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Fällen. Andere Lehranstalten — wir erinnern an die trefflichen polytechnischen und Gewerbschulen — erfordern Jahre langes Stu dium und größere Kosten, als der spätere Handwerker in der Regel dafür aufwenden kann. Aehnlich ist es mit den Realschulen, die in s ihrer ersten Anlage für den Handwerkerstand berechnet waren. Indem j man einen Lehrgegenstand nach dem andern mit ausgenommen, das Lehrziel stetig erhöht, die Lehrzeit erweitert hat, ist dem Handwerker in den meisten Fällen die Möglichkeit genommen worden, den Cur- ' sus zu vollenden. Nicht daß wir meinen, daß ein Zuviel schädlich . sei, nein, wir würden allen Gewerbtreibenden eine solche Vorbildung wünschen, wie sie höhere Realschulen in Preußen zu bieten vermögen. In den gewerblichen Kreisen ist aber noch viel zu sehr die Ansicht verbreitet, daß das zur Ausbildung verwendete Capital unproductiv angelegt sei, wie sie die Zeit für verschwendet halten, in der dieser geistigen Durchbildung wegen nicht gearbeitet, in der, um mit den Handwerkern zu sprechen, Nichts verdient werden konnte. Man vergißt zu leicht, daß die darauf verwendete Zeit und das Capital sich später außerordentlich hoch verzinsen und in kurzer Frist zurück gekehrt sein können. Doch wir dürfen nicht ungerecht sein und haben nicht unerwähnt zu lasten, daß vonSeiten der Innungen seil langer Zeit schon Sonn tagsschulen ins Leben gerufen worden sind, welche nach dieser Rich tung hin thätig sein sollten. Daß sie sehr wenig geleistet haben und noch leisten, ist allerdings bekannt. Wie kann es auch anders sein! Nach 6 Tagen Arbeitszeit kommt der Tag der Erholung, an dem der Lehrling zum Lernen wenig aufgelegt ist. Ist aber auch der größte Lerneifer vorhanden, so kann in den 2—3 Stunden höch stens nur von einem Befestigen des in der Volksschule bereits Ge lernten die Rede sein; ein Erweitern ist fast unmöglich. Wir fordern daher für den Handwerker Fachschulen in ähnlicher Weise, wie sie der Kaufmann in den Handelsschulen, der Forst- und Bergmann in ihren Academien, wie sie der Soldat, der Techniker, der Landwirth besitzen. Für solche Schulen glauben wir die Ein richtung der Handelslehranstalten ohne Bedenken annehmen zu können. Nachdem der Lehrling sich ein oder zwei Jahre mit den praktischen Handgriffen seines zukünftigen Erwerbszweiges bekannt gemacht hat, entläßt ihn der Lehrherr täglich 1—2 Stunden zum Besuch der Handwerkerschule, und wird ein solcher Besuch zwei, nach Befinden drei Jahre fortgesetzt. Der Unterricht fällt in die Morgen stunden ; die Abendstunden hat der Lehrling oder Gehilfe zur Vor bereitung zu benutzen. Wir zweifeln gar nicht, daß dieHandwerker einen solchen Vor schlag für unausführbar halten werden, weil der Geschäftsbetrieb allerdings nicht geringe Störungen durch das regelmäßige Fehlen einer oder gar mehrerer Arbeitskräfte erleiden wird. Für unüber windlich können wir inüessen diese Schwierigkeiten nicht halten und erinnern wir bei der Errichtung der Handelsschulen an.die analogen Einwände, die jetzt ganz und gar beseitigt sind. Wir geben ferner zu bedenken, daß bei gewerbsreien Zuständen Lebrherr und Lehrling, Arbeitgeber und Arbeiter sich auf der Basis des Pribatcontracres zu verständigen haben. Wenn sich bei zukünftigen Contractsabschlüffen der Wunsch, die Handwerkerschule neben der Arbeit mit zu besuchen, unausgesetzt wiederholte, so würden die Arbeitsherren sich dock endlich wohl oder übel mit dieser Störung befreunden müssen. Man hat für derartige Anstalten eine andere Form vorgeschla gen und sie auch bereits — wir erinnern an die in Dresden vom dortigen Gcwerbevereine gegründete Handwerkerschule — praktisch eingeführt. Sie besteht darin, daß man dem jungen Gewerbtreiben den zumuthet, ein ganzes Jahr die Werkstätte zu verlassen und diese Zeit einzig und allein seiner Ausbildung zu widmen. Es ist nicht zu verkennen, daß dieser Weg der kürzeste, bequemste und wohl auch sicherste ist. Aber er kann nur von wenig Bemittelten eingeschlagen werden, während wir darauf ausgehen müssen , auch dem Aermstcn (und zwar diesem vorzugsweise) die Gelegenheit zu seiner möglichst sorgfältigen Ausbildung zu verschaffen. Die Unterrichtsgegenstände richten sich ganz nach den