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Mit rührenden Worten verabschiedete sich Dir. Dr. ' Grollmuß von allen, di« über ihm, di« neben ihm . und unter ihm gestanden, zuletzt noch von den Schülern und Schülerinnen, die unter lleberreichung eines Blu menstraußes mit einem sinnigen Gedichte Abschied ge nommen hatten. * Verein der Loge Balduin zu, Liade. Der Verein der Loge Balduin zur Linde zur Unterstützung hilfs bedürftiger verheirateter Wöchnerinnen hat auch im vergangenen Jahre wieder «ine ersprießliche und segensreich« Tätigkeit entwickelt. In 389 Fällen griff der Verein in Leipzig helfend ein. Am stärksten wurde er im März 1910 (42 Halles in Anspruch ge nommen. Seit der Eröffnung der Tätigkeit des Ver eins im Jahre 1827 waren bis Ende des Jahres 1910 allein in Alt-Leipzig, also ohne die Vororte. 25199 Unterstützungsfülle vorgekommen. Zahlenmäßig be trachtet, stellt sich die Hilssarbeit des Vereins der Loge Balduin zur Linde im verflossenen Jahre so dar: Der Unrerstutzungsaufwand für die Wöchnerinnen einschließlich 1839,15 .8 der Betty Stiftung betrug 6189,15 für 3096,10 wurde den Hilfs bedürftigen Frauen- und Kindcrwäsche geliefert. Die Einnahmen des Vereins betrugen insgesamt 8817,23 Mark, wobei der Rat der Stadt mit 150 und die Mitglieder mit 693 beteiligt waren: die übrigen Einnahmen rührten teils aus Legaten, teils aus Zinsqenuß her. Kasscnbestand hatte der Verein am 31. Dezember 1910 in Höhe von 2002,09 .8. In den Vororten unterstützte man im gan.zen 255 hilfsbedürf tige verheiratete Wöchnerinnen: in Anger-Crotten- dorf 1, Connewitz 1, Eutritzsch 2, Gohlis 17. Klein zschocher 72, Lindcnau 22. Lößnig 5. Möckern 3. Neu stadt 2. Neuschöneseld 5, Plagwitz 1. Reudnitz 21, Schleußig 1. Schönefeld 1. Sellerhausen 41. Stötte ritz 6. Thonberg 28. Nolkmarsdorf 15. Dösen 1, Stünz 1. — Sachen wurden hier gegeben im Werte von 133,70 .<l, außerdem noch Lebensmittel. Kohlen und anderes. — Die Jahresversammlung des Ver eins der Loge Balduin zur Linde findet am Sonn abend. den 27. Mai. nachmittags 4 Ubr. im Logen hause, Elsterstraße 2. statt. * Die Sächsische Eoanqelisch-soziale Bereinigung. Ortsgruppe Leipzig, veranstaltet« eine öffentliche Ver sammlung, in der Pastor Men sing aus Dresden über das Thema „Schiller und der Sozialismus" sprach. Der Referent gab ein Charakterbild des großen Dichters und hob hervor, daß es falsch sei. ihn als den vor der barten Wirklichkeit in das Traumland der Kunst fliehenden Idealisten hinzustellen, viel mehr sei Schiller der Mann der Tat gewesen, der un ermüdlich danach gestrebt habe, die Ideale zu ver wirklichen. Hierin erscheine er dem modernen So zialismus verwandt, doch unterscheide er sich von ihm dadurch, daß er scharf die Ueberlegenheik des Geistes über die Materie betone. * Botengänge! in de« Markthalle. Die Verwaltung der Städtischen Markthalle I hat in die Halle Boten gänger zugelassen und ihnen einen Stand — beim Fleischverkaufsstand Nr. 20 — angewiesen. Ueber das Verhalten der Botcngänger und über die von ihnen zu fordernden Beträge bei Ausführung von Be stellungen usw. sind besondere Vorschriften erlaßen. * Die neu« Landev-Tanzordnung rechtsunwirksam! Bedürfen »ichtöffentlickre Masken- und Kostümbälle sowie Kappenkränzchen der besonderen vorherigen «christlichen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde? Zu Lieser besonders im Königreich Sachsen vielumstrit tenen Frage Hut jetzt das Amtsgericht Pausa eine interessante Entscheidung gefällt. Di« Filiale Plauen des Tcxtilarbeiteroerbandes hielt vor kurzem in Pausa ein Vergnügen ab, das nach Ansicht der Amts- hauptmannschast Plauen ein anmeldepflichtiges Kappcnkränzchcn war. Die Amtshauptmannschast übergab die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft. Gegen die beiden Geschäftsführer des Textilarbciter- verbandes sollte gerichtlich eingeschritten werden. Das Gericht lehnte jedoch die Eröffnung des Haupt verfahrens mit folgender Begründung ab: „Die Mi- nisterialverordnung vom 8. Dezember 1910 (Landes- Tanzordnung) bestimmt zwar, daß Masken- und Kostümbälle, sonach auch Kappenkränzchcn, ohne Rück sicht darauf, ob sie öffentlich oder nichtöffentlich cbge- halten werden, mit Ausnahme solcher, die in Privat häusern stattfinden, der besonderen vorherigen schrift lichen Erlaubnis der Ortspolizeibehörde, das ist für Pausa die Kgl. Amtshauptmannschast Plauen, be dürfen. Sic bedroht auch im tz 11. Ziffer 2. mit Strafe Veranstalter und Leiter solcher Vergnügungen, die nicht im Besitze der erforderlichen Bescheinigung der Ortsbehörde über die Anmeldung eines solchen ge nehmigungspflichtigen Vergnügens sind. Allein diese Strafbestimmung entbehrt der Rechtswirk samkeit, soweit sie Veranstalter und Leiter nichtöffentlicher Vereins-, Masken- und Kostüm balle betrifft. Es wird hierzu allenthalben auf die Ausführungen des Kgl. Ober- landesaerichts Dresden verwiesen. In vorliegendem Falle handelt cs sich aber um ein nichtöffent liches Vereinsvergnügcn des Zwcigverbandes Plauen Pausa des Deutschen Textilarbeiterverbandes. an dem nur Mitglieder dieses Zweigverein» teilge nommen haben." Nach dieser Entscheidung ist also di« neue Landes-Tanzordnung für das Königreich Sachsen zu einem Teil« unwirksam. * Au, de» Leipziger Gastwirtvgewerbe. Für be reits bestehende Schankwirtschaften erhielten in Leipzig und den Vororten anderweit Erlaubnis zur Schankwirtschaft: Hermann Wendt, Thomaskirch- hof 15, Clara verehelicht« Meißner, Nikolai straße 10, Otto Lehmann, L.-Rcudnitz, Kreuz straße 38, und Robert Goldammer, L.-Stötteritz, Wasserturmstraße 37. * Die städtischen Laternenwärter hielten ein« Ver sammlung ab. um zu einer die Arbeitsverhältnisse regelnden Verfügung der Verwaltung Stellung zu nehmen. Nach längerer Aussprache erhielt der Arbciterausschuß den Auftrag, dieser Angelegenheit seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, und weiter wurde der Ausschuß beauftragt, an Stelle der jetzigen Be zahlung von 60 Pf. für das Frühanzünden 1 -4t zu fordern. * In einer Versammlung der Holzarbeiter Leip zigs, die im „Zentralthcater" tagte, hielt zunächst Schleminqer aus Berlin einen Vortrag über die Ent stehung und Entwicklung der Gewerkschaften, wobei er zu dem Schlüße kam. daß bei einer guten Organisa tion eine Tarifgemeinschaft mit den Arbeitgebern nicht zu verwerfen sei. Hierauf berichtete der Ver trauensmann Gericke über die Ursachen und den Ver lauf des Blüthnerschen Streikes, dessen Ende kurz vor dem Zusammentritt« der Versammlung in einer be sonderen Versammlung der Ausständigen beschloßen worden war. * Einbruch. — vor Ankauf wird gewarnt. Mit tels schweren