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2lbend-Ausgabe Anzeigen «prtkS Bc;. g6 BrciS Ämtsbkatt -cs Nates und des Nolizciamles der ötadt Leipzig Nr. 28 t tS5. Zsilkysng Viensma, üen >o. Skmvec lSll entgegen, seine Zinne können. Welche Schande! Als Ottomane must ich heute erröten. Was versteht eigentlich die Pforte unter der „neuen Lage der Dinge"? Dast Italien unsere Häfen zerstört und Soldaten gefangen genom men hat, und dass es unsere Ehre mit Fähen tritt? Ist das etwa ein geeigneter Augenblick für Verhand lungen. Last wir uns erst nach der Landung von Italienern beugen? Warum haben wir es nicht ge tan, bevor Blut floh und unsere Torpedoboot« ver nichtet wurden? Hängen wir doch liel-er.zwei Plakate aus' „Terrain zu verkaufen", und zwar eines in Europa und das andere in Asien, und machen wir der Sache auf diesem Wege ein Ende. Die leitenden Persönlichkeiten sollten bedenken, dast der Wider stand für die Türkei eine Lebens- und Ehren frage ist. Der Zorn der Nation wird das Kabinett, das Tripolis an Italien überliefert, wie ein Reisig bündel sortfegen." » , . s"6S2 Ttl.-Änschl.k 14 893 l 14 694 s 14 692 lRachtanIchl,») Sel.-Anlchl.^ 14 693 >14 694 rückzichen muhten, weil sic sich einer plötzlich auftauchenden Ueüsrmacht gegenübersahen. Die feindliche Kavallerie scheint die italienischen Posten stark zu beunruhigen. Row, 10. Oktober. (Eig. Drahimrld.) Aus Ssax wird gemeldet: Der Dampfer „Torrero" ist aus Tripolis angetommen und hat die neuesten Nach richten aus Tripolis mitgebracht. Er meldet, daß die türkischen Truppen unter dem Kom mando des Obersten Neschet sich vier Stunden hinter Tripolis in den Ortschaften Vehare und Kirkarisch befinden. Diese Ort: sind von der türkischen Negierung seinerzeit befestigt worden, um Tripolis vor dem Angriff räuberischer Beduinen aus dem Innern des Landes zu schützen. Wie es hich, soll eine italienische Kompanie Sol daten versucht haben, sich den beiden Orten zu nähern. Sie wurden aber von den türkischen Trup pen zurückgeschlagen, obwohl die eingeborene Bevölkerung auf beiden Seiten teils für, teils wider an idem Kampfe teilgSnommrn hatte. Wie der Kommandant des „Torrero" mitteilt, soll sich die eingeboren« Bevölkerung in Tripolis den Italienern gegenüber überhaupt sehr freundlich zeigen. Nur zu Anfang sei es zu Unruhen gekommen, als die einge borene Bevölkerung versuchte, die von drn Europäern verlassenen Häuser zu plündern uno in Brand zu stecken. Neapel, 10. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Man steht hier vor einem Rätsel, daß di« Abfahrt des ersten Teiles des Expeditionskorps noch im mer hinausgeschoben wird. Aus Syrakus wird hierher gemeldet, daß nach üen heute einge- Iroffenen Aussagen von aus Tripolis zurückgekchrtcn Personen die Positionen der italienischen Besatzungsmannschaften in Tripolis äußerst gefährdet seien. Man müsse damit rechnen, dast der Feind, dessen Stellung niemand kennt, in wenigen Tagen das Zwanzigfache an Mann schaften den Italienern gegenüberstellcn könnte. Nene Fliedellsvors-Hltiqe. Es verlautet, daß zwischen der Türkei und Ita lien ein Waffenstillstand geplant sei; andererseits wird auch von neuen Fricdensvorschlägen gesprochen. Drahtlich liegen folgende Meldungen vor: Konstantinopel, 10. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Hiesigen Blättern zufolge wird zwischen der Türkei und Italien weg'n eines Waffenstillstandes verhandelt. Konstantinopel, 10. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) In hiesigen politischen Kreisen wird erklärt, daß Verhandlungen zwischen Italien und der Türkei wegen eines Friede ns abschlusses auf fol gender Grundlage im Gange sind: 1. Italien er sich gegen die Tür. und er selber fiel ein- Körpcr, der regungs ¬ besetzt Tripolis, 2. Italien verwaltet Tripolis unter Anerkennung der Souveränität des Sultans, 3. Ita lien zahlt eine Entschädigung von 60 Millionen Mark. Paris, 10. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Die hie sigen Abendblätter wissen über dir letzte Forderung der Türkei an die Mächte, durch Intervention den Krieg zu beenden, folgendes zu berichten: Die tür kische Negierung hat erklärt, daß, wenn die Mächte dafür sorgen würden, daß dis italienischen Truppen Tripolis verlassen, di« Türkei bereit wäre, Ita lien die weitestgehenden ökonomischen Zugeständnisse in Tripolis zu machen, und zwar dergestalt, wie sic dies in der Antwort auf das italienische Ultimatum angedcutet harte. Die tür kische Regierung hat gestern durch ihren Botschafter in Paris die französische Regierung von ihrer Absicht verständigen lassen. Die „Köln. Ztg." glaubt auch an einen baldigen Friesen: „Man darf annehmen, dast die Türken trotz allem inneren Widerstreben sich schließlich doch bereit finden lassen werden, in den Ueber- gang von Tripolis in italienische Ge walt, wenn auch unter äusserlichen Vorbehalten, einzuwilligen. Als die italienische Kriegserklärung erfolgte, schien in Italien die Bereitwilligkeit vor handen, gegen Ueberlassung von Tripolis türkische Soncrrechtc etwa in Gestalt einer nominellen Ober herrschaft zuzulassen. Neuerdings ist die Stimmung vielfach umgeschlagen, und man kann in italienischen Blättern lesen, daß die einfache Einverleibung von Tripolis die einzige zulässige Lösung sei. Ob die ita lienische Regierung sich diese Auffassung zu eigen ge macht hat, ist nicht ersichtlich, doch darf man aus ge wissen Massnahmen vielleicht den Schluss ziehen. Lass die türkische Regierung auch bei den Verhandlungen über Herbeiführung des Friedens keine intransigente Stellung einnehmen wird." Die türkische Ministerkrisis. Konstantinopel, 10. Oktober. (Eig. Drahtm.) Der türkische Gesandte in Sofia. Mustapha Assim Bei, nahm das Portefeuille des Ministeriums des Aeussern an. Der frühere Finanzminister Dschavid Bei, der hier eingetroffen ist. teilte dem Groß wesir die Beschlüsse des jungtürkischen Kongresses in der Tripolisfrage mit. Der Kongress empfiehlt, hartnäckigen Widerstand zu leisten. Erregte Sprache des „Tanin". Das Nichterscheinen des Dekrets über die Massen ausweisung der Italiener, deren sich gestern in Konstan- tinopel.Smyrna und Saloniki bereits eine wahre Panik Lcmächngte, sowie die Zirkularnotc an die türkischen Botschafter zwecks Intervention der einzelnen Re gierungen gibt dem Leiter des „Tanin" Gelegenheit, das Kabinett mit heftigen Vorwürfen zu überschütten. Er schreibt: „Während die ganze gesittete Welt gegenwärtig voller Abscheu gegen Italiens Vorgehen Stellung nimmt, tun wir Ottomanen gar nichts, haben auch nicht den Mut, das durchzuführen, was wir tun Die Aussichten des beginnenden ^andkriegev in Tripolis. lieber die Aussichten des beginnenden Land- kriegrs in Tripolis wird, der Korrespondenz „Heer und Politik" von einem Offizier, der Tripolis längere Zeit bereist hat, folgendes geschrieben: Ter freche Raubzug der Italiener, der jetzt anscheinend so glück lich zur See begonnen hat, dürfte bei dem nun be ginnenden Landkriege von geringerem Glück: be gleitet sein. Wenn auch die Stadt Tripolis selbst starken Widerstand mit ihren paar alten Kanonen nicht leisten kann, so ist doch der Besitz der Stadt Tripolis noch bei weitem nicht gleichbedeutend mit dem Besitz des Landes. Bei dem Landkriege werden zwei Momente eine ausschlaggebende Rolle spielen, nämlich das Klima und die Ureinwohner des Landes. Das