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Sette s. Nr. 341. los. Jahrgang. ihrem Wesen nach für zahlreiche Ort« empfindliche Härten mit sich oringen muhte. Es waren jedoch ausreichende Unterlagen zu einer sicheren Beurteilung der damaligen Verhältnisse im Baugewerbe — wie sie in anderen Gewerben, z. B. das der Buchdrucker, als Vorarbeiten für Vertragsschlüsse geschaffen find — weder vorhanden, noch unter dem Drange der Verhältnisse zu beschaffen. Es konnte also nur eins schematische Regelung oer Lohnfrage vorgenommen wcroen. Das Schiedsgericht erachtete nach ein gehender Erörterung der einschlägigen Verhältnisse im allgemeinen Neichsourchschnitt ein« Lohnerhöhung von ö Pf. für angemessen, wobei es dahingestellt blieb, welcher Betrag dieser Erhöhung tatsächlich nur einen Ausgleich für die gesunkene Kaufkraft des Lohnes darstellte. Konnte das Schiedsgericht da- mals die örtlichen Verhältnisse bei seiner Entschei- oung nicht berücksichtigen, so hat es keineswegs ver kannt, oaß hierin ein sehr erheblicher Mangel der ganzen Regelung liege, der bei künftigen Fcstsetzun- gen ernster Berücksichtigung und Abhilfe beoürfe. A n dieser Stelle dürften also die Ver handlungen über einen neuen Tarif vertrag die Unzulänglichkeiten des letzten Ausgleichs in erster Linie nu beseitigen haben. Was die Arbeitszeit be trifft. so waren dem Schiedsgericht durch die maß gebenden Bestimmungen des Hauptvertrages von vornherein sehr enge Schranken ge,zogen. Denn die Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit sollte den Regelfall, die Verkürzung aber die Ausnahme bilden und nur unter besonderen Voraussetzungen zulästg sein. Unter diesen Umständen glaubte das Schieds gericht, das; nur für 0 Lohngebiete diese Voraus setzungen festgesetzt werden könnten. Für alle übri gen Orte und Löbngebiete fehlten die Vorbedingun gen für die Herabsetzung der Arbeitszeit. Die von den Arbeitnehmern geförderte Arbcitsverkürzung konnte also, abgesehen von den 6 Orten, nicht be willigt werden, obwohl für einzelne Orte Gründe geltend gemacht wurden, die bei einer zukünftigen Regelung ernstlicher Erwägungen bedürften. Also auch in dieser Frage muß der kommende Tarifvertrag die Mängel des Schiedsspruchs vom Jahre 1910 be seitigen. Das Zentralfchiedsgericht ist vor nicht langer Zeit in Berlin zu einer Aussprache zusammen getreten, und man darf mit Sicherheit annehmen, das; hierbei die Möglichkeit eines Lochnkampses und die Mittel zu seiner Vermeidung eingehend er örtert wurden. Marokko. Paris, 6. Juli. In der gestrigen Sitzung des Scnatsausschimes, in der der das marokkanische Pro tektorat betreffende Vertrag genehmigt wurde, richtete der Obmann Ribot an den Ministerpräsidenten Poincarö die Frage ob er gleich dem Obmann des kamincransschusses für auswärtige Angelegenheiten, Bartchou, die Lage in Marokko für „schlecht" halt«. Ministerpräsident Poincaro erwidert«, seiner Ansicht nach könne man die Lag« in Marokko eher mit dem Worte „ernst" bezeichnen. Das Unternehmen, das Frankreich in Marokko durchzuführen habe, werde lange Zeit erfordern; man brauche sich nicht über mäßig zu beunruhigen, aber man dürfe auch nicht glauben daß alles ganz einfach sein werbe. — Heiter keit rief es hervor, als Pomcar« ein Scherzwort Mulcy Hafids mitteilte, der angeblich