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GezugS-Prei- D«ch »t« P«K: mxrhalb De»tfchla»d, «d d«r »«1^— Kolonie» »ieNeliähit. >^0 »«natt. I.A Ml. a»»ichl. Pslcbeftellield. F«ri>«r in Daarmakt, de» DoaaaKaatr», Ilalira. U-iemdora. Ntedeitasd«, Zlar- weaen, ONr«n«lch.lln,ar», Sl-chlaad, Schweden. Schwet« «. Spant«» 2» all«» übrigen Staat«, m» dtrrkt dnrch dia iSejchSst»lt«ll« da» Statt«» «--Mich. Da» L«tp,tg«r Tageblatt erZchevtt Lmat täglich. Son»- «. 8«i«rtag. «» »»««««»». Ldonnement—Lnnahm«: 2»»a»»t»«»ll« bei unlri«, Tkäger». 8ttial«».S»«dtt«»r«« und Lnnahmrftrllra, last« Vaftämt«« and Briefträger» St»»«l»«rka»k»»»«t» »Vk. Abend-Ausgabe. cipügtrTagäilail .Handelszeitung. Amtskkatt des Aales und des Vokizeiamtes Ser Stadt Leipzig. Anzcigcn-Preis «Nr Inferat« aus Ueivjlg and Umgebung di« llpaltige PrtitjrU« LPf , di« Reklame- geile I Ml., von auswärts ZV Pf, Xektamen l_At Ml., Inferale von Behörden »m amr lichen Teil die Prtitjeil« 5Ü Pf. S«>chait»anjeigen mit PlaNvorfchristen ». in der Abendausgabe im Prell« erhöht Rabatt nach Tarif. Beilagegcduhr Gelaml- auilage ü Ml. p Taufend eile Polig-bühr. Terldeilaze Häher. ZefterietUe Uufrrage tonnen nicht zurück- gezogen werd«». Für da» iLrfcheinen an bestimmten Logen und Plagen wirb kein« Garantie übernommen. «»jergen - Annahme Johannisgali« N, bet lämtlichen Filialen a. allen Annoncen- Grveditionen de» 2ir- und Auslandes. Druck »ad Verlag »es Letvz«»«« Tage» blatte» E. Potz. Inhaber. Paal Nürtte» Uedaktian an» Leschäktsstell«: Iohannisgalie 8. Fernlprecher l-tE. ll683, l<Wt »aaat-Filiale Dresden: Seeitratze l. t lTelephon ä62lu Nr. 123. 105. Zshrgsng vonnrrstsy, üen < Mal lSll. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 6 Seiten. LrLmanü in Fe;. Was schon seit einigen Tagen als Gewißheit hin genommen war: die Ankunft des Majors BrSmond mit seiner Mahalla in Fez in den letzten Tagen des April, wird nun endlich nach langem, durch taktische Gründe verursachtem Zögern auch von offizieller französischer Seite zugegeben. Die „Agence Haoas" verzeichnet die Tatsache des Einrückens der Franzosen in die Sultansstadt, fügt aber zugleich hinzu, daß die aufrührerischen Stämme in ihrer Unbottnäßigkeit verharrten: das soll also heißen, daß sich Frankreich zu weiteren militärischen Maßnahmen genötigt siebt. Ob man auch im Aus wärtigen Amte zu Berlin von der Notwendigkeit einer Fortsetzung der kriegerischen Aktion Bremonds überzeugt ist, dürfte einigermaßen zweifelhaft sein, und zwar um so mehr, als englische Meldungeck im Gegensatz zu den französischen Tatarsnnachrichten zu berichten wissen, daß die Aufständischen ihre Unter werfung anbieten. Zn Spanien hat sich in den letzten Tagen auch stärkeres Interesse für die fran zösischen Maßnahmen in Marokko gezeigt, die man dort als dem spanischen Einfluß abträglich kenn zeichnet. Canalejas bemüht sich zwar, pessimistischen Anschauungen den Boden zu entziehen, aber auch er hält sich für verpflichtet, nach Paris ein War na ngssignal zu senden und auf die den Fran zosen ungünstige Stimmung in Spanien hinzuweisen. Im einzelnen besagen die vorliegenden Depeschen folgendes: Tanger, 4. Mai. Die „Agence Havas" meldet unter dem 27. April aus Fez: Major Brömond ist gestern abend hier eingetroffen. Die Mahalla befand sich in vollkommener Ordnung und mußte sich bis zu den Stadtmauern durchschlagen. Die Stämme verharren noch immer in ihrer Unbotmäßig- keit. Von Taurirt ist eine Abteilung von 2500 Mann Infanterie und Kavallerie mit zwei Batterien heute in Debdu