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2. vrttsyr. Sonnadrnü, l l. Juni 1910. Leipziger Tsgeblatt. Nr. 1S9. 104. Islrrysny. M Lttuüel üer Srotzstsüt. Roman von E. Kricke berg. Z7I (Nachdruck verboten.) Ei' ^ines Lächeln umspielte Dorettes Lippen, als sie ent^nete: „Mit einigen Ausnahmen, wie die Ehe der Gräfin Anastasia Einhardt von Kaltenbergen beweist! Groß mutter wenigstens hat mir immer davon gesprochen, daß mein Onkel Einhardt und seine Frau eine reine Liebesheirat eingegangen, und „trotzdem" sehr glück lich gelebt hätten." „Deine Großmutter hätte auch etwas Klügeres tun können, als dir derartige Raupen in den Kopf zu setzen", murrte die Tante. „Es sind nicht aNe in der Lage, ihren Herzensneigungen folgen zu können." „Dann sollen sie doch überhaupt nicht heiraten! — Es gibt Menschen, die gar nicht zum Heiraten ge schaffen sind, und zu denen gehört Jobst von Stein rücker. Er muß immer eine Muse haben, für die er sich begeistern kann, aber sobald er sie zur Hausfrau machen würde, hörte sie doch auf, seine Muse zu sein, und er müßte nach einer andern Umschau halten. — — Das würde dann höchst unangenehme Konflikte geben zwischen den beiden weiblichen Wesen, die die gleichen Besitzrechte an ihn geltend machen können." „Schöne Musen, die er sich von den Spezialitäten bühnen holt!" „Du vergißt, daß sich seine Kunst bisher als Aschen brödel in den Winkeln hat Herumdrücken müssen. Sobald sie sich als Prinzessin fühlen darf, wird sie auch ihre Ansprüche danach stellen." „Warum verwendest du dich eigentlich so lebhaft für Jobst von Steinrücker? — Das möchte ich wissen!" fuhr die Gräfin dazwischen. „Weil ich selber ein armes Mädchen bin und Mit empfinden kann, wie schwer es zu tragen ist, seinem Wohltäter gern von Herzen dankbar sein zu wollen, und es doch nicht zu können — und weil ich meine Tante Anastasia zu hoch schätze, als daß ich nicht wünschen müßte, die edelste, einsichtsvollste und groß mütigste Frau in ihr sehen zu dürfen." Die Gräfin war ärgerlich und mußte doch lachen. „Du hättest Advokat werden sollen? — Aber ... na, wir wollen abwarten! — Einen Musiker werde ich fa nun wohl wider Willen ins Haus bekommen. . . . Aber daß aus ihm auch ein Ehemann nach meinem Wunsch wird, dafür werde ich hoffentlich selber sorgen können." „Ich wünsche dir viel Erfolg, liebe Tante! Nur muß ich ein für allemal meine Beteiligung an der Sache ablehnen." „Was hast du eigentlich für Zukunstsideen, du Jungfer Neunmalklug, wenn man fragen darf?" „Entweder ein nützliches Leben als alte Jungfer zu führen — oder .... eine Liebesheirat zu schlie ßen, Tante." Da gab ihr die Gräfin einen Klaps. „Frech dachs du!" — Aber ihre Augen leuchteten stolz. In dem jungen Geschöpf steckte doch Raste. Und dann seufzte sie. Ihr Heiratsprojekt schien einstweilen recht schlechte Chancen zu haben. Einundzwanzig st es Kapitel. Der kleine, liebenswürdige Schmetterling Olvm- piä Mr entgegen' den Hoffnunpeü her Äerzte doch .