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politische Umschau. Sozialüemokratie unü Kriegsfall. Bei den Marokoverbandlungen im Reichstage hat der Abgeordnete Bebel in einer Polemik erklärt, er müsse jeden für einen Verleumder halten, der beim Wahlkampf die Meinung vertrete, die sozialdemo kratische Partei plane bei Ausbruch eines Krieges den Generalstreik. Gr versuchte im Verlaufe seiner Ausführungen den Vorwärtsredakteur und Ge nossen Ernst Däumig und dessen BMiner Massen- streikredr von sich abschütteln, konnte aber keine ver ständliche und umfassende Erklärung dafür abgeben, wie sich die Sozialdemokratie denn nun eigentlich im Kriegsfälle verhalten würde, und was die neuer lichen Protestkundgebungen gegen den Krieg denn eigentlich letzten Endes bezwecken sollen. Die Er klärung Bebels im Reichstag, datz Däumig nicht die Ansicht der Partei verfechte, ist beinahe lächerlich, denn gerade in der Generalversammlung des „Ver bandes sozialdemokratischer Wahlvereine für Berlin und Umgegend" fiel die Aufforderung zum Massen streik uns zwar in einer Form, die nicht zu verkennen ist, wenn man sich den Wortlaut der Rede des Re ferenten genau und vollinhaltlich ansieht. Referent dieser Versammlung war eben Genosse und Vor wärtsredakteur Däumig. Der „Vorwärts" hat diese Rede mit allen begeisterten Zwischenrufen unter'sicht- lichem Behagen über verschiedene Spalten hinweg abgedruckt, ohne hierbei zu konstatieren, daß der Redaktionsgenosse Sie Ansicht der Partei nicht ver trete. Daran ändern nachherige Korrekturen Bebels sehr wenig; man könnte sogar noch annehmcn, daß man für die Propagierung des Massenstreiks bei Ausbruch des Krieges gerade zum Referenten den Genossen Däumig erwählte, weil es von ihm bekannt ist, daß er kriegsgerichtlich wegen Fahnenflucht be straft, in die zweite Klasse des Soldatenstandes ver setzt und später in seiner Kette von Strafen auch «ine solche wegen Aufreizung zum Klassenhag auszuweisen hat. Däumig konnte hier also eine kleine Attraktion sein, da er in der zu propagierenden Haltung „vom Bau" war. Von solch einem Genossen ist natürlich nichts anderes zu erwarten gewesen, als was er tatsächlich vorbrachle. Daß die Partei aus Opportunitätsrück sichten und angepchls der Wahlen jetzt kneift, ändert nichts an dem, was Däumig damals unwidersprochen in Ser Generalversammlung unter Beifall ausge führt hat. Aus der langen Rede sei hier aus dem „Vorwärts" selbst eine Stelle wiedergegeben, die jeden das Richtige empfinden lassen mutz und jede jetzt friedlichere Auslegung des sozialdemokratischen Pro testes gegen den Krieg einfach totschlägt. Sie lautet: „Mit platonischen Erklärungen kommen wir nicht davon, wenn die Kriegshetzer das Heft in die Hände bekommen. Man wird sich klar darüber sein müssen, Satz uns Situationen aufgezwungcn werden können, die uns nötigen, ausserordentliche Kampfmittel anzu wenden, wie das auch in bürgerlichen Revolutionen Lor Fall gewesen ist Natürlich mit anderen Mitteln und anderer Taktik. Die riesenhaften Rüstungen füh- ren notwendig zu kriegerischen Konflikten und dre Angst vor der wachsenden Macht des Proletariats zwingt die Regierungen im gegebenen Falle zu einem Va-banque-Spiel. Wir aber wollen dafür sorgen, datz der Krieg, der dann heraufbeschworen wird, der letzte Krieg ist, der überhaupt zwischen Kulturvöl