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Ur. l5S. los. Hüttrgsns. Lelprtger Tageblatt. vtenslss. 6. Juni 19ll. vi vulgaeie» uud dir Pforte. Eofta, 6. Juni. (Telegramm.! Ministerpräsident Teschow hielt gestern in Viatga eine Rede, in der er auf dtefrtedlichePolitik der Regierung htnwie» und erklärt«, di« letzten Grenz» »wischenfälle könnten den aut en Le. ziehungen Mischen der Türket und Bulga rien nur schaden, wenn man sie in Konstantinopel oder in Sofia dazu benutzen wollte. Dazu ist auf bul garischer Seite nicht die geringste Neigung vorhanden. Wenn die Türken den gleichen guten Wil» l e n hätten, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen, könnten die Zwischenfälle keine folgen haben. Kus Leipzig und Umgegend. Leipzig, 6 Juni. Wetterbericht der König!. Sächs. Landeswcttcrwarte zu Dresden. Voraussage für Mittwoch, den 7. Juni. Nordwcstwind: wolkig: etwas kälter: gegen Ende der Dorhcrsagesrist zeitweise Regen. PöhIberg: Schwacher, anhaltender Tau: glän zender Sonnenunter- und »ausgang; Abend- und Morgenrot. Fichtelberg: Tlänzender Sonnenunter- und -auf- gang. Ferne Gewitter, weit entfernt nach Nord bis Ost. l 137 632 337 !»6Ö 1 207 700. L'lp,!a«r Aussen- dahn 9 :>!> 26 468 30189 NNO Leipziger EleklrNche Strohenbagn 112 982 NI 402 110116 Groks t?eip,1<>rk Llraücnbagn 2l4 13.7 2.78 467 264 584 * Pfingstverkehr aus den Straßenbahnen. Am Pfingstsonnabend und den beiden Pfingst- feiertagen sind von unseren drei Straßenbahn- gesellschaften insgesamt 1207 700 Personen befördert worden, das sind 70 00> Personen mehr als im Vor jahre. Die Zahl der beförderten Personen verteilt sich 1610 und 1011 wie folgt: Pfingstsonnabend 1. Feiertag. . 2. Feiertag . Zusammen: 737:^9 :3 l5'>o 65 916 Pfingstsonnabend 228 000 1. Feiertag . . 283 500 2. Feiertag . . 278 500 Zusammen: 7l«oooo 1»11 Gröhe Leipziger Leipziger Trrahenbakm Clekir.2tra»enbohn 117 387 114 814 105 750 Leipziger Augenbalm 11500 33 300 35 0,0 70 800" Vorm Jahre war somit der zweite Feiertag der stärkste Verlehrstag, während in diesem Jahre der erste Feiertag den größten Verkehr zu verzeichnen hatte. * Im Versorghaus II, der ehemaligen Nalszicge- lei an der Frankfurter Slraße, dient ein im Jahre 1907 angelmuter Schuppen zu: Aufbewahrung von Wirtschafts- und H a u s h a l t u n g s gegen ständen von Personen, die in Anstalten ausgenom men wurden oder obdachlos geworden sind. Die Zahl der unterzubringenden Wirtschaften bat sich nun stetig vermehrt, so dusz der vorhandene Raum nicht mehr ausreuht (in 82 Ständen sind jetzt 120 Wirtschaften aufbewnhrt). Durch Einziehung «ine» Podens soll Abhilfe geschaffen werden, und der Rat ersucht die Stadtverordneten, hiersür 2750 <tt zu bewilligen. * Fernsprechverkehr. In Amerika an der Mulde wird am 7. Juni eine Tclegraphenanstalt mit öffent licher Fernsprechstelle eröffnet werken. Di« neue An stalt hält beschränkten Tagesdienst ab. * Zöllnerblind, Leipzig. Der im Jahre 1861 ge gründete, durch seine Einzelvereine auch dem grofzen Deutschen Sängerbünde zugehörige „Zöllnerbund Leipzig" gedenkt, im September d. I. das Jubi läum seines 50 jährigen Bestehens würdig zu feiern. Die Festlichkeiten finden am 15. bis mit 17. September d. I. in den oberen Sälen des Krlstall- palastes statt und verspricht vor allem, das vom Vundcsleiter, Musikdirektor