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Sonntags»Ausgabe ISS. Jahrgang Nr. 70 1914 Sonnlag, üen s. /ebruar an. lstädt rgern :nden pnne Tod griechische Ministerpräsident Veni- am Sonnabend in Bukarest ein- * Das preußische Landesökonomie- kollegium nahm am Sonnabend nach ge heimer Verhandlung einen längeren Antrag an, der sich kritisch mit dem Fideikommiß- gesetzentwurf befaßt. (S. Pol. Uebers.) k de alte, legen „den, Lei. mitte rden. »tage f des ttum and preis von scheu f die Dor- mit en. Nau- lngen Loten -Ibach e und »men, -hat; nicht * Am heutigen Tage besteht die Kaiser liche Schutztruppe für Deutsch-Ost afrika 25 Jahre. (S. des. Art.) Kiesige haupt- »lt der . Ab- onats- reins- zwar n der iterbe- skasse. wurde Amtes rstand Metzel ornack Karl rss.X > Aus- ckskasse, sentUch 4 keine fe auch zuletzt leichem L vom ne und auen« stieder. «tiefen en auf Er. , Mit. Amts* * Der zelos ist getroffen. hreber* ' seine .bericht 7 Aus- gte bei usgabe Nach Kinder e teil, on be würbe ochrist- !n den . Oeh- >mann, nssion: in die nd zur >.och zu igner« hatte chaus esagt. man r von mms, „Herr gner- Für n der »»»atne» , es m., »»«toULHrUch r.7S m. So» »,r «,schafi»N,Uo, »nf.ru ZtUal« »»-Nu.godost.U«, abgrholl: mouatttch l M , vt.rt.ljLhrUch S M. varch »>« Postr inu.rhald veutfchlan», unS »<r »rutsch«! K»l»M« »»uatUch ,^o M., vt.rt.ljShrUch «.SO M., auoschN.-Uch p»ftd»st,U,»U. vo» O.tpztgrr Tag.dlott «rsch.tat werktags »mol, Sona- u. Zrlertag» »mal. S» Lotprtg, »en Nachbarort«, und »en Orten mit riaeneu -Malen wir» St« NdenSouogab« »och am Nd«n» de» Erscheinen» 1»« Hou» geltesert. Verttu« Nebaktlda: 0a»«rZelten >7, jrrusprech-/laschluA: MoadltNr.*»?. Vas Wichtigste. * Im Reichstage beschäftigte man sich am Sonnabend ausgiebig mit Kalifragen. (S. Art. u. Ber.) * Im preußischen Abgeordneten hause kam es am Sonnabend zuZujammen- stößen zwischen den Sozialdemokraten und dem Präsidium. (S. Ber.) lission stellte n Be il sich Ange- Der igsrat Vor- nver- en ar. kistian ch die oähnt. lnter- Ber* ase- t ver- idver- iinkter 2S Jahre Kaiserlicher Schutztruppe. Der 8. Februar ist ein Ehrentag für unsere Schutz truppe. 25 Jahre werden an diesem Tage ins Land gegangen sein, da das Reich genötigt war, zum Schutze seines jungen überseeischen Kolonialbesitzes das Schwert zu ziehen. Dr. KarlPeters, -dem wir di« Erwerbung des Gebietes, das wir unter dem Namen Deutsch-Ostafrfta zusammenfassen, nicht zuletzt zu ver danken haben, gründet« zu jener Zeit die Deuhch-Ost- afrikanifche Gesellschaft, die zu Beginn des Jahres 1888 mit dem Sultan von Sansibar einen Vertrag ab- schlotz, demzufolge die Oberhoheit des Landes an der Küste an di« deutsch« Gesellschaft überging. Die Ge sellschaft begann nun ein« rege Verwaltung»- und Or- ganljationstätigkeit, si« legte Stationen an, aaif denen ihre Beamten die Verwaltung führten und Zölle er hoben. Das erschien den dort ansässigen, bisher die. Herrschaft führenden Arabern als ein unerhörter Eingriff in ihr« Recht« und Interessen, und sie fürch teten nicht mit Unrecht, daß si« durch di« deutsche Herrschaft allmählich ganz in den Hintergrund ge drängt würden. Bei ihrem Einfluß auf die Neger bevölkerung fiel es ihnen nicht schwer, diöfe auf ihr« Seite zu bringen und zum Kampf gegen die