eingetroffen. Die Gegend ist ruhig. Man sieht keinen großen Widerstand der Stämme voraus. Tanger, 4. Mai. (Tel.) Das Reuter-Bureau meldet unter dem 26. April aus Fez: Die Ma halla des Majors Vremond ist unter großem Enthusiasmus der Bevölkerung nach viertägigen, harten Kämpfen hier eingezogen. Die Stadt ist ruhig. Das Vertrauen ist wiederhergestellt, ob schon außerhalb der Stadt völlige Anarchie herrscht. Paris, 4. Mai. (Tel.) El Mokri erhielt «ine Depesche aus Tanger, die Nachrichten über Fez vom 27. April enthielt. In dieser Depesche heißt es: Der Sultan ließ sofort nach der Ankunft der Mahalla Brömonds einen allgemeinen An griff auf die Ben Mter unternehmen. Die scherifischen Truppen trugen einen glänzenden Sieg davon. Dem Eroßwesir wurden zwei Pferde unter dem Leibe getütet. Die Aufständischen erlitten eine Niederlage, die sie zweifellos sehr ge schwächt hat. Der Einbruch der Nacht verhinderte eine Fortsetzung des Kampfes. Der Machsen be schloß, die Äufständischen von neuem am 28. an zugreifen, um sie vollends zu vernichten. Eine El Mokri zugegangene zweite Depesche besagt, die Mahalla Brämonds hätte den Feind auf allen Seiten siegreich angegriffen, lleberall trete dieser den Rückzug an. Nach andern Meldungen hätte die Mahalla Brömonds auf ihrem Marsche nach Fez im ganzen :',0 Tote und 30 V e r- mundete gehabt. Dem Machsen ständen gegen wärtig in Fez 7000 Mann zur Verfügung: 2600 Mann der Mallaha Br^monds. 2400 der Mallaha Mangins und 2000 Mann irreguläre Truppen. Madrid, 4. Mai. (Tel.) Der „Heraldo" meldet aus Melilla: Ein Scherif, der ein Nachkomme von Mulen Eriß zu sein behauptet, ging zum Stamm der Beni Bugahi und predigte dort mit solchem Er folg den heiligen Krieg, daß zwei Notabeln. Amar Mtalji und Er Mizzian, letzterer Führer einer Harka im Melillafcldzuge. die Bildung einer Harka ankündigten. Auch die Stämme der Beni Bur- raguel, Beni Tusin, Temsansin und der Beni Mich versprachen, jeder dreihundert Mann zu stellen. Tanger, 4. Mai. (Tel.) Die „Agence Havas" meldet vom 2. Mai aus Alkassar: Den Stämmen der Ghoab wurde ein Brief Muley el Zuns vorge lesen, in dem dieser sie auffordert, ihn zum Sultan zu proklamieren. Der Brief wurde zer rissen. Paris, 4. Mai. (Tel.) Der spanische Minister präsident Canalejas erklärte dem Madrider Be richterstatter des „Petit Parisien": Ich bin weaen der Strömung, die sich in der Presse und in der Be völkerung gegen die französische Unter nehmung in Marokko geltend macht, lebhaft besorgt. Gewisse Kreise glauben, daß dies Unter nehmen den spanischen Interessen und dem spanischen Einfluß abträglich sein könne. Die jenigen, die das denken und glauben, kennen die Lage nicht gründlich. Die diplomatische Verschwiegen heit verhindert mich, die Einzelheiten der spanisch französischen Verhandlungen zu enthüllen, aber es ist zweifellos ein Zu st and feindseliger Ee- sinnung geschaffen worden, den ich aufrichtig be- daure. London, 4. Mai. (Tel.s Einem hiesigen Blatte wird über Tanger aus Fez vom 28. April gemeldet, daß dort alles ruhig ist. Die Stämme kehren in ihre Bezirke zurück. Für die Europäer liegt keine Notwendigkeit vor, Fez zu verlassen. Die Straßen sind frei. Melines und Sefru entsandten Depu tationen, die dem Sultan die Unterwerfung anbieten und ihn um Verzeihung bitten sollen. Die Berber räumen Mekines. Die englischen und amerikanischen Missionare befinden sich wohl. versuchter verrat militärischer Geheimnisse. r Leipzig, 4. Mai Dor dem vereinigten zweiten und dritten Straf senate des Reichsgerichts kam