kern geführt wird, und datz nie wieder die Waffen erhoben werden. Von diesem Gesichtspunkt aus er- scheint die Frage des Massenstreiks in neuer Be leuchtung . , . Nvsnüerungsuorlchlsge zur neuen Nrznermre. Zu Lieser unserer Notiz in der gestrigen Nummer wird uns aus Apothekerkreisen folgendes geschrieben: „Die amtliche Arzneitaxe kann sämtlccl)« Mittel nicht enthalten, weil fortwährend neue und neueste Universal-Heilmittel zum „Wohle der kranken Mensch heit" „erfunden" werden. Wie solche in der amt lichen Taxe nicht enthaltene Neuigkeiten zu berechnen sind, darüber geben die der amtlichen Taxe vor gedruckten „Allgemeinen Bestimmungen" auf 16 Sei len und in 21 Abschnitten genaue Anregung. Der Deutsche Apothekeroerein, der jetzt, aus praktischen Gründen, eine nach diesen überaus umständlichen und peinlich genauen Bestimmungen bearbeitete, um fangreiche Ergänzungstaxe auf seine Kosten heraus gibt, wird sehr vergnügt sein, wenn in Zukunft die amtliche Taxe nach Möglichkeit ausgedehnt wird. Was die Abgabe fabrikmätzig hergestellter Arz neien nur in Originalpackung betrifft, so wünschen die Arznsihändler und die sogenannten Arznei fabriken selbstverständlich, datz möglichst viele Arzneien in gebrauchsfertiger Form, d. h. ohne pharmazeutische Mitwirkung und — Kontrolle in den Handel kommen. Die Inter essen der Kranken aber verlangen, nach Ansicht der mit der Beaufsichtigung des Arzneimittelverkehrs be auftragten Behörden, etwas ganz anderes. Denn die Zustände in den sogenannten Arzneimittelfabriken — manche sogenannte pharmazeutische „Werke" ar beiten in einer Dachkammer mit einem oder einigen Fabrikmädchen — sind zum Teil ganz unglaubliche und ganz dazu angetan, auch die reelle Arznei bereitung in Mißkredit zu bringen, und anderseits bedeutet der unbeaufsichtigte, d. h. der ausserhalb der Apotheken sich abspielende Arzneihandel häufig ge nug, z. B. wenn es sich um starkwirkende Mittel handelt, geradezu «ine Gefahr. Die Apotheken ihrer seits können und wollen, soweit die Arzneimittel fabrikation in Frage kommt, mit den renommierten grotzen Firmen der anerkannten chemisch-pharma zeutischen Großindustrie nicht konkurrieren. Das kann kein Vorwurf sein; denn ebensowenig kann heute der einzelne Arzt mit dem über alle modernen Er rungenschaften und Einrichtungen verfügenden Krankenhaus konkurrieren. Die Apotheker müssen aber wünschen, datz nicht allerhand Arzneien in ge- brauchsfertiger Form von den Fabriken dargeboten werden; denn es ist ebenso im Interesse des Kranken geboten, als für den Fortbestand der deutschen Apo- theken notwendig, daß die Arznei ber ei tu n g in den Händen derjenigen bleibt, die durch ihren Be ruf dafür ausgebildet sind und die Verantwortung dafür tragen. Der Apotheker ist nicht nur berufen und berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Arzneien und die zu ihrer Bereitung dienenden Prä parate so weit wie irgend möglich selbst herzustellen, denn die Preisansätz« der Arzneitaxe beziehen sich auf Präparate, bei deren Herstellung nicht die Billigkeit, sondern die Güte und vorschriftsmäßige Beschaffen heit maßgebend ist." Oeutlches Leich. Leipzig, 15. November. 