weihen Eindringlinge zu bewogen. Der Aufstand griff mit größter Schnelligkeit rm ganzen Lande um sich, und di« Demtsch-Ostafrikanische Gesellschaft sah sich vor die dringende Notwendigkeit gestellt, das Neuh um Schutz zu bitten. Alle Stationen der Küste gingen verloren, und wenn nicht damals die Kaiserliche Marin« ta Bagomojo und Daressalam durch das Seschützfeaer eines ihrer Kanonenboote die Aufständischen in Schach gehalte r hätte, so wären auch diese wichtigsten Punkte uns damals verloren «gangen. Mit der Nieder werfung des AraberauIstand«, de« Buschirsist auf leuchtendste der Nam« eines Man- nes verknüpft, den di« Schutztrupp« al» Hveu beiden- Amtsblatt des Rates und des polizefturftes der Etudt Leipzig NoöaNUm »»» SofchaftsstoUor lohanaUgoss« vr.. -«rnspr.ch-N-schluS Nr.,»»«, 14»« m»ü 14»«. für Nofnot* «»» LNpzig UN» u»s»s«os üt» . IspaUIg»p«tM«N«erPf.,»>«N.Nam«!«N»lM., »»a au,wS«» x Pf., N»No»«r 1.« M., «'N»» Na,N,«i SUPeNtz.U. o« r»pf.b.wt«»,rhol.Nad.,I»fo^to »»» 0«I>»r».a lm amNich.nr.U »1« pottt- z«l« »0 Pf. e«sch»fr»anz»>g«i mll playvorfchrtft »m pr.tf« »rhöht. Nadatt »ach Earlf. SrUagio, S.somtaufi.» M. So» Laus««» ou»fchl- poNs.düho. flar^S«»-ftaaoh».: 1»haaa'»soN»«, »N fümtUch«. kNtalro »»» LNpzl-« lagodiatt«» uni all«! Nao»»««^e»p»SM»o»» 4.» 7a- oa» N»»la»S««. für0«Uao-üt,pr.0roos«»dor,- v»r«M»«waU»r-U,,N, LrrUa w. 1», Morgorrthrastro-« «» I«msproch-K»5H<u-r LÜH»» »71. frau fällt es nicht ein. wie di« sorgende Hausmutter von einst, Vorräte an Lebensmitteln in Kammer und Keller aufzuspeichern. Wozu? Ist diese Zufuhr auch im Kriegsfälle gesichert? Keineswegs. Zunächst wird im Falle der Mobil machung die Eisenbahn für militärische Zwecke, Sol daten- und Eüterverbringung, vollauf in Beschlag genommen werden. Aber das nicht allein: die Lebensmittel selbst müßten zu einem guten Teil für das Heer beansprucht werden, und zwar natürlicher weise nicht blos für einige Tage. Für die Heeres- massen, die möglicherweise an zwei Grenzen zu ver pflegen sein werden, hat zwar die Kriegsverwaltung groß« Mengen von Lebensmitteln bereitgestellt, die Konjervenindustrie hat ihr diese Aufgabe erleichtert, aber die Ernährung des Heeres ist damit noch nicht sichergestellt: es wird gewaltiger, stetiger, täglicher Zu bedürfen. Der Wallensteinsche Grundsatz: Die e ernährt sich selbst, gehört längst der Geschichte Di« Verhältnisse sind eben ganz andere. Wer aber möchte behaupten, daß die Städte auf eine Notlage der Lebensmittelversorgung, wie sie unbe dingt eintreten muß, vorbereitet seien! Martin Schneider-Leipzig hat im letzten Heft des „Panther" diese schwierige Frage in verdienstlicher Weise erörtert. Er schlägt vor, eine gewisse Unabhängigkeit der Städte von der Eisen- bahnzufuhr anzustrcben, und zwar durch die zeitig« Einrichtungen von Kraftwagenverbindungen. Regel mäßig verkehrende Lastwagenzüge sollen die Zufuhr des Schlachtviehs, der Milch und der Lebensmittel überhaupt sicherstellen, und er glaubt, daß die staat lichen Eisenbahnverwaltungen, da diese Zufuhr nicht allzuviel abwerfe, gern darauf verzichten würden. Ob das überall zutreffen wir-, ist uns etwas frag lich. Weiter aber — und das ist der Gedanke, der am nächsten liegt — verlangt er die Einrichtung von Kühlhäusern und Lagerhäusern unter