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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.06.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110606020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911060602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911060602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-06
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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BezugA.Prei» Mi u«(»,i, »»» v«r»r» virch Milrr, IrSa«r »»d S»«dtt»»r« r««l ttlaNch in» Ha«» »edrochl « P>. «»natt, r.7ii Mk. ottneliidri. Bet «»irr» 8ilial«» ». >n« »«-«elielle» adaedoU 7» Vt. »»all. ».» «l. oterirUüdrL »«ch «» V»A, innrrhald D«»N«yia»d» «»» »er doilche» Kolonie» o«,rr«ltal>rl- >.« Mt„ «»natt. Uw Ml. «n»schi Poftdeftrllgeld gerne« in «rigir», Danemorl, d«, DonauKaaten. Ütaltea. ru^emdura. Nirdrrland«, Nor» «rar». O«il»rr«»ch. Ungar», Nuliland. Schweben Schwel» « Spanien 2» alle» übrige» Staate» »»i dir»« b»rch »t« chelchültiktell» »«» klaiir» erd ältlich T!a» L«t»»i>« Tageblatt «lchottw >»«t täglich S,n»> ». geien»,» »»« «orgen». Ld»nnem«nt»»Ln»abme 2»d»»»«»«»II» S, »ei »niere» Iräger«. Siliole». Sp«dtt»»re» »»d Lanahmeltell»», iowi» B»Itäml«r» »ab Vnesträger». Gt»»«l»nr«»t»»r»l» bHN. Abend-Ansgabe. MpMer TllMaü g,t-A»schi^!<M Hitndeldzeitung. Amtsblatt des Rates und Ses Nolizeiamtcs Ser Stadt Leipzig. Anzeigen PrttS Mr Inlerat» a»» Ueigzia »ab Umgeb»»» di« llpalüg«Tietlteeil« SPf^di» Aellamr. «etl« > Ml., »»» a»»wän» R> vt. NeName» Uw Ml.. Interat« »»» Lebärdr» im amt. iiche» lei! di« Petitt.il« w «« <velchäfi»aat«i,«» mit Planoorlchnst«» « in der «benbaasgad, im Preil« erhöbt Rabatt nach larit Vetlagegebühi ibelamt. aotlag« L Mt o laulenv «rtl. Poltg«dühi. Teildeilag« hoher geftrnetlt» «ujiräa« können nicht «urüe. aeiogen werden Füt da» Erlcheinen «> deuimmten lagen »nd Pläten wirb ketwt Daranti» übernommen Änzrtgen - Ännahmr 2»ha,»i»,,It« bei iämtlichen Ailtale» n allen Lnnonce». Etveditloarn de» 2n» «ad Lu»la»de» Lr»« «»» Verla, de» Le>»ttgrr La,»» blatt«» S. Polt- 2nhad«r: V»»i ttürlten Nedaktlo» »ad «el<häli,ü,p.l Aohannisgailr »«»oi-gilial« Dre»de», Sreitraft» < 1 klelevbo» ckUIt Nr. ISS vienswg, Sen ö. Juni ISN tos. Jahrgang. Die vorliegende Au-gabe umjaßt 6 Seiten. —i.... - >> — - vis Lxpeältiouvll des LviyLiLvr iLLSblaUen llllck 6er ^sIprlKsr ^UgsmsinsQ LsituvZ deäoäeu kioti mir voob IrSipÄß, >IodLlllll8ßL88S 8, VoräerxedLuckv parterre llulr» im OvbLuäs Ü68 laßssdlaltss. 2l. Vunüestsg üer Deutschen Vuüenrelormer. Der Bundestag Deutscher Bodenreformer trat am Pfingstmontag in Dresden unter starker Beteili gung zu seiner 21. Hauptversammlung zusammen. Den Vorsitz führte Damaschke-Berlin. Zahlreiche Be hörden hatten zur Hauptversammlung Vertreter ent sandt. Der König von Sachsen hatte brieflich der Hauptversammlung mitgeteilt, daß er leider während der Pfingsttage nicht in Dresden sei und deshalb auch den Sitzungen nicht persönlich beiwohnen könne. Aus dem Geschäftsbericht, den der Vorsitzende Da maschke erstattete, ist zu entnehmen, daß die Zahl der Einzelmitglieder um 900, die der körperschaft lichen