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Ausgabe L und S Nummer 244 — AI. Jahrgang krickeln! «mal wvckm. inil Ulustr.GrnliebeUaiien »hemnn nnd reell' nnd der Nindcibellage ,gitr inclr« Nelnen Leule', sowie de» 2cilb«!l<igen .UiilerhaUnng nnd Wissen'. .DleprnUUcheHLnr- icni'. »To» pnl« euch'. MonoMcker Be»,ig»pr«IS UuSpade N mit Sl.-Benno-Btatt 2,70 ttu»pabe S ohne St.-Benno-BIait 2.20 riiijelminimer IN 4 Lvnnadend« n. Eoimlagnnmmer SV LanpischrlsileUer" Dr. V. Dedeztik, Dresden. M Sonnlag, den 16. Oktober 1932 'N «riapSorl, Dresden s^D D>c ^W MW WD WD i^D ^M ^W nn<ein>'Nn.-!ea.-nnk»>cke2a 1 rle pelilielinniecelle nn„. ^M ^W DM WD ^W Zur 8u,einen anjieilmlb de» Berbrellnna-'nel'e'e» , , VW ^W ^W ^D W W W DU ^D DM DW 4" z. die pewreldnne.eNe I.:»,».«. 7'rleineb.nnz 7m gnlli ,ede jiewMcktun» an« Vlelennin «elcha>Mche. retl (». Winkel. Dresden. Noiksseituno iSeschSst-stelle, Druck und >verlagi Äennanla, Bnchdrnckerel und «erlag Dresden-«. 1, Polierstr. 17. Zernrns 21012. Postscheckkonto Dresden 1025. Bank konto «tadtbauk Dresden Br. »1787. Für christliche Politik und Kultur °..»sr!W^'8WZ;Z!"z!L^u > Kulturkampf - Gesetz in Spanien Enteignung -er kaikolischen Kirche — Siaalsauskichl über die Kirche Förderung des KirchenausirtUs Ein warnendes Beispiel Madrid, 15. Oktober. Der Iustizminister gab am Freitag im Parlament de» Gesetzentwurf über die R e l i g i o n sg e s e l l s ch a f - le » bekannt. Der Staat garantiert volle Gewissensfreiheit und freie Ausübung der einzelne» Kulte in den Gotteshäuser,, sämt licher Konfessionen. Religiöse Kundgebungen ausserhalb der Gotteshäuser bedürfen der behördlichen Gcnehmigung. Alle amtierenden Geistlichen müsse,, die spanische Nationalität be sitzen. Sämtlich« für den katholischen Kultus bestimmte,, Gottes häuser, Bisclsofssitze, Seminarien, Klöster und sonstige Ge bäude mit allen für die Ausübung des Kultus notwendigen Einrichtungen werden zum Eigentum der Nation erklärt, jedoch der Kirche für ihre religiösen Zwecke zur Verfügung ge stellt. Eigenbesitz dürfen die Religionsgesellschaften künftig nur zu rein religiösen Zweck,en und auch nur in, Rahmen des unbe dingt Notwendigen erwerben. Die Einrichtung von Anstalten für die Heranbildung von Geistlichen wird erlaubt, soweit der Un terricht nicht gegen die Sicherheit des Staates verstösst. Die Religionsgesellschaften dürfen sich politisch nicht betätigen. Ihre Statuten bedürfen der Genehmigung der Regierung. Die direkte oder indirekte Betreibung von Handel, Industrie und Landwirtschaft ist de» Religionsgesellschaften verboten, ebenso die Erleilung von Unterricht. Angehörige von Religions gesellschaften, die diese verlassen wollen, geniessen den Schutz des Staates. Dieser erstaunliche Gesetzentwurf mutz als ausgesprochenes Kulturkampf Gesetz bezeichnet werden. Seine Hauptpunkte sind: Enteignung der katholischen Kirche, wäh rend die anderen Konfessionen nicht enteignet werden, und staatliche Förderung des K i r ch c n a u s t r i t t s. Es kann kein Zweifel sein, das; die Annahme dieses Gesetzes zu einem schweren Konflikt zwischen Staat und Kirche in Spanien sichren muh. Die katholische Kirche kann niemals sich der Be- siimmung sägen, das; ihre „Statuten" der Genehmigung der Negierung bedürfen. Das spanische Religionsgescl; will eine Kontrolle der Kirche durch den Staat aufrichten, die