8. Sächsischer Landtag. Die Konservative Fraktion hat sich konstituiert. Zu Vorsitzenden der einzelnen Abteilungen wurden gewählt die Abgg. Opitz, Dr. Spieß, Dr. Hähne! und Stadtrat Hofmann. -- * An» dem XI. Reichstagsmahlkreise Oschatz— Wurzen. Am 11. und 12. November fanden in Neu- sornztg und Mügeln Wäblerversammlungen statt, in denen der Kandidat der Vereinigten Liberalen, Herr Syndikus Dr. Georg Jahn sich seinen Wählern vorstellte und sein Programm entwickelte. Redner kennzeichnete die Endziele des Liberalismus, der jetzt in heißem Kampfe nach zwei Fronten, nach rechts wie links stehe. In der Debatte traten sämt liche Redner für die Kandidatur Jahn ein. O * Abänderung des Gesetzes über Erwerb und Ver lust der Bundes- und Staatsangehörigkeit. Dem nächsten Reichstage wird voraussichtlich «in Gesetz entwurf betr. Abänderung des Gesetzes über die Er werbung und den Verlust der Bundes- und Staats angehörigkeit vom 1. Juli 1870 zugehen. Infolge dessen hat auch die Petitionskommission des Reichs tages die Ueberweisung der diesen Gegenstand be treffenden Petitionen als Material an den Reichs kanzler beantragt. * Die Herbeiführung einer Kalenderresorm und der Festlegung des Osterfestes dürfte als geschei tert betrachtet werden. Die deutsche Regierung hatte bekanntlich im Parlament im Frühjahr d. I. erklärt, datz sie einer Kalenderreform nur näher treten könne, wenn die übrigen grotzen Kultur nationen sich dieser Frage freundlich gegenüberstel len. Die deutsche Regierung steht auf dem Stand punkte, datz eine solche Reform sich nur durchführen lasse, wenn sie auf einer internationalen Konferenz für olle europäischen Staaten einfle- fiihrt werde. Namentlich in England wird auf eine Reform des gregorianischen Kalenders hingearbeitet. Der Handelskammerkongretz in London hatte vor einiger Zeit bei der schweizerischen Regierung den An trag gestellt, eine internationale diplomatische Kon ferenz in dieser Sache einzuberufen. Der schwei zerische Bundesrat hatte sich der Sache angenommen und bei allen Rationen angefragt, ob die Einbe rufung einer solchen Konferenz durchführbar sei. Die Antworten der meisten Staaten laute ten ausweichend, namentlich Italien und Rußland hatten erklärt, daß sie an dieser Kon ferenz nicht teil nehm en würden und diese Be strebungen nicht unterstützen würden. Dadurch dürfte die Angelegenheit vorläufig erledigt sein. * „Jung-Deutschland" und die Sozialdemokratie. Gegen die ..militärisch angehauchte" Jugendorganisa tion ,Zung-Deutschland" wendet sich die Mann heimer „Volksstimme". Das Mannheimer Sozia listenblatt behauptet, daß die Jugend durch Ge wöhnung an Strapazen Schaden an ihrer geistigen Ausbildung leide, datz sie der Erziehung zur Friedens liebe bedürftig sei, daß der Kasernenhofton auf die Jugendorganisation übertragen werden könne usw. Wenn gerade in Mannheim, wo die sozialdemokra tische „Junge Garde" ihren Hauptsitz hat, die Gründung des Generalfeldmarschalls Freiherrn von der Goltz bekämpft wird, so ist das nicht wunderbar. Eigenartig aber berührt es, datz als Verfasser des fraglichen Artikels der „Volksstimme" ein Lehrer an einer höheren Lehranstalt Badens genannt wird, der „Professor Dr. B. S." unterzeichnet. Sollte wirklich ein badischer Professor in sozialdemokratischem Sinne an der angegebenen Stelle „Jung-Deutschland" bekämpfen, dann würde Lag auf die inneren Verhältnisse Badens ein bezeich nendes Licht werfen. * Der Verband Thüringischer Industrieller zu Weimar hat in einer grotzen Kundgebung