städtischer Verwaltung. Also die Einrichtung von Kriegs magazinen, wie sie die Militärverwaltung schon längst besitzt. Zweifellos für eine weitsichtige und vorsichtige Stadtverwaltung das richtig» Mittel, nur — einfacher gesagt als getan! Denn wenn für die - Ernährung einer Stadt von Hunderttausenden wirk, s a m vorgesorgt werden soll, so ist natürlich mit halben Maßregeln nichts auszurichten. Wenn das Doll weiß, daß Lebensmittel für den Notfall aufgespeichert sind, so wird es — das ist ganz natürlich — alsbald ihre Verteilung fordern, untz welche Gefahr entsteht, wenn dann in ein paar Tagen Schluß ist, braucht nicht ausgemalt zu werden. Dann kommt zum Hun ger der Aufruhr, ehe man sich dessen versieht. Es hängt also sehr viel davon ab, wie man an die Sache herangeht, welchen Zweck man erreichen will. Wir halten es indeß für wahrscheinlich, daß die Militärverwaltung diese Notversorgung der Bevölke rung in den Kreis der Dinge, den sie jetzt behandelt, hereinzieht und Vorschläge machen wird, die dann die Regierungs- und Verwaltungsbehörden weiter beschäftigen werden. Dabei ist es tröstlich zu wißen, daß Wissenschaft und Industrie auch auf dem Ge biete der Behandlung von Nahrungsmitteln — wir erinnern nur z. B. an die Konservenzurichtung, die Kartoffelpressung usw. — ganz außerordentliche Fort schritte erzielte, die uns bei dieser ernsten Aufgabe sehr zugute kommen werden. Aber ist es wirklich nötig, sich heute mit dem Kriegs- und Hung«rgespenst zu befaßen? Nun, wer so fragt, könnte mit demselben Rechte fragen, weshalb überhaupt Kriegsrüstungen betrieben werden. Gäbe es überhaupt keine Kriegsgefahr, so hätte allerdings auch das Rechnen mit dieser Gefahr keinen Sinn. So lange wir aber damit rechnen müssen, gilt es auch auf alle möglichen Folgen rechtzeitig bedacht zu sein. Denn es wird nicht nur auf das Waffenglück ankommen, sondern wesentlich auch auf die innere Widerstandsfähigkeit, und — da redet der Mag«n mit. Volksernährung im Kriegsfälle. * Es heißt eine platte Weisheit aussprechen, wenn wir sagen: des Krieges wegen, wird heute kein Krieg mehr geführt. Das ist aber im doppelten Sinne richtig. Einmal: aus reiner Lust am Krieg« wird heute kein Staat mehr zum Schwerte greifen; die Zeiten, wo das geschah, sind vorbei. Dann aber: ein Krieg unter der Wucht der heungen Rüstungen, unter Verwendung der gewaltig gesteigerten Waffenwir kung ist ein so furchtbares Ereignis, daß die Verant wortung ins Ungeheure steigt; der Krieg schreckt vor dem Kriege. Dazu kommt noch ein anderes, sehr wichtiges. Die Kosten eines Krieges würden jeden Kriegsschatz in ein paar Tagen erschöpfen, und wie nach der Mobilmachung weiter gewirtschaftet werden soll, das ist die Frage, die für die kriegführenden Staaten vielleicht entscheidender sein wird als der Erfolg der Waffen. Die letzten Balkankriege haben da sehr lehrreich gewirkt, wobei aber beachtet werden muß, daß die Serben, Vulgaren, Türken usw. mit einer Verpflegung auskamen, die z. B. für deutsche Soldaten undenkbar wäre. Es handelt sich nicht mehr um einige Millionen, die jeden Tag flüssig sein müssen; sondern um Dutzende von Millionen. Wie wir hören, ist gerade jetzt die Militärverwal tung mit der Beratung dieser „Kriegswirtschaft", oder sagen wir mit der Aufstellung