Einbruchs sind in den Morgenstunden des Sonnabends aus dem Schloße Ulm-Erbach fol gende Gegenstände gestohlen worden: 1 bayrischer Georgenorden, Komturkreuz mit Stern, 1 goldene Jubiläumsmedaille des Tcorgenordens von 1885, 1 hohenzoll. Komturkreuz des Verdienstordens, 1 Komturkreuz vom japanischen Orden der ausgehen den Sonne, 1 Ehrenkreuz des württembergischen Kronenordens, 1 württembergischer Olgaorden und die Miniaturorden dazu, 1 österreichisches Marianer- kreuz, eine Jubiläumsmedaille von König Karl zum 25jährigen Regierungsjubiläum, die Zentenar- Medaille Kaiser Wilhelms, 2 Trauringe mit der Jahreszahl 1845, in einem die Gravierung „8. v. 6.", mehrere alte Taler, 2 goldene Herrenuhren, darunter eine mit Datum- und Monatsanzeiger, 1 alte silberne Uhr mit Doppeldeckel, der eine in der Mitte geöffnet, silbernes Zifferblatt. Dringend verdächtig sind zwei Männer, einer 1,75 Meter groß, schlank, schwarz haarig, gelbe Gesichtsfarbe, dunkelbrauner Schnurr bart, schwarzer Anzug, schwarzer steifer Hut, unge nagelte Schuhe, auffallend große Füße, handelt mit Federhaltern und Stahlfedern, der andere «inen Kopf kleiner, kräftig, an der rechten Wange drüsenartigen Ausschlag, mit modernem braunen Sakkoanzug, gibt sich al» Wäschcreisender aus und führt Musterpacket bei sich. * verhaftet wurde ein 19 Jahre alter Bäcker geselle aus Darmstadt, der im Südviertel in Stel lung war und dort einen Kollegen bestohlen hatte. — Ein 32 Jahre alter Arbeiter aus Dresden bestahl einen Logiskollegen, mit dem er gemeinsam eine Vier reise unternommen hatte, als dieser in einer Gast wirtschaft eingeschlafen war, um einen Geldbetrag. Auch er kam hinter Schloß und Riegel. * Diebstähle. Gestohlen wurde au» einer Boden kammer in der Biedermann st raße eine größer« Partie Bett- und Frauenwäsch«, sowie andere Gegenstände: di« Wüsche ist teils „kil. I-.", teils „Iv. I,." gezeichnet: aus einer Werkstatt in der Leutzscher Straße eine Anzahl neue Besen: aus dem Earderoberaume eines Geschäftshauses in der Peters st raße ein schwarzgrauer Paletot mit weißen Diagonalstreifen und Seidenfutter: aus einer Antleidezclle eines Bades in der Westvorstadt zwei Portemonnaies mit Geldbeträgen bis zu 63 zwei Fahrräder in derWächter - und Salomon- straße, Marke „Rolliance" und „Adler": aus einem Lokale im Nordviertel 400 die ein Gast ver sehentlich liegen ließ. * Bau-Unfall. Auf einem Neubau der Meyerschen Häuser in Kleinzschocher stürzte ein 20 Jahre alter Ar beiter aus Rodden infolge Fehltritts über eine Etage hach in das Kellergeschoß hinab. Dabei trug der Mann eine schwere Quetschung des Rückens da von. Mittels Rettungsautomobils wurde der Ver letzte in das Stadtkrankenhaus übergeführt. * Auf der Landstraße ertrankt. Im Straßengraben der Bornaischen Lhaußee, nahe der Heilanstalt Dösen, wurde gestern abend ein ungefähr 28 Jahre alter Mann, der sich Kurt Braunschweig nannte, weitere Angaben aber nicht machen konnte, schwer erkrankt aufgefunden und im Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht. * Unfälle. Zn der Siemeringstraße glitt «in Pferd au» und fiel in eine 2 Meter tiefe Ausladung. Die Feuerwehr konnte erst nach 1>/„stündlger Tätigkeit Las Tier wieder auf die Beine bringen. — Am Künigsplatze sprang der 56 Jahre alte Arbeiter Albin Lange aus Plagwitz auf einen im