<1 — .. seinen Verletzungen erlegen. Die Nachricht erreichte Hans noch im Manöver. Frau Pastor Seidelmann hatte sich nach seinem Wunsch sofort um die beiden Frauen gekümmert, und Frau de Pontmartin in den schweren Tagen tröstend und stützend zur Seite ge standen. Jetzt waren die sprühenden Schelmenaugen der kleinen Drahtseilkünstlerin für immer geschlossen und das quecksilberne Persönchen ruhte fern der Heimal unter einem Berg von Blumen. Frau Pastor Seidelmann hatte in ihrer Herzens güte die arme, ganz gebrochene Mutter zu sich ins Haus genommen. Nun bewohnte Frau de Pont martin Anna Marias Stübchen, und die liebe und rührende Sorge, von der sie sich umgeben sah, legte sich wie ein Balsam um ihr wundes Herz. Anna Maria bemühte sich aufopfernd um die Frau, und es war für sie selber eine Wohltat, für jemand sorgen zu dürfen, denn auch ihr Gemüt war von Kummer schwer. Ihre Brautzeit war zu Ende, sie selber hatte das Verlöbnis gelöst lösen müssen, weil ihr Ge ¬ wissen ihr sagte, daß es ihnen beiden zum Unsegen ausschlagen müsse. Auf dem Postamt hatte es natürlich einen „guten Freund" gegeben, der Erwin Bauheim die Tatsache, daß Fräulein Seidelmann sich von einem Offizier aus dem Dienst abholen ließ, brühwarm mitgeteilt hatte. Und der nörgelte nun unausgesetzt mit ihr, und plagte sie mit einer kleinlichen, mißtrauischen Eifersucht, überhaupt mit seiner engen Auffassung vom Leben. Sie empfand immer mehr, auf welch niedrigem Niveau seine Geistes- und Eemütsbildung stand, welch eine große Kluft zwischen ihnen gähnte. Und sie begann daran zu verzweifeln, daß sie je im stande sein würde, sie zu überbrücken. Sie sah, sie hatte sich in ihrer opferfreudigen Teilnahme für ihn ein Idealbild von ihm erschaffen, das sie zu lieben imstande war, dem aber der wahre Bauhetm keines wegs entsprach. So war es bester, daß sie aus einandergingen, solange es noch Zeit war — und da hatte sie mutig den Schritt getan, der für sie beide eine Erlösung bedeutete. Als Hans von Orthmann nach seiner Rückkehr vom Manöver das erstemal ein Wort im Vertrauen mit Anna Maria sprechen konnte, sagte sie sogleich: „Ich habe mit Erwin Bauheim gebrochen", und trotz ihrer Befangenheit bemerkte er, wie sehr sie sich er leichtert fühlte. Er drückte ihr die Hand: „Sie haben recht ge- handelt, Anna Maria!" Aber im Innern stiegen ihm doch schwere Bedenken auf. Hatte nicht erst der Verkehr mit Soltei bewirkt, was den Warnungen der Mutter und dem Rat des Freundes nicht «gelungen war?! „Sie denken gering von mir, weil ich wortbrüchig geworden bin?" fragte sie zag, sein Schweigen miß deutend. Er riß sich aus feinem Grübeln. „Nein, Anna Maria, ich bin glücklich, daß Sie den Mut dazu ge habt haben — nur wünschte ich, Soltei wäre bei der Sache nicht beteiligt." Sie richtete sich hastig aus. ,,Warunz?" fragte sie, den Kopf stülz rkyevSM."V,W<H M H-r Mton von Soltei mit meinen Angelegenheiten zu tun? — Daß er zufällig die Veranlassung zur Eifersucht Bauheims war, räumt ihm das eine Bedeutung in meinem Leben ein?" Sie schüttelte heftig den Kopf. „Vor ein paar Wochen mußten Sie Erwin Bauheim den Vorwand zur Eifersucht liefern — hat das irgend einen Einfluß auf unser Verhältnis zueinander aus geübt, es gebessert oder verschlechtert? — Für meine Privatangelegenheiten stehe ich allein ein." „Ich freue mich, wenn Sie so ruhig darüber