Stellung ßum Hausarbeitsgesetz genommen, um die Wünsche der thüringischen Industrie zu der gesetzlichen Rege- lung der Heimarbeit noch in letzter Stunde zur Geltung zu bringen. Der Verband stellt dabei wiederholt fest, Latz der Regierungsentwurf zum Heimarbeitsgesetz eine brauchbare Grundlage zur Beseitigung der in der Heimindustrie bestehenden Mitzstünde sei. Er bedauert jedoch, datz die Reichs tagskommission den richtigen Grundsatz des Erlasses von Spezialbestimmungen für einzelne Industrien in mehreren Fällen verlassen hat und ersucht vor allem um Wiederherstellung der Regierungsvorlage bei der in 6 des Kommissionsentwurfs geforderten allgemeinen Bekanntgabe der Löhne. Der Verband wendet sich weiter gegen die Vorschläge, durch staatliche Maßnahme die Lohnhöhe zu beein flußen und sieht in den von der Regierung und den Mehrhcitsparteien vorgesehenen Fachausscyiißen, so weit sie die Befugnis haben, bei Erhebungen und dergleichen mitzuwirken, vollkommen überflüssige Organe. Wenn ihnen aber außerdem die Aufgabe übertragen wird, die Angemessenheit von Löhnen zu begutachten und somit offizielle Normativ löhne für die Heimindustrie aufzustellen, so würde der Verband sie für nicht minder gefährlich und verhängnisvoll ansehen müßen, als die mit der rechtsverbindlichen Festsetzung von Mindestlöhnen betrauten Lohnämter. .1. Zur Landtagsauflösuna in Bayern. Die Land tagsauflösung hat in allen Schichten der Bevölkerung eine Stimmung ausgelöst, die beweist, datz die Regierung mit ihrem Vorgehen eine Tat begangen hat, die allgemeine Anerkennung und Wür- digung findet. Soweit bis zur Abendstunde die Preße Süddeutschlands in München vorliegt, kann man konstatieren, daß die gesamte liberale und sozialdemokratische Presse mit der Auflösung zufrieden ist und die Regierung ob dieses ent scheidenden Schrittes stützt und deckt. Die Zentrumspresse, aber vor allem der .^Bayrische Kurier", ergehen sich in jämmerlichen Phrasen, die zu vermerken wahrlich nicht der Mühe lohnt. Ferner wird berichtet: Sofort nach der Auflösung des Landtages trug, so weiß der „Bayrische Kurier" zu melden, der Abg. Casselmann der Freien Vereinigung des Landtags ein Wahlbündnis an, das dahin geht: Sämtliche bisher innegehabten Sitze wollte es den Konservativen und Bauernbündlern garantieren unter der einzigen Bedingung, datz sie an den gemeinsamen Wahlfolgerungen gegen das Zentrum sich beteiligen." Datz natürlich ein Grotzblock, an dem sich alle finden werden, die gegen den Ultramontanismus vorgehen wollen, in Bayern kommen wird und mutz, steht fest. Nach der allgemeinen Stimmung zu urteilen, wird die allgemeine Abrechnung dem Zentrum bei den Neuwahlen im Januar schlecht bekommen. * Zur Verfassungsreform in Mecklenburg. Die Regierung ließ dem Landtag für Mecklenburg. Schwerin die Grundzüge für die Vorlage betreffend die Aenderung der bisherigen Verfassungs- entwürfe zugehen. Die Regierung ist zu dem Er gebnis gekommen, datz als möglicher Weg, weite Kreise der Bevölkerung unter Vermeidung allge meiner Wahlen an der Landesvertretung zu be- teiligen, der bleibe, an Stelle der Wahlen der Gesamt, devölkerung die Wahlen der Landgemeinden und städtischen Bürgerschaften treten zu laßen. Wenn auf Grund dieses Vorschlages eine Einigung über die Verfassungsfrage mit den beiden Ständen zu erreichen sei, würde die