eines Kriegshaushaltes beschäftigt, und selbstverständlich sie nicht allein. Es kann ja nicht genügen, sich über die Höhe des Auf wandes und die Beschaffung der Mittel klar zu werden; was jetzt sich ebenfalls aufdrängt, das ist die Vorsorge gegen die Rückwirkung eines Krieges auf die Bevölkerung, das Erwerbsleben und die Ernährung. Der ausziehende Soldat wird versorgt. Was aber wird aus den Millionen Menschen, die zurückbleiben? Wovon sollen sie leben? Will es das Glück, so ist es allerdings wohl denk bar, daß „Zuhause" alles ohne große Störung leidlich den gleichen Gang geht, wie es etwa 1870 der Fall war, nämlich dann, wenn der Krieg sofort über die Grenzen getragen wird und sich in einigen großen Schlägen erledigt. Es darf aber nicht vergeßen wer den, daß die ins Feld rückende Heeresmacht weit mehr Kräfte mit wegnehmen wird als damals. Es werden unter Umständen an 4'/tz Millionen Soldaten im Felde stehen, gegen 1350 000 im Jahre 1871. Es ist also sicher, daß namentlich in den großen Industrie werken der Betrieb eingestellt werden muß. Damit wird man auch aus einem anderen Grunde zu rechnen haben: di« Zufuhr der Rohstoffe wird ganz oder zum Teil, es hängt das von der Ausdehnung des Kriegs theaters ab, gefährdet sein. Man stelle sich nun ein« Stadt vor, in der viel« Tausende von Familien ohne Arbeit und Brot sind. Wie eine solche Bewohner schaft auf Wochen oder gar auf Monate erhalten? Unsere städtischen Verwaltungen wißen ja kaum Rat, wie sie den Folgen einer Arbeitslosigkeit begegnen sollen. Dennoch würde jene Sorge nur ein Teil der Ge- samtnot sein. Der Arme würde im Kriegsfall nur etwas rascher als der Besitzende die Nahrungsnot zu spüren bekommen. Sehr bald würde auch der Reichste nicht mehr viel voraushaben. Denn er hängt ja heute wie alle anderen von der Lebensmittel zufuhr ab, wenigstens gilt das für die Städter. Was wir täglich in den Markthallen, den Fleischer-, Bäcker- und Gemüseläden aufgestapelt sehen — woher kommt das? Gewöhnlich machen wir uns darüber keine Gedanken. Es ist ja alles da. Wer Geld hat zum Einkäufen, wäblt nach Herzenslust. Es ist das Land, das die Staat ernährt. Auf viele Meilen hinaus wirkt die Stadt wie eine Auffaug-stelle. Milch, Fleisch. Mehl, Eier, alles was sie zur Nahrung braucht, muß ihr zugeführt werden. Di« Stadt Leipzig z. B. braucht an jedem neuen Morgen zum mindesten 150 000 Liter Milch. Di« Stadt wirkt heute nicht blos auffaugend, sondern sogar aussaugend. Es ist bei uns in Sachsen wenigstens schon so, daß von dem früheren Ueberfluß auf d«m Lande keine Rede m«hr s«in kann. Aus den Dörfern wandert vielfach d« letzte Liter Milch, das letzte Et in die ewig hungrige Stadt: die Ernährung der Landkinder ist »im T«il schlechter al» di« der Stadtkinder. Diese Zufuhr ikt heute so ausgestaltet und geregelt, nament lich durch die Verbesserung de» Eisenbahnwesens, daß der Städter gar nicht daran denkt, sie könne einmal ausbleiben. Darum lebt er auch im wirklichen Sinne de» Wortes von der Hand in den Mund. Der Haus nugtuung, denn es ist ja ganz selbstverständlich, daß die Sozialdemokratie mit ihrer ausgezeich neten Organisation alsbald die Wirkung des Gesetzes zu umgehen wüßte. Und was dann, wenn der Mißerfolg nicht mehr zu leugnen wäre? Geschwind ein neues Gesetz