Volltext Seite (XML)
veutscder Reichstag. (Fortsetzung aus der gestrigen Abendausgabe.) Sitzungsbericht. Abg. Stolle (Soz.) fortfahrend: Beide sächsischen Kammern haben sich ent schieden gegen diese Unstimmigkeiten aus gesprochen. Deutschland hat viel zu wenig Wagen, als daß es seinen Güterverkehr derart rentabel machen könnte, wie es in England der Fall ist. Um den nötigen Druck auf die einzelnen Eisenbahnver waltungen ausüben zu können, müssen die Befug nisse des Reichseisenbahnamtes ganz anders ausgestaltet werden, als sie jetzt sind. Die Behandlung der Eiscnbahnbeamten läßt viel zu wünschen übrig. Die Arbeitszeit mutz einheitlich ge regelt werden und falsche Sparsamkeit mutz unter allen Umständen verhindert werden. Das Reichs eisenbahnamt sollte alles tun, um die Sicherheit des Betriebes zu erhöhen. Die Eisenbahnarbeiter haben alles Recht, auch für sich die Koalitionsfreiheit in An spruch zu nehmen, um Drangsalierungen und schlechte Bezahlung zu beseitigen. Wenn die Beamten eine längere Ruhezeit haben, so wird sich die Einnahme nicht vermindern. Dem Partikularismus Preutzens gegenüber den sächsischen Eisenbahnen kann nur durch Vereinheitlichung der deutschen Eisenbahnen Einhalt geboten werden. (Beifall b. d. Soz.) Abg. List-Etzlingen (Ratl.): Mein Parteifreund Schwabach hat gestern lediglich gesagt, die Sozialdemokratie stelle sich den Bestrebungen der Staatsarbeiter ablehnend, ja sogar feindlich gegen über. Allgemein von der Stellung der Sozialdemo kratie den Arbeitern gegenüber hat Schwabach nicht gesprochen. Der Gedanke einer Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens gewinnt immer mehrundmehranBoden. Eine Betriebs- gemeinschaft mutz die Folge des Staatsbahn wagenverbandes sein. Lvenn man auch in Bayern nicht entzückt von diesem Staatsbahnwagenverband ist, weil er d«r dortigen Staatscisenbahn für Neu anschaffungen eine Ausgabe von 17 Millionen be reitet hat, so können wir doch nicht auf die Vorlegung einer Denkschrift über diese Frage verzichten. Das Protokoll des Sonderausschusses des Deutschen Handelstages, der sich auch mit dieser Frage be schäftigte, wird ein wertvolles Material darüber bringen, wie mangelhaft es bei uns noch mit der Einheitlichkeit im Eisenbahnwesen aussieht. Die württembergische Kammer hat den Wunsch ausge sprochen, datz eine Betriebs- und Finanzgemeinschaft der deutschen Eisenbahnverwaltungen geschaffen werde. Insbesondere wurde der Wunsch ausge sprochen, datz Umleitungen im Güterverkehr als dem Wortlaut der Reichsverfassung widersprechend nicht zugelassen werden und Württemberg Anteil gewinne an dem Durchgangsverkehr. Tatsächlich be steht trotz aller Ableugnung doch ein preutzisch-sächsischer Eisenbahnkrieg. So werden Güter aus Eörlitz nach Plauen über Halle geleitet und nicht über Dresden; da heißt es dann: Die besten Züge alle fahren über Halle. (Heiterkeit.) Die Schaffung der sogenannten Fehmarn-Linie als Verbindung Süddeutschlands mit den Hanse städten und Kopenhagen liegt im lebhaftesten Interesse Süd- und Westdeutschlands. Die wichtigsten deutschen Handelskammern haben sich für diese Linie eingesetzt. Die Ausdehnung der Aus nahmetarife hat zu etilem Kampfe zwischen der preü- tzijchen Eisenbahnverwaltung und den süddeutschen geführt. Die Uneinigkeit zwischen einzelnen deutschen Eiseilvahnverwaltungen macht sich auch dem Auslande gegenüber in bedenklicher Weise bemerkbar. Dem ' Projekt der Einführung einer Reichseisenbahngemein- jchait