Mitglieder auf 583 gestiegen ist. Die Mitglie derzahl dieser körperschaftlichen Mitglieder beträgt, von den Behörden und Gemeinden abgesehen, 800 000. Der Vorsitzende wies weiter darauf hin, dah die Ncichswertzuwachssteuer keineswegs dem Ideal der Bodenreformen entspreche. Aber es sei doch wenig stens erreicht, dah in allen 56 000 Gemeinden des Reiches die Bewegung der Grundrente von Amts wegen geprüft und statistisch festgestellt werden müsse. Nun müsse die Wertzuwachssteuer aber auch für unser« afrikanischen und australischen Kolonien eingeführt werden, wie sie unser ostasiatisches Pacht gebiet bereits habe. Der Vorsitzende betonte weiter, dah ein« bodenreformerische Erundwert- steuer für die innere Kolonisation von aller höchster Bedeutung sei, um eine Verteuerung des Bodens, dieser gefährlichsten Feindin jeder inne ren Kolonisation, zu erschweren. Wie wichtig das für die Kultivierung der Moor« und Oel- ländereien sei, gehe daraus hervor, dah Deutsch land heute noch 650 Quadratmeilen Oedländereien Hobe, ein Gebiet, das 2!4 mal so groh sei wie das Königreich Sachsen. Der Bund habe deshalb «inen Preis von 1000 ausgesetzt für die beste Beantwor tung der Frage: Durch welche Rcchtsformeln können bei der Kultivierung staatlicher Moore und Oedlänte- reien die Gefahren ausgeschlossen werden, die die heu tige Verschuldungsfreiheit enthält, und wie können den Gemeinden dauernd die Mittel für ihre Aufgaben auf diesem Gebiete gesichert werden? lieber Säuglingssürsorge und Wohnungsfrage referierte hierauf der Direktor der Städtischen Kin derklinik in Köln Professor Dr. Siegert. Er ging davon aus, dah die Säuglingsfürsorge heute als eine selbstverständliche Einrichtung überall anerkannt wird. Man braucht nur zu erwähnen die Stillprämien, die Mütterberatungsstellen, Milchanstalten Säuglings heime, Säuglingsspitäler, kurz, die zahlreichen Mah nahmen städtischer und privater Säuglingsfürsorge. Dah aber auch ein Wohnungsproblem hier vor herrscht, oder überhaupt nur in Betracht kommt, ist weder von A«rzten, noch von Laien anerkannt wor den. Das aber ist ein unhaltbarer Zustand. Schon vor 35 Jahren batte kein Geringerer als Rudolf V i r- chow darauf Angewiesen, wie verschieden sich die Sterblichkeit der Säuglinge gestaltet unter dem Ein fluh der materiellen Lage der Eltern und damit unter dem Einflüsse einer guten oder schlechten Wob- nung. Leider wirkt ungemein hemmend auf die rich tig« Bewertung dieser Tatsache, die auch heute noch sehr weit verbreitete Anschauung der Kinderärzte wie Hygieniker, der privaten Vereinigungen und Stadt verwaltungen, dah in erster Linie allein di« zersetzte Milch und die Unkenntnis einer richtigen Säugli'ngs- «rnährung, vor allem die erstere, und zwar ganz be sonders im heihen Sommer, die hohe Säuglingssterb lichkeit bedingen. Die künstliche Ernährung als mahgebender Faktor der Säuglingssterblichkeit hängt aber ebenso oft wenigstens bei den minderbemittelten Groß städtern innig mit der Wohnungsfrage zusammen. Wenn die Mutter nicht stillen kann, weil sie für den teuren Mietzins mit verdienen muh, wenn das kaum Geboren« die schmutzige Flasche mit der oft auf Borg gekauften