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i« Nervus rerum. Satirischer Zeitroman von Edward Stilgebauer. lNachdruct verboten.) Solche und ähnliche Neuigkeiten muhte Henny Lindheime^ bei jedem neuen Kränzchen zu erzählen. Sie selber machte sich interessant. Sie sei gut unter richtet. behauptete sie. sie lasse ihn beobachte,: und alles, was sie höre, mache „iyn" gerade so furchtbar interessant. Bor ein paar Wochen war nun Bodo Moritz Lindheimer am Arme, plötzlich in das Kränzchen hineingeschneit, und damals hatte er Olga Norden unverhohlen den Hof gemacht. Jenny Lindheimer hatte sich vor Eifersucht kaum zu helfen gemuht. Nana sah auf ihren, Schohe, und plötzlich, da sich Bodo lächelnd den schönen, mit den Spitzen nach oben gerichteten Schnurrbart noch höher vmporzwirbelnd an Olga wandte, batte sie vor lauter Wut das arme Hündchen so ins Ohr gekniffen, daß es sich schleunigst davongemach, und heulend unter das Sofa gebrochen war. Seit jenen, Tage war es mit Jennys und Olgas Busenfreundschaft aus gewesen, denn schon am fol genden Morgen harte Jenny Bodos Burschen den guten und dummen Peter Kräuterlein ausgefragt, und von diesem erfahren, dah er ein rosafarbenes Briefchen im Auftrage des Herrn Grafen an Fräu lein Olga Norden auf die Post gegeben habe. So herrschte denn jetzt bittere Feindschaft zwi schen den beiden „besten" Freundinnen Jenny und Olga. Bei Lindheimers hatte der Araf seinen Zweck er reicht. Jenny wandte sich von ihm ab, und er spielte Moritz gegenüber den Untröstlichen. In Olgas sieb zehnjährigem Herzchen lohte die Flamme der Liebe. Mit Entzücken las sie die Gedichte, die Bodo von dem guten und dummen Kräuterlein, der ein« hübsche Handschrift hatte, abs der zu solchen Zwecken ange schafften Sammlung „Blüten und Perlen" auf das mit einer Grafenkrone geschmückte Briefpapier sorg fältig abschreiben lieh und dann mit einem eleganten B. v. E. unterzeichnete. Alle zwei bis drei Tage er hielt sie jetzt einen solchen nach feinstem Parfüm duftenden Liebesgruh, der je nach der Stimmung des Gedichtes auf hellrosa, himmelblaues, dunkelgrünes oder weißes Papier geschrieben war. In dieser seligen Zeit hatte Olga keine Muhe, sich um ihre Schwester Meta zu kümmern und zu bemer ken, dah diese von Woche zu Woche länger Malstunde nahm. Der Mallehrer Mühlmann, der Meta Stunden erteilte, war Lin verkanntes Genie. Bon seinen Schülerinnen lieh er sich am liebsten Professor Mühl mann nennen, obwohl er diesen Titel weder von einer Akademie, noch von einem Fürsten honorig eansu, noch sonst woher erhallen hatte. In seiner Jugend hatte er, wie „ran in ftin«r Vaterstadt zu sagen pflegte, „große Rosinen im Sacke gehabt". Nachdem er einige Klassen des Gymnasiums ab solviert, war er auf eine Privatschule gekommen und hatte dort bei seinem angeborenen Talent für Zeichnen und Modellieren rasche Fortschritte gemacht. Die Lehrer setzten große Hoffnungen auf Georg Mühlmann, dessen Zeichnungen bei den Prüfungen jedesmal lobend erwähnt wurden. Allein, einmal aus der Malschule entlassen, war Mühlmann nicht dazu imstande gewesen, sein schönes Talent nun selbständig weiterzubilden. Neben der schöpferischen und originellen Phantasie hatten ihm vor allen Dingen Fleiß und Ausdauer gefehlt. Die Bummelei war über ihn gekommen. Mittel besah