stehen die meisten Staaten sehr skeptisch gegen über, da sie dann ein Uebevgewicht des Einflusses Preutzens fürchten. Vielleicht liege es sich aber so machen, die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft für sich bestehen zu lassen und alle anderen Ver- walrungen, so die sächsische, die württenrbergische, die badische, die bayrische, die elsaß-lothringische und die andern zu einer Reichseisenbahngemein- schaft zujammenzuschlietzen. Dadurch würde auch der Reichsgedante nur gewinnen. (Beifall.) Abg. Siebenbürger (Kons.): Die jetzigen Bestim mungen über die Viehtransporte sind, soweit sie die Schweine angehen, geradezu tierquälerisch. Hier soll ten die landwirtschaftlichen Vereine ein ernstes Wort mitreoen. Vielleicht liege sich eine Einigung zwischen den Tierhaltern und den Eisenbahnoerwaltungen dadurch treffen, datz die Viehtransporte an bestimm ten Tagen stattfinden, wo dann die Schnelligkeit der betreffenden Züge oergrötzert würde. (Beifall.) Aog. Dr. Pfeiffer (Ztr.): Den wiederholt ge äußerten Wünschen auf Einrichtung von Schlaf wagen dritter Klasse sollte sich das Reichs- erenbahnamt nicht ablehnend gegenüberstellen. Wenigstens sollte man einen Versuch damit machen, dann wivd die Rentabilität dieser Einrichtung zeigen, datz man damit das Richtige getroffen hat. (Beifall ) Abg. Koch (Freis. Vpt.): Es rst ein Uebelstand, datz der hinter Eisleoen gelegene Tun nel. der von den Zügen aus der Richtung Berlin, Erfurt, Wittenbcra und Halle—Kassel benutzt wird, durch den allein über 25 Züge täglich fahren, nur eingleisig befahren werden kann. Im Falle einer Mobilmachung könnte dies zu schweren Folgen führen. Der Ausbau der Strecke würde sich sehr gut rentieren. Abg. Dr. Arendt (Rpt.): Seit vielen Jahren bin ich im Abgeordnetenhause, wohin die Sache ja eigent lich gehört (Sehr richtig!), für die Beseitigung des Riestodter Tunnels cingetreten. Nach Auskunft des Generalstabes, der sicherlich für strategische Dinge matzgebend est, ist der Tunnel unbedenklich. Trotzdem wünsche ich die Beseitigung dieses Tunnels. Ich verstehe nur nicht, weshalb die 1lmleitung ge rade durch den Wahlkreis des Herrn Koch erfolgen soll. Es wäre doch besser, sie zur andern Seite zu führen, durch meinen Wahlkreis. (Trotze Heiterkeit.) Abg. Fischer-Hannover (Soz.): Erst di« Rcichs- eisenbahnaemeinschaft wird alle Missstände beseitigen können. Bei etwas mehr Energie könnte das Reichs- eieirbahnamt viele Verbesserungen und Reform n ausführen. Warnen möchte ich davor, die Fahrkatten steuer für die erste und di« zweite Klasse zu beseiti gen, dagegen für die dritte Klasse auszubauen und auf di« vierte Wagenklasse auszudehnen. Die A r - beiterfahrkarten müssen auf 100 Kilometer ausgedehnt werden. Die vierte Wagenklasse, namentlich bei Arbeiter,>ügen, mutz mit besserer S tz gelegenheil auszcstattet werden. Gerade die dritte und die vierte Klasse brinaen den enormen lleberschuss, für sie geschieht aber am wenigsten. (Vizepräsident Dove bittet den Redner, der di« einzelnen Statistiken vorzulesen beginnt, hier von abzusehen.) Die Eisenbabn sollte der Kultur in erster Linie dienen, und doch bleiben wichtige Gegen den unberücksichtigt. Abg. Schirmer (Ztr.): Nicht blotz das bayrische Zentrum, auch der Führer der bayrischen Sozialdemokrat le, von Vollmar, Kat sich immer wieder gegen eine Reichseisen bahn gemeinfchaft ausgesprochen, da dies eine Ver- preutzung der Eisenbahnen bedeuten würde. Wir