Regierung geaen- über diesem Erfolge die nicht weiter aufschiebbare Verfassungsreform im Einvernehmen mit beiden Ständen durchführen können und sich auch mit einer weniger vollkommenen Erledigung dieser Frage zu friedengeben. Der Landtag soll für Mecklenburg. Schwerin aus 80 Abgeordneten bestehen. Ein Ent wurf für Mecklenburg-Strelitz ist nicht eingegangen. * Die «»»reise de» «bkös»ngstra»»port» für da, Schutzgebiet Kiautschau für S, M. S. „Tsingtau". „Vaterland" und „Otter" findet am 6. Januar 1912 mit dem Dampfer „Patricia" der Hamburg-Amerika- Linie von Wilhelmshaven aus statt. — Der Be- latzungswechsel S. M. S. „Tsingtau" findet in Hongkong, der S. M. SS. „Vaterland" und ..Otter" in Schanghai auf der Ausreise des Transports statt. * Reichstagswahlvorbereitunarn. Im Reichstags Wahlkreis Namslau-Brieg stellten die Konler- vativen und der Bund der Landwirte als Reichs tagskandidaten den Chefredakteur der „Deutschen Tageszeitung" Dr. Oertel auf. — Graf Posa- dowsky hat nicht nur für Bielefeld, sondern auch für Delitzsch-Bitterfeld eine Reichstagskandida- tur angenommen. Im Kreise Bielefeld wird er sich in einigen Versammlungen den Wählern vor stellen. — Justizrat Dr. Karl Bachem (Zentr.) hat erklärt, datz sein Gesundheitszustand ihm die Annahme einer Kandidatur nicht gestatte, und daß er insbesondere nicht daran denke, im Kreise Krefeld zu kandidieren, solange der Abg. Dr. Pieper das Mandat innehabe. — Im 10. württembergischen Reichstagswahlkreis, Göppingen-Gmünd, haben Konservative und Bündler Professor Gustav Lang-Stuttgart und im 14. Reichstagswahlkreis. Ulm, den Landtagsabge- ordneten Graf-Heidenheim aufgestellt. Die Volks partei stellte im 15. Reichstagswahlkreis, Blat- beuren-Mllnsingen, den der Zentrumsabgeoro- netc Gröber vertritt, den Lehrer Bubeck von Wip pingen als Reichstagskandidaten auf. — Jin zweiten anhaltischen Kreise. Bernburg, ist der Kandidat der Konservativen Generalkonsul Dr. Inner, für den in der Stichwahl auch die Nationalliberalen eintreten werden. — Landgericbtsdirektor Hahn (konservativ) ist als Reichstagskandidat für den Wahlkreis Hadersleben-Sonderburg aufgestellt worden. RUÄSNÜ. Oesirrreich-Nngarn. * Die Sanierung der österreichische» Landes finanzen. Die eingcbrachten Regierungsvorlagen betr.die Branntwein- und Biersteuer sind dazu bestimmt, in erster Linie die für die Sanierung der Landesfinanzen erforderlichen Mehreinnahmen zu beschaffen. Der größte Teil der Mehreinnahmen soll an die Kronländer überwiesen werden. Nachdem der Rückgang des Verbrauchs überwunden sein wird, kann mit der Ueberweisung von 64 Millionen aus den Erträgen der Branntweinsteuer um etwa 70 Millionen aus den Erträgen der Biersteuer gerechnet werden. Der Staatsschatz begnügt sich mit einer Mehreinnahme von etwa 8 Millionen aus der Branntweinsteuer und 5' Millionen aus der Bier steuer. Der aus der Reform der Erbgebühren zu erwartende Nettomehrbetrag wird auf rund 10 Millionen, der Ertrag der Schaumweinsteuer aus etwa I twOOOO Kronen geschätzt. Frankreich. * Versammlung der Arsenalardeitrr von Lorient. Das Arbcitersyndikat der Arsenalarbcitcr in Lorient hatte gestern abend eine Versammlung einberufen, in der zu dem Erlaß des Marineministers vom 20. Oktober, worin dieser die Entlassung aller an Tuberkulose erkrankten Arbeiter bestimmt, Stellung genommen