heute die Anklage zur Verhandlung, die sich wegen versuchten Ver rats militärischer Geheimnisse gegen den Souffleur Les polnischen Theaters in Posen Sigismund (Zygmunts Zbierski, geboren am 3. Februar 1888 in Czenstochau, Gouvernement Pietsko in Rußland, richtet. Den Vorsitz in dieser Verhandlung führte Senatspräsident Dr. Menge, als Vertreter der Anklagebehürde fungierte Reichs anwalt Dr. v. Eberz und Rocken stein, die Verteidigung des Angeklagten lag in den Händen des Rechtsanwalts am Reichsgericht Iustizrats Bodenstein. Zu der Verhandlung waren sechs Zeugen geladen. Als militärischer Sachverständiger wohnte ihr bei der Major v. Wrisberg vom preußischen Kriegsministerium in Berlin, außerdem wurde die Anwesenheit im Verhandlungssaale dem Major Heyl vom Großen Generalstab und dem Polizeikommissar Grosser aus Posen gestattet. Alle andern Zuhörer hatten den Saal zu verlassen, da der Neichsanwalt beantragt hatte, die Oeffentlichkeit für die ganze Dauer der Verhandlung auszuschließen, denn es kämen Dinge zur Sprache, die im Interesse der Sicherheit des Deutschen Reichs geheimgehalten werden müßten. Nur der Anklagebeschluß wurde öffentlich verlesen. In diesem wurde gesagt, daß der Angeklagte sich gegen die Paragraphen 1 und :> Les Spionagegesctzes vom 3. Juli 1893 vergangen haben soll, indem er es unternommen hat. sich Schriftstücke, Zeichnungen u. dgl. zu verschaffen, die geheimzuhalten waren, und von denen er auch wußte, daß sie geheim gehalten werden sollten, und indem er ferner versucht hat, die in seinen Besitz gelangten zur Kenntnis eurer fremden Macht, wahrscheinlich der russischen Regierung, zu bringen. Der Angeklagte befindet sich schon seit längerer Zeit in Haft. Er behauptet, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein, es war ihm daher ein Dolmetscher gestellt worden. Die Ver handlung wird heute zu Ende geführt werden. politische Nachrichten. Zur Beisetzung des Fürsten von Schaumburg. Weimar, 4. Mai. (Prio.-Tel.) Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar- Eisenach reiste heute nach Bückeburg zur Bei setzung des verstorbenen Fürsten zu Schaumburg- Livpe ab. Von dort wird sich der Großherzog so fort nach der Feier direkt nach Racot in Posen zum Iagdaufenthalt begeben Zur Kölner Spionageaffär«. Köln, 4. Mai. (Tel.) Die unter dem Verdacht der Spionage verhaftete Sprachlehrerin Thirion befindet sich schon seitdrer Wochen in Haft. Sic wird als eine große Schönheit geschildert, die einen Weseler Offizier in ihre Netze zu locken suchte, um von ihm den Mobilmachungsplan zu erlangen. Ein Richter vom Reichsgericht weilt seit einiger Zeit in Köln, um die Untersuchung zu leiten und Las um fangreiche Belastungsmaterial zu sichten. Verschobener Stapellauf. Hamburg, 4. Mai. (Tel.) Die Aus sperrung von 2700 Arbeitern auf der Vulkan- werft har die Verschiebung des Stapel laufes des Kreuzers „H e i m d a l" nötig gemacht. Die Einleitung der englischen Vetobill angenommen. London, 4. Mai. (Tel.) Im Unterhause wurde gestern die Einleitung der Vetobill an genommen. Din Einzelberarung über die K l a u sein wurde unter langanhaltenden Beifalls rufen der Ministeriellen zum Abschluß gc bracht. Ausschreitungen gegen einen französischen Steuer beamten. Paris. 