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Morsen - Ausgabe ISS. Jahrgang für Leip-ta UN» Vorort» Surch unser» LrLarr </»AV Avpr»I^ » » UN- Sprott«»»» rmaltügltck» tn» hau» s»dr»Mtr m»aatUch 1.LS M., »t«rt«y»hrttch 3.73 M. 0»t ö»r S»lchüst»ft«U«, unsre» ZMal«n unü stu»sab«st»U»o odgrhott: monatlich l M., o>«rt»UÜH»Uch 3 M. vnrch »i« postr ta»»rhaid v»utfchlan»» un» S»r 0»utsch»» «»tont»» mouatUch 1^4 M., »>»rt»YLHrttch 4.30 M., au»schll»HUch postdrsteUgel». va» tripzlgrr Lagrblott »rsch»lnl «»rktag» »mal, Sonn» u. Zrirrtag» »mal. I» Lrtp-ts, »«a Nachbarort»« un» Srn Grtrn mit «>g»n»n Zlllalrn wlr» 0>» bd««»au»gab» noch am ftben» Seo Erschein»«» tr.» hau» grUesrrt. Serllner N»Sak1ioo:Inö«oZrttrnI7. !ernspr»ch»ftnschluh: Moabit Nr. 447. klr. 139. Amtsblatt des Rates and des pollzeiamtes der Stadt Lewzrs N«-aM«n un» S«fch»ft»strller ^ohaoalogass« Nr.». 4 Z»rnspr«ch»NnschIu- Nr. 14042. >4043 an» »4044. k/-»» kür 3»s»rat» au» L»,p,>a uaü Umg»b»»a »t» N»Akigenpreif e.»spalt,,« p»»i»»«tl««p,.. »», n»rlam»,»il», m., von ou»»Srt» 34 Pf., N»Nam«n 1.24 m.. ül«la« Nnzctgrn »»»prtttrcttr nur 24 pf.d.wi«»«»S»l.Nad., Inserat« »onSrbbr»»» lm amtlichen Litt die Petit» 3»tt« 34 Pf. S»schüst»a»r»>grn mit plahvorschrift im Preis» erhöht. Nadatt nach Laris, »»«las»» :S«lamtausl. 3 M.üa, Lausen» auoschi poftcedühr. Muzrigen-finnabm»! 1ohaaat»gaN«», de» sämtlichen fillalen»»»Leipziger kog»dlott». un» attrn Mnnonrcn L>cpcüition»n »»« In» un» iiuolan»»». S«schltst»ft«U» für S«rlin u. »l« pr.SranScndurg vlrektionWalterZliegrl, verlin w i-> MargarrtkrnNraft« ». Z-rnsprech» finschlutzr Lühow S47l. MlliwoHi, aen iS. m«r». 1914. Vas Wichtigste. * Die Reichstagsersatzwahl in Born a—P egau ergab Stichwahl zwischen von Liebert (Reichsp.) und Ryssel (Soz.). (Siehe bes. Art.) * Die Zweite Kammer genehmigte am Dienstag mehrere Etatkapitel, darunter die Ordens kanzlei, mit 38 gegen 28 Stimmen, lehnte dann die Anträge auf alljährliche Tagung des Landtags und auch Verbot des Verkaufs des „Berliner Tageblattes" ab. (S. Art. und Bericht.) * Die neue hessischeBesoldungsvorlage ist von der Ersten Kammer nunmehr endgültig an genommen worden, nachdem ihr die Zweite Kam mer bereits zuqcstimmt hatte. (S. Dtschs. R.) * Der bisherige französische Minister des In nern, R6noult, ist zum F i n a n z m i n i st e r, Malvy zum Minister des Innern und Raoul Peret zum Handclsmrnister ernannt worden. (S. Pol. Ucbers.) * Von deutschen Fluzzeugfabrikcn werden Vor bereitungen zu Flugversuchen in den deut schen Kolonien getroffen. * Die mexikanischen Bundcstruppen sollen einen Sieg über die Rebellen erfochten haben. (S. Ausland.) * Die Räuberbande des „Weißen Wolfs" hat die Truppen der Regierung bei Kingtzehwan geschlagen und bedroht Sianfu. - Unter Donner und Blitz setzte am Dienstag nach mittag in Berlin lebhaftes Schneetreiben ein. (S. Rachr. rom Tage.) ver Schutz Ser -Arbeitswilligen. Vom Geh. Rczierungsrat Beck, M. d. R. (Heidelberg). Es war vor kurzem, als die kaum rastende Mühe von Gesetzgebung und Verwaltung, alle hervor- tretenocn Erscheinungen anderer vorwärtsireibenden Entwicklungen sofort in regelnden Formen zu fassen, einem Politiker den Lrogseufzer auspreßte, daß doch nun einmal auch eine längere Spanne Zeit Reichstag und Bundesrat aushören wollten immer wieder neue Gesetze zu machen, daß endlich einmal den betreffen den Kreisen die Ruhe und die Möglichkeit gewährt bleiben möge, sich in ihrer derzeitigen Lage zurecht zu finden und für ein« ruhige und darum ersprieß lich« weitere Betätigung sich «inzurichten. Und ich bin weit entfernt leugnen zu wollen, daß in diesem Wunsche ein berechtigter Kern