machen? Bis jetzt hat sich fast immer gezeigt, daß mit einer Ge setzgebung, die nicht aus einem festen Rechts boden erwachsen ist, keine guten Früchte erzielt werden. Und das ist der Vorwurf, den die nationalliberalen Redner Dr. Kaiser und ins besondere Dr. Zöphel mit Fug gegen die Kon servativen erhoben, daß sie mit durchaus un klaren Absichten an die Sache herangingen. Erst operierten sie im Lande mit dem Streikposten verbot, als sei damit alles getan, um dann not gedrungen in der Kammer zuzugeben, daß die Regierung denn doch die bessere Einsicht für sich habe; ja sie haben schließlich selbst eifrig die Notwendigkeit einer paritätischen Behandlung von Gerechtiakeitswegen betont. Mit Forde rungen im Lande Reklame machen ist leicht; peinlich hinterher aber eingestehen, daß die Leute, die man in der Gunst der öffentlichen Meinung »u überholen gedachte, im Rechte waren. Die Industrie wird den Männern, die sich durch die hitzigen Uebereifrer nicht von der Bahn ruhiger Erwägung abdrängen ließen, einmal Dank wisien. Umschau. Leipzig, 7. Februar. rst Diese Woche gab es auf dem Gebiete oer hohen Politik allerlei Neues oder wenig stens allerlei, was sich wie neu ausnahm. Viel leicht könnte man beschcidenerwcise sagen: dies und jenes ist aufgebügelt worden, damit es am zeitgemäßen Faltenwurf nicht fehle. Selbst die angebliche Gründung eines Balkan st aaten- bundeS in Petersburg könnte als eine Aufbügelung getragener Gewänder bezeichnet werden, denn man weiß ja, daß die russische Poli tik schon einmal, nämlich im Jahre 1912, einen Balkanbund mit Erfolg zurechtschneiderte. Was letzt dort zwischen dem geschäftigen griechischen Ministerpräsidenten Venizelos, dem serbi schen Staatslenker Pasitsch und Vertretern Rumäniens unter der Leitung Ssasanows verhandelt wurde, ist freilich ein Hantieren mit etwas veränderten Mtteln zu veränderten Zwecken. Die Frucht — sofern sich schon von einer Frucht reden läßt — wird sich wohl erst zeigen, „wenn der Frühling auf die Berge steigt" und die Schneeschmelze wie schon so oft den Tatendrang weckt. Nicht nur in Men beobachtet man die russische „Friedenspolitik" mit großem Mißtrauen. Alle Welt kennt die Tatsache, daß Ssasanow etwa heute vor zwei Jahren den bulgarisch-serbischen Kriegsvertrag bereits kannte und kurze Zeit dar auf auch über die militärische Abmachung, die sich gegen Oesterreich richtete, unterrichtet wor den war und daß er es dennoch fertig brachte, am 26. April in der Duma die feierlichsten Friedensversicherungen abzugeben und zwar nicht nur für Rußland sondern auch für die zum Kriege gerüsteten Schützlinge am Balkan, ja für die ganze weite Welt. Diese Meister.eistung diplo matischer Verschlagenheit ist ihm noch nicht ver gessen worden, und es wäre sehr seltsam, wenn etwa Berlin geflissentlich der russischen „Frie denspolitik" mehr Vertrauen sckienlen sollte, als man in Wien für richtig hält. Es mag aber wohl sein, daß es Herr v. Bethmann wie Herr v. Jagow für geraten halten, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, zumal da es auch nicht viel anders würde, wenn sie eine böse Miene aufsetzen wollten. Jedenfalls hat Herr v. Iagow durch seine Erklärungen im Haushaltsausschuß desReichs- tages den Glauben an eine veränderte Stel lung Englands