H. Ernst Richter, vor bereitete Jubiläumskonzert eine interessante und glanzvolle Veranstaltung zu werden. Auf nähere Einzelheiten werden wir gelegentlich noch zurück kommen. * Lageret-Verusvgenossenschaft Leipzig. In der am 2. Juni im Saale des Hotel» „Reichshof" hier unter Vorsitz de» Herrn Richard Geißler in Firma Frrtsch L Simon hier abgehaltenen 25. ordentlichen Sektionsversammluug der Sektion IX der Lagerei- Berufsgenosfenschast nahmen die erschienenen Mit glieder den Geschäftsbericht für das Jahr 1010 ent gegen und erteilten nach Abnahme der Jahres- rcchnung dem Sektionsvorstande Entlastung. Die Sektion wuchs bis Ende Dezember 1910 unter Hinzu tritt von 384 Betrieben auf 8105 Betriebe mit 36 563 Versicherten. Ihre Derwaltungskostcn betrugen 40 890,26 wovon 14 872,26 -tz auf Untersuchungen und Feststellung von Entschädigungen entfielen. Im ganzen wurde in 308 Fällen (im Vorjahr 280s eine Entschädigung geleistet, darunter für 27 s25s Todes fälle. Als Entschädigungen entfielen auf den Bezirk der Sektion 317 629,05 ,ü. Von 338 Berufungen wur den 37 freiwillig zurückgezvaen. 19? znriickaemlesen. in 66 Fällen wurde ein Vergleich geschlossen, in 24 Fällen erfolgte «Ine Verurteilung und in 19 Fällen wurde von der Sektion der Bescheid bzw. der Antrag zurück gezogen. * Jubiläum. Der Montage-Inspektor Friedrich Otto Oberreich in Leipzig begeht morgen das Jubiläum 25jähriger ununterbrochener Tätigkeit in dem Jnstallationsbureau für elektrische Anlagen von Oscar Schöppe in Leipzig. Bayrisch» Strasze 3. * Die Tarisgemeinschaft der Deutschen Buchdrucker hat sich nach dem auf der Hauptversammlung des Deutschen Buchdruckervereins erstatteten Bericht über das letzte Geschäftsjahr weiter günstig entwickelt. Die Zahl der tnriftreuen Firmen betrug 7331 mit 61 627 Gehilfen an 2093 Orten. Das ist gegen das Vorjahr eine Vermehrung um 360 Firmen, 2275 Gehilfen und 86 Orte. Die Tarifgemeinschaft umfaszt etwa neun Zehntel des gesamten Buchdruckgewerbcs, und zwar sind alle Betriebsgrössen in üe ^ingefiigt. 63 Firmen beschäftigen 100 und mehr Buchbruclergehilfen, 135 Firmen 50 bis 99 Gehilfen, 570 : 20 bis 49, 765 : 10 bis 19, 1730 : 4 bis 9, 3719 : 1 bis 3, 324 be schäftigen keine Gehilfen, und von 25 Firmen konnte die Zahl der beschäftigten Gehilfen nicht ermittelt werden. * Leichenlandung. In einem Flusse zu Möckern wurde ein männlicher Leichnam gelandet und als ein 28iähriger Handlungsgehilfe Max W. aus Nieder striegis erkannt. * Sächsischer Turnlehrertag. Die aus allen Teilen de» Landes gut besuchte Tagung führte die Vertreter des Schulturnens am Freitag und Sonnabend in Dresden zusammen. Die Hauptaufgabe der Tagung bestand darin, die Grundlinien eines Turnlehrplanes für das neue kommende Volksschulgesetz zu schaffen. Diese neue Richtschnur wird für das Turnen aller Schulgattungen Geltung haben. Als gute Einleitung und Vorbereitung für die Verhandlungen wurdrn die von Dresdner Turnlehrern gebotenen Vorführungen aus dem Gebiet des Mädchen- und Knabenturnens mit Interesse entgegengenommen. Der Hauptver sammlung wohnte als Ehrengast und Vertreter des Ministeriums Geh. Schulrat Dr. Lange bei. Die unter der Leitung des Vorsitzenden Studienrat Prof. Küchen meister-Leipzig gepflogenen Verhandlungen nahmen die Vorschläge des Lehrplanausschusses nach eingehen der