4. Mai. (Tel.) In Lauriöre (Dep. Haute Vienne) veranstaltete die Bevölkerung gestern lebhafte Kundgebungen, als ein neuer Steuer beamter. der der Anordnung der Behörde entsprach, gegen den Einspruch der Einwohnerschaft seinen Amtssitz von Laurie re nach St. Sulpice ver legen wollte. Steuerakten, die im Saale des Bürgermeisters verwahrt sind. sollen ver schwunden sein. Hasenorbeiterausstand in Portugal. Oporto, 4. Mai. (Tel.) Die Hafenarbeiter von Oporto und Gaya haben beschlossen, da ihr« Forderungen nicht bewilligt wurden, in den A u s - st a n d zu treten. Adgelchnte gerichtliche Verfolgung. Belgrad, 4. Mai. (Tel.) Die Skupjchtina Hal gestern nach dreitägiger Debatte den Antrag der Nationalisten, den früheren radikalen Minister P e 1 rowic wegen angeblicher Ermordung ter beiden Brüder Novatowic vor den Staalsgerichts h o f zu stellen, in geheimer Abstimmung mit 83 gegen 60 Stimmen adgelehnt. Damit ist die Angelegen heit endgültig erledigt. Türkei und Montenegro. Cetinje, 4. Mai. (Tel.) Auf die angLkündigten Schritte des türkischen Gesandten erwiderte der Ministerpräsident T o in a n o w i r s ch, die Grenz behörden seien beauftragt worden, Zwischenfälle zu verhindern. Ein wegen Verteilung von Munition an Bauern verdächtiger Offizier sei nach Cetinje zwecks gerichtlicher Verfolgung berufen worden. Nus Leipzig unü llmgegenü. Leipzig, 4. Mai. Wetterbericht der Königs. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 5. Mar 1911. Westwind. Bewölkungszunahme, warm, Gewitter, zeitweise Niederschlag. Pöhlberg: Starker Tau, Abend- und Morgenrot. Fichtelberg: Glänzender Sonnenunter und -aufgang, Abend- mrd Morgenrot. * Bon der städtischen Kläranlage. Die Stadt verordneten hatten in ihrer Sitzung vom 8. Dezember 1909 den Rat ersucht, zu erörtern, ob sich nicht eine Verringerung der Klärmittelkosten durch eine bessere Vorklärung der Schleusen wässer, vielleicht durch Einbau von Sand fängen oder Herstellung von Rechenanlagen, erreichen ließe. Vom Tiefbauamt sind darauf im Jahre 1910 umfangreiche Versuche angestellt worden. Das Grüne Nuto. Roman von August Weißl. 12s (Nachdruck verbalen.) Lei Nennung dieses Namens wurde die Gräfin totenbleich. Sie stierte ihren Mann wie geistesabwesend an. Ihre Lippen zitterten. Sie wich zurück und suchte taumelnd an ter Lehne eines Fauteuils einen Halt. Ihre Nägel bohrten sich so tief in den Armstuhl, daß die Seide riß. „Wer? — Was?" stammelte sie. Ihre Kehle war fo trocken, daß die Stimme ver sagte. „Lartelane?" stammelte sie nochmals und rang nach Atem. ..Ja . . ." „Ich kenne keinen Tartelane!" schrie sie endlich. ..Wer ist das? Was will er von mir?" „Wer das ist?" stotterte der Graf mit albernem Lächeln. „Ich weiß schon... das ist der Doktor... nein, das ist der andere, das ist... ein junger Mann, der dich aus Turin kennt... Weißt, vom Zirkus..." Violetta war mit einem Satz bei ihrem Gatten. Wie ein wildes Tier hatte sie ihn angesprungen. Sie faßte ihn bei den Armen und schüttelte ihn wütend. Aus ihren Augen loderte erschreckende Glut. „Du, streng' jetzt deinen Kopf an!" schrie sie. „Denk' nach! Du weißt nicht, was auf dem Spiele steht! Paß auf! verstehst du mich? Sag' mit nur das eine. Hast du in deinem Rausch ausgeplaudert, was begraben sein sollte? Hast du von jener Zeit gesprochen??" „Aber Violetta ... es waren ja lauter gute Be kannte, so nette Burschen, die plauschen ja nichts aus. Sie haben dich ohnedies schon alle gekannt. Sie haben ja alles schon gewußt . . . Auch von dem anderen haben sie gesprochen . . . weißt, von dem, nach dem du dich erkundigt hast, dem Tastellmari ... Er ist tot, lassen sie dir sagen, ganz tot . . . Du brauchst jetzt nicht mehr überall auf die Polizei zu laufen und nach- zusorichen ... Er ist wirklich tot . . ." Violetta war bet den Worten des Trunkenen Schritt für