absichtlich gestärkt, eine Ver änderung, die, wenn die englische Politik nicht von derselben Zweideutigkeit und Durchtrieben heft ist wie die russische, die Meinung rechtfer tigt, daß England den Hpeiverband, also das vandinhandgehen mit Rügland und Frankreich lediglich nur noch als eine Rückversicherung für gewisse Fälle, nicht als eine Verpflichtung' zur Betreibung einer gemeinsamen dringlichen Sache betrachtet, namenllich dann nicht, wenn es mit dem Outsider ein vorteilhaftes Geschäft machen kann. Wie sagte diele Woche Herr Grey in seiner Tischrede zu Manchester: Wir sind ein kaufmännisches Volk! Ganz recht: die Phönizier der Gegenwart. Kein Scknmpf für die Engländer. Nichts erklärlicher, als wenn Eng land den Wert des Geschäftes, den es mit uns auf wirtsck-aftlichem und kolonialem Gebiete zu machen gedenkt, höher schätzt als das, was un Augenblick wenigstens seine Verbündeten zu bie ten haben; ja sogar höher schätzt als die Ver wirklichung der Churchillschen AbrüstungSlieb- haberer. Freilich, ein Stachel ist geblieben. Aus den Erklärungen des Staatssekretärs von Tirpitz zu den englischen Wünschen zur Be schränkung de- FlottenbaueS wird man drüben nur da- „Nein" beraushören, auf das übri- genS schon Grey in seiner Rede vorbereitet hatte. Trotz des gewiß vorzüglichen Essens hafte er vermutlich einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge. Aber wenn ihn das Versagen Deutschlands verstimmte, wenn er das unsinnige Wettrüsten der Mächte beklagte, was sagt er heute zu den dreißigtausend schwedi schen Bauern, die nach Stockholm zogen, um den König zu überzeugen, daß das Land für ein starkes Heer, eine ausreichende Marine und Küstenbefestigung eine Wehrsteuer nach deut schem Muster aus sich nehmen wolle! Was hat die Bauern zu ihrem König getrieben? Ganz gewiß nicht der Großmachtsdünkel und sicher nicht ein Ueberfluß an Geld und Gut. Es sind russische Angrisfspläne, die ein neutrales Land aus der politischen Beschaulichkeit heraus treiben. Ein lehrreicher Fall. Was würde es nützen, wenn die englische Regierung Deutschland zu jenem Abrüstungsideal — nehmen wir an, es sei ein Ideal — zu gewinnen verstünde, >a doch das mit England im Dreiverbände tehende Rußland stetig den Machtzustand zu einen Gunsten zu verschieben trachtet und im Norden wie im Südosten Europas, von seinen asiatischen Plänen ganz zu schweigen, eine Mine nach der andern legt?! Der kluge Herr Grey wird sich selbst sagen, daß es da schwer ist, für die Weltpolitik der Mächte einen Normal leisten herzustellen. Immerhin: im Reichstage wie in der Presse war man geneigt, die Eröffnungen des Herrn v. Jagow, so wenig greifbaren Inhalt sie auch hatten, unter die erfreulichen Zeichen der Zeit einzureihen. Wir sind nicht sehr an spruchsvoll, und m trüben winterlichen Tagen sind wir ja auch schon recht froh, wenn wir auf Stunden durch einen Sonnenblick erfreut wer den. — Mißvergnüglich war der Ausgang der Verhandlungen über die Anträge zur Abände rung des Reichsvereinsgesetzes. Das lag am Zentrum, das es nicht über sich bringen konnte, seine alten Parteischmerzen zu vergessen. Es stimmte mit den Polen und Sozialdemokrat ten für die Abänderungsanträge, während die Rechte mit den Nationalliberalen den Stand punkt der Regierung teilten, wonach