Gange befindlichen Straßenbahnwagen, fiel aber wieder herunter und zog sich «ine Kopfverletzung und eine Rückgratver- staucbung zu. — Schwer gequetscht wurde am Neuvau des Hauptbahnhofes ein 21 Jahr« alter Schlößer aus der Meißner Straße. Er hatte mit noch einigen anderen Arbeitern Eisenteile verladen und dabei zu spät bemerk,, daß eine auf abschüssiger Bahn stehend« Eisenbohnlore sich plötzlich in Be wegung setzt«. — In die Transmission ge riet in einer Fabrik in der Arndtstraße ein 27 Jahre alter Schleifer aus der Hildegardstraße. Der Mann erlitt einen mehrfachen llntcrarmbruch. * Schönefeld, 23. Mai. (Ausder Gemeinde ratssitzung.) Das Königliche Ministerium des Innern will erst nach endgültiger Genehmigung des Teilbebauungsplanes Nr. 1 das Ortsgesetz über Er hebung von Platzbeiträg«n genehmigen. — Am 1. Mai d. I. sind hier 678 Fabrikarbeiter gezählt worden. — Der Staatssekretär des Innern und der Bauverein zur Beschaffung preiswerter Wohnungen in Leipzig sind zur Abtretung des wegen Anlegung eines Gleises nach der geplanten Güterladestelle er forderlichen Landstreifens gegen Entschädigung bereit. — Der Schutzmann Kunze in Zwenkau wird seine hiesige Stelle am 1. Juli 1911 antreten. — Zn der Einoerleibungsangelegenheit wurde von einem Schreiben des Rates der Stadt Leipzig Kenntnis ge nommen. — Als Gemeindcvorftand wurde Stadtamt mann Gründer in Leipzig gewählt. — Für die stell vertretende Verwaltung der Gemeindevorstandsge- sctstjfte bewilligt man 2000 -<t. — Acht Bauanzeigen wurden erledigt. — Wegen der beantragten lieber- nahm« der Trötzschelstraße auf der Strecke von der Leipziger bis zur Ploßstrake in Eemeindeunterhal- tung soll im Zuni eine Besichtigung der Straßenstrecke stattfinden. — Die Lieferung der schmiedeeisernen Raseneinfriedigung am Stannebeinplatze wurde einer hiesigen Firma übertragen. — Verschiedene Erneue- runasarbeiten im Eemeindebade wurden nach dem Vorschläge des Dadeausschusses genehmigt. — Es soll beantragt werden, daß für einige Straßen des inne ren Ortes der Verkehr von Lastkraftwagen von über 5,5 Tonnen Gesamtgewicht nur mit einer Höchstge schwindigkeit von 8 Kilometer in der Stunde zuge lassen wird. — Die Wiederbcsetzung der Expedicnten- und der Hilfsexpcdienienstelle in der Sparkasse wurde dem Sparkaßenausschuß überlaßen. — Zn den Wohl fahrtsausschuß und in den Erundsteuerausschuß wurde Hermann Köhler gewählt. Sus Buchsen. Dresden. 23. Mai. * Hofnachrichteu. Prinz Johann Georg hatte sich gestern vormittag 8 Uhr in Begleitung des persönlichen Adjutanten Hauptmann v. Elterlein zur Verabschiedung der Elbefahrtteilnehmer des Deut schen und Oesterreichischen MotorjachtNubs am Liege platz der Jachten eingefunden und beobachtete ihre Abfahrt nach Wittenberg. * Tödlicher Unfall. Auf dem Hochgleise des Hauptbahnhofes schlug heute vormittag der Loko motivführer Einert aus Riesa beim Hinaussehen aus seiner Maschine so heftig mit dem Kopfe an einen Lichtmast an, daß er sofort lot in seiner Lokomotive zusammenbrach. -A * Rochlitz, 23. Mai. (Schwerer Unfall.) Gestern morgen wollte der Mllhlenbesitzer Haus mann im nahen Köttwitzsch in seiner Mühle etwas in Ordnung bringen. Dabei geriet er mit dem rechten Fuße in die im Gange befindliche Trans mission. wodurch ihm der Fuß fast völlig abgequetscht wurde. Der Fuß mußte ihm