Beratung an. — Die Versammlung ernannte den nach 20jähriger Tätigkeit zurücktretenden Geschäfts führer des Verein», Overlehrer Germann-Kamenz, und den ehemaligen Vorsitzenden, Direktor Wilhelm Froh- berg-Dresdcn, zu Ehrenmitgliedern. * Znm Streik in den Metallgießereien ist zu be richten: Die Arbeitgeber werden dem weiteren Ver lauf des Streikes mit Ruhe entgegensetzen, da ihnen durch Ihren Verband in jeder Weise Unterstützung zu teil wird und von der lvesellschast deutscher Metall industrieller zur Entschäd gung bei Arbeitseinstellun gen in Leipzig reichliche Mittel zur Verfügung gestellt worden sind. Der Streik ist nach Meinung der Ar- beitgeber in keiner Weise gerechtfertigt, denn der Ver dienst der Arbeiter in den hiesigen Metallgießereien sei ebenso wie die sonstigen Arbeitsverhältniss«, nach eigenen Zugeständnissen der Arbeiter lehr gut. Soll ten hier und da di« Forderungen der Arbeit«! erfüllt worden sein, so könne «s sich nur um Betriebe handeln, die dem Arbeitgeberverbande nicht anaehören. Diese Betriebe befänden sich in einer mißlichen Lage; mit ihnen könne der Rrbeiteroerband, da ihnen die Hilfe der Tesamthejt der Arbeitgeber fehle, verfahren, wie er wolle. In den letzten Tagen sei der Anschluß einer weiteren Anzahl Firmen sowohl an den Verband der Metallindustrielle» als auch an die Gesellschaft Deut scher Metallindustrieller zur Entschädigung bei Ar beitseinstellungen erfolgt. Arbeitswillige seien übri gens von hier und auswärts in großer Zahl vor handen, so daß die Bewegung täglich an Bedeutung verliere. * Vermißt wird seit dem 29. v. M. aus d«r elter lichen Wohnung in Stötteritz der elf Jahre alte Alfred Otto Kirmse. Der Kmrbe ist schwachsinnig und es wird vermutet, daß ihm ein Unfall zuge- stoß«n ist. Der Vermißte ist etwa 1,20 Meter groß, schmächtig, hat blondes Haar, gesundes, volles Gesicht, trug grauen Jovpenanzug, schwarze Mütze mit Gold rand, schwarze Strümpfe und schwarze Schuhe. * Messerstecher. Gestern abend in der neunten Stund« gerieten in der LUtzner Straße in einer dort aufgestellten Luftschaukel der Maurer St reichert und der zwanzigjährige Arbeiter Gleinig aus Halle in Ärett. Gleinig wurde durch zwei Messerstiche in den Hinterkovf und einen in den Rücken, der die Lunge traf, so schwer ver letzt, daß er ins Krankenhaus gebracht rverden mußte. Der Täter wurde verhaftet. * Glücksspieler. Zur Rechenschaft gezogen wurden ein 29 Jahre und ein 36 Jahre alter Handelsmann, die verdächtig sind, in hiesigen Gastwirtschaften ge werbsmäßige Glücksspiele betrieben zu haben. * Ein Rosensreund. Ein 29 Jahre alter Kolpor teur crus Neuschönefeld, der dadei abgefaßt wurde, als er im König Albert-Park eine größere Partie Rosen stahl, wurde in Haft genommen. Es konnte ihm nachgewiesen werden, daß er schon auf gleich« Weise erlangte Pflanzen verkauft hatte. Kus Sscklen. Dresden, 6. Jurvi. * Hofnachrichten. Der König besuchte an beiden Feiertagen den Gottesdienst in der Kapelle der Villa zu Wachwitz. Am ersten Feiertag fand Familien tafel beim König statt. Nach der Tafel begab sich die kgl. Familie nach Pillnitz. Am zweiten Feiertag fand Tafel mit Dienst beim König statt. * Misstonstag. Am 25. Juni findet in Dresden der Koloniale Missionstag statt, bei dem Professor I). Ihmels - Leipzig die Festpredigt in der Kreuz kirche hält. * rvsl. Oschatz, 