der Lehre der Kirche von Grund auf zuwiderläust. Dieser Entwurf des neuen spanischen Religionsgesehes be deutet eine Verleugnung der spanische,, Ge schichte. die unlösbar mit der katholischen Kirche verbunden ist. Das revolutionäre Spanien vergitzt die grotzen Tage seiner Geschichte und zerstört die innige Verbindung von Kirche und Staat, aus der die Grütze des Landes in seinen besten Zeiten beruht hat. Datz ein katholisches Land wie Spanien eine solche Wen dung zu einer radikalen Kuliurpoliiik erleben kann, erscheint vielen unbegreiflich. Neber die Gründe dieser Wandlung Haden sich zahlreiche Führer der neue» katholischen Bewegung in Spa nien während der letzten Monate in deutschen Blättern gc- äutzert. Einmütig kehren sie hervor, das; diese Umwälzung soziale Gründe hat. Die enge Verbindung zwischen Kirche und Staat in der spanischen Monarchie hat zur Folge gehabt, das; dir führenden Kreise des Klerus in übertrieben loyaler Haltung „dem Kaiser gaben, was des Kaisers ist", und es ver säumten, von sich aus die Führung zu übernehme,, bei de», notwendigen sozialen Reformwerk. Die Mahnung, die vor 1U Jahren Leo XI I I. mit der Enzyklika „Rerum novarum" au die Welt gerichtet hatte, ist auch in Spanien überhört worden. Un mögliche Zustände auf dem Gebiete der Bodenverteilung. Man gel jeglichen Schutzes siir den Industrie Arbeiter, krasse Gegen sätze von reich und arm, ohne den Versuch eines Ausgleichs — das sind nach spanischen Schilderungen die Gründe gewesen, die zum Umsturz geführt haben. Das Volk aber machte siir diese Zustände die Kirche mitverantwortlich, weil die Kirche ihren Einflus; bei den staatlichen Machthabern nicht mit genügender Energie für eine Beseitigung der Mitzslände einsetzie. Der spanische Katholizismus erntet heule die Früchte eines falschen Konservativismus, der glaubt, überholte Zustände verewigen zu können und sich gegen die gebieterischen Forderungen der Zeit hinter der Autorität der Religion ver schanzt. Eine solche Haltung gefährdet aus die Dauer die Kirche s e l b st. Diese Lehre verdiente heule auch nutzer halb der spanischen Grenzen erkannt und beherzigt zu werden' Nach -er Ablehnung Genfs Rüstungskonferenz -er Mächte in Genf ohne Deutfchlan- London, 15. Oktober. Reuter meldet, datz man in britischen Konserenzkreisen nach wie vo, optimistisch hinsichtlich de, Möglichkeit des Zusam mentrittes einer Viermächtekonferenz ist trotz der Ablehnung Deutschlands, nach Gens zu gehen. Deutschland hat sich zwar bereit erttärt an einer Bier- mächte-Konserenz teilzunehmen, aber Gens als Konserenzort abgelehnt. Diese Ablehnung wird in der Presse heut« sehr lebhast er- öitert. Times schlägt vor, bevor man die deutsche Weigerung als endgültig annehm«, weitere Erklärungen üb«r den deutschen -landpunkt abzuwarten. Nach Anführung der deutschen Beden ken gegen Eens als Versammlungsort bemerkt Times, datz gleich stichhaltige Einwände aus der anderen «eite gegen irgend einen anderen Ort als Gens bestünden. In England habe die deutsck)« Forderung aus Gleichberechtigung saft allgemein Verständnis und llnlcrstiitzung gesunden, unter der alles überragenden Voraussetzung, datz die Anerkennung der Gleichberechtigung zur Förderung allgemeiner Abrüstung und nicht als Vorwand siir Aufrüstung benutzt werde. Morning Post bezeichnet als Ergebnis des ganzen .Kouferenz-Geschwätzec- die