haben keine Lust, auf unsere Bahnen zu verzichten. Abg. Zimmermann (Natl.): Dre Fehmarnlin.e mag für «üd- und Westdeutschlandia vielleicht für Westeuropa von Intcresse sein, Mittel-, Ost- und Norodeutfchland stad aber völlig mit den jetzigen Verbindungen zufrieden. Mecklenburg hat mit grösseren Opfern die Linie W arnemünde — Eedser —Kopenhagen gebaut und baut ie weiter au». Erne bequemere Verbindung kann für Berlin und sein Hinterland gar nicht ge schaffen werden. Präsident des Reichseisenbahnamtes WaSerzapp: Ueber die meisten heute hier vorgebrachten Fragen Labe ich mich bereits gestern ausgesprochen. Ich komme heute nur noch auf einige Einzelheiten zuruck. Der Abg Stolle hat sich über die angeblich mangel hafte Verbindung ,zwisck^n Leipzig und Bremen ausgesprochen. Ich bemerke demgegen über, datz sehr günstige Tag- und Nacht verbindungen bestehen. Hätte mich der Abg. Stolle vorher von seiner Absicht verständigt, so würde ich mich eingehender informiert haben Seine Be fürchtung, datz der Wagenpark der deutschen Bahnen nicht ausreichend sein könnte, ist auch nicht begründet. Der von ihm mit England gezogene Vergleich trifft nicht zu. Der Abg. Stolle ist auch wieder auf die Betriebssicherheit zurückgekommen und hat den Unfall am Harrasfelfen erwähnt. Der Unfall ist höchst bedauerlich und be klagenswert. Dabei wurde eine grosse Zahl von Reisenden und Bahnbeamten getötet und verletzt. Er hat naturgemäss grosses Aufsehen heroorgerufen. Der Herr Abgeordnete möchte die Schuld der Säch sischen Staatsbahnverwaltung zuschieben, die er in ihren Ersparnismassregeln findet, die die Verwaltung getroffen hatte. Die Untersuchung ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber ich bin doch k in der Lage, jetzt schon folgendes in der Sache fest stellen zu können: In Uebereinstimmung mit den Vorschriften der Betriebsordnung ist die Bahn täglich dreimal durch den Streckenwärter auf ihren ordnungsmässigen Zustand untersucht worden. Am Unglückstagc selbst hat die letzte Strecken begehung 1!< Stunden vor dem Unglück stattgefunden. Die letzte Zugfahrt vor dem Unfall war eine Stunde vorher. In beiden Fällen ist nichts Auffälliges an dem Tunnel und den Böschungen bemerkt worden. Dann stürzten die Steinmassen ab. Die General direktion der sächsischen Staatsbahn hat nun berichtet, dass weder an dieser Stelle noch an irgendeiner anderen der Tunnel vor dem Einsturz in dem 45 Jahren seines Bestehens der Bahn jemals Rutschungen vorgekommen oder auch nur Anzeichen für eine solche Rutschung bemerkbar gewesen sind. Nach den in Sachsen bestehenden Vorschriften besteht nun neben der täglichen Streckenrevision durch den Streckenwärter noch eine Vorschrift, dass, alle zwei Tage eine Revision durch den Bahn meister stattfinden mutz. Weiter ist angeordnet, datz alljährlich zweimal noch durch den Vorsteher des Bauamts unter Zuziehung des Bahnmeisters eine völlig fachgemässe Prüfung stattfinden soll, die sich auf die über dem Tunnelcingange befindlichen Böschungen erstrecken soll. Die letzte derartige fach männische Untersuchung — darauf möchte ich be sonders Hinweisen — hat am 29. November des Vor jahres, also 16 Tage vor dem Unfall, statt gefunden. Bei allen Untersuchungen haben di« Fels-- suchung die Frage geklart und auch enttchieden werden ' wird. Dh -tzie vprgen»«un-««n LlrttMUchungen sach gemäss durchgeführt sind und ob der Unfall, wie ich annchmen möchte, auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Jedenfalls, glaube