wurde. In der Versammlung, die zahlreich besucht war, griffen die verschiedenen Redner den Ministererlatz heftig an und erklärten, daß er ganz ungerechtfertigt sei, da die erwähnten Arbeiter genau so ihren Anforderungen gerecht werden, wie ihre Kollegen. In der am Schlüße der Versammlung angenommenen Resolution wurde ein stimmig beschlossen, zum Marineministcr eine Depu tation zu schicken, die ibn bitten soll, diese Ent scheidung wieder rückgängig zu machen. England. * Postbeamtenstrrik in England. In England steht ein neuer großer Verkehr «streik vor der Tür. Unter den Post- und Telearaphen-Beamten hat, da sie mit ihrem Gehalt nicht zufrieden sind, eine große Unlust Platz gegriffen. In London, Manchester, Liverpool und Birmingham fanden gestern zahlreich besuchte Versammlungen der Post beamten statt, in denen ihre Lage besprochen und der Beschluß gefaßt wurde, unverzüglich in den Streik zu treten, falls nicht ihre Forderungen bewilligt werden sollten. Die Behörden haben ver sprochen, die Wünsche der Postbeamten eingehend zu vrüfen und wenn irgend möglich, zu erfüllen. Doch sollten sie sich noch einige Zeit gedulden. Die Forderungen der Postangestellten sind ziemlich hoch und in intcreßierten Kreisen glaubt man nicht, datz es sobald zu einer Verständigung kommen wird und datz ein Streik der Postbeamten Englands unver meidlich ist. Spanien. * Wahltumulte in Valencia. Zu erregten Zu sammenstössen kam es in Valencia anlässlich der dor tigen Ge m e i ndc w ah l« n. Der republikanische Abgeordnete Azzati hatte in Erfahrung gebracht, datz die monarchistischen Kandidaten ihre Stimmen erkaufen. Darüber erbost, drang er mit mehreren seiner Parteianhänger in das monarchistische Wahl lokal ein. wo er die Monarchisten heftige Vorwürfe machte, die schließlich in Tätlichkeiten aus arteten. Die Schlägereien nahmen einen so bedroh lichen Charakter an, daß die Polizei hcrbeigeholt cverden mußte, die die Haupträdelsführer in Haft nahm. Mehrere Personen haben bei dem Zusammen stoß ernste Verletzungen davongetragen. Persien. * Da» russische Ultimatum. Wie „Retsch" meldet, wird der Teheraner russische Gesandte Poklewski- Kosell nächsten, abberusen werden. Der dortige russische Generalkonsul Vochitonowo soll über die Tätigkeit Poklewski-Kosells einen sehr ungünstigen Bericht eingesandt haben, worin au-Hefübrt wird, daß Poklewskis Haltung nur den Engländern nütze. Es handelt sich dabei offenbar um den be kannten Zusammenstoß des Generalkonsuls mit den persischen Behörden, der der persischen Regierung Anlaß gab, die Abberufung Pochitonows zu ver langen. Der Zusammenstoß erfolgte bereits am 11. Oktober. Rußland hat erst nach Monatsfrist mit einem Ultimatum darauf reagiert. Vereinigte Staaken. * Streikkrawalle in Re» York. In Len Straßen New Yorks kam es am Montagabend wieder zu be denklichen Streikunruhen. Die Streikenden griffen wiederholt di« Arbeitswilligen, die. unter dem Schutz von Polizeibeamten ihre Arbeit versehen, an und bewarfen die Polizisten mit Steinen und anderen Wurfgegenständen. Di« Polizei sah sich jedesmal genötigt, einzuschreiten. Bei den Zusammenstößen gab es auf beiden Seiten zahlreiche Verwun det«. Man schätzt die Zahl der Verletzten aus zirka :)00 Personen. Die Polizei nahm eine große Anzahl von Verhaftungen vor. Der Schmutz in den Straßen har sich so angehäuft, datz jetzt ca. 50 000 Wagen nötig wären, um die Straßen einigermaßen sofort entleeren zu können. ,, -- Deutlcher Reichstag. 