kein Grund vorliegt, jetzt schon an einem Gesetz zu rütteln, das eine wohltätige Einheit im Vcreinsrecht geschaffen und dem Reichsgemeingefühl zweifel los zugute gekommen ist. Mit Recht unterschied Abg. Dr. Junck zwischen den Klagen über die Handhabung, die bei gutem Willen — es geht dies in der Hauptsache die preußische Vernml- tung an — abzustellen sind und den wieder- kchre.iden Versuchen, das Gesetz selbst den partei politischen Bedürfnissen der Polen und Sozial demokraten anzupassen. Wollte man ihnen nach geben, so hieße das so ziemlich auf den ordnenden und regelnden Zweck des Gesetzes verzichten. Eine andere Mehrheit fand sich bei der Abstimmung über den Antrag Westarp auf Vorlegung eines Gesetzes gegen den Mißbrauch des Koalitions rechtes, insbesondere gegen das Streik post en stehen zusammen. Die Ablehnung veranlaßte dann die Konservativen ihrerseits, gegen die Entschließung Bassermann zu stimmen, die von dem Reichskanzler eine Denk schrift über die Rechtsverhältnisse der Arbeiter verlangt. Wir verstehen nicht recht, weshalb sich die Rechte von dieser Stellungnahme zu einer auf jeden Fall berechtigten Forderung eine gute Empfehlung verspricht; es sei denn, daß sie meint, der Ausdruck parteipolitischer Ver ärgerung sei in diesem Falle an sich ein an erkennenswertes Verdienst. Auch der sächsische Landtag hat sich in diesen Tagen von neuem mit dem Koali tionsrecht befaßt. Es ist nicht richtig, wenn man ihm vorwirft, mit einer Sache die Zeit zu vertrödeln, die den Reichstag angehe. Sachsen mit seiner starken Industrie und großen Ar beiterschaft ist häufig genug der Schauplatz von heftigen wirtschaftlichen Kämpfen, und es ver steht sich von selbst, daß hier die Frage, ob und wie die Reichsgesetzgebung eingreifen, wie sie Recht und Ordnung schützen soll, die weitesten Kreise beschäftigt. Wir sollten denken, der Ver lauf der Verhandlungen der Zweiten Kammer werde zum mindesten das eine Gute bewirken, daß die weitverbreitete Meinung, es gehöre nur ein bißchen guter Wille dazu, einen Wunsch vieler Arbeitgeber zu erfüllen, einer besseren Einsicht weicht. Glaubt man, der Minister des Innern, Graf VitztumvonEckstädt, werde sich darauf verlegen, Schwierigkeiten zu machen, etwa aus Sorge vor dem Mißfallen der Sozial demokratie, wenn diese Schwierigkeiten nicht in der Sache selbst lägen! Er handelt einfach nach seiner staatsmännischen Verantwortung, wenn er, wie er das von neuem aussprach, an dem Ge danken festhält, daß das Koalftionsrecht eine Waffe im wirtschaftlichen Kampfe ist, bei deren Gebrauch für beide Teile volle Parität herrschen muß. Aus diesem Grundsatz ergibt sich aber von selbst, daß der Mißbrauch des Koali tionsrechtes, wenn man ihn bekämpfen will — und wer will das nicht? —, ebenfalls nur auf paritätischer Grundlage bekämpft werden kann. Anders denken wäre ebenso unrecht wie unklug, denn eben weil der Staat für Recht und Ordnung sorgen muß, kann er doch nicht die Hand zu einer einseitigen Kampfgesetzgebung bieten, die den friedlichen AuStrag wirtschaft licher Streitigkeilten fast unmöglich machen, ja wie ein revoltierendes Mittel wirken würde. Das ist auch der Standpunkt der ReichSregie- rung. Ein Gesetz gegen daS Streikpostensteyen allein — das wäre ein« sehr zweifelhafte Ge