ich. sind die Angriffe, die der Herr Abgeordnete daraus gegen die säch sische Staatsbahnverwaltung erhoben hat, vorläufig nicht begründet. Der Herr Abg. List-Esslingen hat nun verschiedene Bemerkungen gemacht über den preussisch-sächsischen Eisenbahnkrieg, gegen die ich Widerspruch erheben mutz. Er hat zunächst ausgesührt, datz nach seiner Ermittelung tat sächlich der vorjährige Verkehr sowohl im Personcn- wie im Gütervenehr in Sachsen erheblich zurück gegangen sei. Er hat dies auf die preussischen illoyalen Konkurrenzbetriebe zurückgesührt. Ich habe in dieser Hinsicht schon gestern ausgesührt, datz es zunächst un richtig ist, datz der vorjährige Verkehr in Sachen zuriiägegangcn ist. Er ist weder im Personen- noch im Güterverkehr zurückgegangen, sondern erheblich ge stiegen. Die gegenteiligen Angaben habe ich eben als falsch bezeichnet. Dann ist von dem Abgeordneten weiter darauf hingewiesen worden, daß dre Kon kurrenz der preußisch-bayrischen Li nien über Probstzella gegen die sachtchen Linien, und diese Konkurrenz auch.zurückgeführt wird auf das illoyale Verhalten Preutzens. Auch hier kann ich anführen, was ich bereits gestern getan habe, datz die Konkurrenz der Probstzellaer Linie gar nicht so künstlich durch Preussen rn die Höhe getrieben wird und braucht. Sie liegt in der Na tur der Sache begründet, darin, datz sie erheblich günstigere Betr.ebsbedingungen hat als die fachliche Linie, auch darin, datz der Leipziger Kopf, bahnhof zu einem Aufenthalt der Schnellzüge führt, der naturgemäss bei der Hall«—Probstellaer Linie fortsällt. Unrichtig ist auch ferner, daß der Ver kehr Breslau—München und Breslau—Ba el zu Un recht über die preußische Linie ge'Lhrt werde. Die Eeländeschwierigkeiten namentlich auf dem Wege durch Sachsen sind weit größer als über Sagan—Halle. Bei der »ächsischen Teilstrecke Bres lau -Dresden—Reichenbach sind weit über 700 Meter Höhenunterschiede zu überwinden, als auf der ent sprechenden preutzisck-en Strecke. Daraus allein folgt schon die entschiedene Ueberlegenheit der preussischen Linie. Allseitig befriedigende Zustände im Eisenbahnwesen sind nicht zu erreichen. Der Abg. Koch verlangt eine Einwirkung von Reichs wegen auf die Schaffung einer Umgehung s- linie bei dem Tunnel von Blankenheim. Diese Linie ist eine völlig intern« Angelegen- heitPreutzens. Es gibt eine große Anzahl von Wünschen, berechtigte und auch unberechtigte, die nicht werden erfüllt werden können. Diese Wünsche finden in der Oeffentlichkeit, in der Presse und im Parlament ihren lauten Ausdruck. Es wäre aber nach meiner Meinung sehr fehlerhaft und bedauer lich, wenn durch die einseitige Behandlung der Mängel und Unvollkommenheiten der Blick und der Verstand getrübt würden für die grosse Masse der erzielten Fortschritte. Wer ohne Voreingenommen heit den Blick auf dies« Verhältnisse richtet und Ver gleiche mit dem Auslande anstellt, wird anerkennen müssen, datz von allen Verwaltungen mit Energie an der steten Vervollkommnung ihrer baulichen, betrieb lichen und verkehrstechnischen Angelegenheiten ge arbeitet wird. Nach meiner Meinung ist der deutsche Eisenbahnbetrieb gesund und in erfreulicher Fort entwicklung begriffen. Abg. Ist. Oertel (Kons.): Ich kann nur dem Herrn Präsidenten des Reichseisenbahnamtes unbedingt darin beisttmmen, dass unsere deutschen, unsere preu ssischen Eisenbahnen, sich vor dem Auslande und vor dem Jnlande recht gut sehen