liegt und daß er in vielen Teilen der Bevölkerung ost mehr oder minder lebhaft geteilt wird. Allein, wie die Thronrede zur Eröffnung des Reichstages vor zwei Jahren sagte, die Entwicklung steht nicht still, immer neue Ursachen bringen wertere neue Wirkungen, denen Recht und Verwaltung in förderlicher Weise nachkommen sollen. Und — gestehen wir es uns denn doch einmal ehrlich ein — sind es denn nicht oft genug auch alle Be teiligten, die sich vielleicht unangenehm berührt sehen, wenn es nicht schnell genug vorwärts geht, die nun mit lautem drängenden Rufe nach der Hilfe durch den Staat verlangen, start der Eigenentwicklung Zeit zu lassen, statt zu prüfen, wo man selbst die Hand anzu legen imstande ist, um eine Klärung, um Beistand oder Abhilfe zu erreichen. Wenn aber einmal die gesetzgebenden Körperschaften zögern und erst die volle Tragweite dessen absehen wollen, was zu tun von ihnen gewünscht wird, dann sind es sicherlich diejenigen, die sonn über das Drängen und Hasten nicht genug zu klagen wissen, die jetzt darüber zetern, daß die Klinke der Gesetzgebung zu langsam er griffen wird. Unwillkürlich erheben sich solche Gedanken, wenn man verfolgt, wie anfangs mäßiger, dann immer stärker die Stimmen raut wurden, welche es für di« dringlichste Aufgabe der Gegenwart erklärten, daß dem Schutz der Arbeitswilligen gesetzliche Sicherungen geschaffen werden. Gewiß, die Frage ist nun seit den Tagen des soge nannten Zuchthausgcsetzes, seit mehr als 10 Jahren, aufgeworfen und nicht mehr außer Erörterung ge stellt worden. Gewiß sind Mißstände aufgedcckt, vor welchen die Augen zu schließen eine Pflichtverletzung wäre. Aus dem Gang der Dinge ist es auch begreif lich, daß diese Mißstände in erster Linie und häufiger von den arbeitswilligen Arbeitern empfunden wer den, welche sich dem Druck der streikenden Genossen ausgesetzt sehen, und daß ein gut Teil der Schuld an ungehörigen, widerrechtlichen, in ihrer Art und ihrem Umfang den guten Sitten widerstreitenden Be lästigungen den Streikposten zugemcsten werden muß. Allein mit dem Verbot des Streikposten-Stehens wird das Ziel nicht erreicht. So lange diese Maßnahme in Grenzen bleibt wird sie als eine zulässige Mög lichkeit der Einwirkung auf den Mann zugestanden werden müssen. Ohne die Möglichkeit der Ein wirkung ist keine Organisation denkbar, auch die jenige der Arbeitgeber n^cht. Wird sie unterbunden, schlagt diese Einwirkung andere Weae ein. welche riel verhängnisvoller und gefährlicher sein können. Dafür allerdings, daß Streikposten innerhalb der not wendigen Grenzen bleiben, Hot die Polizei mit aller Entschiedenheit -u sorgen, und sie ist d<M auf Grund lder bestehenden Gesetze und der nach Maßgabe der- sirlben erlassenen polize lichen Vorschriften schon heut« in der Lage, wie das schon allseits angerufenc Urteil des Reichsgerichts und ein Urteil des Braunjchw«'"er Oberlandesgerichts zur Genüge erkennen lasten. Daß in dieser Beziehung unsere Polizeibehörden ihre Be fugnisse kennen, dessen dürfen wir doch wohl unseren Negierungen vertrauen, und daß sie für diesen Zweck rechtzeitig für das genügende Machtaufgebot sorgen und ihre untergebenen Beamten mit klarer, be stimmter Weisung versehen, das liegt in ihrem eigenen Interesse. Das ist meines Wissens wohl auch in allen Bundesstaaten nicht versäumt. Eine Nach prüfung der bestehenden Verkebrspolizeivorschriften muß die sofortige Folge sein. Eine fortgesetzte Be lehrung der örtlichen Beamten i>« Anschluß an die Rechtsprechung, ein« gesonderte, in die Formen des Streiks einführende Avsb'ldung muß Hand in Hand gehen und wird ihre Wirkung nicht versagen, wenn die Anwendung der mögl