Klima ist einem Feldzuge darum nicht günstig, weil es die weiten Lanüstrecken ausgedörrt hat und keinerlei Möglichkeit in der Verpflegung bietet. Eine Verpflegung von Italien aus ist vielleicht mög lich, ist aber darum sehr schwierig, weil außer dem schlechten Hafen von Tripolis andere Häfen nicht vorhanden sind. Die Heranführung der Lebensmittel wird auch in diesem Falle an dem absoluten Mangel an fahrbaren Straßen scheitern. Mit großen Truppenteilen werden die Italiener überhaupt nicht vorrücken könnrn, sondern sich auf kleinere Trnvps beschränken müssen, denen eine Möglichkeit des Mar schierens selbst bei schlechten Wegen gegeben ist. Es besteht aber die Gefahr, daß diese Truppen vom Klima aufqerisben werden, wenn sie nicht durch Mangel aller Art zugrunde gehen. Endlich ist auch d«r Gegner, den sie hier vorfinden, durchaus be achtenswert. Die Berber sind vorzüglich bewaffnet und haben durch türkische Offiziere eine gewisse mili tärische Schulung erhalten, wenn sie auch im all gemeinen als irreguläre Truppen anzusehen sind. Das gebirgige Land iss zerklüftet und voller Schluch ten. so daß cs den Bewohnern einen ebenso guten Unterschlupf bietet, wie es für fremd« Truppen eine gefährliche Landschaft darstellt. Zu offenen Schlach ten zwischen den zwei Heeren wird es hier wohl kaum kommen, sondern es wird hauptsächlich ein Klein krieg werden, in dem die italienische Armee zwar vielleicht dis numerische Ueberaewicht haben rottd, in dem aber auf leiten der Türkei sicherlich die für einen Kleinkrieg wesentlichen Vorteile zu finden sind. Der Ausgang des Krieges ist. wenn man all« in Be tracht kommenden Umstände zur Beurteilung heran zieht. durchaus noch unsicher, und man kann der Hoff nung Ausdruck geben, daß es den Türken gelingen wird, die italienischen Räuber, die im Bewußtiein auk ihre stärkere Rüstung das harmlose Land über fielen. aufzureiben oder aus dem Lande hinaus zudrängen. Der e st- Landkampf bei Tri"olis kst. wie bereits gemeldet, für die Italiener ungünstig verlaufen. Es liegen darüber noch folgende Mel dungen vor: Rom, 10. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Wie aus Neapel hierher telephoniert wird, erhält sich dort das Gerücht, daß die in Tripolis gelandeten italienischen Truppen aus ihren Stel lungen im Osten der Stadt, die sie am Sonnabend eingenommen hatten, sich wieder zu- fSk Inserat« au» Lelpjig unv Umgeb»»- dieIlpaUig« Petttzeil« L Ps..SieReklame teil« l Mk.' von ourwärt» ZV Ptt Reklamen 1^0 Mk. Inleral« von Behörden im amt lichen Teil di« P«titz«ile 80 Pf Gescha,tsanzeigen mit Platzooklchriften im Preise erhöht. Rabatt nach Tarif. Beilagegcbllhr Gesamt auslag« 5 Mk. o Tausend «rkl. Postgebühr. Teilbeilage böser. Aesterteilte Auftrage können nicht zurück- aezozen werden !tür da» Erscheinen an britimmlen Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. An,eigen - Annahme. I»banni»»«ls« S, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» ErpeLitionen de» In- und Auslandes. Druck und Berlag von Fischer L Riirste» Inhaber: Paul Rllrfte». Redaktion und Geschäftsstelle: Iohannisgasse 8. -cupt-Filiale Dresden: Ceestratze 4. l (Telephon «62li. für Leipzig und Borort« durch unser« Träger und Epedileur« Lmal täglich in» Pau» gebracht SV Pf. monatl., t.7u Mk. »ierteljäbrl. Vet unfern Filialen u. An- uabmeslellen adaeholt 7S Ps. monatl, r.rs Mk. oierteljährl. Dnech dl« Post: tnner-alL Deutschland» und der deutschen Kolonien virrteljährl. S.dU Mk., monatl. 