lassen können. Ich gebe auch zu, datz die deutschen Eisenbahnen mächtige Fortschritte machen und von der preußisch- hessischen Eisenbahngemeinschaft nur gute und kräf tige Arbeit geleistet wird. Der Abg. List-Eßlingen hat mich zum Zeugen angerufeu, dass ichfrüher die sogenannten Umgehungen durch die preußischen Eisenbahnen beklagt hätte. Ich habe es allerdings getan, aber nicht im sächsischen Landtage, weil ich ihm nicht angchöre, und weil ich seit einigen Jahren nur Sachse' in pattibu« inkicielium bin, aber ich habe es hier im Reichstage getan, ich habe es fünf Jahre lang immer wieder getan, und zwar auf Wunsch nicht bloß sächsischer Geschäftsleute und Reisender, sondern der massgebenden Stellen, von denen ich ge beten wurde, die sächsischen Schmerzen hier zum Aus druck zu bringen. Ich habe allerdings Preussen nicht der Illoyalität beschuldigt. Preußen ist keiner Illoyalität fähig. (Heiterkeit und Wider spruch) Preußen hat vielleicht eine starke Dosis eines gesunden Strebens, aber illoyal verfährt es nicht. Wenn ich meine Beschwerden oorbrachte, so erhob sich mein Freund, der frühere König!. Sachs. Gesandte Graf Hohenthal und sagte: Alles, was Dr. Oertel vorgebracht hat, ist nicht richtig. Preußen behandelt Sachsen so entgegenkommend, daß wir uns absolut nicht zu beklagen haben. Da wird man begreifen, dass ich schliesslich die Lust verlor, die sächsischen Klagen immer wieder vor zubringen, ich hatte auch keinen direkten Anlass mehr, wenn die sächsische Regierung autoritativ verkündet hatte, dass wir uns über Preußen nicht zu beklagen haben. Ich kann aber doch nicht zugeben, datz alle Umgehungen in allen Punkten und Be ziehungen vollständig innerlich begründet und sachgemäss gerechtfertigt seien. Ich will zugcben, datz die Linie, die von Berlin nach München über Probstzella führt, gewisse Vorzüge gegenüber der Linie über Leipzig—München hat. Ich will auch weiter zugeben, daß die Linie Breslau—München über Sagan—Halle auch ihre Vorzüge hat gegenüber der Linie Breslau—München üoer Dresden. Es läzt sich ferner kein Grund dafür anjühren, daß die Ver bündung von Berlin nach Wien über Oderberg der über Telschen—Bodenbach vorgezogen wird. Hier ist doch eine Umgehung vorhanden, die ich nur vom preußischen Standpunkt« verstehe, aber vom sächsischen nicht gut verstehen kann. Eine Reichseisenbahn- gemeinschaft wollen meine politisa-en Freunde nach wie vor nich t. Der Abgeordnete List hat die Möglichkeit einer Finanzg-.'mein,chaft erörtert. Preußen bat keine Veranlassung, sich in eine Gemein schaft zu begeben, und deshalb ist ihm auch eine Be- triebsgcmein chaft oder eine zu starke Ausdehnung der Betriebsgvineinjryaft etwas unheimlich; aber das ist eine Frage der Zweckmässigkeit. Wogegen ich Stellung neymen möchte, ist, Laß wir als irgendwie erstrebens wertes Ziel emc Reichseisenbahngemeinschajt ernst lich ins Auge fassen. Das wird weder innerhalb noch außerhalb der preußischen Ereuzpsähl« gewünsch. Der Rauch auch der schlechtesten Zigarre kann nach dem Diner die Luft im Speisewagen nur verbessern. (Heiterkeit.) Deshalb ist auf der bayri^xn Strecic düs Rauchen gestattet und von den preußijchen Grenz pfählen an nicht mehr! Das widerspricht Artitel 12 der Reichsoerfassung. (Grosse Heiterkeit.) Abg. Haas (Fschr. Dpt.) wünscht dce Eryöhuug der dritten Wagentlasse für Schnellzüge auf der rechts rheinischen Bahn südlich von Frankfurt. Präsident des Reichseisenbahnamts Wackerzapp sagt Prüfung