Milch in der heißen Wohnung bekommt und üer Hut eines unverstandenen Kindes überlassen ist, dann werden die Söhne und Töchter dieser Eltern kaum erfahren, daß des Kindes heißes erstes Men schenrecht das Recht auf seiner Mutter Brust ist. Warum übrigens die Milch im Winter in der über hitzten proletarischen Wohnung sich weniger zersetzen sollte als im Sommer, ist nicht einzusehen. Daß sie so enorm gefährlich ist im heißen Sommer uno so wenig im kalten Winter, ist wissenschaftlich bis heute noch nicht erklärt. Wir aber jagen, dah die durch übertriebene Mieten bedingte Wohnungsnot der Großstädte mit ihren allgemein bekannt«» Schäden für die Eesundheir an Leib und Seele in hohem Mähe auch die Säuglingessterblichkeit fördert. Di« Sterb lichkeit der unehelichen Säuglinge übertrifft bekannt lich die der ehelichen um mehr als das Doppelte. Aber gerade die Sterblichkeit der unehe lichen Kinder beweist in unwiderleglicher Weise die Bedeutung der Wohnungsfrage. Wo di« Behörden in den letzten Jahren scharfe Kontroll bestimmungen über die Wohnungen der Ziehmütter ge troffen und durchgesetzt haben, ist die Sterblichkeit der unehelichen Kinder in dieser Zeit ganz gewaltig her untergegangen auf die Zahl, ja unter die Zahl der ehelichen Kinier. Das zeigt ganz auffallend das Bei spiel von Dresden und Leipzig. In Dresden mit seiner scharfen Wohnungskontrolle ist die Säuglingssterblichkeit besonders der un ehelichen Kinder bedeutend geringer als in Leipzig. Sehr wichtig ist auch die Lage der Woh nungen. Es ist für Dresden festgestellt worden, daß eine Straße mit geschlossener Bauweise eine Säug lingssterblichkeitsziffer von 18,5 Proz., eine Straße mit halboffener Bauweise eine Sterblichkeitsziffer von 2,5 Proz. und eine Straße mit mustergültigen Ar- beiterhäusern eine solche von 0,0 Proz. hatte. Möchte es in unserem Vaterlande dazu kommen, daß di« Wohnungsfürsorge eine fundamentale Einrichtung jeder Säuglingsfürsorge wird. (Lebhafter Beifall.^ Im Anschluß an den Vortrag wies der Direktor des Dresdner Säuglingsheims, Dr. Rietschel, darauf hin, daß Areits vor 120 Jahren in Amerika das Pro blem erkannt wurde, während man in Deutschland noch nicht darauf aufmerksam gemacht worden war. Bereits im Jahre 1789 erschien in Amerika ein Buch von Dr. Ruch, das ohne theoretische Begründung rein aus der praktischen Erfahrung heraus daraus Ho wies, daß alle Kinder, die von der Stadt aufs Land gebracht wurden, Heilung fanden. Der Vorgang be weise, daß di« Säuglingssterblichkeit und die Krank heit der Säugling« mit der Zentralisierung der Be völkerung in den Städten aufs engste zusammen hängt. Stittungsfeter ües Le!rr»3nlsnterie-Bstsj!1ons. Pfingstmontag vormittag 11 Uhr begann in Pots dam bei wundervollem Sommerwetter die Feier des Stiftungsfestes des Lehr-Jnfante- rie-Bataillons mit einem Gottesdienst unter den alten Ulmen der Südseite des Palais. Das Bataillon unter dem Kommando des Oberstleutnants Grafen zu Rantzau hatte im offenen Viereck Auf stellung genommen. Der Feldaltar war mit Em blemen geschmückt. Garnisonpfarrer Schmidt hielt den Gottesdienst ab. An diesem nahmen teil: der Kaiser, die Kaiserin, der