6. Juni. (Schwerer Unfall.! Am Pfingstmontagnachmittag unternahm eine Leip ziger Gesellschaft eine Radtour, auf der auch Werms dorf berührt wurde. Dort fiel plötzlich der 30 Jahre alte Schlosser Kühn aus Leipzig-Thonberg vom Rade und stürzte die Böschung des Fürstseedammes herab. Al» man ihn aufhob, gab er nur noch schwache Lebenszeichen von sich und starb nach einer halben Stunde. Die Untersuchung ergab Hitzschlag als Todesursache. v»I. Oschatz, 6. Juni. (Königlicher Besuch.! König Friedrich August wird am 23. Juni die Oschatzer Ausstellung für Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft besuchen. i. Hartha, 5. Juni. (Die Lohnbewegung der Maurer und Bauhilfsarbeiter! hat tn hiesiger Stadt mit einem Erfolg geendet. Es wurde «in beiderseitiger Lohntarif sestgelegt, nach welchem Maurer 4b Pf., Ziegel- und Kalkträger 44 Pf. und Hilfsarbeiter 36 Pf. Stundenlohn erhalten. * Treuen i. v., 8. Juni. (Ein schweres Auto mobilunglück! ereignete sich am Pfinastsonntag- mittag unweit des Dorfes Wetzelvgrün. Ein Kraft wagen verunglückte an einer Kurve aus noch nicht aufgeklärter Ursache. Don den vier Insassen wurden zwei Damen herausgeschleudert und erlitten schwere Verletzungen, die eine einen komplizierten Beinbruch, die andere eine Gehirnerschütterung. Die beiden im Vorderteil sitzenden Herren kamen fast unversehrt davon. Schneeberg, 4. Juni. (Grundstein legung.! Am Sonnabend vormittag fand im Bei sein des Handelsschulvorstandes die feierliche Grund steinlegung für das neue Handelsschulgebäude statt. Die Ausführung ist dem Baumeister Ger b e r in Neu städte!, der auch das hiesige Schützenhaus erbaut, über tragen worden * Ostritz, 6. Juni. (Das Erunauer Kran kenhaus) ist gegenwärtig gesperrt. Bei einer in das Krankenhaus ausgenommen«» ausländischen Ar beiterin wurde Pockenertrankung konstatiert, weshalb zu obiger Maßregel gegriffen werden mußte. Taseslhriinik. Ver Fall Utchtrr. Ingenieur Eduard Richter, der am 28. Mai von Räubern im Olympgebirge gefangen wurde, ist leider noch immer in der Gewalt seiner Entführer. Es ist noch nicht abzusehen, wann die Verfolgungen oder Unterhandlungen mit den Briganten zum günstigen Abschluß kommen werden. Die Athener Abendblätter lasten sich berichten, daß Ingenieur Richter in höchster Gefahr schwebe. Der deutsche Konsul riet, das Lösegelb sofort zu hinter legen. Der Vorschlag wurde von den Behörden nicht angenommen, sondern neuerdings Militär gegen die Räuberbande mobilisiert. — Nach vorläufi ger Einstellung der Verfolgung der Räuber durch Mi litär wurden von Gendarmen der Gegend kundige Leute, meist Hirten, Kohlenbrenner und Jäger, aufgeboten, die die Spur der Räuber verfolgen sollten. Alle Bemühungen sind aber bisher resultatlos verlaufen, weil die anfänglich auf genommenen Spuren sich als irrig erwiesen. In Berliner Blättern wird heute mitgeteilt. einem in Leipzig eingelaufenen Telegramm zufolge sei Ingenieur Richter von seinen Räubern getötet. Diese Nachricht steht natürlich durchaus nicht fest, und tn Leipzig war trotz lebhaftester Nachforschungen bei allen Behörden u. a. über das fragliche Todes telegramm, das Berliner Blätter bringen, nicht d a s m i n d e ste z u erfahren. Die Angelegenheit Richter ist vielmehr heute wie am ersten Tage: Richter ist noch immer nicht aufgefunden. * * Halle a. S., 6. Juni. (S t a d t b a d.1 Die städtische Deputation für das Vadewescn beschloß, mit einem Kostenaufwand von 1 140 000 ein Hallen schwimmbad zu errichten. * Halle, 6. Juni. (S e l b st m o r d.) Auf einer Automobilfahrt erschoß sich mitten in der Stadt ein in Köthen eingeschriebener begüterter, taubstummer Student. Zuvor hatte er mit seinem Bankier seine, finanziellen Angelegenheiten geordnet. Der Gründ zur Tat ist verschmähte Liebe. Zeitz. 