zu. Sodann wird die Debatte geschlossen und der Etat ' des Reichseisenb<rhn«ntts^brtwrllstgtt Es folgt der Etat der — ' — l r Reichsechmbahueu. .. -KrriV Abg. Fuchs (Soz.): Die Personalunion der preußi schen und der reichsläwdischen Eisenbahnen könnte uns recht sein, wenn nur nicht der preußische Geist dabei zu gut und das Verkehrsbedürfuis der Elsaß-Lothringer nicht zu schlecht wsgkäm«. Die viel fachen Uebcrschüsse der elsaß-lothringischen Bahnen sollten zum Ausbau des Steges benutzt werden, wie es den Bedürfnissen der dortigen Bevölkerung ent spricht. Es müßte «ine ganze Reihe von Stach- und Öuerbahnen in Elsass-Lothringen gebaut werden. Wären die Tarife so, wie sie ausgemacht worden sind, so wären die Tumulte in Müll-ausen nicht vor gekommen, denen zwei Menschenleben zum Opfer ge fallen sind. Den elsaß-lothringischen Landtagsabgeordneten sind die Frel- fahrttarten verweigert worden, und zwar in junkerlich-schneidiger Manier mit dem Bescheide, „dem Wunsche kann nicht entsprochen werden". Eine Begründung dieser, wenn ich unhöflich sein wollte, schnoddrigen Ablehnung (Präsident Dr. Kaempf ruft den Redner wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung), eine Begründung für diese eigenartige Ablehnung wurde nicht gegeben. Die Bezahlung der unteren und mittleren Eiscnbahnbeamten lst völlig ungenügend und die Dienstzeit viel zu lang. Die Ar beiterausschüsse finden nicht genügend Gehör für ihre Wünsche. Ihre Lohnforderungen usw. bleiben unbe rücksichtigt. (Hört! Hört!) Unrichtig ist, dass die In teressen der Staatsarbeiter besser gefchützt sind als die der anderen Arbeiter. Das Koalitionsrecht wird den Staatsarbeitern in Elsass-Lothringen in brutaler und widriger Weise oorent- halten. (Glocke. Präsident Dr. Kaempf bittet den Redner, derartige Ausdrücke zu unterlassen.) Ich werde mich nach Möglichkeit den Wünschen des Prä sidenten fügen. Der Zustand ist unwürdig. (Zuruf: Preussen!) Es ist begreiflich, dass so eine zufriedene Arbeiterschaft nicht geschaffen wird. Abg. Schwabach (Natl.): Der Betriebskoeffiztent der Reichseisenbahnen hat sich seit 1899 nicht mehr so niedrig gestellt als jetzt. Die Forderung, dass nun mehr di« erheblichen Ueberschüsse lediglich Elsag Loth ringen zugute kommen, sind nicht berechtigt, da in früheren Jahren das Reich das nicht unerhebliche Defczit zu tragen hatte. Die Lohnoerhältnisse auf den Reichscifenbahnen haben sich gebessert, und auch son stige Wünsche des Reichstages sind im weitesten Maß« berücksichtigt worden. Für di« Altpcnsionäre müsste besser gesorgt werden. Die Erhöhung der Tonnen zahl der Güterwagen ist notwendig. Die Fahrkarten steuer muss unbedingt beseitigt werden. (Präsident Dr. Kaempf macht den Redner im weiteren Ver laufe seiner Ausführungen darauf aufmerksam, daß dies« Ausführungen zum Etat des Reichseisenbahn amts gehören.) Präsident Dr. Kaempf: Herr Abgeordneter Fuchs! Als Sie von widerrechtlichem und brutalem Vor nehm der Reicbseisenvahnverwaltung sprachen, und rch dies rügte, haben Sie zugesagt, datz Sie diesem meinem Wunsche nach Möglichkeit Nachkommen woll ten. (Heiterkeit.) Leider ist Ihnen dies nicht ganz ge lungen. (Erneute Heiterkeit.) Am Schlüsse Ihrer Rede haben Sie wiederum der Verwalrung der Reichseisenhahnen Rechtsverletzung vorgeworf«n. Hierfür rufe ich Sie zur Ordnung. Thef der Reichseisenbahnen Minister v. Breitenbach: Ich bin erfreut über dos Urteil des Aba. Schwa bach, dass die Verwaltung der