Kronprinz und die Kron prinzessin mit ihren beiden älteren Söhnen, Prinz Eitel-Friedrich und Prinz Adalbert, Prinz und Prin zessin August Wilhelm, Prinz Oskar, Prinzessin Viktoria Luise, Prinz und Prinzessin Leo pold, Prinzessin Viktoria Margarete, Prinz Friedrich Karl, Prinz Friedrich Wilhelm, Prinz Georg von Griechenland. Ferner u. a. Oberstkämmerer Fürst zu Solms - Baruth. Ober hofmarschall Graf Eulenburg, Generaloberst von Plessen, Generaloberst von Kessel, Generaloberst von Lindeguist, General von Moltke, General Freiherr von Lyncker. Generaladjutant von Müller, Wirklicher Geheimer Rat von Dalentini. Kriegsminister von Heeringen, kommandierender General von Löwcnfelo, die fremdherrlichen Offiziere und der türkische General Sayk-Pascha. Der Gottesdienst schloß mit dem „Nie derländischen Dankgebet". Der Kaiser schritt die Front des Bataillons ab und nahm mit den anwesen den Fürstlichkeiten den Vorbeimarsch in Zügen ent gegen. Dann nahm das Bataillon unter den ge schmückten Hallen bei den Comuns Platz, wo die Speisung erfolgte. Der Kaiser brachte das Hurra auf die Armee aus. General von Löwenfeld dasjenige auf den Kaiser. Die sämtlichen Kapellen der Potsdamer Garnison konzertierten. Der Kaiser nahm während des Festes die Meldung des englischen Marineattaches Kapitän z.S. Watson entgegen und ließ sich von den vereinigten Kapellen unter ihrem Mnsikinspizienten Grawert mehrere alte kurmainzische Märsche aus dem 18. Jahrhundert vorspielen. Später war Frühstücks tafel im Muschelsaale des Neuen Palais. pvIWche Nachrichten. Zur Neformkonferenz im sächsischen Eisenbahnwesen. Zu der unter dieser Ueberschrift gebrachten Notiz in Nr. 15t unseres Blattes wird uns mitgeteilt, daß an einer Vorbesprechung über Reformen im sächsischen Eisenbahnwesen lediglich Beamte des Finanzministeriums und der General direktion der Staatseisenbahnen teilgenommen haben. Außerhalb der Verwaltung stehende Per sonen. insbesondere Mitglieder der Ständeoersamm- lung sind zu dieser Vorbesprechung nicht zugezogrn worden. Generalversammlung des preußischen Vereins für mittleres Schulwesen. Erfurt, 6. Juni. (Tel.) Bei zahlreicher Beteili gung von Schulmännern aus der ganzen preußi schen Monarchie und den übrigen Bundesstaaten begann heute hier die Generalversammlung des preußischen Vereins für das mitt lere Schulwesen. Das preußische Kultusmini sterium und die Verwaltung der größeren Städte der Monarchie haben Vertreter entsandt. Sommeraufenthalt der Königin der Belgier. Brüssel, 6. Juni. (Tel.) Die Königin ist nach Ostende abgereist, wo sic den Sommer über zu bleiben gedenkt. Neue Winzerunruhen? Paris, 6. Juni. (Telegramm.) Aus Bar - sur - Aube wird gemeldet, daß dieWinzer , unter denen die Entscheidung Les Staatsrats große Erbitte rung hervorgerufen hat, in vielen Orten Ver sammlungen abgehalten haben, um gegen die Einteilung des Ehampagnegebietes in zwei Zonen Einspruch zu erheben. Gestern abend wurden die Winzer durch Sturmglocken und Feuer zeichen aufgefordert, nach Bar-fur-Aube zu ziehen, um dort Protestkundgebungen zu veranstal ten. Fußtruppen und Reiter sperrten jedoch die nach der Stadt führenden Straßen und Brücken ab, so daß die meisten Winzer ihr Vorhaben aufgeben mußten. 