denken", sagte Hans, obwohl er am Zucken ihrer Lippen sah, daß ihr Gleichmut nur äußerlich war. Soltei hatte, nachdem Hans der unglücklichen alten Dame seinen Besuch gemacht, ebenfalls den Wunsch, Frau de Pontmartin persönlich sein Beileid auszusprechen. Da war es natürlich nicht zu um gehen, daß er auch der Frau Pastor seine Aufwartung machte. Hans fand es taktvoll, als er ihn um seine Begleitung bat, um auch den Schatten eines speziellen persönlichen Interesses an dem Besuch zu vermeiden. Trotzdem richtete er, der Anna Marias Dienstplan kannte, es ein, daß sie abwesend war, als er mit Soltei bei den Damen vorsprach. Als die Frau Pastor die Tatsache bedauernd er wähnte, warf Soltei einen raschen finsteren Blick auf den Freund, aber er sagte nichts. Erst als sie sich auf dem Heimweg befanden, meinte er mit einem mali ziösen Zucken seiner Mundwinkel: „Ich habe gar nicht gewußt, daß du soviel An lage zum Philister hast. Du mußt heiraten, ckear, bald, sonst wirst du unrettbar und unheilbar zum tugendhaften Hagestolz — eine unleidliche Sorte Menschen, und es wäre schade um einen sonst im all gemeinen r^ht netten und vernünftigen Kameraden." Gräfin Anastasia hatte ihren Aufenthalt solange wie möglich in Gastein ausgedehnt. Sie wollte Ruhe haben. Jobst von Steinrücker war einstweilen von ihrem Angesicht verbannt. Er schrieb ihr, daß er bitte, von der Mitwirkung am Wohltätigkeitsfest entbunden zu werden, da er begreiflicherweise nicht in der Stim mung, Feste zu feiern. Sie ließ ihm die Antwort übermitteln, wenn sie in der Stimmung dazu sein müßte, sähe sie keinen Grund, warum er das nicht auch sein sollte. Es fiele ihr nicht ein, seinetwegen das Programm zu ändern. Uebernommene Pflichten habe man nach ihrem Empfinden einzuhalten. Besuch empfing die Gräfin überhaupt nicht mehr vor dem Fest. Sie wollte sich eben in jeder Weise schonen, um ihr augenblickliches Wohlbefinden nicht zu gefährden. Hans von Orthmann konnte nur seine Karte abgeben, vorgelasten wurde auch er nicht. Im Kreise der am Fest Beteiligten herrschte noch eine fieberische Geschäftigkeit. Viele Hände regten sich. Soltei und Hans beteiligten sich nicht aktiv an dem „Rummel", wie der Baron sich despektierlich ausdrückte. „Wir kaufen uns los", erklärte er lachend, wenn die jungen Damen versuchten, ihn doch noch als Partner zu gewinnen. Einen Tag vor dem Feste erschien er bei seinem Freunde Orthmann, saß eine ganze Stunde auf seinem Sofa, rauchte, plauderte von diesem und jenem, aber erst, als er wieder gehen wollte und schon den Tür griff in der Hand hatte, fragte er so nebenher: „Werden die Damen Seidelmann auf dem Fest lein?" „Ich glakbe mchk. „Du hast sie nicht eingeladen?" „Nein." Soltei ließ den Türgriff los und wandte sich hastig dem Freunde zu. „Meinetwegen nicht?" fragte er scharf. „Ich bitte dich, Alexander, — du mußt doch ein sehen . . ." „Nichts sehe ich ein! — Ich weiß, daß Anna Maria Seidelmann verlobt ist, das, meine ich, könnte dir Garantie genug sein für mein Verhalten." Hans sah ihn ruhig an und sagte mit eigener Be tonung: „Du wirst sie vergessen und dich mit einer andern trösten! So etwas hält seine Zeit, und