Reichseisenbahnen eine ausgesprochen wirtschaftliche sei. Gegenüber den Be anstandungen der Personalunion durch den Abg. Fuchs betone ich, daß sie gerade für Elsass-Lothringen von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Eine Staatsverwaltung ist stärker als eine Bundesverwal tung 'ein kann. Gerade der Anschluß der Reicheefien- bahnen an die preußischen Staatscisenbahnen hat dem Lande außerordentliche Vorteile gebracht Unter den gesamten Eisenbahnen außer dem Königreich Sachfen, gibt es kein Land, das einen so dichten Peksonenzugvertehr führt, wie die Reichslande. (Hört! Hört!) Es gibt aber auch keinen Bundesstaat, der pro Zug und Kilometer so niedrige Einnahmen er zielt, wie Elsass-Lothringen. Die Klag« des Abg. Fuchs, daß die Bevölkerung von Elsag-Lothringen nicht gehört werde über die Eisenbahnbcdürfnisse des Landes, ist nicht zutreffend. Dies geschieht u. a. durch die Deneraldirektion der Eisenbahnen. Zieht man die Amortifationsqnote von dem Ueberschuss der Reichseilenbahnen ab, so bleibt nur ein geringer Gewinn übrig. Der Beitrag des Landes und sonstiger Interessenten zum Ausbau des Neichseij«nbahnnetzes beträgt nur 4,2 Prozent, der des Reiches dagegen 95,8 Prozent. (Hört, Hütt!) Die elsass-lothringische Industrie, namentlich die lothringische Eisenindustrie, erhält von uns ausser ordentlich grosse Aufträge. An den Vorgängen in Mülhausen ist die Verwaltung unbeteiligt. Die Differenzen bestanden bei einer Firma, die sich dem Tarifvertrag« nicht angeschlossen hatte, aber ausreichende Löhne zahlte. Die Reichseisenbahn- verwaltung hat keinen Anlass, hier einzugreifen. Beamtenausschiisse brauchen wir nicht, denn die Stel ¬ lung der Beamten ist derartig vertrauensvoll, dass w'r derartige Mittelspersonen entbehren können. (Bravo! rechts.) Mas für das Personal der Reichs- eistnbahnen in den letzten Jahren geschehen ist, ist ganz außergewöhnlich. Dies war aber nur möglich angesichts der grossen Leistungsfähigkeit der Reichseisenbahnen. Das Einkommen der Werkstätten arbeiter ist bedeutend und regelmäßig erhöht unter Anpassung an die Löhne der Industrie und der Land wirtschaft. Der Staatsardeiter hat eine durchaus sichere Stellung. Deshalb genügt es vollständig, u>enn wir uns an di« örtlichen Verhält nisse des Lohnmarktes anschließen. Das ist geschehen. Von einer Ausbeutung der Arbeitskraft ist keine Rede. Auf die Akkordarbeit können wir nicht verzichten, im Inter esse der Verwaltung wie auch in demjenigen der Arbeiter. Würden die Arbeiter unbeeinflußt vor die Frage gestellt werden, ob sic auf die Akkord arbeit verzichten wollen, so würde sich niemand dazu bercitfinden. lWiderspruch bei den Sozialdemo kraten.) Wir wissen, dass die Arbeiterschaft in dieser Frage unter dem schwersten Druck steht, denn die Sozialdemokratie befürchtet, daß dadurch die Arbeiter fester an die Verwaltung gebunden werden. Der «insichtiqe Arbeiter erwägt, daß der fleißige und ge schickt« Arbeiter im Akkordlohn höher bewertet wird als der unfleissige. (Beifall rechts.) Darauf wird vertagt. Nächste Sitzung Freitag 1 Ubr pünktlich. (Anfragen, Fortsetzung.) — Schluß 7 Ubr. Uecftt unü geriet. Königliches Lanügericht. Leipzig, 26. Februar. ! Der russische Edelmann von S'wenko wird gesucht! Im April v. I. machte der Lithograph E. ,bei der Polizei die Anzeige, daß em Mann, der an scheinend ein Ausländer sei. an ihn herangetreten . sei mit dem Ansinnen, ob er für ihn Rubelnoten anfertigen könne und