300 Winzern gelang es, in die Stadt zu kommen: sie wurden jedoch durch Gendarmerie vertrieben. Zahl reiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Die Neise des Sultans nach Saloniki. Konstantinopel, 6. Juni. (Tel.) Der Sultan ist gestern nachmittag an Bord des Panzerschiffes „Barbarossa Hairedin" nach Saloniki abgefahren. Die kaiserlichen Prinzen, der Khe- Live, das diplomatische Korps, die Spitzen der Be hörden und eine große Menschenmenge hatten sich eingefunden. Die Schuljugend war mit Musik und Fahnen erschienen und brachte dem Sultan stürmische Ovationen dar. Im Gefolge des Sultans befanden sich seine zwei Söhne, ferner der Großwesir, der Ma- rineminister, der Unterrichtsminister, der Minister des Innern, der frühere Finanzminister Dschwid-Bei und verschiedene Hochwürdenträger. Die Panzer schiffe „Toraud Reitz" und „Messudije", der Kreuzer „Medjidije , eine Panzerkorvette und zwei Torpedo» boote begleiteten den Sultan, der vor dem Einlaufen in Saloniki Revue über die Schiff« abhalten wird. Di« Blätter heben di« politische Bedeutung der Reise hervor. Während der Reise führt der Schech ul Is lam den Vorsitz im Ministerrat, im übrigen wird der Großwesir vertreten durch den Justizminister. Der Kriegsminister, der den Sultan ebenfalls begleiten sollte, verschob, wie verlautet, im letzten Augen blick die Reise auf einen späteren Zeitpunkt. Griechisch-türkischer Erenzzwifchenfall. Athen, 6. Juni. Bei einem Grenzkonflikt zwischen griechischen und türkischen Soldaten wurden vier türkische Soldaten erschossen. Das Dazwischentreten der Offiziere machte dem Kampf ein Ende. Mau Welt. 8) Roman von Erika Niedberg. (Nachdruck verboten.) Ruth wandt« sich kühl zu ihm. Aber der Hochmut verschwand aus ihren Zügen, als sie sein von feinem Humor überspieltes Gesicht sah. Sie vergaß sogar jede Erwiderung und ließ ihre Augen in einem staunenden Forschen auf ihm ruhen, das ihr schließlich, als sie sich dessen bewußt ward, eine Blutwelle in die Wangen trieb. Zerstreut antwortete sie Asta, ärgerte sich darüber und schrob sich endlich zu einer forcierten Lebhaftig keit in die Höhe, mit der sie sich in übertriebenem Entzücken über den gestrigen Abend erging. Dazwischen streiften ihre jetzt wirklich leuchtenden Augen immer wieder den Konsul. Und jedesmal begegnete sie seinem Blick. Einem Blick so wissend, so durchdringend, daß es ihr wie ein irritierendes Rieseln durch die Nerven ging. Was wollte dieser Mann? Weshalb sah er sie so an, als guckte er durch sie hindurch wie durch Glas? War er immer so gewesen? Sie erinnert« sich keines einzigen bedeutungsvollen Augenblicks, obwohl sie doch mehr als einmal gesellschaftlich zusammen- gekommen, und begriff jetzt nicht, wie man mit ihm in einem Raum hatte sein können, ohne sein« Persön lichkeit vor hundert andern zu empfinden. Sie ärgert« sich unbeschreiblich über sein« Keck heit, über ihre wachsende Befangenheit und sagte schließlich oi«l burschikoser, al» sie sonst sprach: „Wo waren denn Sie gestern abend, Herr Konsul? Lämmerhüpfen auf grünem Rasen reizt Sie wohl nicht?" „Lämmerhüpfen