gesagt habe: „Ich möchte gern nach Paris kommen, um meinen aützrMichnetcn Herrn Vbiircar«, meinet» Verteidiget in Frankreich, zu sehen. Paris, 0. Juli. Das „Echo de Paris" mekddt: Die Hoffnung, daß die französisch spanischen Verhand lungen betreuend Marokko am 15. d. M. beendet sein würden, dürfte sich nicht erfüllen. Wenn auch an dem Zustandekommen der Verständigung nicht mehr ge- zweifelt werden könne, so seien doch noch viele Ein zelheiten zu regeln, die lange Besprechungen erfor dern würden. Es sei deshalb wahrscheinlich, daß das Abkommen erst in zwei Monaten unterzeichnet werde. Paris, 6. Juli. Offiziös verlautet, der heutige Ministerrat werde die Frage der Entsendung neuer Verstärkungen nach Marokko prüfen. Tanger, 6. Juli. Einem Funkentelegramm aus Mazagan vom 2. Juli zufolge, erzählten vier Fran zosen, di« aus Marakesch kamen, daß dort die Lage sehr ernst sei und daß sie auf Anraten des fran zösischen Konsuls abgereist seien. Jagülporl im Leelrsäe. Don Dr. Ludwig Staby. tAachbruck verboten.) Mancher Freuno des edlen Jagdsportes läßt sich bei der Wahl seines sommerlichen Erholung»- uno Badeortes oft durch die Erwägung leiren, ob «s ihm auch in der Zeit seiner Ferien ermöglicht sein wird, sich jagdlich zu betätigen, uns da lockt dann »die Nord see manchen Jäger Dianas zu einem der zahlreichen Nordseebädcr bin, um sich auch einmal auf oer See als Jäger zu betätigen und sein Glück auf den See hund zu versuchen. Für den echten Weidmann ist dies der einzige^ aber dafür sehr interessante Jagd sport, den di« se« bietet, denn an dem unsinnigen und zwecklosen Totschießen der Möwen, das leider Gottes in vielen Seebädern jetzt Mode geworden ist, beteiligt sich kein echter Jäger, da» überläßt er den traurigen Schießern, die roh und sinnlos auf alles, was Leben hat, knallen müssen. Aber die Jagd auf den scheuen Se«hu:u>, den aroßen Fischräuber und grimmigen Feind aller Fischer, reizt den Jäger in hohem Grao«, denn sie vollzieht sich unter Bedingun gen und Verhältnissen, di« von den Jagdweisen der Heimat außerordentlich verschieden sind. So war ich denn auch an der Salzflut anackom- men, um mein Heil zu versuchen. Bals hatte ich mich mit «inem alten Fächer, einem erfahrenen Seehund jäger, in Dcrbin>ung gesetzt uno nach wenigen Tagen, als Wind, Wetter und Flutverhältnisse der Jagd günstig waren, bestieg ich den kleinen Kutter, der außer mir noch den Fischer und seinen Jungen trug. Gegen 2 Uhr in der Nacht waren wir abgesegelt, und als im Osten oer erste rote Schein aufdämmerte, waren wir auf dem Jagdgrunde angekommen. Die Segel wurden eingezogen und der Anker ausgeworfen, uno leise auf den Wellen schaukelnd lag nun das kleine Fahrzeug an einer Stelle fest, kein Land war ringsum zu s«h«n. Doch nachdem wir «in halbes Stündchen bei dem heißen Kaffe« des Fischer« ver plaudert hatten, hob sich langsam an der rechten Seit« des Kutter, eine Sandbank aus den Fluten, die zu sehends länger und breiter wurde. Di« Ebb« hatte eingesetzt, uno bald war «» Zeit für uns. Ich stieg, das Gewehr hochbaltend, mit meinen langen, wasser- dichten Stiefeln behutsam in das nasse Element, das mir Li» zum Kni« reichte» der Schiffer folgte, uno nach wenigen Schritten standen wir auf dem schon trocken gelaufenen Rücken der Sandbank. Diesen gingen