abgenommen werden. ID Aue, 22. Mai. fR e g i m e n t s f e st.) Das am Sonnabend, Sonntag und Montag hier stattgefundene Regimentsfest erfreute sich sehr starker Beteiligung. Eingetroffen waren gegen 1600 ehemalige An gehörige, außerdem vom Ucbungsplatze Zeithain eine Offiziers- und eine Unteroffiziersabordnung des Re giments „Kronprinz". Der Obmännertag der 104er Militärvereine findet 1912 in Meerane, das nächste Regimentsfest 1914 in Pausa i. V. statt. * Plane», LS. Mat. (Ei»bl»tiga»Dra«a) hat fich, wie di« „N. Logtl. Ztg." meldet, in der Nacht zum Dienstag in dem nahen Dorfe Bram bach abgespielt. Die in den 30er Jahren stehende Frau de» Bahnarbeiter» Adler, Mutter von fünf Kindern, hat ihren drei ältesten Kindern den Hals durchschnitten und sich mit den beiden jüngsten er tränkt. Von den drei ältesten sind zwei im Alter von 9 und 7 Jahren schwer, ein fünfjähriges Kind leichter verletzt. Die Frau war in eine Diebstahlsangelegen, heit verwickelt. * Plauen, 23. Mai. (Die Aussperrung der Steinsetzer im sächsisch-thüringischen Bezirk) ist noch nicht beendet. Vergangenen Sonn abend sind in Zwickau Euugungsverhanolungsn ge führt worden, die aber gescheitert sind. Die hiesigen Steinsetzer haben das Anerbieten der Arbeitgeber, wonach ihnen für Lies Jahr 62, 1912 63 und 1913 65 Pf. Stundenlohn bezahlt werden sollen, ange nommen. Wer von den Arbeitern schon jetzt einen Lohn von 63 Pf. die Stunde hat, soll 1912 65 Pf. und später 68 Pf. erhalten. Die Aussperrung wird o lange dauern, bis die Sachlage im ganzen Bezirk zeklärt ist. Es ist anzunchmen, daß dies bald ge- chicht. Nachdem die letzten Einigungsverhandlungen gescheuert sind, wird das Gcwerbegericht Zwickau als Einigungsamt angerufen werden. * Scheibenberg, 23. Mai. (T o d e s st u r z.) Von der hohen Fabrikesse ist ein mit Reparaturarbeiten beschäftigter Essenbauer abgestürzt. Er schlug im Fallen ein Dach durch und erlitt Schädel bruch, Beinbrüche und sonstig« Verletzungen. Der Be dauernswerte ist im Krankenhaus verstorben. * Mohorn, 23. Akai. (Rücksichtslose Auto mobilisten.) Gestern vormittag wurde auf der Landstraße der Vater des Gutsbesitzers Zimmer, der neben seinem Geschirr einherging, von einem Automobil überfahren. Die Insassen ließen den Mann auf der Straße liegen und sichren so schnell weiter, daß man vor der folgenden Staubwolke die Nummer des Automobils nicht erkennen konnte. Der Verletzte, der Beinbrüche erlitten hatte, wurde in seine Wohnung gebracht. Tageschronik. n. Eilenburg, 23. Mai. (VomTodedesEr- trinkens) rettete der Bäckermeister Lehmann von hier das kleine Kindchen des Tagelöhners Gasch. II. Delitzsch, 23. Mai. (Die Synode der Kirchenkreise Bitterfeld und Eilen burg) tagte gestern in Delitzsch unter dem Vorsitz des Superintendent Dr. Büchting aus Eilenburg. H Eisenberg, 23. Mai. (Ein origineller Einbrecher) scheint jener Mann zu sein, der jüngst aus dem Pfarrhaus« in Königshofen eine goldene Uhr und einen neuen Anzug stahl. Jetzt sind die Kleider in der Leinerehwaldung bei Kleinhelmsdorf auf gefunden worden: sie waren Lurch die Witterungs einflüße stark beschädigt. Di« goldene llhr hat der Einbrecher an dieser Stätte nicht zurückgelaßen, dafür hat er seinen abgetragenen Chronometer in die Klei dung praktiziert. Lübeck, 22. Mai. (Konsul Behnke ft) Der Großkaufmann