6. Juni. (Ein Zechpreller!, besten Trick viel belacht wird, trieb sich bis vor kurzem in Zeitz tagelang umher. Er gab sich als Streik posten aus, was ihm eine freundliche Aufnahme sicherte, ließ auch durchblickcn, daß die Kollegen nach- Lsmlllo Lauour. Von Dr. L. Mancini (Turin!. Turin und Rom, diei n diesem ^zahre durch groß artige Ausstellungen und Feste dao Andenken an die nationale Einigung feiern, verdanken diese und iiF eigenes Emporblühcn vor allem dem Manne, oer genau jo planmägig an dem Zuzammenschluß der italienischen Provinzen und Reiche gearbeitet hat, wie Bi»inarct an der Einigung der deutschen Stämme. Aber während der grotze oeutsä-e Kanzler bei seinem Hinscheiden jein Werl vollendet hatte und gesichert hinterließ, batte E a v o u r, als er vor ünsztg Jahren starb, das gelobte Land, das er einm Volke verheißen, noch nicht völlig erobert; er ah es nur von ferne. Trotzdem schied er tn Ver esten Ueberzeugung, oaß Italien ganz von selbst zum Ziel gelangen müsse, denn er hatte den Weg dahin vorgezeichnei. So war er denn, als eine tückische Krankheit ihn lebendigstem Wirken entriß und er den Tod vor Augen sah, durchaus nicht verzweifelt; er, der Zeit seines Lebens Kleinigkeiten nervös und sanguinisch behandelte, großen Bingen aber groß entgegenkam, blieb auch in diesen letzten tragischen Stunden, solange er bei Vewußisein war, ungebeugt; während ganz Italien um ihn zitterte, da» Turiner Volk Tag und Nacht seinen Palast umlagerte und der König im Vorzimmer Tränen vergoß, überdachte Cavour klarer und einfacher denn je, wieweit das Werk, das Italien zu einer Nation erhob, schon ge diehen sei, und was daran noch fehle. Er sah auch, dem sterbenden Faust gleich, in die Zukunft, und da schaute er, nicht mehr allzu weit entfernt, „lllberi-i «die?.-» in Iibeno ,!ni<N — die freie Kirche im freien Staat. Und mit diesem Worte schied er. Neun Jahre später war seine Prophezeiung erfüllt und der Bau, dem nur noch der Schlußstein gefehlt hatte, vollendet. Graf Camillo Benso Cavour wurde nicht viel über fünfzig Jahre alt. Er war zu San» tena im PiemontepMn geboren. Damais dachten selbst die glühendsten Patrioten nicht an eine Eint gung von innen heraus, sie erwarteten da» nationale Heil von außen, non Napoleon. Napoleon hatte Italien erobert und die Lombardei, Venetien, die Romagna, die Marken, Modena und Reggio ,u einem Königreich vereinigt; den iralienischen Patrioten, die im Geiste Dantes und Petrarcas ein einiges Staatengebiloe ersehnten, mußte das als der erste Ansatz dazu erscheinen. Aber Napoleons Sturz, der so zahlreiche Sprünge auf der europäisstien Kart« verursachte, zerstückelt« das unglückliche Land von neuem in die vielen kleinen Fürstentümer, die seit dem frühesten Mittelalter sein Verderben und seine Not gewesen waren. Die Herrschernaturen, die nach dem Wiener Kongreß wieder ihren Einzug in