chcn Mittel einheitlich von einer ihrer Verantwortung bewußten, mit den Ver hältnissen und dem Charakter der Leute vertrauten festen Hand geleitet wir? Unter diesen Voraussetzungen ist ein besonderes Verbot des Streikposten-Stehens unnötig und würde auch völlig unzweckmäßig sein. Ein solcher Ausspruch würde nur allzulcicht den Verdacht erwecken, daß es nicht so sehr auf den Schutz des Arbeitswilligen an käme als auf den Schutz des einen Beteiligten. Wir sehen, wie alle wirtschaftlichen Verbände aber größten Wert auf die uneingeschränkte Koalitionsfreiheit legen. Auch in der Hauptversammlung des Bundes vaterländischer Arbeitervereine in Braunschweig im September 1910 kam es zum Aus druck, daß die Koalitionsfreiheit erhalten bleiben müsse. Selbst der Schein eines Einbruchs in die Koalitionsfreiheit muß hier unterbleiben, wenn wir nicht auch die noch nationalen Kreise unserer Ar beiter in die radikalsten Organisationen und durch diese in die Sozialdemokratie hinointreiben wollen. Von diesen Erwägungen aus war es sicher gerecht fertigt, wenn die nationallibcrale Fraktion des Reichstags auch in diesem Jahre bei den Verhand lungen über di« Frage des Arbeitswilligenschutzes pogen die vou den Konservativen beantragt« Resolu tion gestimmt hat, nach welcher qin wirksamer gesetz licher Schutz gegen den zunehmenden Mißbrauch des Koalitionsrechts geschaffen, dem immer schärfer aus geübten Terrorismus gegenüber arbeitswilligen Ar beitern entschieden entgegengetreten, insbesondere aber das Streikposten-Stehen verboten werden sollte. Allzusehr ist die Fassung d eses Antrags nur von dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs auf der Seite der Arbeitnehmer beeinflußt und betont deshalb scharf hervorhebcnd das unbedingte allgemeine Verbot des Streikposten-Stehens und hatte denn auch zur un mittelbaren Folge, daß di« von den Arbeitersekre tären Behrens, Gicsberts, Schiffer beantragte Reso lution sich gegen die Auswüchse des Koalitionswcsens wandte, wie solch« im wirtschaftlichen, gesellschaft lichen und politischen Leben auf der Seite des Arbeit gebers verübt worden sein sollen. In der Tat, die Einschüchterung und der Versuch der Beschränkung der Willensfreiheit wird nicht allein durch Streikposten ausgeübt, sondern in viel tiefer gehender und empfindlicherer Weise durch ganz andersartige Ausnützung der Macht der Organisa tion. Streikposten sind meist vorsichtige, gewandte Leute, welche sich vor Ausschreitungen hüten, für die sie strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können. Dagegen wird ost außerhalb eines Streiks der Zwang zur Koalition in unerträglicher Weise ausgeübt. Die Frage zu prüfen, wie diesem Miß brauch beizukommen, erscheint eine weit bedeutungs voller«. Und diese Prüfung wird umso schwieriger, als sie nicht ein« einseitig« bleiben darf, sie muß eben sowohl auch ähnlich« Maßnahmen der Arbeitgeber verbünde in den Kreis ihrer Beobachtung ziehen. Es ist hier nicht die Aufgabe darzulegcn, wie sich Ver bandszwang und Druck auf Seite der Arbeitgeber äußern. Daß zu erstrebende gesetzlick)« Sicherungen nach beiden Seiten wirksam sein müssen, wird auch auf Arbeitgebcrseite meines Wissens allgemein zu gegeben. Und hier scheint mir ein wesentliches Interesse auch des Mittelstandes vorzuliegen, um ihn über Gefahren hinauszuheben, welchen gerade er in folge seiner Zusammensetzung und seiner wirtschaft lichen Lage vielleicht am wenigsten gewachsen wäre. Die Wege, welche sich öffnen, um zu dem Ziele zu gelangen, sind verschiedenartig. Die möglichen Mittel zu helfen liegen auf dem Gebiete der Gewerbe ordnung, des Zivilrechtes und des Strafrechtes. Alle stehen