wir nun «ine beträchtliche Strecke entlang bis zum anderen End«, das «ine weit« Einbuchtung nach der offenen See bildete. Hier legte ich mich an einer von dem Alten bezeichneten Stelle aus den feuchten Sand, häufte vor mir einen kleinen Candhügel auf, der als Unterlage für das Gcwehr^oientc, und suchte Leipziger Tageblatt stden-ausgad» Sol- und perlonsloachrlchten. * Freitag früh traf Kronprinz Georg mit dem fahrplanmäßigen Zug« 10,32 Uhr in Freiberg «in, um die hiesige Erzgebirgisch« Ausstellung zu be suchen. In seiner Begleitung befanden sich General- major o. Carlowitz und Oberleutnant Graf zu Atünster. Der Kronprinz mit Begleitung begab sich sofort nach der Ausstellung, wo er am Hauptein gange von den beiden Ausstellungsvorsitzenden, Ingenieur Jensen und Professor Schiffner, und von den Herren Oberbürgermeister Haupt und Amts hauptmann Dr. Vollmer begrüßt wurde. In der Zeit zwischen 12 und 1 Uhr wurde im reservierten Zimmer der Hauptwirtschaft ein Frühstück einge nommen, an dem außer dem Kronprinzen und dessen Begleitern die bei der Führung beteiligten Herren teilnahmen. Nach dem Frühstück wurde der Rund gang durch die Haupthalle fortgesetzt und die übrigen Hallen besichtigt. Die Rückfahrt erfolgte mit dem fahrplanmäßigen V-Zuge nachmittags 1,25 Uhr ab Freiberg. Deutsches Reich. Erfreuliche Fortschritte der Straußenzucht in Deutsch-Südwestafrika. Berlin 6. Juli. Geheimrat Professor Dr. Oster- tag vom Reichsgesundheitsamt, der bekannte Fach mann, der Deutsch-Südwestafrika im Auftrage der Kolonialverrvaltung bereist hat, bezeichnet die Straußenzucht, Wollschafzucht und die Zucht der Angoraziege als noch wichtiger als die Viehzucht für die Farmer, da ihnen dadurch regelmäßige Ein nahmen zufließen. Erfreulicherweise macht nun, wie man uns schreibt, die Straußenzucht bemerkenswerte Fortschritte in dem Schutzgebiet. Die Regierung hat im vorigen Jahre eine Versuchsfarm für Etraußen- zucht in Otjitue am Weißen Nosöb (Bezirk Windhuk) gegründet und zunächst zehn hochwertige Strauße aus der Kapkolonie eingeführt, die zur Veredelung der Zucht an Straußenzüchter in der Kolonie ab gegeben werden. Es ist zunächst beabsichtigt, Rein zucht mit aus Britisch-Südwestafrika eingefühtten Vögeln zu betreiben, und dann später muh Versuche mit in Südwest einheimischen wilden Straußen zu machen. Als «inen wertvollen Anreiz für eine weitere Betätigung der Farmer in der Zucht dieser Tiere ist die Tatsache zu betrachten, daß die älteste Firma in Karibik (E. Hälbich Ww.), die ihre Strauße aus den Bezirken Karibik und Omarurn — also einheimische Vögel — bezogen hat, bei ihrem ältesten Tiere die ersten vollwertigen Federn erntete. Das Gouvernement erkannte an, daß sie den Pro dukten anderer Länder als durchaus ebenbürtig an zusehen sind. Diese Tatsachen haben nun dazu bei getragen, daß auch weitere Farmer sich mit dem Ge danken tragen, der Straußenzucht näherzutreten. Bon Bedeutung sind z. B. außer der genannten Firma in Deutschsüdwest als Straußenzüchter nur v. Trotha (Bez. Ontjo), Block (Eemsbocklagte, Bez. Erootfontein), Abraham in Gobabis, Wörmann auf Farm F. Gras und Brans, Maha <L To. auf Farm Garinais. Die Ausfuhr von Straußenfedern hat sich nun im letzten Berichtsjahre um fast 17 000 gegen das Vorjahr gehoben, aber es unterliegt