Parma, Florenz und Neapel hielten, waren eine Art von Operettensiirsten. Von dies"» Höfen konnte kein Hl- fer kommen Die kleinen Potentaten beginnen wie der ihre kleine Hauspolitik, und Ferdinand, Neapel» „Lazzaronikönig". vertrieb sich wieder die Zeit mir der Jagd und mit dem Gesindel auf den Straßen. Eine Politik, die auf ernste Beachtung Anspruch er ¬ heben konnte, wurde damals nur in Savoyen gemacht. Die Patrioten, die vor allem in Mittel- und Ober italien zahlreich waren —, richteten denn auch den Blick nach dem Königreich am Fuß der Alpen. Vis zur Zeit der Juli-Revolution stand Cavour, der gleich Lismarck aus dem Landadel her- vorgegangen, sich in den Dienst des Staates gestellt hatte, als junger Genieoffizier bei den Vcsestigungs. arbciteil an der sran.züjischen Grenze in der Näye von Ventimiglia. Er hatte für die großen politischen und voltswirtschaftlick-en Aufgaben Jtatlteng mehr Interesse als für die militärischen, trieb eifrig Ge schichte und Volkswirtschaft und hatte aus ihrem Studium sowie aus dem Gefühl für die Roi der Zeit liberale Anschauungen gewonnen, von denen er auch zur Zeit seiner Wirkung auf die Weltpolitit nicht mehr ließ. Mit höchster Spannung und hosfnungs- freudigster Erwartung sah er damals über die Grenze hinweg auf die revolutionäre Bewegung in Frantt reich. Er, der ihre Vorbedingungen genau kannte, erhoffte von ihren Nachwirkungen auf Europa die Rettung Italiens, und er lernte aus ihr, daß die Er neuerung Europas nicht vom Adel oder von den kleinen Höfen, sondern nur aus dem Mittelstand ge schaffen werden könne. Der Aristokrat, der an seinen Standesgcnossen verzweifelt und entschlossen die Demolratie zu Hilfe ruft, erscheint sehr lebendig in den Briesen, die dec Zwanzigjährige an feinen Onkel, den Grasen Sclloi. in Genf, gerichtet hat. Hier schreibt er einmal: „Der ganze Mittelstand von Turin und alle Bevölkerungs klassen in den anderen Städten Italiens, die durch den t'luswurf der Höfe nicht besudelt sind, Haden dir sranzösisckzs Revolution mit Freuden begrüßt und er blicken in ihr das Morgenrot des Tages, der Jta lieuo Wiedergeburt leuchten muß. Es gibt durchaus keine Verschwörung, aber der kleinste Zufall kann in Italien die furchtbarste Revolution entflammen; wag werden dann die Aristokraten unserer Hofe machen, die von ihren Ahnen nur den Hochmut, aber nicht die ungcbändigtc Kraft Haden? Sie werden ersticken im Schmutz, den sie jetzt durch Orden, Bänder und Flitter zu verbergen suchen." Mit diesen Gedanken stand Cavour sowohl in seiner Familie wie in der Armee allein; kon sequent wie er war, trat er denn auch gar bald aus dem Militärdienst aus und zog sich aui seine Güter zurück. Aucb an diesem Wendepunkt seines Lebens fällt die Aehnlichkeit mit Bismarcks Schicksal auf. Cavour war damals dreiundzwan- zig Jahre alt. die Juli-Revolution war niederge schlagen, die Reakrion begann über Europa stärker denn je zu wuchten und Metternich war allmächtig. Er war der größte Feind der erstreb ten Einigung Italiens, und schon daraus mußten die liberalen Elemente und die Vorkämpfer des Risorgimento dies Wort prägte sich bald für das Zeitalter der Wicderaufrichtuna Ita liens — natürliche Bundesgenossen sein. Cavour fand denn auch Beziehungen zu den liberalen Per sönlichkeiten seines Vaterlandes und vor allem Eng- land». Gerade