allerdings nicht. Aber dem Tanz graziöser Frauengestalten sehe ich gern zu. Gestern war ich leider verhindert." Seine lächelnde Antwort sagte er ihr gerade in ihr spöttisches Gesicht hinein. Noch immer hielten seine Blicke sie fest. Und zu ihrem Aerger fühlte sie abermals das Blut in ihre Wangen steigen. „Ach so", sagte sie nachlässig. ,Zch dachte, Sie wären für dergleichen zu ernst oder —" „Zu alt?" vollendete er köstlich amüsiert. „O Gott!" fiel Asta beinahe erschrocken ein. „Onkel Paul alt? Du solltest wissen, wie wundervoll er tanzt! Und reitet! Was ich kann, hab ich alles von ihm. Alles, alles." Sie wurde heiß und aufgeregt bei ihrem Der- sichern. Brückners Hand glitt liebreich über das brennende Gesicht. „Streich mich nicht so 'raus, Klein«! Du hast doch kein Glück damit." Asta sah hilflos von einem zum andern. „Was habt ihr denn bloß?" Die Frage klang kindlich und betrübt, aber keiner antwortet« ihr. Der Konsul hob schweigend di« Schultern, und Ruth hatte ihre Worte vielleicht gar nicht gehört. Ihre Blicke hafteten auf der Hand, die eben so liebevoll und zart über Astas Antlitz geglitten. Welche wunderschöne Hand! Kraftvoll, sehniq. wie von feinstem Stahl die Muskeln, und daneben die Anmut der Bewegung. „Du hast buchstäblich einen Raptus für Hände", neckte Guido sie Aiufig. Und es war so. Ihr erster Blick galt allemal den Händen. Asta wunderte sich. Bedrückt sah sie ihre Hoff nung, diese beiden Menschen einander näher zu bringen, scheitern. Unbegreiflich, wie kalt und fast feindlich sich Ruth zu ihm stellte. Wenn sie ein« Ahnung davon hätte, wie wohl geborgen jed«r war, dem Paul Brückner auch nur ein kleines Interesse zuwandt«! Und Ruth mußt« ihm doch gefallen. Freilich, wenn sie sich so stachlig gab wie Aut«! Es war zu schade, zu schade! Sie mußte eine andere Stimmung schaffen. Gui dos Schwester durste so nicht fort. Energisch klappt« si« die großen Bücher zu. „Wir wollen erst mal gemütlich frühstücken", sagte si« heiter. Paul nickte sehr einverstanden. „Das ist wirklich «in vernünftiger Gedank«, Klein«?" Er stand auf, um zu schellen. Ehe er noch sein« Absicht ausführen konnte, fuhr beinahe lautlos ein elegantes, kleines Auto vor das Haus. ,,«h, Besuch!" Sie sahen all« drei in dem Bedauern, gestört zu werden, über die Balustrade. Ein Offizier stieg aus — der wunderbar dressiert« Franz hielt ihm die Tür offen es war der Leutnant Hoffner . „Sie ist ein tapferes Geschöpf", dachte Paul Brückner und hatte seine Helle Freude an Ruths zwar jäh erblichenem, aber streng beherrschtem Gesicht. Der Konsul, wie fast jeder im engeren Kreis, wußte, daß Felix Hoffner di« Saison hindurch zwi schen der armen Aristokratin und der bürgerlichen Millionärin geschwankt hatte. Wenn auch nicht jedem so genau wie Brückner bekannt war, daß er bei seiner unsinnigen Verschwendung sich jene Liebesheirat nicht mehr leisten konnte. Paul blickte zu seiner Nichte hinüber. Sie war xot geworden. Ein kleines, verlegenes Lächeln spielte um ihren Mund. Sie schauten sich an, in kaum merk barer Verneinung bewegte sie den Kopf — sie hatten sich verstanden. Brückners Bewunderung für Ruth wuchs. Natürlich, jeder anständige