keinem Zweifel', Äitß ganz ändere Schätze auf diesem Gebiet gehoben werden können, zumal auf einer großen An zähl von Farnten der Anbau von Luzerne, der für die Straußenzucht unentbehrlich ist, sehr gut möglich ist. Welche Werte erzielt werden können, weiß man aus dem Kaplande, wo von einem guten Federnstrauß jährlich Federn im Werte von 120 -1t durchschnittlich erzielt werden. Der Jahresertrag von einem Bogel kann aber bis zu 750 .tt steigen. Der Straußenzüchter Daniel de Wet im Bezirk Robertson, der tausend Strauße auf 210 Hektar Luzerne hält, rechnet mit 120 000 -it Jahreseinkommen. Ein anderer soll 100 000 -1t beziehen. Da wir die gleichen Vor bedingungen besitzen, sollte so etwas auch bei uns möglich sein, zumal man auch nur sehr wenig Per sonal zur Aufwartung und Pflege notwendig hat, und die Regierungstierärzte diesem Gebiet ihre be sondere Sorgfalt zuwenden. Der preußisch« Handelsminifter über den Schutz der heimischen Industrie. Berlin, 8. Juli. In Düsseldorf sprach der auf einer Besichtig» ngsreise im Rhein, lande begriffene Handels Minister bei einem Festmahl über die ihm vorgebrachten Wünsche über den Schutz der heimischen Industrie. Er verkenne gar nicht, welchen Einfluß möglichst hohe und anderseits möglichst niedrige Zölle auf das Fortschreilen der Industrie- und Gewerbetätig keit hätten. Er habe aber auch die Erfahrung gemacht, daß die Tüchtigkeit der leitenden Männer und ihre Fähigkeit, die neuesten wissenschaftlichen und technischen Erfahrungen sich zunutze zu machen, vor allen Dingen eine Industrie vorwärts trieben und ihre Existenz sicherten. Parlamentarier als Kaisermanövergäste. Berlin, 6 Juli Das Preußisch« Kriegsministcrium bat — wie die „Mil.-pol. Korrespondenz" hört — den Referenten und den Korreferenten des Militärctats in der Budgetkommission des Reichstages di« Abgeordneten Eans Edlen von Putlitz und Erzberger, zur Teilnahme am Kaisermanöoer eingeladen Die beiden Militäretat- Referenten werden von Dienst wegen einquartiert werden, es wird ihnen für die Gefechtstage vom 10. bis 11. September ein Heereskraftwagen zur Ver fügung gestellt, und sie werden von einem Offizier des Kriegsministeriums begleitet sein. Ein Präze denzfall für diese Einladung liegt insofern vor, als das Reichs-Marine-Amt bereits mehrfach Reichstags abgeordnete zur Teilnahme an den großen Manöoern der Hochseeflotte eingeladen Hai und hierbei auf Schlachtschiffen untergebracht hatte. Keine Eastwirtskammern. Berlin, 5. Juli. Wie vor einigen Tagen mit geteilt, ist im Reichsamte oes Innern mit Vertretern verschiedener Eastwirtsorganisationen die Frag« de: Errichtung von Eastwirtskammern besprochen wor den. Die Konferenz hatte ein negatives Ergebnis; oer Dezernent Geheimrat Landmann bezeichnete das bisher vorgelegte Material als nicht erschöpfend und stellte den Gasrwirtsoerbänden anheim, eine erneute und genügend begründete Petition einzureichen. Zur Frage eines Generalkonsulates in Paris. Berlin, 5. Juli. Der Zentralverband deutscher Industrieller hat an den Reichskanzler die Bitte um Errichtung eines deutschen Generalkonsulates in Paris, Sem das Aussichtsrecht über alle deutschen Konsuln und Vizekonsuln in Frankreich übertragen werden soll, gerichtet. Der Fkeischerstreik in Berlin unabwendbar. Berlin, 6. Juli. Die