wolle. Die Polizei nahm auf diele Anzeige hin am 11. April den Fremden in Haft, in dessen Besitz man 1200 Franken in Papier geld und auch eine Summe in bar vorfand. Die Wirtschafterin des Deriwftettn gab au. dass oerselbe der russische Edelmann Iwan v. Sawenko sei und aus Orlolf stamme. Gegen den angeblichen Sawenko wurde das Verfahren wegen Falsch« mllnzer ei eingelcitet, und in der Verhandlung vor dem hiesigen Landgericht am 2:l. September be hauptete der Angeklagte, daß er Deoier heisse und in Rußland Eutsverwalter gewesen sei. Dass sein« Wirtschafterin ihm den Namen o. Sawenko deigelegt habe, sei ein Kniff der russischen Regierung, die ihn in ihre Hände bekommen wolle. Aus politischen Gründen sei er im Jahre 1910 aus Russland ge flohen, nachdem man bei ihm kompromittierende Schriften beschlagnahmt habe. Dass er der revo lutionären Partei angehöre, stellte der Angeklagte in Abrede, er gab aber zu. dass er in Russland mit Revolutionären in Verkehr gestanden habe. Um im Auslande besser forikommen zu können, kabc er sich von seinen Freunden in Russland einen Pass auf den Namen Iwan Hellbart schicken lassen. Die Straf kammeroerhandlung endete damit, dass der An geklagte Deoier frei gesprochen wurde. Er wurde oon hier aus dann nach Oberstein in Olden burg übergeführt, wo er sich vor dem dortigen Amts gericht zu verantworten hatte, da ihm zur Last ge legt wurde, dass er eine Summe von 965 .X unter schlagen habe. Der Russe muss sich inzwüchea wieder aui freiem Fusse befinden, denn die gerichtlich: Zu stellung, die er in seiner Sache wegen des oben erwähnten Münzoerbrechens bekommen sollte, hat ihm nicht ausgebändigt werden können. Es befindet sich daher an der Aushangtafel dos Landgerichts folgender Anschlag des Oberreichsanwalts: In der Strafsache gegen Sawenko (Deoier) wegen Auf forderung zu einem Verbrechen wird der Angeklagte Edelmann Iwan Iewostasiowitsch Sawenko (Deoier), dessen Aufenthalt unbekannt ist. bierourch benachrichtigt, dass zur Hanptvcrhandlung über die oon der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Königlichen Landgerichts zu Leipzig rom 29. Sep tember 1912 eingelegte Revision Termin auf den 1. Mai 1914 vormittags 9 Uhr vor dem IV. Straf senat des Reichsgerichts Hierselbst anberaumt ist. Des persönlichen Erscheinens des Angeklagten im Termin bedarf es nicht. Ueber die Revision wird auch perhandelt werden, wenn der Angeklagte weder im Termin erscheint noch sich vertreten läßt. Königliches Schöffengericht. Leipzig, 26. Februar. 1 Eine Beleidigungsklage einer Tientsiaer Firma vor dem Schöffengericht. In der Nummer vom 16. Februar 191." der „Derbandsblätter des Verbandes deutscher Handlungsgehilfen in Leipzig" war ein Artikel zu lesen, in dem das Verhalten der Firma Karl Wolff in Tientsin ihren Angestellten gegen über einer absprechenden Kritik unterzogen wurde. Es wurde in diesem Artikel gesagt, dass die den An gestellten gezahlten Gehälter so niedrig und unzu reichend seien, dass die jungen Leute ihre Ersparnisse aufbrauchen und auch nach Schulden machen müßten. Sie würden wie Kulis behandelt und wer sich da gegen auslehne, der werde rücksichtslos aus die Strasse geworfen: wenn die Angestellten ihre Er sparnisse verzehrt hätten, seien sie in einer geradezu LWN-Pmiis», titkl Mtiri« »o 8«c. Mod Hotelbau, in bester Lage am Landungsplatz Para« diso u. neuen Kai. 80 Bett., Zimm. v. 3 Fr. an, m Pens, v 8Fr. an. Garten am Seeufer. Prosp. l).U»oett, Bes «»»7»