Verdunkelung der wirklichen Fragen und die Verbitterung der Oessentlichkeit. — Daily Herold, der für Genf als Konserenzort eintritt, gibt der Hossunng Ausdruck, datz Deutschland seine ablehnende Haltung umgeben werde. Das Blatt fordert die englische Regierung aus. in der Abriistungssrage endlich die Führung zu über nehme» und eine entsprcchendc Erklärung ohne weitere Ver zögerung abzngeben. Befriedigung in Parts Paris, 1ö. Oktober. (E. MZ Die Morgenpresse ist einmütig in der Beurteilung der deutschen Ablehnung der Stadt lvens als Tagungsort der Viererkonferenz Das Organ Herriols. die Ere N ouvelle. schreibt, Deutschland würde eine Konferenz angenommen haben, bei der es von vornherein die lüewäh, gehabt halte, sein« These durchznsetzcn. Deutschland wolle dagegen nichts von einer Verhandlung wissen, bei der man sich daraus beschränken würde, die deutschen Forderungen und ihre Tragweite sich etwas genauer anzusehen. — Das radikale Oeuvre erklärt, wenn die lobenswerte, aber übertriebene Bemnlnmg Mac donalds um die Aussöhnung Witzlinge, würden jetzt wenigstens Macdonald und das englische Volk wissen, wer siir diese» Mitzerfolg verantwortlich wäre. Die tonst so vorsichtige V o l o n I > nennt Deuischlands Sveigerung. di« Einladung Macdonalds nach Gens anzunekmen, absurd und gefährlich. — Der sozialistische Abgeordnete^ L on Blum schreibt jm P o p u l a i re: Mögen die deutschen Staats männer nach Belieben schmollen Die einzig richtige Antwort sei der rasche Zusammentritt der Konferenz. Ihr Zusammentritt und ihr Erfolg seien angesichts der Haltung der Reichoregierung sozusagen noch notwendiger denn je. Die unnachgiebige Haltung des Rcuhskabinells zwinge die Ab riistungskonserenz, ohne Deutschland zum Erfolg zu gelangen. vr. Brüning im Wahlkamps cnb. Berlin, 1». Oktober. Wie wir ans Zentrums- kreisen kören, wird der frühere Reichskanzler Dr. Brüning im kommenden Wahlkamps am 19. Oktober in Köln, am 20. Okto ber in Aachen, ferner am 28. Oktober in Mannheim, am >i. Ok tober in Bingen, am 25. Oktober in Bamberg, am 3N. Oktober in Hagen i. W., am 31. Oktober in Recklinghausen, am 3. Novem ber In Breslau und am 1. November in Waldenburg sprechen. Staat und Kulturpolitik Reichskanzler von Papen hat im Oktoberheft der Zeitschrift „Der Türmer" einen Artikel über „Deutsche Kulturpolitik" veröffentlicht. Es wäre eigenartig, wenn diese programmatischen Äusserungen des Kanzlers siir uns eine Sensation bedeuteten, wo doch jeder mann die Homogenität unserer weltanschaulichen Ansichten kennt und voraussetzt. Sven» also der Türmer-Aufsatz bei spielsweise die Grenzen absteckt. die dem Staat in der Kul turpolitik gezogen sind, wenn er betont, datz die politisch)« Führung die Kultur nicht hervorbringen, sondern nur schützen und lebendig halten könne, datz es jedoch gelte, „mit lvenigen Gesetzen einen Nahmen zu schaffen, in dem sich die Kräfte der Nation frei entwickeln können", wenn er weiter auf die Jugenderziehung als eine der vornehmsten Ausgaben der Kulturpolitik hinweist, und gleichzeitig „jede Uniformierung und Vergewaltigung der deutschen Kultur, ganz gleich, ob sie von einer marxistischen oder liberalen oder auch von einer nationalistischen Ideologie aus ver sucht wird", nachdrücklichst ablehnt, so sind das Grundan- schauungen, die wir vorbehaltlos anerkennen. Das Neu artige