205. Sitzung. Berlin, 14. November. (Telegramm.) Am Bundcsratstische Staatssekretär o. Kid er» l e n - W ä ch t e r. Präsident Graf v. Schwerin-Löwitz eröffnet dt« Sitzung um 1,15 Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst die erst« Lesung des Gesetzes über di« Ausgaben kleiner Aktien in den Konsulargerichtsbezirken und tm Schutzgebiet Kiautschou. Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter: Der vor liegende Gesetzentwurf hat den Reichstag schon ein- mal beschäftigt. Dennoch glaubt die Regierung grotzen Wert auf seine Verabschiedung legen zu sollen, da sonst die deutschen Interessen in Ostasien erheblich geschädigt werden dürften. Eine deutsche Gesellschaft wurde — eine Folge der Ablehnung der kleinen Ak- tien — in eine englische Gesellschaft umgewandclr. Daraufhin haben die deutschen Intereßenten in Ost- asien an den Reichstag petitioniert, und diese Ein gabe ist dem Reichskanzler zur Berücksichtigung über- wiesen worden. Wollen wir nicht weiter das An sehen Deutschlands schädigen, so müßen wir für diese Bezirke die kleinen Aktien zulasscn. Die Be fürchtung. daß die kleinen Aktien die hei mische Speulationslust unheilvoll anregen wird, trifft nicht zu. Für den Börsenverkehr werden besondere Kautelen geschaffen werden. Ich bitte da her, namens der verbündeten Regierungen den Reichstag dringend um Annahme dieses Gesetzes, das unserer hochanaeschenen Kaufmannschaft in Ostasien Unterstützung bringen soll im schweren Wettbewerb mit anderen Staaten. (Bravo.) Abg. Dr. Belzer (Ztr.): Unsere Kaufleute in Ostasien sind tüchtige Männer. Für ihre Existenz ist es aber unbedingt nötig, datz sie klein« Aktien be kommen. Kleine Aktien werden nicht wirken wie die Goldshares. Dazu ist das deutsche Kapital zu zurück haltend. Wir verlangen aber zur Sicherung, datz Sie Zulassung jener Aktien im Reichsgebiete der Genehmigung des Reichskanzlers unterliegt, da nur das Auswärtige Amt di« Güte der betr. Betriebe beurteilen kann. Ich beantrage Ueberweisung der Vorlage an die Budgetkommißion. (Beifall im Ztr.) Abg. Dr. Rösicke (Kons.): Trotz der Petition der ostasiatischen deutschen Kaufleute mutz ich namens eines Teiles meiner politischen Freunde mich gogen die Vorlage erklären. Dieses Gesetz wäre der erste Schritt zur weiteren Aenderung des Aktiengesetzes. Vor allem wird man dazu kommen, daß die kleine Aktie bald auf alle Schutzgebiet« ausgedehnt wird. (Hört, hört, rechts.) Ich schließe mich dem Antrag auf Koinmißionsbcratung an. Abg. Geck (Soz.): Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein reiner Schulfall, wie bereitwillig di» Re gierung den Wünschen einzelner Kapitalisten gegen über ist, während sie die Wünsch« Les gesamten Vol kes nicht oder nur mangelhaft berücksichtigt. Wir brauchen keine kleinen Aktien, sondern Brot fürs Volk und Schutz gegen Ausbeutung. (Beifäll bei den Soz.) Korvettenkapitän Brünninghaus: Die kleinen Ak- tien sind für unsere asiatischen Verhältnisse ein Oon- stitio cüv.» tpin non. Abg. Dove (Fortschr. Vpt.): Die Befürchlung, daß das System der kleinen Aktien auch nach Siid- westasrika und anderen deutschen Kolonien übcrgrcifen wird, ist völlig hinfällig. Gegen den Antrag, die Zulassung der