sie in wechselseitigen Beziehungen und üben eines auf das andere sehr zu berücksichtigende Wir kung aus. Ich kann das hier im einzelnen im Raymcn dieser Ausführungen nicht näher darlegen. Allein der Hinweis auf die Regelung der Ersatz pflicht für die Verbände wirft Vic Frag« auf, ob da neben 8 152 Absatz 2 der Gewerbeordnung bestehen bleiben kann. Eine wirksame Inanspruchnahme des Verbandes verlangt eigentlich die Haftung für die Handlung eines jeden Mitgliedes und weiter die ge setzliche Vermutung, daß der Täter zur Zeit der Tat als Angestellter, dienstverpflichteter, beauftragter Ge sellschafter oder Vereinsmitglied in Rechtsbeziehung zu der Person steht, in deren Interesse die Handlung oorgenommen worden ist. In dieser Umkehrung der Bcweislast ist eine ungeheuer scharfe Waffe gegeben, welch« natürlich sich ebenso gegen di« Arbeitgeber verbünde wie die Arbeiterverbände Lichten müßte. Eine solche Folge zu begründen, wird man sich nicht leichthin entschließen wollen. Kurzum, wo und wie wir auch di« Frage anfassen, da zeigt sich, daß die Fäden innig verschlungen sind, daß sie tief gehen. Ein allzu heftiges, voreilige» Zu greifen kann hier mehr schaden als nützen. Hier tritt uns das ganze Problem der Organisation und Koalition entgegen, wie cs di« Neuzeit hat erstehen lasten. Es wäre, wie der Reichskanzler mit Recht sagte, ein aussichtsloses und törichtes Unternehmen durch Handlungen der Gesetzgebung vieler Entwick ¬ lung das Leben abschneiden zu wollen, auf die heute beide Teile nicht mehr verzichten können. Hier han delt cs sich um eine der wichtigsten Fragen der Gegen wart, deren Lösung wir mit Rübe und Besonnenheit in klarer Erkenntnis aller in Rücksicht zu ziehenden Verhältnisse gegcnübcrtreten sollen. Und es war darum erttärlich, daß die von der nationalliberaten Fraktion des Reichstages beantragte Resolution von der ourch die Regierung in Aussicht gestellten Denkschrift eine volle Klarstellung auch in den hauptsächlichen, von ihr heroorgchobencn Streitpunk ten verlangte. Es bleibt bedauerlich, daß die Mehr heit d:s Reichstages die Annahme verweigerte. Ich glaube aber, daß die in der Resolution gestellten Fragen, einmal aufgeworfen, von der Denkschrift nicht außer acht gelassen werden können, wenn sie eine vollständige sein will. Schon im Sommer des vergangenen Jahres habe ich auf die Notwendigkeit einer Denkschrift aufmerksam gemacht. Sie soll uns volle Erkenntnis bringen, sie wird zur Klärung auch in der Bevölkerung beitragen, wo heute vielfach noch unklare Gefühle bestimmend walten und ein ver ständliches, aber in seinen Zielen noch nicht genügend umgrenztes, auflehnendes Volksempfinden wirkt. Ich bin der festen U. Erzeugung, daß cs auf diesem Wege gelingt, unter Wahrung der Koalitionsfreiheit ihren Mißbräuchen einen dauernden Schutzdamm entgcgen- zustellen. Grüenskanzlei, jährliche Lanütagstagung, ver kauf öes „berliner Tageblattes". (Stimmungsbild aus dem Landtage.) rx. Dresden, 17. März. In der heutigen Sitzung befaßte sich die Zweite Kammer mir recht ver,ch.edenartlg«n Gegenstän den. Zuerst bewilligt« man d.e Etatkap.tcl «es Äc- jamtminssteriums und der Kabinetlsranzlei einstim mig und ohne Debatte. Unter lebhafter Diskussion wurde dann das Eratkapitcl über die Ordens kanzlei verhandelt; der Fortjchriltler, der Sczial- demotrat und auch der nationalltberale Aogeordnete gaben Erklärungen ab. daß sie sich M't der Art der Ordensverleihungen nicht ohne weiteres abfinden tönnten. Vizepräsident Opitz ist der Meinung, daß sich der Landtag in ein« Angelegenheit der rircne cinmische, weil er an den Grundchtzcn Kritik ubc, noch denen die Ordensverleihungen