er keine, und trotzdem hatte er tagelang in sei- nem Atelier gesessen, ohn« einen Pinselstrich zu machen. Aber ein Seidel Bier harte er nach dem anderen getrunken und eine kurze Pfeif« nach der anderen gestopft. Zu allem Unglücke hatte er auch noch jung ge heiratet, und die Kunsthändler, von den Professoren auf den jungen, talentvollen Mühlmann aufmerk sam gemacht, waren vergeblich gekommen, um sein« Bilder anzusehen und auszustellen, denn jedesmal, weirn einer kam, war gerade nichts fertig gewesen. Frau Mühlmann, die dem Volke entstammte und die Tochter eines bioderen Schuhmachermeisters war, war eine resolute Frau. Als das erste Kind kam und Mühlmann immer noch die bald nach der Heirat be gonnene Landschaft unvollendet auf der Staffelei stehen gehabt hatte, war sie eines schönen Tages nach absolviertem Wochenbette in dem Atelier ihres Man nes erschienen und hatte ihm gesagt: „Von morgen fängt ein neues Leben an. Ich habe ein Inserat in die Zeitungen ge setzt, dah du Mal- und Zeichenstunden geben würdest, denn von der Luft können wir nicht leben." Mühlmann hatte geflucht und gewettert. Von eme: Prostitution seiner Kunst hatte er gesprochen. Uber das hatte ihm alles wenig geholfen. Frau Argusts Mühlmann hatte ihren Kopf durchgesetzt und aus dem grohen Künstler Mühlmann war ein Mal- und Zeichenlehrer Mühlmann geworden, der seine Fertigkeit für eine Mark und fünfzig Pfennig pro Stunde einem jeden, der sie sich aneignen wollte, mitzuteilen bereit war. „Meine Frau hat mich auf den Abweg gebracht", pflegte Mühlmann seinen Be kannten zu klagen. Mit jedem Jahre wuchs seine Familie, wuchs aber auch die Zahl seiner Stunden, das Honorar hatte sich allmählich von einer Mark fünfzig Pfennig auf drei Mark pro Stunde erhöht, und nach einigen Jahren war Maler Mühlmann eine von allen ge kannt« und interessante Persönlichkeit in der großen Stadt gewesen. Von weitem sah man ihn schon in den Straßen. Denn niemand trug einen so großen Schlips, der ihm wie zwei bunte Schmetterlinge um seine Ohren flog, niemand hatte einen so großen runden Schlapp hut und so lange, braune, wallende Haare wie er. Schon in seiner Jugend hatte Mühlmann mit Verliebe in «Äpia gearbeitet, und döse Zungen be haupteten, daß er schon seit Beginn seiner Ehe aus diesem Grunde denselben braunen Anzug trage. Und Tatsache war, daß er stets braunen Stoff für seine Anzüge wählte. Von Jahr zu Jahr war nun sein Ruf als Zeichen lehrer gewachsen und als die höheren Mädchenschulen eine Zeitlang von einer Malepidemie ergriffen wurden, hinter der sogar, wenn auch nur für eine kurze Spanne, die Klavierepidsmie zurücktrat, war Mühlmann eine der gesuchtesten Persönlichkeiten in der ganzen Stadt. Di« resolut« Frau mit den elf Kindern, die als junges Mädchen in der Werkstatt >des Vaters Schuhe gesteppt hatte, sie hatte recht be halten, sie hatte etwas aus ihrem Manne gemacht. Da Mühlmann einsah, daß sein Talent unter dem Einfluß der Malstunden unrettbar und endgültig verloren sei und daß er der Kunst nichts mehr leisten konnte, verfiel er auf ein< Marotte. In sei nem Kopfe bildete sich die fixe Idee, er müsse ein nou«e große» Talent entdecken und dies« Kraft an die Stelle der seinen setzen, die im Dienste de» Brot erwerbes unnütz vergeudet worden war. Langsam und allmählich hatte