in diesem Zeitalter der politischen Dumpfheit, in dieser Epoche, da die Btedermeterei sich auch der Politik annahm und Kaiser Franz sich für den Familienvater seines Volkes ausgab, erstan den dem Vaterland glühende Freiheitskämpfer. Aus Italien auf Metternichs Befehl verbannt, blickicn sie vom Auslände aus sehnsüchtig auf die unglückliche Heimat. Ihr Führer war Mazzini, der durch seine Schriften die Geister auf den kommenden Um sturz vorbereitete. Das Verhältnis Cavours zu diesem heldenhaften Verbannten, der sich oainals in London aufhiett und bei der Familie Nathan, derselben, aus der Roms derzeitiger Bürgermeister hervorging, ein Unterkom- men fand, ist heftig umstritten worden, gänzlich ge klärt »st es auch letzt noch nicht. Der historischen Wahrheit entspricht jedenfalls dw Darstellung nicht, die Ricarda Huch in ihrem schönen Garibaldi- Roman von den Beziehungen Cavours zu Mazzini gibt. Hier ist Cavour fast durchaus der Feind, der sich zwar der Ideen Mazzinis bemächtigt, ihn selbst aber auf kleinliche Art unaufhörlich bekämpft und belästigt. Das entspricht nicht dem eigentliche Cha rakter Cavours, der nichts anderes verfolgte, als sein großes Ziel und dabei jeden Mitkämpfer will kommen hieß. Er durfte das allerdings nicht in allen Fällen öffentlich zeigen. Fünfzehn Jahre lebte Ca- vour auf seinem Landgut — bis zum Jahre 1848. Dieses Jahr, das so viel geschmäht wird, setzte Vie bisher verborgenen Kräfte einer neuen Zeit in Be wegung und, wie es in Deutschland Bismarck auf die Weltbühne zwang, so trieb es tn Italien den Grafen Cavour aus dem Privatleben in das der hohen Politik. Die Reformen, die der „liberale Papst" Pius IX. ankündigie, weckten stürmischen Jubel bei den Patrioten. Sie verkannten die schwarze Natur des ..Papstkönigs" und erhofften von ihm die Eini gung. Cavour fühlte seine Zeit gekommen. Zusam men mit Massimo d Azeglio, seinem Fruend Santa Rosa, Cesare Valbo und anderen gründete er die Zei tung „Risorgimento", deren Programm ihr Nam« ausjprach. Cavour war einer der eifrigsten Mit arbeiter, und oft genug hat er auch als Minister be tont, welch gute Schule der Journalismus für ihn gewesen sei. In scheinbar kühlen, in Wahrheit aber von größter Leidenschaftlichkeit bewegten Aufsätzen forderte Cavour die Befreiung Italiens vom Joch Oesterreichs durch Waffengewalt und die Verleidung einer Konstitution. Die Idee, daß die Sache der Frei heit mit der Einigung Italiens notwendig oerbun- den sein mäste, tritt auch hier wieder auf; sie be herrscht Cavours ganzes Leben. Den Theorien ließ der Graf die Tat folgen, als er in einer Versamm lung den Antrag stellte, der König (König Alberti von Savoyen sei um di« Einrichtung einer Ver fassung zu ersuchen. Der Antragsteller, den die Ver sammlung damals noch für einen dilettierenden Ideo logen hielt, glaubte wobl selbst nicht an eine baldige Erfüllung: da kirnen ihm die Ereignisse zu Hilke. Die Revolution von Neapel vernichtete das absolute Regiment der Bourbonen und crschreckt- die andern italienischen Potentaten. So diktierte die Furcht dem savoyischen König dar Staatsgrundgesetz vom 19. Februar 1848, das noch heutMtagr die Grundlage der italienischen Verfassung rsr. Schlag auf Schlag geschahen nun die ersten freiheitlichen Erhebungen, Piemonts Krieg gegen Oesterreich, die Vertreibung Pius' des