Mensch ließ sich seine Niederlage nicht merken, machte seine Enttäuschung mit sich allein ab, si« aber so stolz und ohne Zucken zu tragen, wie dies rassige Geschöpf, dazu gehörte ein seltener Mut. Sein« Augen glitten immer wieder zu ihrem stillen, ruhigen Gesicht hin. War sie wirklich so ohne alle Anstrengung gefaßt? Ihre Hand spielte mit einem goldenen Bleistift — kein Zittern, keine nervöse Hast oder Erregung: ganz gleichmäßig tupfte sie leicht die Spitze auf die Tisch platte. Asta, sonst so gewandt in jeder Art der Unter haltung, schien verlegen. Si« sah Ruth beinahe ab bittend an. Am liebsten hätte sie geradezu gesagt: „Aenqstiae dich nicht, gräme dich nicht! — Ich nehme ihn ja nicht." Schließlich sagte sie unsicher: „Aber wir wollten doch ftüUtücken —" Ruth knöpfte an ihren Handschuhen. „Ich muß leider danken, liebst« Asta! Wir haben eine frühere Tischzeit wegen Mama." Sie erhob sich. „Laß dich bald mal sehen, ja? Und nochmals: es war reizend bei euch gestern abend." Si« stand jetzt in vollkommen ehrlicher Ruhe vor d«n beiden, wußte es plötzlich ganz klar: Ob der Freier da drinnen angenommen ward oder nicht — für sie bedeutete es keine gemordete Neigung, nur eine zerschlagene Dersorgungsausstcht. Es war ihr wirklich ganz gleichgültig, ob Asta ihn nahm oder abwies — für sie blieb alles erledigt. Sie beugte sich zu der Freundin hinunter, drückte ihr herzlich die Hand. „Also auf Wiedersehen!" Brückner ging neben ihr die Stufen der Veranda hinunter. Ruths Füße waren ein wenig schwer. Sie merkte nun doch, daß sie da eben innerlich ein Erlebnis durchgemacht batte. Etwas zitterte in ihr — —. Nicht die Ent täuschung — eine Art Haß! Nicht auf Menschen — ein Haß auf Geld. Geld haAn! Geld haben! Ach widerlich, ver ächtlich! Dies ewige Jagen, Vetteln: Geld. Geld! Noch widerlicher das gräßliche Sichanbieten. Das Zuhabensein für jeden Geldsack. Und wenn sie zehn mal Gegenleistungen boten in Gestalt einer tadellosen Erziehung, peinlicher Ehrbegriffe und einer guten, alten Familie — ein Handel blieb's und zwar kein sauberer. Hatte sie das vor acht Tagen, vor acht Wochen auch so geglaubt? Damals, als sie noch für die Be vorzugte des reichen Hoffner galt? Ach! Sie wußte es nicht mehr. Sie fühlte nur: Käme er jetzt — sie wiese ihn ab. Und das wußte si« -«stimmt: Ni« wieder könnte sie einen Menschen nur von dem Geldstandpunkt aus abschätzen. Unwillkürlich streckte sich die schlanke Gestalt. Hatte sie eben etwas Häßliches in sich abgetan? Und war es so, wer und was hatte das fettig gebracht? Ein so starker, plötzlicher Einfluß konnte si« beherr schen, sie, die in schweigendem Protest stets jedes Uebergewicht ablehnte? Im Hinobgehen schaute st« von der Seite zu Brückner auf. Sie hatt« sich unbeobachtet geglaubt, nun fand sie sein Gesicht sich zugewandt. Sie wollt« fortsehen, ihn zurückweisen: „Was soll das? So ken- nen wir uns doch nicht" — und ließ sich doch von diesem Blick festhalten — sah in diese Augen Als sie unten auf dem glitzernden Kies des Weges stanAn, nahm Brückner Ruths Hand. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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