1^0 Mk. au»fchl. Postdestellaeld. Feruer in Belgien, Dänemark, den Donaustaaten. Italien, Luremdura. Niederlande, Nor wegen, Lellerreich-Ungarn. Russland, «Schweden, Schweiz u. Spanien. In allen äbrrgen Staaten nur direkt durch di« G«Ichäst»jtell« de» Blatte» erhältlich. La» Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich. Sonn- u. Feiertag» pur morgen». Abonnements-Annahme: I»hanni»gals« 8, bei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Popämtern und Briefträgern. Einz«lv«rkauf»prei» ll> Pf. suchtsvolle Stunde ihrer Jugend verträumt hatte. Diesen Hügel hatte der Eemeinderat, um dem Gönner und Neuschöpfer Walldorfs noch eine sinnige Uebsr- raschung zu bereiten, den Namen „Desirees Ruhe" gegeben. So war inzwischen di« Zeit des Festessens näher und näher gekommen. In dem Speisesaale waren die Kellner unter der Lertung des Wirtes mit dem Decken der Tische beschäftigt. Aus der neuen Küche dampfte es zum ersten Male in den blauen Juli himmel, an dessen Horizonte die Sonne .unter den Hügeln von Walldorf langsam zur Rüste ging, während die blasse Scheibe des Mondes deutlicher im Zenit sichtbar wurde. Di« Damen hatten sich in die Zimmer des Kur hauses zurückgezogen, um die leichte Balltoilette für das Fest anzulegen, die Herren rauchten eine Zigarre und promenierten durch den neuen Park. Fritz No,den war mit seinem Auto eben in Walldorf angekon.men. Die Bogenlampen flammten auf. Mit einem Lächeln aus oen Lippen hatte Fritz die Aufschrift des blauen Schildes: Salomon von Fink-Promenade am Ausgange des alten Dorfes gelesen. Seitdem er dem Pfarrhause, in dem er vor Jahren Franz Schäfers East gewesen, den Rücken ge kehrt, hatte er das Dorf nicht wieder betreten, und seltsame Gefühle bemächtigten sich seiner, als er nun di« Gegend durchschritt, in der Frieda ihre Kindheit und Jugend verbracht hatte. Frieda, Frieda .... heute wollte sie ihn nicht lassen. Daß Franz da war, hatte er gehört. Ob Frieda mit nach Walldorf gekommen, wußte er nicht. Er war vor der Freitreppe des Kurhauses ange langt. Nun stieg er diese hinauf und wandte sich dann um, einen Ueberblick über das Ganze zu haben. Das vcn dem Springbrunnen wieder hernieder fallende Wasser glitzert, wie Silber in dem Strahle der elektrischen Sonnen und zauberhaft war das Bild in Liefer Halbbeleuchtung der Bogenlampen und des scheidenden Sommertages, indessen hinter ihm das Kurhaus im Stile der alten Alhambra von Granada wie «in Märchentraum der Nacht empor- stieg. , Absichtlich hatte er es vermieden, mit lemandem zu sprechen, hatte er sich auf den einsameren Wegen hinter den Sträuchern oorbeigedrückt. Mit all den Iugenderinnerungen war er heute gar nicht in der Stimmung, gleichgültige Worte mit ^beliebigen zu wechseln. Ob Frieda wohl Da war, mußte er immer und immer wieder denken. So stano er noch auf der Treppe des Kurhauses und liess noch «inen Blick über di« ganze Anlage schweifen, die Reichtum und Eitelkeit in kurzer Zeit aus dem friedlichen Grund und Boden des einst so stillen und weltverlassenen Dörfchens hervorge zaubert hatten. Ganz Salomon von Fink, mußte auch er da mit einem Male in seinem Innersten denken. Da sah er, wie ein großer Schmetterling, ein Totenkopf, herbeigclockt durch das ungewohnte Licht, gegen die eine der elektrischen Bogenlampen stieß, so daß sich diese bewegt«, wie dann das Tier durch all den Glanz sinnlos geworden, wieder und wieder her- beigelockt, dahergeflogen kam, um endlich in der Milchglaskugel des Lichtes zu verschwinden und nach wenigen Augenblicken mit verbrannten Flügeln auf den Rasen niederzufallen. In diesem Momente ertönte ein gelles Wsh- geschrei durch das neue Kurhaus. Fritz stand wie erstarrt. Die Stimme Desirees, die Stimme seiner Frau, an die er den ganzen Abend noch nicht gedacht hatte. Alles um sich vergessend, eilt« er in das Innere des Gebäudes. Die Schreie wiederholten sich, sie