechenl Vielleicht, vielleicht findet c, end lich rin Engagement. Schauspieler, die seit meheren Jahren erwerbslos sind, »eigen sich nur selten im Stellennachweis. Die vielen, vergeb lichen Versuche haben sic mutlos gemacht, meist befindet sich ihre Garderobe in einem unmöglichen Zustand. Und die Direktoren fassen zu ihnen kein Zutrauen mehr. Um halb wegs die Spreu vom Weizen zu sondern, werden diese Künstler einmal im Jahr einer besonderen Prüfung unterzogen. Un geeignete führt die Bühnengenosseuschast anderen Berufen zu. Manche sanden als Kassiererinnen, Souffleusen, Garderobie ren, als Inspizienten und Bühnenmeister im Thcatcrbetrieb Verwendung. Auch Geschäftsgründungen wurden mit Erfolg huichgesührt. Für das Anfangskapital sorgt die Wohlsahrts- ragc ocr Buyncngcnossenschaft, rn einzelnen Fällen die Stadt Beilin — und der Bariton erössnet einen Zigarrenladen oder dir Primadonna etabliert sich mit einem Hutgcschäst. Ge wöhnlich sind diese Menschen so, zermürbt, dast sie den Sturz »on der Höhe ihrer Illusionen gar nicht mehr empfinden. voteretLieuug. Bei alledem bleibt eine große Zahl wirklich begabter Künstler übrig, denen die Prüfungskommission zwar ihr Ta lent bestätigen aber kein Engagement verschaffen kann. Sie leben von der Arbeitslosenunterstützung und von kleinen Dar lehen, si« «arten und hoffen und hungern . . . Fast täglich «erden dem Leiter der Wohlsahrtsstelie verzweiftU« Fälle Oemeldrt. ?. 8., ein Schauspieler von Nus, Vater von drei Kindern. Seit einem Jahr erwerbslos, steht er vor der Exmittierung. Diesmal konnte ihm die Wohlfahrlskasse das Geld für die Miete leihen. Aber was wird er beim nächsten Termin tun? Frau v. L„ eine früher beliebte Bühnenkünstlerin, die eine Vlcrzimmcrwohnung im Berliner Westen besitzt. Ihre Erspar nisse sind verbraucht, Schmuck und Teppiche verpfändet. Ver suche, die Wohnung zu vermieten oder die Möbel zu verlausen, schlugen fehl. Die Frau ist körperlich und seelisch zusammen gebrochen. Zufällig erfuhren Damen der katholischen Caritas von ihrem Schicksal und alarmierten die Bühnengenosseuschast. Man sucht jetzt, die Ungliiuliche in einer Anstalt unterzu bringen. Vor wenigen Wochen erst hat ein erprobter Schauspieler und Regisseur in einem Badeort Selbstmord verübt, weil er weder ein Engagement finden noch das Geld zur Gründung eines Sommerthcatcrs auftreibcn konnte. Die Genossenschaft tut ja, was sie kann, aber ihre Mittel reichen bei weitem nicht aus. Sie hat im Jahr 1930 über 78 000 Mark an Unter stützungen und 37 000 'Mark an Darlehen nusgegeben, obwohl die Hälfte aller Darlehen erfahrungsgemäß nicht zuriickgczahlt wird. In ihrem Jahresbericht sinket sich folgender Passus: „500 Gesuche (um Darlehen oder Unterstützungen) mußten ab gelehnt werden, da die Antragsteller wegen rückständiger Bei träge bereits aus der 'Mitgliederliste gestrichen waren". Wenn man nichts zu essen hat, bleibt man freilich auch mit den Mit- gliedsbcitrüaen im Rückstand . . . Immerhin sind Ansätze zu produktiver Arbeitslosensiir- sorac vorhanden. Hierher gehören die Wohlsahrtstourneen, welche der Vezirksverband Groß-Berlin (ebenso wie Hamburg, Frankfurt a. SN., Dresden und München) siir sein Hinterland veranstaltet. Jeden Monat von September bis Mai wird eine Gastspicltruppe aus erwerbslosen Schauspielern zusam- incngcstellt und zieht wie das fahrende Volk von 'Anno dazu mal samt Kostümen und Dekorationen von Dors zu Dors. Vor mir liegt das Programm 1930/31 der Wohlsahrtstourneen des Berliner Vczlrfsverbandes: „Othello", „Kyritz-Pieritz", „Helden", die „Entführung aus dem Serail", „Maria Mag dalena", „Stabstrompctcr", „Nora", „Geschäft mit Amerika" und „Bürger Echippcl". Das bunte Programm ermöglicht cs. die verschiedensten Schauspiclerkatcgorien zu beschäftigen. Allein im Berliner Bereich haben 303 arbeitslose Schauspieler durch diese Tourneen aus drei bis vier Wochen Verdienst ge sunden. Als Plus kommt noch die kulturelle Bedeutung der Gastspiele, die Freude und Dankbarkeit der Kleinstädter hin zu. Allerdings erfordern die Wohlsahrtstourneen beträchtliche . Subventionen. Die Autospcsen allein (Pcrsoncn-Autobus § für die Schauspieler und Anhängerwagen sür die Requisiten) verschlingen rund 3000 'Mark monatlich. Tie Vühncngcnoiscn- tchast kann keine solchen Lasten tragen. So ist zuerst das Reich in die Brckcbc aejprunaen. während im Ickten Iabr die Stadt I^iturKie uirä Orchester Lum Aleinunzsistreit um eine Lestimmunz äer ^postoliscken Konstitution