dann ist's mit einemmal zu Ende und man wundert sich selber, daß man so verdreht war. — Du mußt dich nur nicht in die Einsamkeit vergraben und Zerstreuung suchen. . ." Soltei war vor ihm stehen geblieben und fuhr sich mit wilder Bewegung durchs Haar. „Hans, mach mich nicht rasend! Du hast dir wohl damals meinen Sermon auswendig gelernt? ... Es ist meine gerechte Strafe! — Aber, weißt du, die Naturen der Menschen sind verschieden. Ich kann mich nicht zu deiner Höhe der Lebensauffassung auf schwingen — ich meine: besser tot, als sich in ewiger Sehnsucht aufzureiben. — Und wenn ich daran denke, daß ein Mann das Recht hat, Anna Maria sein zu nennen, so könnte ich mit kaltem Blut zum Mörder werden." „So! — Und wenn du ihn gemordet hast?" „Dann würde ich mir meinen Schatz auf mein entlegenstes Gut retten und . . . aber das ist ja Unsinn!" „Und den Schatz — heiraten?" „Noch in derselben Minute, damit er mir nicht wieder entrissen werden kann, und mich für den glück lichsten der Menschen halten." Hans erhob sich. Noch immer lag der nachdenkliche Zug auf seinem Gesicht, aber seine Stirn hatte sich aufgehellt. Er stand vor Soltei, die Augen fest in die seinen gerichtet, und sagte langsam: „Anna Maria wird morgen auf dem Fest sein! — Du brauchst auch ihretwegen nicht zum Mörder zu werden, denn Anna Maria ist frei." „Hans!" — Es war ein Aufjauchzen, und im nächsten Augenblick hatte Soltei den Freund heftig an sich gepreßt. „Ich danke — danke dir, ckear olck lellow!" — Dann war er hinaus. Hans sah ihn vom Fenster aus im Sturmschritt die Straße hinabeilen. Und ein Gefühl der Bitter keit stieg in ihm auf. Sehnte er sich nicht so leiden schaftlich wie Soltei nach seinem Glück? Mußte er nicht auch warten von Tag zu Tag, ob er gleich manchmal meinte, es nicht länger ertragen zu können? — Ein nützliches Leben an Stelle des er sehnten angenehmen setzen? ... O ja, das klingt sehr edel, man würde es auch können, wenn es sein müßte! —Aber es würde ein Leben ohne Sonnen schein sein, bei dem man innerlich allmählich zu Eis erstarren müßte. Zweiundzwanzig st es Kapitel. Familie Seidelmann hatte bereits von der Gräfin Anastasia durch Fräulein v. Berg eine Einladung zum Fest erhalten. Wenn die Frau Pastor nicht erscheinen wMe, so würde die Gräfin Anna Marig^Mrn "unter ihren Schutz nehmen. Aber die Frau Pastor Httt tti n iß Ims» I» iss. -omgnen ssenMener LSMW-Lvnerle « L1«!»uugr IT. uackl LS. Fuat 82! IW mir. 8.— Vs Mir. 10.— V« Mir. 28.— /i Mir. 80.— " ewpkvbleu nnck versvuckvn ckle Xolletztlouen üer Lönigl. KLekslsodvn Lauckes-Lottvrlo DAI Z UnMM, Mim, Z l.eiprig, lieumai'kl 18. l-siprig, Ilieaiei'plair 1 MeZltieslei'), Ilvritv sovkls Lväsn von 8 vdr an V» W« L ?tä. AK. 2.40 ckaru Sur»uock«r-8»u««, «I»«1««tv L*e1«I»vlu unä Itz»rt«»tt«l8»lat »da« tz*rvl8»utkvl»!»8 empfiehlt krikär. Md. Lrsim Lövlxl. Hoklisksrant tzstlmmeiiÄr. 6, sm sssrkt. 07373 INocksruos kL8lvr«ll sich ab u. ist rasiert. Vollkommen unschävlich. Bei Einsend. v 2 ÜO (üOmal ausreichend) Jranko-Zusend. tzlvsserieex-vepot Beucha b. Lrivztg. Neuheiten. O«L«S Für Holz- und Kohlenhandlungen. 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