wurden lauter, dann brachen sie plötzlich ab. Und dann wieder ein leises Stöhnen und Wimmern. Alles war nun schon draußen im Parke. Nur ein Teil der Dienerschaft und noch etliche Damen be fanden sich im Hause. Von allen Seiten eilten diese jetzt herbei. Fritz folgte den Rufen. Er stand vor der Tür eines Zim mers. die verschlossen war. Alles schrie durch einander: „Der Schlüssel, der Schlüssel . . ." Ein paar Kellner stürzten fort, den Wirt, den Schlüssel, einen Schlosser zu holen... da kam Fritz ein Ge danke . . . endlich. Mit aller Kraft stemmte Di« gab nach, sie sprang auf tretend über einen schweren los zu seinen Füßen lag. Brandgeruch strömte ihm schnanden. indessen di« andern ihm nachdrängten. Kleine blaue Flämmchen hüpften über den Boden wie Irrlichter. Es knisterte und sprüht«, Funken sprangen . . . Verein kür bosislflvlitik. Il_'. Nürnberg, 9. Oktober. Im Großen Saale des Künstlerhauies wurde heute die Hauptversammlung des Vereins für Sozi al volitik eröffnet, an der zahlreiche bekannte Persönlichkeiten der Wissenschaft und des öffentlichen Lebens leilnahmen. U. a. waren anwesend Staats minister Freiherr v Berlepsch, Wirkt. Geh. Rat Exzellenz Dr. Thiel, Prof. Clemens Brentano- München. Prof. Fuchs-Freiburg, Prof. Max Weber- Heidelberg. Prof. Rathgen-Hamvurg. Dec Vorsitzende Prof. Dr. V. Schmoller-Berlin eröffnet« die Verhandlungen mit einer programma tischen Rede, in der er kurz die Ziele und die Tätigkeit des Vereins dorlegte: Wir sind und bleiben also in erster Reih« vorwiegend eine akademische Publitationsgesellschaft. Bei der Bureauwahl wurde zum ersten Vorsitzen den Staatsminister Frhr. v. Berlepsch, als stell vertretende Vorsitzende Wirk! Geh. Iustizrat Dr. v. Eiercke-Berlin, Oberbürgermeister Ritter Dr. v. Schuh-Nürnberg und Prof. Dr. Rathgen- Hainburg gewählt. Darauf begrüßte den Kongreß Ministerialrat Dr v. Henle: er erinnerte daran, daß der Verein vor zehn Jahren das erste Mal auf bayrischem Boden in München getagt lutt und damals die für Staats- und Eemeindepolitik bedeutsame Wohnungs frage in den Kreis seiner Erörterung gezogen hat. Nach weiteren Bezrüßungsansvrachen, so des Oder bürgermeisters Dr. v. Schuh namens der Stadt Nürnberg, übernahm Staatsminisler Berlepsch den Vorsitz. Er knüpfte an die Begrüßungen der Vertreter der Staats- und Gemeindebehörden an und sagte: Wir dürfen aus diesen Worten die Bestäti gung der Ausführungen unseres Vorsitzenden Prof, v. Schmoller entnehmen, daß der Verein zwar ein wissenschaitlicher Verein ist. aber daß er das Ziel einer indirekten Beeinflussung dex Politik dabei auch im Auge hat. Wollen wir rechtzeitig die Probleme der Sozialpolitik wissenschaftlich erörtern, von denen wir wissen, daß die Gesetzgebung ohne eine gründliche Untersuchung der Ursachen nicht arbeiten kann. Hierauf trat die Versammlung in die Tagesordnung ein. Der erste Gegenstand der Verhandlungen war das Problem der Eemcindebesteuerung. Darüber hielt Prof. Dr. Lotz-München ein ein, gehendes Referat. Redner gibt zunächst einen Ueber blick über die Grundlagen der geltenden französische» 22 Nervus rerum. Satirischer Zeitroman von Edward Stilgebauer. (Nachdruck verböte».) Am 13. Juli abends war in der Tat alles fertig. Die Bogenlampen erstrahlten, die Fontäne sprang, der Badearzt, Dr. Franz Schäfer, war angekrmwen. Am Morgen des vierzehnten fuhr die Ermitage Salomon von Finks vor dem Kurhause als oie erste vor. In diesem feierlichen Momente, zu d:m sich die Gemeindevertretung Walldorfs iu eorpors ein gefunden hatte, der Bürgermeister den Ehrenbü grr- brief in der Hand, wurde die Fahne auf dem First des neuen Kurhauses gehißt. Nach einer kurzen An sprache von