Schritt zurückgewichen und stand jetzt an der Wand. Tie Füße schienen ihr versagen zu wollen, denn sie suchte nach einer Stühe und rang nach Atem. Als ob es sie am Halse würgte, griff sie nach der Kehle, um iich Luft zu schaffen. Ihr bleiches Antlitz verzerrte sich in ohnmächtiger Wut. Sie schlug die Hände vors Gesicht und verharrte regungslos. Cnmpobello taumelte auf seine Frau zu und lallte: „Bist bös auf mich . . . Weil ich getrunken hab' . . .? Es wird nie mehr vorkommen." Dabei machte er eine Bewegung, als wollte er sie in die Arme schließen. Bei der Berührung zuckte die Frau zusammen. Sie stieß den Trunkenen zurück und verließ, ohne ein Wort zu sagen, die Möbelstücke entlang tastend, dos Zimmer. Zvenige Minuten später lag Campobello in tiefem Schlafe. Einundzwanzig st es Kapitel. Die Gräfin aber saß in ihrem Zimmer, den Kopf in die eiskalten Hände gestützt und starrte fassungslos zu Boden. Das erste Morgengrauen kroch über das Dach des gegenüberliegenden Hauses und warf fahle Lichter durch die Scheiben. Da . . . was war das? Hatte es nich: geläutet? Violetta fuhr in die Höhe. Die Kammerfrau trat ein und meldete: „Gräflich Gnaden, bitte, es sind zwei Herren da, die gräflich Gnaden sofort sprechen wollen " Violetta erbleichte . . . Sie griff nach dem Kopf dessen Schläfen wild hämmerten, preßte die Fäuste gegen die Brust und seufzte tief aus. „Was soll ich den Herren ausrichten?" fragte das Mädchen. „Weck' den Grafen!" befahl die Gräfin. „Die Herren wollen aber mit der Frau Gräfin " „Wer sind die Herren?" fragte Violetta leise. „Von der Polizei", anwortete das Mädchen. Die Gräfin fuhr mit der Hand zum Herzen. So war also alles aus . . . Man kam bereits, sie zu holen . . . Das Verbrechen war entdeckt . . . Ihr Mann hatte sie im Rausch verraten ... Was tun ...? Fliehen . . .? Sie eilte zum Fenster. Vor dem Hause sah sie zwei Männer stehen ... So gab es keinen Ausweg mehr . . . keinen —? O -- doch! „Laß die Herren in den Salon cnnrcten". befahl sie dem Mädchen. „Ich komme gleich " Mit diesen Worten eilte sie in ihr Schlafzimmer und versperrte hinter sich die Tür. Wurz und Baron Sphor wurden in den Salon geführt und gebeten, Platz zu nehmen, die Gräfin werde gleich erscheinen. Zehn Minuten vergingen „Die Sache dauert mir zu lange", sagte endlich Wurz. „Ich werde kurzen Prozeß machen. Fort kann sie nicht, denn alle Ausgänge sind besetzt. Bitte, rufen Sie das Mädchen!" „Wo ist die Frau Gräfin?" fragte der Polizcirat die eintretende Kammerfrau. „In ihrem Schlafzimmer, bitte." „Führen Sie uns dahin. Sofort!" befahl Wurz in jo dediziertem Tone, daß das Mädchen keinen Ein wand zu erheben wagte. Wurz fand die Schlafzimmertür verschlossen. Er klopfte — keine Antwort erfolgte. „Rufen Sie den Agenten, der im Vorzimmer steht", sagte Wurz leise zu Sphor. Der Agent erschien. „Oeffnen Sie diese Tür", befahl der Polizeirat. Es war nicht schwer, das einfache Schloß aufzu sprengen. Polizeirat Wurz riß die Tür angclweit auf, ohne in die Türfüllung zu treten und rief: „Gräfin, ersparen Sie uns weitere Gewalttaten! Zwingen Sie uns nicht, Hand an Sie zu legen!" Im Zimmer blieb alles still. Merkwürdig still. Der Polizeirat konnte die Ecke eines Bettes fehen: darüber ein Heiligenbild. Dor matte Schein einer Kerze, die in der anderen Ecke des Zimmers stehen mußte, warf zittrige, undeutliche Schatten. Vorsichtig beugte sich der Polizeirat vor. Er sah die Gräfin di Campobello unbeweglich vor ihrem Toilettentisch sitzen. Er trat vor und blieb an der Schwelle liehen. „Gräfin, ich