dauern'oen Differenzen Mischen der Berliner Fleischerinnung und d«m Zen- traloerband der Gesellen staben jetzt zum offenen Kampf geführt. Noch in diesem Monat wirs in Ber lin der erste größere Fleischer streik be ginnen. Ausland. Oesterreich-Ungarn. Der Prager Zwischenfall im österreichischen Abgeordnetenhause. Wien, 6. Juli. Am Schlüsse der Sitzung des Abgeordnetenhauses beantwortete der Mi nister des Innern, Freiherr v. Heinold, di« Inter- pellationen betr. den Zwischenfall, der sich am Sonntag während des Umzuges der Sokolisten in Prag mit deutschen Studenten zugetragen hat. Der Minister schilderte den bedauerlichen Zwischenfall eingehend und stellte fest, daß nur zwei Studenten verletzt worden seien, von denen einer nach dem Krankenhause übergeführt worden sei, das er bereits am 2. Juli wieder verlassen konnte. Die Polizei sei stets bemüht gewesen, Konflikte hintanzuhalten und auch die Veranstalter des Festes hätten das Bestreben gezeigt, auf die Vermeidung von Konflikten hinzu wirken. Auch di« Sokolisten waren bemüht, die Po lizei bei der Aufrechterhaltung der Ruhe zu unter stützen. Die Ausschreitungen waren von halb wüchsigen Burschen ausgegangen; das Publikum blieb ihnen fern. nun mit dem Glase die im Strahl der Morgensonne vor mir liegende Wasserfläche ab. Aber nichts war zu sehen. Woge auf Woge rollte heran, beim Brechen der weißen Kämme und Köpfe blitzte und flimmert« es leuchtend auf, manchmal drang der schrille Schrei einer Möwe herüber, oder ich sech sie wie «inen Ball auf den Wogen auf und ab wippen. Eine halbe Stunde lag ich wohl so, da kam plötzlich Leben in meinen zirka 50 Schritt seit wärts liegenden Gefährten, dec sich bisher ebenso ruhig verhalten hatte, wie ich^ Er drehte sich hin und her, hob langsam mal ein Bein, mal einen Arm in die Lust, richrete sich halb auf, ließ sich wieder fallen kurzum, er machte die sonderbarsten Bewegun gen die in der Tat denen eines Seehunds ähnlich sahen. Und oer Zweck dieser absonderlichen Hebung wurde erreicht. Nicht lange dauerte es, oa tauchten ein, zwei, drei runde Köpfe aus den Wellen vor mir auf, die höchst verwundert und neugierig mit ihren großen, schwarzen Augen ihren vermeintlichen Ge nossen auf der Sandbank betrachteten. Und der alte Seebär mußte feine Sache wohl sehr gut machen, denn nach kurzem Zögern kamen die Köpfe näher, dann tauchten sie wieder unter und jetzt stieg plötzlich ein junger Seehund dicht vor mir an Land. Er äugte erst noch einige Male zu dem Fischer herüber, oer jetzt aber ganz still lag, dann drehte er sich auf die Seite und lieg sich behaglich die warme Sonne auf den nassen Pelz scheinen. Das war für die beiden anoeren das Signal, nun ebenfalls an Land zu gehen, uno schwerfällig rutschten sie mit ihren Rudcrflosien auf den Sand. Ich hatte mich so gut als möglich hinter den kleinen Sandhaufen gedrückt und rührte mich nicht, schielte aber vorsichtig unter dem Schirm meiner Mütze hervor. Der mir am nächsten liegende Hund war der kleinste der stärkste lag am weitesten rechts, und auf ihn konzentrierte sich mein« ganze Aufmerksamkeit. Er lag ungefähr vierzig Schritte weit von mir. Leise und vorpchtiz hob ich den Kol ben zur Backe uno als jetzt der Huno den Kopf nach der Se« wendete, krachte mein Schuß. Ein Blick zeigt« mir, daß er genügte, rasch dreht« ich mich nach links, um vielleicht eine Doublette zu machen, aber die beiden anderen Hunde waren auf den Knall so fort d«m Wasser zugestürzt und verschwanden in den Wogen. Rasch sprang ich auf und lief auf den er legten Hund zu, oer sich nicht mehr regle. Es war ein alter, ausgewachsener Bursche mit zwei derben Narben auf dem Rücken, di« Zeugnis aolegten von den Kämpfen, die er mit seinesgleichen ausgefochten hatte. Auf den Ruf und das Winken oes alten Fi' ichers machte der Junge das Boot des Kutter, los und kam balo in mstere Nähe so daß wir oen schw.-ren Seehund mit vereinten Kräften in das Boot heben konnten, was in dem quirlenden Wasser keine leichte Arbeit war. Nach der Meinung des alten Fischers war hier nun für oie nächste Zeit keine Aussicht, noch mehr See hund« zu erlegen, wir fuhren daher mit dem Boot zum Kutter, machten Anker hoch und segelten zu einer andern, mehrere Kilometer entfernten Sandbank. Aber trotzdem wir dort noch längere Zeit auf oem Sand lagen und uns von der Sonne braten ließen, kam kern Seehund an Land, und wir mußten daher für diesmal die Jagd aufgeben, mit deren Erfolg ich ja auch zufrieden sein konnte. Sehr oft wird nämlich eine solche Jagdfahrt vergeblich gemacht, es zeigen sich entweder gar keine Hunoe, oder sie trauen sich nicht, an Lano zu gehen, denn durch die vielen Verfol gungen sind dre Seehund« außerordentlich scheu und mißtrauisch geworden. Zwar ist es nicht schwer, da, wo überhaupt Hunde vorhanden sind, ein junges, noch nicht ausgewachsenes Tier zu erlegen und so sieht man denn auch die meisten Seehundjäger mit Zungen Tieren zurückkehren, aber echte Jägersreud« bereitet doch nur die Erbeutung eines alten, gewitzigten Hun des. Zwar darf man sich dann nichts daraus machen, mehrere Stunden auf dem nassen Sand zu liegen, bis man glaubt, die Glieder vor Steifheit und Schmerzen nicht mehr rühren zu können, man muß Sonnenbrand. Regenschauer und die salzigen Spritzer der See mit in den Kauf nehmen uno darf die See krankheit nicht kennen, denn «s gibt oftmals stürmisch« Fahrt mit dem kleinen Kutter, aber dann führt auch Beharrlichkeit und Ausdauer zum Ziele wie bei jeder Jagd. Und wenn nun endlich der Seehund in rich tiger Schußnähe liegt, dann muß man kaltes Blut bewahren, da eine unvorsichtig« Bewegung den Miß trauischen ins Wasser scheucht, und dann ist alle Müste vergebens qewese.r, denn niemals soll man im Wasser auf einen Huno schießen, er sinkt sofort unter, und die Strömung trägt ihn davon, er ist also trotz töolichen Schusses dem Schützen immer verloren. Am besten schießt man mit grobem Schrot auf den Kopf des Hundes, denn wenn der Schuß nicht sofort tödlich ist. rutscht der Seehund mit der letzten Kraftanstrengung in« Wasser und ist meistens dann nicht mehr zu be kommen. Man muß also auch bei der Seehundjagd alle Jäaerregeln wohl befolgen, wenn Weidmanns- heil Muhe und Arbeit lohnen soll. wie -U M Mr üeuilltie Schrift? Dem Historiker an der Berliner Universität, Pro fessor Tangl, der ersten lebenden Autorität auf dem Gebiet der Schristgeschichte, ist es gelungen, die viel erörterte Frage, seit wann es eine deutsche Schrift gebe, zur Lösung zu bringen. Aus seinen noch un- veröffentlichten Ergebnissen können wir mit besonderer Erlaubnis folgendes mitteilen: Seit es germanische Schriftsteller gibt, ist von Sonnsbenü, 6. Juli 1912. Eine außerordentliche Session de» Reichsrat». Wien, 5. Juli. Das Abgeordnetenhaus beendete heute abeno seine Sommertagung. Der Reichsrat wird höchstwastrscheinlich im Monat August zu einer außerordentlichen mehrtägigen Session zusammen- treten, um die Regelung der Straßenfrage bei den landesfürstlichen Behörden in Böhmen, die in die Kompetenz des Reichsrates gehören, zu erledigen. Die Regierung beabsichtigt die gesamte Ausgleichs materie, somit also auch die Regelung der Straßen frage und der landesfürstlichen Behörden in Böhmen gemeinsam der kaiserlichen Sanktion vorzulegen. Daher ist die Einberufung des Reichsrates bereits im Monat August notwendig, da man mit der Er ledigung des Ausgleichs nicht bis zum Herbst warten will. Frankreich. Französisch-italienische Verbrüderung. Paris, 6. Juli Gestern fand im Eenatspalast ein« Versammlung von hervorragenden Politikern aller Richtungen, Gelehrten, Schriftstellern sowie In dustriellen statt, in der beichlossen wuroe, eine Ver einigung „France ei Jtal.e" zu gründen, die mit allen Mitteln danach streben wird, einen versöhn lichen Einfluß auf die beiden Völker auszuüben, die Beziehungen zu den beiden Ländern gut und dauer haft zu gestalten und der Tätigkeit des gegenwärtigen Italien zu einer besseren Würdigung in Frankreich zu verhelfen. Der neuen Vereinigung sind u. a. der frühere Präsident der Republik, Loubet, ferner Clemenceau, Pichon, de Selves, Bar- thou, Etienne, Denis, Cochin und General de la Croix beigetreten. Eine ähnliche Ziele ver folgende Vereinigung wird auch in Italien gebildet werden. Französische Deserteure. Metz, 6. Juli. Drei französische De serteure vom 5. Husarenregiment überschritten in voller Uniform die Grenze und wurden nach Luxem- bürg abgeschoben. Verhaftung Streikender. Le Havre, 6. Juli. Nachmittags nähmen die Truppen mehrere Verhaftungen wegen Steinwerfens vor und trieben die Streikenden auseinander. Die Polizei hat mehrer« Cafäs geschlossen, in Li« sich Ruhestörer geflüchtet hatten. England. Die Flottenschau in Spithead. London, 5. Juli. So groß auch die Zahl der vor Spithead zur Feier der Krönung des Königs Georg versammelten englischen Kriegsschiffe war, so wird sie dennoch bei weitem übertroffen werden durch die Reihe von Schiffen, die sich an derselben Stelle am kommenden Dienstag zur Flottenschau ein finden werden. Im ganzen werden an diesem Tage 239 Kriegsschiffe in sechs Linien aufgestellt sein, die zusammen 18 Kilometer lang sein werden. 19 Admi ralsflaggen werden gehißt sein; auch die neueste Waffe in der Seeverteidigung, der Hydroplan, wird sich an der Flottenschau beteiligen und verschiedene Schauflüge unternehmen. Es hat sich aber, nach einem Rcuterbericht, herausgestellt, daß die Vor bereitungen für die Flottenschau einen fühlbaren Mangel an Mannschaften zeigten. Es waren allerdings genug Leute vorhanden zur Be- mannung der Schiffe, die am Dienstag besichtigt wer den sollen. Aber zu diesem Zweck sind sämtliche Marinebaracken und Depots ihrer Mannschaften be raubt worden. 