sich di^er Gedanke tn seinem Köpft festgesetzt. Etwas Außerordent liches wollte er entdecken, um der Kunst, von der er abgefallen, einen Ersatz zu bieten. Und es gelang dem seltsamen Mann«. Ernes Tages machte er zufällig einen Ausflug nach einem nahegelegenen Psarrdorft und in keiner Weise suchend öder an einen derartigen Zweck den kend, traf «r einen Bauernjungen, d«r di« Schafe hütete und mit einem Bleistift einen seiner Hämmel auf ein Stück Papier zeichnet«. Mühlmann hatte seinen Mann gefunden. Das mußte etwas ganz Außerordentliches sein, ein Bauern junge, der, anstatt beim Hüten der Schafe auf dem Rücken zu liegen, dft Wies« und den Himmel und Li« Bäume samt seinem Lieblingshammel abkonterfeit«. Er nahm den Jungen mit sich in die Stadt. Aus diesem sollte das neue Genie lverden. Und Georg Mühlmann hatte dieses Mal recht behalten, denn der Junge war ein Talent. Konrad Leuchs, der Aerinsten enter, war ein wirk liches, gottbegnadetes Talent. Wie ein Strahl der Sonn« manchmal, allen Hindernissen zum Trotz, auch auf das Blumenbrett eines Hinterhauses fällt und dort Lis Knospe eines verkrüppelen Fuchsia- öder Geraniumstöckchens zum Leben und Blühen erweckt, so war ein Strahl des hehren Himmelslichtes auch in di« Hütt« des Taglöhners Christoph Leuchs ge fallen und hatte dessen ältesten Sohn Konrad, als er in der zerbrochenen Wiege in zerlumpten, mir Stroh gestopften Kissen gelegen, getroffen. Aber zu gleicher Zeit mit dem Strahle des Himmelslichtes, der damals sein Haupt getroffen, war ein Dornen diadem um die Stirne des Kindes gewunden worden. Denn Christoph Leuchs, dessen Zveib Kathrin« ihm nach dem ältesten Sohne noch vierzehn Kinder gebar, besaß nichts, mit Ausnahme seiner derben Fäuste, mit denen er das Land, das den anderen ge hörte und den anderen Frücht« trug, bearbeiten und Frau und Kinder verprügeln konnte. Der Fluch der Armut hatte auf Konrads Jugend gelastet, und das schmutzig«, halbverfallene Hüttchen am Ende d«s Dorfes, in dem sich der Storch in jedem neuen Jahre bei Frau Kathrine Leuchs meldete, war eine Stätte des grenzenlosen Elends gewesen. Als Konrad Leuchs, ein Zwölfjähriger, draußen auf dem Gemeindewasen die Schaft hütete, hatte sein Vater Christoph für dreizehn Mäuler zu sorgen, da gab's selten was anderes als Kartoffeln und immer wieder Kartoffeln, und da der Kindersegen im Hause Leuchs noch imm«r nicht nachlassen wollt«, da zu dem zwölften Kinde noch das dreizehnte und das vier- zehnte kamen, da ging Vater Christoph mit dem Tagelohn in das Wirtshaus und vertrank diesen, weil sie ja doch nicht alle davon satt werden konnten. In dieser traurigen Zeit hatte der Maler Mühl mann Konrad Leuchs beim Schafehiiten und Zeich nen getroffen. In dem Hause Les Lehrers war dann eine neue Welt für den Sohn des Tagelöhners er schlaffen worden. Konrad wurde in di« Kunstschule geschickt und lernte malen. Allein ein Rest von sei ner traurigen Jugend, eine Erinnerung an all das Elend blieben in seinem Kemüte zurück, trotz allem und allem kannte dieser Rest nicht ausgctilgt werden, und so ward aus Konrad Leuchs ein sonderbarer Mensch, der die neu« Welt, die ihn umgab, mit großen und staunenden Augen betrachtete. Sein» alt« Lieb« Wftfon und yeldrrn hatte Konrad Leuchs b«halt«n. Ts trieb ihn hinaus auf da» Land zu