Bedürf nissen des Zuhörerkreises, indessen laufen die Bildungsrichtungen der Handwerker nicht so auseinander, als man gewöhnlich annimmt. Sie vereinigen sich in einer physikalisch-mathematischen Gruppe (Physik, Chemie, Mathematik, geometrisches Zeichnen) in einer rein praktischen (Gewerbelehre, Buchhaltung, deutscher Sprachunterricht) und in einer künstlerischen (freies Handzeichnen, Entwerfen neuer Muster u. s. w.). Jedes Mehr ist erwünscht, sobald es Zeit und Umstände gestatten. Wenn dann dem Gewerbtreibenden die Fortschritte der Wissen schaft und Technik nicht mehr unbekannt geblieben sind, wird es ihm auch möglich werden, mit Hilfe der gesteigerten Arbeitstheilung zum Fabrikbetrieb und zur Massenproduktion überzugehen. Der große Absatzkreis, den er sich dann suchen muß, wird für den Handwerker, der sich in den Besitz der nöthigen kaufmännischen Kenntnisse gesetzt hat, keine weitern Schwierigkeiten bieten ; der Kleingewerbtreibende wird endlich befähigt werden, selbstdenkend Neues zu erfinden oder Vorhandenes zu verbessern. Die Macht des Großkapitals bricht die Volkswirthschaft durch die Genossenschaften — für die Erlangung der viel wichtigern Intelligenz gibt es kein anderes Mittel, als Lernen und Ueben. U. Ucber das Dämpfen stedriilkter wollener, banmwollcner nnd halbwollener Stoffe. Von A. Berger. Mit 1 Holzschnitt. Es ist über oben genannten Gegenstand bereits sehr viel ge schrieben worden, und in den meisten Anleitungen zum Drucken findet man Abbildungen der bis jetzt in Deutschland, England und Frank reich gebräuchlichen Apparate. Bei der großen Verschiedenheit der selben ist es hier nicht der Ort, über die größere oder geringere Zweckmäßigkeit einzelner derselben ein Urtheil zu fällen; dies ist zu I sehr von speciellen Anforderungen der Fabrikation abhängig, oft auch der Localität der Fabrik, und muß deshalb dem Ermessen jedes einzelnen Fabrikanten überlassen bleiben. Im Interesse Solcher ! indeß, bei denen die Klage noch nicht ganz beseitigt ist, „die Däm pferei sei wiederum einmal nicht in Ordnung", erlauben wir uns auf einen Punkt aufmerksam zu machen, aus welchen sehr oft nicht die gehörige Sorgfalt verwendet wird, nämlich „die voll ständige Entfernung aller atmosphärischen Luft aus dem Dampfapparat." Sehr viele Fabrikanten sind noch immer der Meinung (und nur für solche sind diese Zeilen bestimmt), daß der Dampf erst da durch die rechte Wirkung thue, wenn er durch einen recht fest zuge- schrobenen Deckel oder dergleichen einen gewissen Druck bekomme. Es können nun durch Oertlichkeit fehlerhafte Einrichtung der Ausströmungs-Oeffnungen für den Dampf und andere, oft unbeach- tete kleine Nebenumstände, sehr leicht Combinationen Vorkommen, durch welche sich, beim plötzlichen Einströmen des Dampfes in den Apparat, zwischen den Wänden uud der Waare, oft auch allein zwi- scheu der Waare selbst Luftschichten eingeschlossen finden, welche bei Fortdauer der Operation entweder gar nickt oder so unvollkommen entweicken, daß die Waare an solchen Stellen — nach dem Fabrik ausdruck — „nickt ausgedämpst ist." Eine vermehrte Spannung des Dampfes, wozu oft geschritten wird, macht in der Regel das Uebel nur ärger. Es ist in solchen Fällen vielmehr ganz besonders darauf zu sehen, daß dem Dampf überall in angemessenen Entfer nungen Oeffnungen zum Durchströmen gelassen und demselben, na mentlich in den ersten 10 Minuten möglichst geringe Hindernisse in den Weg gelegt werden. Durch aufmerksame Beobachtung dieses Grundsatzes kann man in vielen Fällen die Zeit des Dämpfens verkürzen und das lästige zweimalige Dämpfen vermeiden. Um den Ungleichheiten vorzubeugen, welchen der Dampf allemal unterworfey ist, wenn er direct vom Kessel bezogen wird — und läge dieser dem Apparate noch so nahe — ist es vorzuziehen, auf dem Boden Les Apparates 6 bis 8 Zoll Wasser zu haben und dieses erst durch ein geschlängeltes Dampfrohr ins Kochen zu bringen, ehe man die Waare hinein hängt oder legt. Es gibt dies Verfahren eine auf keine andere Weise zu erzielende Gleichförmigkeit der Ausströmungsfläcke und Beschaffenheit des Dampfes, wo durch manche kleine Unbequemlichkeit reich lich ausgewogen wird. Dahin gehört na ¬ mentlich, daß es nöthig ist, das Wasser täglich zu wechseln. Dies