seiten des Eemeindeoberhauptes und einigen Dankesworten Salomon von Finks überreichte der Baumeister Ruppel dem Kommerzienrate einen goldenen Schlüssel, mit dem dieser das Portal des Grand Hotel feierlich eröffnete. Nach dem Kommerzienrate entstiegen Frau Kn- tinka Norden, Desiree und Meta dem Wagen. Dem Begehren der Gemeindeverwaltung, daß rn diesem feierlichen Augenblick der Eröffnung des Hotels mit der Kirchenglocke geläutet werden sollte, hatte sich Pfarrer Schäfer mit allen Kräften widei- setzt. Fritz war durch die Geschäfte, wie er sagte, an die Stadt gebunden, aber am Abend zum Festessen und Feuerwerk wollte er bestimmt herauskommcn. Den ganzen Tag über fuhren Automobile und Wagen . . . denn Saloman von Fink hatte alle seine Bekannten nach Walldorf geladen ... durch den einst so stillen Ort. Das ganze Dorf war auf den Deinen, nur Pfarrer Schäfer saß grollend in seinem Hause und rückte mit dem Schlüssel des Kirchturms, de.r er in Verwahrung hatte, nicht heraus. Franz war sehr zurückhaltend und Frieda'ließ sich nicht sehen. Nachdem man zu Mittag im Kur hause den ersten Imbiß eingenommen, hatte man den ganzen Nachmittag vollauf zu tun, um alles in Augenschein zu nehmen. Ruppel und Linoyernier, die das Ganze ersonnen und geleitet hatten, »rächten die Führer. So ging es denn durch das Hotel, das Badehaus, das Sanatorium, den Park, nach den Quellen und endlich zu einem kleinen Hügel von dem man die Aussicht über das ganze Tal genoß und auf dessen Höhe vor Jahren Frieda manche sehn- « Am dem Boden des Zimmers lag Desiree. Sie wrmmcrte leise, die Unglückliche lebte noch. Und neben ihr auf dem Boden gewahrte man die Ursache ihres Schicksals, eine kleine Spirituslampe, auf der sie ihren Locksnbrenner heiß gemacht hatte. Offenbar hatte sie diesen mit dem Aermel ihres Klei des umgestoßen. Der brennende Weingeist hatte sich über die leichte Gaze ergossen und im Nu hatte alles was sic angehabt, Feuer gefangen. Sie selbst hatte die Tür verriegelt und nicht mehr die Kraft gefunden, den Riegel zurückzuschieben. So war sie verbrannt. Fritz fand sich wieder. „Franz Schäfer", schrie er, „den Arzt, den Arzt . . ." Die Andern hatten mit Tüchern und Kissen das Feuer gelöscht. Bewußtlos lag Desiree am Boden, aber sie lebte noch, ihre Brust bewegte sich leise, der Atem ging. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich di« Kunde, daß ein Unglück passiert sei. Wen es betroffen und seine Tragweite wurde zunächst nicht bekannt, da das fremde Personal den Namen der verunglückten Dame nicht wußte. Endlich hatte Fritz feine schwerverwundete Frau auf das Bett des Hotelzimmers gehoben. Schluch zend und auf den Knien liegen- fand ihn Franz, als er eintrat. Hinter dem Bruder erschien Frickda, seine Gehilfin. So sahen sie sich wieder.' Friedas Blick traf Desiree, traf Fritz. Dann trat sie sicher und furchtlos an das Lager der Unglückseligen, dem hilfespendenden Bruder ihre Dienste zu leisten. Karl Schäfer schüttelte den Kopf. „Wir müssen sehen, noch lebt sie", sagte er leise zu Frieda. „Das beste ist, wenn wir sie gleich hin über ins Sanatorium bringen, wo wir alles bereit haben." Er gab zwei Leuten den Auftrag, die Schwer verwundete hinüber in das Sanatorium zu tragen. Dem traurigen Zuge folgten er, Fritz und Frieda aus dem Fuße . . . Und der Kommerzienrat und Frau Kattnka Norden, di« in Erwartung des Festessens draußen im Parke lustwandelten, hätten noch nicht erfahren, was vorgefallen war und um wen es sich handelt». Aber eine Viertelstunde später erloschen di« Bogenlampen . . . und Walldorf lag in tiefer Nacht. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.) ap)igcr Tagthlait Handelszeitung