erfolgen. Es cnt- jp.nnt sich die übl'chc v^rfassungs cchtliche Aus prcche zwischen ihm und dem Abg. Günther. Mit 38 gegen 28 Stimmen genehmigte sodann das Hous die kosten der Ordenskanzlei. Dann folgte dre Beratung der beiden Anlräge Schwager und Caftan auf alljährliche Ein berufung des Landtags. Der fortschrittliche Abg. Schwager begründet, wie schon vor zwei Jahren, den Antrag seiner Freunde, er begnügt sich mit der Forderung auf alljährliche Tagung der Kam mer. Neues Material vermochte er nicht beizubringcn, er begründete das abermalige Einbringen des An trages mit der Dringlichkeit, die ihr zulomme. Der jozraldemokratifä-c Aogeordnete Illge nützt seiner Sache keineswegs durch die Breite, mit der er sie be handelt, er fordert über den Antrag hinaus auch einjährige Elarperiodcn. Irgendwelche Aus sicht auf Verwirklichung haben weder der fort schrittliche noch der lozialdemolratische Antrag. Die Regierung, die Nationalliberalen und die Kon servativen waren einig in der Ablehnung beider Wünsche. Um eine Erklärung der Abgeordneten zu erreichen, muß man vielmehr auf die Vereinfachung der Landlagsordnung und namentlich der Geschäfts ordnung zu kommen. In sofortiger Schlußbcratung lehnte man beide Anträge ab. Zu erregten Szenen kam es dann beim letzten Punkte der Tagesordnung. Der Direktor des sächsi schen Bundes der Landwirte, der konservative Abg. Schmidt-Freiberg begründete seinen viel besprochenen Antrag, den Verkauf des „Ber liner Tageblattes" auf den sächsischen Bahnhöfen zu untersagen, mehr schneidig als sach gemäß. Die Töne, die er anschlug, waren zum Teil verletzend, nicht allein für das „Berliner Tage blatt", sondern für die Presse schlechthin. Ohne nur irgendwie eine Grenze zu ziehen, sprach er z. B. von einem Tiefstand der deutschen Presse, die auf die niedrigsten Instinkte der Leser spekuliere und die Leidenschaften des Volkes aufwühl«. Er empfahl der Regierung, mit nerviger Faust einzuschreiten. Auch de n reisenden Publikum sagte er nach, es sei auf den Ton des „Berliner Tageblates" gestimmt. Wie wenig er sich innerhalb des parlamentarischen Rahmens hielt, bewies er hinreichend, als er dem Abg. Held zurief, es gäbe Leute, die ihn nicht beleidi gen könnten und dazu gehöre der Abg. Held. Natür lich trug ihm diese Entgleisung eine Rüge des Prä sidenten ein. Zum Schlüsse wünschte er, daß die Re gierung bald Veranlassung nehmen möchte, das Ver bot auszusprcchcn. Die Konservativen blieben mit ihrer Ansicht allein. Staatsministcr v. Seydcwitz erklärte, die Regierung habe dem „B. T." angekün digt, das Verbot auszusprcchcn, wenn sich ähnlich« Angriffe wiederholen sollten. Zurzeit aber lägen hinreichend Veranlassung zum Einschreiten nicht vor. Für die Nationalliberalen erklärte Abg. Hart mann, daß der konservative Antrag das Gegenteil von dem erreich«, was er beabsichtige, er bedeute ein« Reklame für das „B. T.'. Wenn man den Ver kauf auf den Bahnhöfen untersagen wolle, so werde man den Verkauf v o r den Bahnhöfen nicht ver hindern können. Sehr scharf ttat der fortschrittliche Abgeordnete Günther dem Antragsteller entgegen. Er rechnete den Konservativen vor, daß sie viel weniger empfindlich gewesen feien, wenn konservative oder ultramontan« Blätter sim Ausfälle gegen die Regierung erlaubt hätten. Die Sozialdemokraten konnten sich mit dem Anträge ebenfalls nicht be freunden, und so wurde er denn nach weiteren un wesentlichen Aussprachen glatt abaelchnt. vornLi-pegau. Borna, 17. März. (Eig. Drahtmeld.) Bei der heutigen Reichstagsersatzwahl in Borna- Pegau wurden abgegeben für: von Liebert (Reichspartei) 8642 Stimmen, Nitzschke (NationalliberIler) 6512 Stimmen, Ryssel (Sozialdemokrat) 12077 Stimmen. Mithin findet Stichwahl zwischen von Liebert (Reichsp.) und Ryssel (Soz.) statt. Wohl selten ist ein Wahlkampf unter so starkem, stattlichem Kraftaufwand durchgcführt worden, wie ihn jetzt der Rcichstagswahlkreis Borna-Pegau ge sehen hat. In fünf bis sechs Wochen sind von den am Wahlkampfe beteiligten politischen Parteien ins gesamt über 400 Versammlungen abgehalten worden. Was an systematischer Aufklärungsarbeit geleistet werden konnte, ist geschehen. Ohne uns des Vor wurfs der Ruhmredigkeit auszusetzcn, dürfen wir be haupten. daß ganz besonders von nationalliberaler Seite mit beispielloser Hingebung gearbeitet worden ist. Und trotzdem dieses Ergebnis? Wir wollens nicht verhehlen: Der Wahlausfall bedeutet für die Nationalliberalen eine Ent täuschung; denn ihr Kandidat, Landtags abgeordneter Nitzschke hat gegen 1912 rund 700 Stimmen Verlust erlitten. Während er 1912 auf sich 7217 Stimmen vereinigt«, wurden diesmal für ihn leider nur 6512 gezählt. Dieser Rück gang der nationalliberalen Stimmen fällt um so empfindlicher ins Gewicht, als der Kandidat der Rechtsparteien, Herr von Liebert, seine Wahl ziffern von 7331 auf 8642 bringen, also um rund 1300 steigern konnte, und als gleichzeitig der sozial demokratische Kandidat Ryssel von 11566 auf 12 077, also um 511 Stimmen, emporschnellte. Es wäre ein müßiges Geschäft, wollten wir uns zur Stunde in Mutmaßungen über die Gründe dieses für den Liberalismus bedauerlichen Wahlausfalls ergehen. Natürlich wird von konservativer Seite das für Herrn von Liebert günstige Wahlergebnis als ein untrüglicher Beweis für die steigende Be liebtheit konservativer Anschauungen ausgebeutct werden. Das wäre indes ein recht selbsttrügerisches Verfahren, denn die Schlappe in Borna-Pegau wird durch den glänzenden Landtagswahlsicg in Eroß- schöuau-Ebersdach voll ausgeglichen. Wie dort so hat sich hier di« liberale Gemeinschaftsarbeit vollauf bewährt. Und wenn auch dem Nationalliberalismus in Borna-Pegau der erhoffte Erfolg versagt ge blieben ist, so dürfen sich die Rechtsparteien doch keinesfalls einer Täuschung darüber hingeben, daß der national« Liberalismus in diesem Wahlkreis als durchaus gleichberechtigter Faktor neben dem Konservatismus daseinsbercchtigt ist und daß er dieses Recht auch jederzeit nachdrücklich geltend machen wird. Für die Stichwahl erachten wir cs als selbst verständliche Pflicht der nationalliberalen LlBhler, daß sic sich jeder Verstimmung entschlagen und Mann für Mann für Herrn v. Liebert ein treten. Gewiß besteht zwischen Konservatismus und Liberalismus manches Trennende; aber in der Anerkennung der bestehenden Staatsordnung finden sich beide Richtungen doch zusammen, und deshalb müssen sie auch zusammcnstehen gegen den Feind eben dieser Staatsordnung, gegen den Feind des natio nalen Staates an sich, gegen die internatio nale Sozialdemokratie! * Bei den allgemeinen Wahlen im Januar 1912 erhielten v. Liebert (Rpt.s 7331, Nitzschke l Natl.) 7217, Ryssel (Soz.) 11566 Stimmen. In der Stichwahl siegte v. Liebert mit 13 081 stim men über Ryssel mit 13058 Stimmen. * Noch eine Neichstagserfatzwahl. Bei der Ersatzwahl im 2. Posener Wahlkreise Samter-Birnbaum-Schwerin-Obornik, die durch die Mandatsnicderlegung des Grafen von Mielzynski erforderlich geworden war, wurden abgegeben: Rittergutsbes. o. Haza (Kons) 13019 Stimmen Prälat Klos (Pole) 16438 » Schulz (Soz.) 636 „ Zersplittert 3 „ Klos ist damit gewählt. * Bei den Rcichstagswahlen 1912 wurde der frühere Abgeordnete Graf Miclczynski mit 15857 Stim men gewählt. Sein konservativer Gegenkandidat er hielt 13164. ein Sozialdemokrat 1084 Stimmen.