7 Kreuzer der Diadem-Klasse jedoch können trotzdem nicht an der Flottenschau teil- nehmen, weil für sie keine genügende Anzahl von Mannschaften zusammenzubringen war. Antikatholische Ausschreitungen. London, 6. Juli. Aus Belfast, wo schon seit einiger Zeit Demonstrationen gegen di« Katholiken stattfinden und katholische Arbeiter aus den Fabriken vertrieben werden, zogen in der Donners tagnacht viertausend Mann aus einem unionistischen Klub, deren Zahl durch Parteianhänger ball) auf zehntausend verstärkt wurde, durch das katholische Viertel, beschädigten die Läden und Geschäfte der Katholiken und warfen ihnen die Fenster ein. Die Polizei war machtlos. Die katholischen Arbeiter, ihnen die Unzulänglichkeit der Lateinschrift zur Wieder gabe deutscher Wörter empfunden worden. Der erste deutsche Schriftsteller, der Westgote Ulfila, der die antiken Buchstaben gleich umformte, um sie dem deutschen Sprachgeist anzupasien, will im vierten Jahrhundert schon dasselbe wie Paul Heyse, Ger hart Hauptmann oder die anderen lebenden Schrift steller, welche die Lateinschrift ablehnen. Der Frankenkönig Thilperich führte einige Jahr hunderte später besondere der Lateinschrift fehlende Schriftzeichen amtlich in den Gebrauch ein. Der berühmte Otfried, der erste große deutsche Dichter, dessen Namen wir kennen, klagte (im 9. Jahr hundert) lebhaft darüber, daß die Lateinschrift zur Darstellung deutscher Wörter zu arm sei. Inwiefern diese von Tangl ans Licht gezogenen, über tausend Jahre alten Stimmen zutreffen. kann man noch heute studieren. Der Germanist Professor Tollitz von der Universität Baltimore berichtet, daß engli che Studenten im Examen lateinisch gedruckte deutsche Bücher zurückweisen; denn die ohnehin schwere deut che Sprache wird für den Ausländer noch viel schwieriger, wenn ihm die Schrift keinen Anhalt gibt, UäLiben von Unseren (Häschen, Haschen), .Nassen von Uassen (Massen, Maßen) zu unter scheiden. Wenn sich kürzlich eine große deutsche Residenzstadt mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr genötigt gesehen hat, die lateinischen Straßenschilder durch deutsche zu ersetzen, um den Ausländern das rastlose Buchstabieren z. B. Lobiss«- h».is>lr!,s--o (statt dessen Schießhausstraße), und unserer Sprache unverdienten Spott zu ersparen, so geben solche modernen Vorkommnisse die Erklärungfür die vor 1500 Jahren zuerst geäußerte For derung einer der Sprache angepcHten Schrift. In oen Anfängen der deutschen Kultur bricht ein starkes Sehnen durch nach einem eigenen passenden Schriftkleid für die heimische Sprache. In der Blütezeit deutscher Kultur gibt nur der größte deutsche Künstler Albrecht Dürer dem Sehnen Erfüllung und schafft die Buchstabensorm, die im wesentlichen unsere heutige Buch, und Zeitungs schrift zeigt: die genial der Muttersprache ange- paßte Fraktur. Seitdem ist „Deutsch Reden" und „Fraktur Reden" im Sprichwort da»selbel Di« nach Tangl im Jahre 1477 lateinisch gedruckten deutschen Bücher mußten dem steigenden kunstgewerblichen Feingefühl weichen, das seit dem 16. Jahrhundert für deutsche Bücher streng deutschen Druck verlangt«. Der Liebe zu diesem herrlichen Kleid unserer Sprache gab am schönsten Ausdruck Goethe: „Die deutsche Schrift ist in ihrem Schmucke den gotischen Bauten vergleichbar, die den Blick zur Höhe riehen und uns mit Staunen und Bewunderung erfüllen. Gotischer Stil der Baukunst und die Gestalt unserer Buchstaben sind al» gleicheOffenbarung deutschen Gemütes zu erachten."