Neunten aus Rom, der Kampf Garibaldis gegen die Franzosen und die bourboiuscheu Truppen. Diese Unternehmungen mißglückten sämt lich, aber Cavour ließ sich nicht niederdrücken. Turin sandte ihn ins Parlament. Zwei große program matische Reden, in denen er das Verhältnis von Staat und Kirche in dem Sinne gestalten wollte, in dem es später auch festgesetzt wurde, sicherten ihm die Aufmerksamkeit des Landes und die liberale Partei. Schon 1850 wurde er als Nachfolger Santa Rosas zum Minister für Ackerbau und Handel ernannt (Premierminister war damals Massimo d'Azeqlioj, aber schon 1852 leitete Cavour ganz offenkundig die Politik des Gesamtministeriums. Kurz nach dem Staatsstreich in Frank reich trat er zum ersten Male in Beziehungen zu Napoleon; auch hier ergeben sich Parallelen seiner Politik zu der Bismarcks; beide behandelten de.» Kaiser, solange es nur irgend ging, .mit besonders herzlicher Courtoisie. um ihn im Grunde doch für ihre Zwecke zu benutzen. Im Oktober 1852 erhielt Cavour endlich auch die offizielle Leitung des Mini steriums, und nun begann sein Kampf gegen Oester reich. Er deckte dessen schmachvolle Tyrannei in der Lombardei vor ganz Europa auf und erzwang trotz Oesterreichs Widerspruch das Bündnis mit den Wesr- mächten und damit die Beteiligung Piemonts ani Krimkrieg. Durch diese Aktion trat Piemont in die Weltpolitik ein und sicherte sich das Interesse der großen Mächte für die italienische Frage. Als Cavour vom Pariser Kongreß zurllckkehrte, wurde er als Italiens größter Mann ge» feiert. Cavours zweiter Schachzug gegen Oester reich war sein Bündnis mit Napoleon. Daraus ging der Krieg von 1859 hervor, in dem Oesterreich unter lag, aber durch Napoleons verräterischen Wankelmut noch einen günstigen Frieden erlangte. Al» ihn Viktor Emanuel trotz Cavours Widerspruch unter zeichnete. demissionierte dieser. Seine Entfernung vom Amt dauerte jedoch nickst lange. Ganz Italien geriet in Flammen: Umbrien, die Marken die Romagna erboben sich und begehrten den Anschluß an Piemont: Garibaldi eroberte mit tausend Helden Sizilien und vertrieb den König von Neapel. Cavour übernahm wieder die Regierung und die Leitung der großen Einigungskämpfe. Ihr Ergebnis war, daß er am 26. Februar 1861 der Kammer ein Gesetz vorlegen konnte, das Viktor Emanuel zum König von Italien proklamierte. Drei Monate hierauf starb er. In wenigen Jahren war dem geeinten Italien fast die ganze Halbinsel zugefallen, es fehlte nur noch Venetien und Ram. Indem die italienische Regie rung Venedig durch ihr Bündnis mit Vreußen gegen Oesterreich und Rom durch kluges Abwarten des ge eigneten Moments gewann, folate sie aanz und gar der Politik Cavours auch nach seinem Tod. Er also hat das Riesenwerk begonnen und voll endet und den Traum von Jahrtausenden erfüllt. schicht ouser Nenn' 2000 Mctti Giri mann Sieg P 1600 esto', mann 13, 12 * ' Drcsv Edlcn sich T Lcopo Diebst Unige^ jamm« -Ku Toten und c M schik Alber wird einen Sprin auf 1i Lu städlch durch gcäsch 1800 Graf Kiiog a., 77 „Orm Platz R Rcitei 2200 Kilag „Eug« „Dicn Platz V 3000 1 o n" br 2 St. „ 21: d M 3000 E Ei Hrn.! 2.. G 75 Ki Fünf B 3500 halt „Com liefen 8. « Durch zum 1 werk l Wedd« junge: beit g« Bc tige Frau liefert wasser krankt so daß Sym fest, suchun ist. 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