Konsul Heinrich Ludwig Behncke, ein Mann, der sich um das Wohl des Staates sehr ver dient gemacht hat, ist heule im Alter von 55 Jahren gestanden. Duisburg, 23. Mai. (Unfall.) In einer Fabrik für Teerverwertung in Duisburg-Mei- derich wurden fünf Arbeiter durch Ein atmen giftiger Gase betäubt und in be denklichem Zustand« ins Krankenhaus geschafft. Einer ist lebensgefährlich erkrankt. Ratibor, 23. Mai. (Hochwasser.) Rechts und links der Oder sind Wiesen undAecker überflutet. In zahlreichen Wohnungen steht das Waßer fußhoch. Augsburg, 22. Mai. (D a s H o ch w a s se r), das am Sonnabend Augsburg schwer bedrohte, ist zurück getreten. Seit Sonnabendabend ist der Lechstrom um ungefähr 40 Zentimeter gefallen, so daß keine Ge fahr mehr besteht, sofern im bayrischen Hoch lande kein« neuen Niederschläge eintreten. Wien, 22. Mai. (Automobilzusammen- st o ß.) Auf der Reichsstraße bei Eggenseld erfolgte ein Automobilzusammenstoß. In dem einen Auto mobil befanden sich Bankier Fischel aus Berlin mit zwei Damen, in dem andern zwei Wiener Automobil händler, von Lenen Ler eine ziemlich erheblich verletzt wurde. Bankier Fischel, seine Begleiterinnen und der Chauffeur blieben unverletzt. Bern, 23. Mai. (Familiendrama.) Als ein Landmann und bekannter Fremdenführer gestern von Kunst unü Mllenlchsst. " Leopold v. Ranke als Neunzigjähriger. Leopold v. Ranke, dessen Todestag sich am 23. Mai zum fünsundzwaiizigstenmal jährt, war ein Muster von Fleiß und Arbeitsamkeit, der seine Mitarbeiter nicht selten in berechtigtes Staunen setzte. Am meisten war das wohl der Fall, als der greise Gelehrte^ der von dem neunzigsten Jahre nicht mehr weit entfernt war, noch eine Arbeit auf sich nahm, an die ein viel Jüngerer sich kaum noch würde wagen wollen. Eines Tages traten seine beiden Amanuenses in sein Zim mer: Ranke erzählte ihnen, daß er soeben die Be arbeitung einer neuen Auflage seiner „Geschichte der Päpste" vollendet habe, und er meinte, es sei für ihn ein unangenehmes, ja peinigendes Gefühl, daß er vielleicht nun eine längere Zeit würde untätig bleiben müssen. „Das gebt nicht!" meinte er dann. „Ich werde eine Weltgeschichte schreiben." Die Herren sahen sich verwundert an, sie glaubten, ihn falsch verstanden zu haben, aber der Greis blieb dabei: „Ja, eine Weltgeschichte will ich in Angriff nebmen!" Dann ließ er sich die alten Kollegienheste heraus geben, die er verwenden wollte, um sofort zu sehen, wo neuere Forschungen einzusetzcn hätten, und am Tage darauf begann er mit der Arbeit, die natürlich nicht vollendet wurde. Ueber das Altertum und einen Teil des Mittelalters kam er nicht hinaus: abe» selbst dieser Torso in neun Bänden ist gewaltig genug für einen Greis im Alter von 86 bis 90 Jahren, und schon der Mut, sich an solche Arbeit zu wagen, ist bewundernswert. * Reue Mitglieder der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Die Akademie der Wissenschaften in Berlin hat jetzt eine Anzahl der Lücken, die der Tod im letzten Jahr in die Reihe ihrer korrespon dierenden Mitglieder gerissen hat. durch Neuwahlen ausgefüllt. Ein österreichischer, ein dänischer, ein belgischer und ein englischer Gelehrter wurden von der philosophisch-historischen Klaffe in die Akademie berufen. Die neuen korrespondierenden Mitglieder sind Prof. Franz Cumont in Brüssel, der