verhalte Sic im Namen des Gesetzes als Mörderin der Oberleutnants Georg von Castell- mari!" Die Gräfin im Lehnstuhl blieb unbeweglich. Der Polizeirat trat rasch auf sie zu und legte feine Hand auf ihre Schulter. Bei der Berührung brach die Gestalt in sich zu sammen und kollerte auf den Boden. Zu den Füßen des Polizeirates lag — eine Tote. „Sic ist vor Schreck ohnmächtig geworden!" rief Sphor. „Nein, sic ist tot. Sehen Sie das kleine Loch in der linken Schläfe nicht?" „Aber wir haben doch keinen Schuß gehört?" „Auch als Castellmari erschossen wurde, hat man keinen Schuß gehört. Dieselbe lautlose Kugel, die ihm den Tod gegeben, hat auch ihr ein Ende bereitet." Dc.- Polizcirat beugte sich nieder und faßte die Tote unter den Armen. Mit Hilfe Sphors trug er sie zum Lager und bettete sic unter dem Heiligen bild nieder. Der Polizeirat druckte der Toten die Augen zu. Dann nahm er seine Koppe vom Kopfe und faltete die Hände . . . * * * Der Selbstmord der Gräfin di Campobello setzte der Tätigkeit der Polizei ein Ende. Da der Mord gesühnt erschien, wurde strengstes Stillschweigen über alle Einzelhelten bewahrt. Nur beim Polizelpraslüenten fand eine Konferenz statt, bei der PoUzelrat Wurz folgenden zusammen hängenden Berichr erstattete: Der Mord in der GrlUhoscrstraße, über dem ui sprünglich ein geheimnisvolles Dunkel lag, ist von der Gräfin di Campobello, geborenen Violena Crezpo, die sich selbst gerichtet hat, verübt worden. Als Bc weise hierfür dienen: Erstens zeigen die Fingerabdrücke, die an der Scheibe und auf dem Fensterbrette jenes Zimmers ge junden wurden, aus dem der Schuß kam, genau Las selbe Bild wie diejenigen, die von der Gräfin adgc nommen wurden. Zweitens erkennen die Einspännertutjchcr und der Fiaker, die die Frau von der Grillhoferstraßc dis zur Paniglgasse auf der Wieden geführt, in den vor gelegten Photographien die Gräfin wieder. Drittens gehören die Spange, die im Staub ge funden wurde, und die daran hängenden Härchen, die mit Fleur L or gefärbt waren, wie mikroskopisch fest gestellt wurde, der Toten. Viertens war die Gräfin in ihrer Jugend Kunst schützin und besaß ein Gewehr neuester Konstruktion, aus dem mittels komprimierter Luft geräuschlos ge schossen werden kann, und das eilt Kaliber aufwelft. das genau der im Bilderrahmen gefundenen Kugel entspricht. Fünftens ist festgestellt worden, daß die Gräfin in Strebinger Anfang Januar auf der Mariahilfer Straße jenen Mann wiedererkannte, zu dem sie vor Jahren in Turin in Beziehungen gestanden war, und den sie seither mit ihrem Haß verfolgte. Sechstens beweisen der angefangene Brief, der bei dem Ermordeten gefunden wurde, und die Aussagen des Herrn Cartelane. eines Jugendfreundes Castell maris, daß sie wiederholt den Vorsatz geäußert, den früheren OZeliebten zu töten. Einige Zwischenglieder, die fehlen, lassen sich leicht ergänzen, jo daß sich die Tat aller Wahrschein lichkeit nach folgendermaßen abgespielt haben dürfte: Die Gräfin begegnete Castellmari auf der Maria hilfer Straße und erkannte in ihm jenen Mann, den sie schon seit Jahren gesucht. Doch auch er hatte sie erkannt, und da er einen Anschlag auf sein Lebe«, fürchtete, wie wir aus Briefen und Aeußerungen wissen, hauptsächlich aber wohl, weil die Mission, die ihn nach Wien geführt, ihn verpflichtete, sein In kognito zu wahren und in Verborgenheit zu bleiben, übersiedelte er rasch und unauffällig in die Grill hofer Straße. Nun fragt es sich, wie die Gräfin dies erfuhr. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß