Volltext Seite (XML)
Nr. l2. los. Jahrgang. Lrhntgrr Tayrdlan. Donnerstag, 12. Januar ISN. letzt worden, nur zwei im Postwagen be findliche Postbeamte trugen lcrchtere Verletzungen davon, die sie ober nicht dienst unfähig machten. Die Unfallstelle wurde sofort ab- aespern und der Zugverkehr vorläufig nur aut einem Geleise aufrecht erhalten. Dann begannen die Bus räumungsarbeiten, die man bis heute vcrmirtag so weit gefördert hatte, daß heute nachmittag der volle Betrieb wieder ausgenommen werden kann. Der entstandene Schaden ist jehr bedeutend, da die meisten der beschädigten Wagen kaum wieder' herstellbar sein werden, außerdem sind aber auch viele der Waren, die sich in dem Giiterzuge befanden, nn brauchbar geworden. Nus Leipzig unü llmgegenü. Leipzig, 12 Januar. Wetterbericht der Konigl. Lachs. Landeswetterworte zu Dresden. Voraussage für den 13. Januar 1911. Lebhafte West bis Nordweltwinde, wolkig, milde, Regen und Schnee. Pöhlberg: Starke Schneedecke, fester, guter Weg bis Annaberg, glänzender Sonnenuntergang, Himmelssärbung orange. knltakt! Mastenball im Kriftallpalast'. Der Fasching in Leipzig hat begonnen. Der .Kristallpalast eröffnete gestern abend den Reigen der Maskenbälle der Saison 1911. Ausgerechnet am 1t. 1. 11. «tonnte unter dieser Prognose die frohe Laune fehlen? Mit Nichten. Der Lokalchronist will nichts über das Droschkengewimmel und di« schau lustigen Gasser vor dem Eingang des Gebäudes be richten, er wird sich vielmehr gleich hineinstürzen in oen Strudel der lustigen Menge, die jedem Griesgram bittere Feindschaft geschworen. Mit wohlberechnetem Effekt des intimen Charakters hatte die rührige Direktion Heuer die oberen Säle in geschmackvoller Dekoration zur Ver tilgung gestellt. Und da gab's denn bald das richtige Wimmeln nnd «kribbeln. Die elegante Herrenwelt war natürlich im Dallanzug erschienen. Sie inter essiert ja auch kaum, wenigstens den Leser nicht. Aber die Damen! In mehr oder weniger Phantasie- und sagen wir mal liebenswürdig: „geist"reich«n Kostümen waren sie in großer. unzähliger Schar er schienen. Daneben sah man schöne Frauen in wirklicher schicker Valltoileite. Hübsche Logen in den Gängen, im Theatersaal usm. gaben gerade den Damen der Ge sellschaft und den Kavalieren Gelegenheit, ans dem ellbogenbläuenden Gedränge der Tanzsäle zur Unter haltung, zum Flirt beim schäumenden Sektkelch ein „Buen retiro" zu finden. Ein halb zwölf isto! Man tanzt, flirtet, amü siert sich scharmant. Jetzt kommt der Umzug. Auf ihrem kleinen, gutmütigen Wunder Elefanten führt ihn — daß Enrths Kapelle vornuszieht, ist selbstver ständlich Madame Orford an. Und hinter ihr die zahllose Masse der Masken in imposantem Zug. Ein Tusch'. Hallo! Alles drängt nach dem Theater jaal zur Prämiierung der schönsten Damenmasken. Paul Jülich, der Humorist des Varietes, verkündet die Siegerinnen. Da wird der Aeroplan, der den Simplon ubeifliegt, mit dem ersten Preis, einem Brillantring, aurgezcichner. Dann kommt die Trägerin dev ..Lipsia ' Kostüms (silberne Handtasches und dann als dritte preisgekrönte Schöne — das Briefmarkenmadel (goldene Damenuhr). Da kam die Ueberraschung: Vieles Mädel war ein Mann! Ein veritcrbler Mann mit starkem Schnurrbart! Hallo und rasendes Händeklatschen! Der hübsche „Vogelhändler" erhielt den vierten, die „Deutsche Luftflotte" den fünften und das „Turnerfest Leipzig 1913" den sechsten Preis. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo die Masken wieder das Wort, „ob die Tür da in bas Schlaf zimmer des Toten führt? Ist dies der Fall, so mag er aus irgendeinem nichtssagenden Grunde hierher gekommen sein und dem Mörder die Gelegenheit, die er erwartete, gegeben haben." Der Jüngere ging voraus, gefolgt von Barnes. Burrows machte die Türe auf, und beide traten ein; plötzlich fuhren sie erstaunt zurück. Eine junge weib liche Gestalt sah in dem hohen Gemach an einem Schrerbtisch, dessen eine Schublade geöffnet war. Als die Pfänner erschienen, batte sie lie hastig zügellos,.'