an der kulturpolitischen Zielsetzung des Kanzlers liegt wohl, wie die Politik der letzten Monate lehrt, und wie auch der Türmer-Aufsatz offen zugibt, in erster Linie darin, datz der Kanzler eine stärkere propagan distische Kulturarbeit durch die staatlichen In stanzen wünscht nnd vertritt. „Es genügt nicht, datz die Regierung das Volk schweigend den Weg zur Vernunft führt, datz kie nur Matznahmen und Verordnungen trifft, die den Notwendigkeiten einer schweren Wirtschaftslage Rechnung tragen," jo argumentiert der Kanzler mit einem offensichtlichen Vorwurf gegenüber der früheren Staats führung, man müsie vielmehr heute „Hoffnungen wecken", „den Geist und Glauben der Nation ausrusen": die Träger der Staatsgewalt „mühten heute den Mut haben, den Feind des Volkes, nicht den politischen nur, sondern den geistigen Feind, beim Namen zu nennen und zu ächten, damit an dieser Entscheidung sich der Erneue- ru.igswill« des Volkes innerlich aufrichten und zu klarer Zielsetzung formen kann," Diese Aktivierung der Kulturpolitik von Regierungs wegen aus steht also heute in ersrer Linie zur Debatte. Von uns ist zu. jeder Zeit der Eigenwert der Kultur politik betont und anerkannt worden, der eine Unter ordnung unter allgemeinpolitifchc oder wir'tjchastspolitisck)« Erwägungen nicht vertrügt. Es ist uns daher eine Selbst verständlichkeit, datz kulturpolitische Wollen der Regierung allein nach den Erfordernissen der geistigen und seelischen Struktur unseres Volkes zu beurteilen. Bestreiten aher möchten wir, datz es sich bei dem hier angeschnittenen Pro blem, wie der Kanzler meint, um eine Frage des Mutes handelt, möchten vielmehr meinen, datz für die Haltung seiner Vorgänger im Amte, die seine Weltanschauung teil ten, und die keineswegs nur wirtschaftspolitische Matznah men trafen, ganz andere Erwägungen matzgebend gewesen sind. Es ist doch höchst bemerkenswert, datz der Türmer- Aussatz des Kanzlers bereits von einer Seite eine durchaus nicht negative, aber doch entschiedene Kritik gesunden hat, von der man früher eine so klare Scheidung zwischen Staatsausgaben nnd Kulturaufgaben nicht kannte, näm lich von einer positiv protestantischen Seite. In der „Täg lichen Rundschau" (Nr. 2W), die neuerdings von Hans Zehrer herausgegeben wird, macht Hans Peyer, der in der Bewegung des Christlich Sozialen Volksdienstes steht, sehr beachtliche, grundlegende Bedenken geltend. Er spricht von einer „Kulturpolitik des Alsob", die der Kanz ler treibe, wenn er jo tue, als ob die christlichen Kirchen vollends in Ordnt n g wären, und als ob der böse Kulturbolschewismus der Störenfried des Voltes sei, der von der Regierung allein geächtet werden müsse Beyer weist darauf hin, datz der Kulturboljchewis- mus nicht nur eine von nutzen eingeschleppte Krankheit ist, datz feine Bazillen vielmehr im i d e a l i st i f ch e » Bür gertum des 19. Jahrhunderts entstanden feien, „das sich von allen Bindungen emanzipierte, das Christen tum durch seine wisienschaslliclie Bibelkritik zu einer Ange legenheit des Verstandes machte, die Bindung ail^Volks tum und Familie als rückständig tadelte, und die Freiheit des Mensche» und der Wirtschaft predigte" Die Geistes Haltung jenes Bürgertums, die sich nicht scheue, „ganz ge wohnliche Gewinnslreben und Uebcrvorteilen mit dem Na men Gottes zu belasten", sei es, die der Kanzler zu aller-