kleinen Aktien von der Genehmigung Les Reichskanzlers abhängig zu machen, habe ich eben sowenig einzuwenden wie gegen den der Uebcrwei« sung an di« Kommission. Stimmen Sie deshalb dem Gesetze zu, um dem nationalen Kapital im Auslände zu helfen. Abg. Dr. Arendt (D. Refpt): Wir wünschen nun mehr. daß diese Vorlage Gesetz wird. Es muß aber eine Form für die Einführung gefunden werden, die den praktischen Verhältnissen draußen Rechnung trägt. De» Herren in Ostasien kommt es weniger darauf an, kleine Aktien zu lnflommen als vielmehr auf di« in China übliche Dollnrwährung. (Hört, hört.) Das geht auch indirekt aus den Petitionen hervor; die Beteiligung des chinesischen Kapitals ist aber durchaus notwendig für unsere dortigen industriellen Unternehmungen. Geben wir ihnen deshalb diese Möglichkeit. Die Kommission muß den Entwurf von Grund aus ändern. Dann können wir den in- teressierten Kreisen die kleine Aktie gewähren. Sie mutz aber auf Ostasien beschränkt bleiben. Abg. Lrtel (Natl.): Wir dürfen zur Negierung das Vertraue» haben, daß der Geltungsbereich dieser kleinen Aktie auf Ostasien beschränkt bleibt. Wir würden Beratung in einer besonderen Kommission wünschen. Abg. Raab (Wirtsch. Vgg ): Die kleinen Aktien werden auch in China unheilvoll wirken. Die dor tigen kleinen Leute, die nicht einmal den Text der Papiere lesen können, werden sich mit besonderer Wut gegen uns wenden, wenn eine deutsche Unterneh mung dort fällst wiü>. Die kleinen Aktien vermehren die internationale Reibungsslüche. Ich halte cs für Lesser, die Vorlage der Vudgetkommission zu über weisen, aus der sie hoffentlich nicht zurückkehrt. Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco: Es ist auch heute mehrfach die Befürchtung ausge sprochen worden, datz durch diese Vorlage die in ländische Gesetzgebung durchbrochen werde. Dieser Befürchtung bin ich bereits früher mit aller Ent schiedenheit entgegengetreten und kann heute nainens der verbündeten Regierungen erklären, daß daran auch jetzt nicht gedacht wird. Abg. Kämpf (Fortschr. Vpt.): Das Leitmotiv der Vorlage ist, die Chinesen zur Mitarbeit in unse ren Kolonien heranzuziehen, und dem kann man nur zustimmen. Nach weiterer unerheblicher Debatte gehr die Vorlage an die Budgetkommission. Es folgt die Besprechung der sozialdemokratischen In- terpellation betr. En tl al sung von Arbeitern der Reichseisenbahn. Abg. Böhle (Soz.): Wir hoffen, daß das Ver sprechen der bürgerlichen Parteien, alsbald in eine Kur KLN2 kurre Leit genügt, um die kräftigende und erfrischende Wirkung de» Viojon zu bemerken. Meine Frau verbrauchte 2 Pakete von Ihrem Bioson in ca. 8 Wochen, pro Tag nahm sie 2 mal 2 Kaffeelöffel voll. Vor dem Gebrauch hatte sie wenig Appetit und Schlaf und war immer sehr aufgeregt. Schon nach den ersten 14 Tagen war der Genuß von Erfolg. Das Allgemeinbefinden beßerte sich bedeu tend und das Körpergewicht nahm zu. Besonder» machte sich auch «in gutes Aussehen bemerkbar. Mit Geschmack und Bekömmlichkeit war meine Frau sehr zufrieden. Hersbruck b. Nürnberg, 20. ^uni 1911. A. Meck, Vostadjunkt, Turästraße. Unterschrift be glaubigt: Ruppenthal, Notar. Bioson das beste und billigste Nähr- und Kräftigungsmittel feiner Art, Dose (circa U Kilo) Mart 3.— in Apotheken. Drogerien. Verlangen Sie vom Btosonwerk Frankfurt (Main) Gratisprobe und Broschüre«