den Häuften und Hütten der Bauern, hinaus aus d«n Straßen der großen Stadt, als ob ,r da draußen ein Stück verlorener Heimat zu suchen und -u finden hab«. Mit Stiz<^nbuch und Bleistift pflegte er die wetten, ebenen Flächen, in deren Mitte ftin Goburtödörfchen lag, auf denen sich endlos und eintönig Kartoffelacker an Kartoffelacker, Kornftld an Kornfeld, Wiese an Wiese reiht«, tagelang zu durchwandern. Pier fand er die Motiv« für sein« eigenartigen Bilder. Hier spürte er die Welt auf, aus der heraus «r schaffen und wirken mußt«. Mühlmann ließ ihn gewähren, so sehr auch seine resolut« Frau über den unnützen Esser mehr wetterte und loszog. „Denn", so sagt« er, „dem Genie muß man Zeit und Muße lassen." Und bitter fügte er dann hinzu: „Ja, wenn ich Zeit uitt> Muße gehabt hätte." Die Schüftrarbeiten hatte Konrad Leuchs nun be endet und mit einem ersten Zeugnisse war er, wie einst sein Gönner Georg Mühlmann, aus der Mal schule entlassen worden. Dann war er wochenlang von Miihlmanns Hause weg gewesen und war draußen auf seinem geliebten Lande Lurch Wiesen und Felder gestreift. Und eines Tages war er wiedergekommen, sein Skizzenbuch. als sei es ein Schatz, auf seinem Herzen in der Nocktasck-e tragend. Ohne «in Wort zu spre- ckM, hatte er sich dann in Miihlmanns Atelier ein gerichtet und hatte gemalt und gemalt auf ein Stück Leinewand vom ersten Strahl der Morgensoniie, bis der Abend durch die Fenster hereinfiel. Von Tag zu Tag war das Bild vor seinen Augen gewachsen, war es mehr und mehr seiner Vollendung entgegengegangen, und staunend hatte Mühlmann vor diesem Bilde gestanden und hatte seinen Pfleg ling und Schüler mit weit aufgerissenen, starren und großen Augen angeblickt. Und eines Tages war das Bild fertig gewesen. „Heimkehr von der Weide" hatte Konrad Leuchs das Werk genannt. Da war nichts Großes dran, nichts Besonderes, nichts Auffallendes und Gesuchtes. Ganz einfach ein Stück Feld und ein Stück Himmel und zwischen den beiden eine Hammelherde, vor den Tieren ein alter Schäfer, der müde und gebückt seines Weges daher ging, hinter den Tieren ein Hund, der einen Hammel ins Bein biß, und über dem Ganzen hatte der letzt« Schein der Abendsonne gelegen. Weiter war es gar nichts gewesen mit dem Bild« von Konrad Lauchs. Und dennoch hatten dem jungen Maler dft Tränen in den Aug«n geglänzt, da er Mühlmann das Bild gezeigt hatte, und Miihlmanns Stimme hatte ganz seltsam gezittert, als er Konrad auf die Schulter klopfte und sagt«: „Das hast du brav gemacht, mein Sohn." Nichts war an dem Bilde gewesen: Eine Ham melherde, ein Stückchen Himmel, ein Stückchen Feld, ein Schis«r und ein Hund . . . Und dennoch halten sich die Leute in der Kunstausstellung gedrängt und gedrückt vor dem Werke von Konrad Leuchs, denn allein vor allen anderen Werken hatte sein Werk gelebt. Und dann hatte man in allen Zeitungen von Konrad Leuchs und von seinem Bilde „Heimkehr von der Weide" lesen können. (Fortsetzung in der Abendausgabe.) für jede Zimmereinrichtung paffend. »Uf« ckkisvdkiilsr«!« (Durch Hebeldruck ist da» Billard sofort in «inen Tisch zu verwandeln.) Kur beginnenden Sefellschaftsfaifon empfehle besonders für Private: iutereffaoteS UnterhaltungSspiel durch Auflegen auf das Billard spielbar. 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