Professor der Anthropologie an der Universität Liverpool James George Trazer, der in Cambridge wohnt, Prof. Dr. Adolf Wilhelm, der L,hrer der griechischen Altertumskunde und Epigraphik a« der Wiener Universität, endlich Dr. Axel Olrik, Dozent der nordischen Literatur an der Kopenhagener Unwersität. * Vom Weimarer Hoftheater. Am nächsten Don nerstag findet in Weimar die Erstaufführung von Rich. Strauß' „Elektra" mit Aline Sanden aus Leipzig in der Titelpartie statt, und am Sonn abend, den 27., und Montag, den 29. Mai, folgen zwei Gastspiele der in Weimar in bester Erinnerung befindlichen Agnes Eorma aus Berlin. Die be rühmte Künstlerin tritt in der Rolle der Minna von Bornheim und als Edrita in „Weh' dem, der lügt" auf. In der ersteren Rotte weckte die Künstlerin ge legentlich der Jugendfestspiele für den Deutschen Cchillerbund vor zwei Jahren stürmisch« Begeisterung. * Bruno Schmitz Sieger im Wettbewerb für di« Bismarckwarte. In dem Wettbewerb für die Bismarckwarle auf West end, die dort auf Charlottenburger Gebiet aus der Höhe von Westend errichtet wird, hat soeben das Preisgericht lern« Ent scheidung gefällt. Reg.-Baumeister a. D. Leibnitz in Berlin, Emil Schaudt, der Erbauer des Kaufhauses des Westens, und Prof. Bruno Schmitz waren zur Einreichung von Entwürfen eingeladen worden. Den Preis erhielt Bruno Schmitz, und sein Entwurf wurde auch zur Ausführung angenommen. * Was hat die neue Rheinbrücke bei Köln gekostet? Ausschließlich der beiden Reiterstandbilder bat die Brücke 13,3 Millionen Mark gekostet. Das sind kaum 1,5 Millionen mehr als vor etwa fünfzig Jahren die Rheinbrücke, die früher an ihrer Stelle stand, gekostet bat, obwohl an der neuen Brücke allein die dreifache Menge an Eisenwerk verbaut wurde, obwohl sich auch der ganze Bau erheblich schwieriger gestaltete, die Arbeitslöhne seitdem um das Mehrfache gestiegen find und der Geldwert um die Hälft« abgenommen hat. Den orößten Anteil an dieser Verbilligung trägt die Verbesserung der Eisentechnik. Die neue Rheinbrücke hat bewiesen, daß man solche Bauten heute um das Dreifache billiger herstellt als vor fünfzig Jahren. * Die Ausstellung deutscher Teppich«, die für Pfingsten in den Sälen und Wandelhallen des Ab geordnetenhauses in Berlin geplant war. mußte wegen der diesmal bi» in den Juni verlängerten Sitzungen des Landtages auf den Herbst verschoben werde». Dies« Ausstellung, di« seit langem sorgfältig vorbereitet ist, wird in umfassendster Weise die deutsche Teppichfabrikation auf ihrer Höhe und in ihrer ganzen mannigfaltigen Leistungs fähigkeit zeigen. Eine eingehende Denkschrift wird dies in literarisch wie künstlerisch wertvoller Weise erläutern. Der Ertrag der Ausstellung, der man be reits jetzt in weiteren Krisen großes Interesse ent- gcgenbringt, ist zur Förderung der Bestrebungen des „Deutschen Frauenbundes" bestimmt. * Eine neue Oper von ManOn. Dem soeben fertiggestellten neuen Werk Joan Manöns: ,ZI osrnino <iol aol" (Der Weg zur Sonn«) wird vom Dresdner Hoftheater großes Jntereff« ent gegengebracht. Ueber die Erstaufführung des Werkes an dieser Stätte, wo die Premiere der ManLnschen Oper „Acts" stattsand, sind bereits Verhandlungen angeknüpft worden. Di« letzgenannte Oper „Acts" ist übrigens für di« nächste Saison vom Hoftheater in Wiesbaden angenommen worden. * »Eutgleisuug", Lothar Schmidts amüsante Ko mödie, di« bekanntlich an der Neuen Wiener Bühn« in Wien mit außerordentlichem Erfolg in Szene ge gangen ist, wurde soeben von Herrn Direktor Bar- nowsky für das Klein« Theater in Berlin erworben. Auch das Hoftheatcr in München sowie das Residenz- thearer in Hannover haben sich das Aufführungsrecht des Werkes gesichert. * Fra» E. d'Albert, geb. Fink, die früher der Weimarer Hofdühne angehörte, ist für da» König liche Opernhaus in Berlin verpflichtet worden. Ihre Ehe mrt Eugen d'Albert wurde geschieden. * Z» eine» Konflikt zwischen Direktor Gregor »o» der Wie«« -ofoper und mehreren Journalisten ist es, wie man aus Wien meldet, bei der General probe von Debussys „Pelleas und Melisande" ge kommen. Direktor Gregor hatte nämlich in lln- kenntnis österreichischer Verhältnisse den Vertretern namhafter Blätter des In- uird Auslandes den Zu- tritt zu der Generalprobe verwehrt, ihn aber einigen willkürlich au?g«wählten Preßevertretern gestattet. Die Wiener Journalisten gehen u. E. indes zu weit, wenn sie aus diesem Anlaß gegen den neuen Direktor Vorgehen wollen, der „das selten« Geschick besitzt, bald hier, bald dort anzustohen". Kk. Amtliche Führungen im Britischen Museum. Das Britische Muieum hat jetzt eine gemeinnützige Einrichtung getroffen, die unseres Wissens zuerst von amerikanischen Galerien ins Leben gerufen worden ist, indem es amtliche Führungen durch seine Sammlungen veranstaltete. Wie dem „Cicerone" berichtet wird, ist Mr. Cecil Hallett. der in Oxford studiert hat, als amtlicher Führer angestellt worden. Seine Dienste stehen dem Publikum kosten los zur Verfügung. Zweimal am Tage, um 12 und um 3 Uhr, findet unter seiner Leitung eine Führung durch die Hauptschätze des Museums statt. Bei uns bestehen gegen solch' eine Einrichtung, wie uns wohl bekannt ist, auf Seiten der Museumsleitungen mancherlei Bedenken, allein der Vorteil, daß auf diese Weise das Publikum erfolgreich zum Verständ nisse und Genüße der Schätze der Kunst anaeleitet werden kann, ist doch so offensichtlich und erheblich, daß die Einführung amtlicher Führungen auch bei uns empfehlenswert scheint. 8t. Hochschulnachrichte». Die Technische Hochschule Berlin hat den Wirklichen Geheimen Oberbaurat Alfred Blum in Berlin, Vortragender Rat im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, in Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung der wissenschaftlichen Erkenntnis und um dre Durchfüh rung bedeutsamer Verbesserungen im Eisenbahnbau zum Ehrendoktor-Ingenieur ernannt. Geheimrat Blum ist ein Sohn von Robert Blum, dem bekannten sächsischen Demokraten, der 1848 in Wien erschoßen wurde. — Der Privatdozent für österreichisches Prioatrecht und römisches Recht an der Universität Czernowitz Dr. A. Last ist zum außerordent lichen Profeßor für römisches Recht ernannt worden. — Dr. F. Rusch aus Abensberg in Bayern erhielt von der Universität Zürich die vmüa Ic«sru1i für theoretische Physik. — Der im Ruhestand befindlich« ordentliche Profeßor des römischen Rechts an der Universität Graz Dr. August Tewes Edler von Achim feiert heute seinen 80. Geburtstag. — In Bern ist der Honorarprofessor der Ohrenheilkunde, Rino- und Laryngoskopie Dr. Adolf Valentin aestorben. Er wirkt« seit seiner Habilitation im Jahr« 1871 an der Universität Bern.