« Auf dem Tisch lag ein Bries, adressiert und versiegelt; sie verbarg ihn jetzt in den Falten ihres Kleides; dann stand sic plötzlich aus und wandte sich zu oen Eindringlingen. Hierher fiel ihr ein kleiner Gegen stand vom Schatze, der durch das halbe Zimmer hin rollte, bis cr liegen blieb. Die Augen der drei waren darauf geeichter. Die Dame wollte ihn eben wieder an sich nehmen, doch Barnes, der das Ding, da es im Schatten lag, für einen Fingerhut hielt, bückte sich und hob es mit einem raschen: „Sie gestatten!" ans. Da erkannte er, was es war, sah der Dame fest in die Augen und sagte, indem er den Gegenstand langsam zwilchen Daumen und Zeigefinger hin und her rollte: „Verzeihen Sie, meine Gnädige. Sie sind, wie ich annehme, Fräulein Virginia Lewis?" „Dies ist mein Rame. Aber wer sind Sie und wie kommen Sie dazu, in mein Zimmer einzubrechen, ohne angemelder zu sein?" „Ich versichere Sie. datz wir bei unserem Eintritte nicht erwarteten, jemand hier zu treffen, am wenigsten eine Dame. Wir kamen mit Richter Olney ins Haus, in Geschäften für Ihren Herrn Onkel Im Empfangs- limmer entdeckten wir " „Meines Onkels Leichnam!" unterbrach ibn Fräu lein Lewis kühl. Erstaunt fragte der Detektiv „Dann also wissen Sie —" Wieder unterbrach sie ihn Dieses Mal mit der Erklärung: „Ich sand ibn vor zwei Stunden in dem Zustande, wie Sie ihn gesehen haben. Ich war natürlich aufs höchste bestürzt, und bin nun seither hier gewesen, um zu versuchen, meine Gedanken zu sammeln." (Fortsetzung folgt.) Nuüolk Herzog im Lchillerverein Von den vielen Zubörern. die gellern den dritten Dichterabend de« Leipziger Schiller Vereins teils au- begreiflicher Neugierde, den Verfasser der „Wlskot- rens", der „Hanseaten' nnd manchen bekannten Bt» manes von Angesicht kennen zu lernen, waren die meisten überrascht und kehrten entzückt au» der genutz- reichen Gesellschaft des lebensvollen rheinischen Dichter»mannes keim. Fast ein jeder von ihnen hdtte dos ein« oder do» andere Werk Herzog» in der Er innerung und erwartete nun mit Spannung den Verfasser der lebenssprübenden Bücher zu sehen Da erschien er und erfüllt« r»«n weiten Konzertina! des Kaufhauses, in dem sonst nieltöntg di« Frau Mufika herrscht, mit den wogenden Wortharmonien seiner rh«inlandsrohen, lebsnshciteren Seel«. Schlank und rank trat er vor uns hin, blondes Lockengewirr fallen. Schadet nichts! Immer flottere Walzer spielen die zahlreichen Kapellen auf, immer flotter tanzt man die Matchichc und wirbelnder wird da» Leben Hinaus ist der Trübsinn gebannt, wenn c» ihn überhaupt gab. Und weiter schlug die Lust ihre hohen Wellen! Es lebe das Leben! Das war die Devise des Maskenballs im Kristallpalast. * Städtische Foröernngen vei Konkursen uj». Ls liegt in der Natur der Sache, datz bei Konkursen, Zwangsversteigerungen und Rachlatzsachen auch die § t a d t g e m e i n de öfter mit Forderungen bc' teiliat ist. Im Jahre 1909 hatte sie bei 97 Kon kursen insgesamt 69 362,70 anzumelden, näm lich an Steuern 21 286,56 «, an Gas-, Elektrizität»- und Wassergeld -1378,28 «, ferner Forderungen an Mietzinsen u. dgl m. Erlangt wurden von der Gesamtsumme 13 793,39 -tz, nicht erlangt wegen Mangels an Masse 2387,66 . tt. Der Rest wurde zu rückgenommen oder blieb unerledigt. Bei Zwangs- Versteigerungen usw. waren 28 117,26 -K anzu melden, wovon 28 112.87 erlangt wurden. Bei Nachlatzjachen usw. wurden 1330,48 X an gemeldet und 640,71 .tt erlangt. — r Güterwagenverkehr. Ersahrungsgcmätz werden im Frühjahr starke Anforderungen an den Güter wagenpark der Bahnverwaltungcn gestellt. Besonders drängen sich die Sendungen von Düngemitteln und sonstigen landwirtschaftlichen Bedarfsgegenständen auf «inen verhältnismäßig kurzen Zeitraum zusammen. Den Interessenten ist deshalb zu empfehlen, die Früh jahrsbestellungen tunlichst schon jetzt zu bewirken, um bei Eintreten des stärkeren Verkehrs nicht Lieserungo Verzögerungen ausgesetzt zu werden. * Schankkonzessionen in der Amtshavptmaanschast Leipzig. In der letzten nichtöffentlichen Sitzung des Bezirksausschusses wurden nachstehende Schankassuche genehmigt: Friedemann in Schönefeld, Betrieb der Schankwirtschaft einschl. des Branniweinschanks; verekel. Bremer in Wahren, Betrieb der Schank- mirtichast einschl. des Branntwcinschanks und Ab- halien öffentlicher Tanzvergnügen !m Alien Gasthof zu Wahren: Löser in Grvtzzschocher-Windorf, Be trieb der Gastwirtschaft einschl. des Branntwein schanks. Abhakien von Tanzvergnügen für geschlossene Gesellschaften und Erlaubnis zum Krippenletzen; Klöden in Priesteblich. Detrieo der Gastwirtschaft einschl. des Branntwetnschanks, Abhalten öffentlicher Tanzvergnügen, Ausspannen und Krippensetzen im neu zu erbauenden Gasthof; Hesse in Engelsdorf, Ausdehnung des Betriebs auf die umgebauten Schankräume im Gasthof zu Engelsdorf; Wolf in Grotzzschocher-Windorf, Verkauf non Branntwein in verschlossenen Flaschen. Abgelehnt wurden Ge suche von Vogel m Böhlitz Ehrenberg. Veranstal tung von Gesangsvoriragen und theatralischen Vor stellungen; Sch wetz in Paunsdorf, Ihme in Lindenthal und Hör Nickel in Baalsdorf, Betrieb der Echankwirtschaft einschl. Branntweinschank, bzw. Abhaften öffentlicher Tanzmusik. * Busschuhwahlen. Zu unserem Bericht über die gestrige Stadtverordnetcnsitzung möchten wir be merken, datz in den Ausschuh für das stadtge schichtliche Museum die Stadtvv. Lange nnd Schmalbach (nicht -- wie irrig angegeben — Dr. Grotz) gewählt wurden. * Di« erst« diesjährige Schwurgerichtsperiode nimmt mit einer Verhandlung am 20. Januar ihren Anfang. * Kirchenkonzert«. Motette in der Thomas, kirche, Sonnabend, den 14. Januar, nachmittag« ?42 Uhr. Samuel Scheidt; Thovalvorspiel: „Thrift lag in Todesbanden." H. Schein: „Angstleuszer." S. Scheidt: Ehorakvorspiel: „Da Jesus an dem Kreuze stund" S. Schein: „Vo-rhnm eure» knetuni «vt." S. Scheidt: Tboralvorspiel: „Vater unser im Himmel reich." H. Schütz: „Veni, roo-n, in ee>v rneum." — Kirchenmusik in der Nikolai kirche, Sonn tag. den 15 Januar, vormittags 1410 Uhr. F. Schubert: „Gloria" aus der Es-Dur Messe. kräuselt um die hohe, kluge Stirn. Unter schweren Lidern, die von arbeiterfüllten Nächten am Schreib tisch zeugen, blickt das Auge voll und froh zum Lichte aus, und wenn der Mund ein Wort vom Rhein und Plein daheim, von der Jugend, von Weib und Kin dern spricht, dann leuchten die Augen des Dichters mir Sonnenkraft und sein Gesicht ist ein einziges jubelndes, strahlendes Lachen. Als ein Bringer der echten Lebensfreude trat Rudolf Herzog unter seine Hörer und erfüllte ihre tagmiiden Herzen mit dem stillen Leuchten des Glücks, das Heimat. Jugend und Erinnerungen mit immer vollen^ gebefrohcn Händen in die Pruit des Frohen strömen lassen. Voll klang der Abend ein mit der heimotfrohen, begeisterten Rheinstudie .Heimkehr". Schriebe und läse das ein anderer, so war' es gewitz nichts als ein gutes Feuilleton, eine stimmungsvolle Plauderei. Unter Rudolf Herzogs Händen ward der Stoff zur Dichtung, ward ein «ang vom Rhein, gesungen aus rizecn- und weinlandsfroher Seele und mit voller Kehle. Und in uns allen fand der begeisternde Ton, den der Dichter, selbst begeistert von seiner Heimat, hier anjchlägt, lebendigen Widerhall, denn der Rhein ist unser Stolz und immer unserer Sehnsucht Ziel. Kann sich ein Dichter besser bei fremden Menschen einsühren, als wenn er mit Begeisterung seine Helmat preist, die ihn gebar? Und kann ein Mensch, ein Dichter eine schönere Heimat haben a!s das Land am goldenen Rhein, von dem die Sage und die Sehn sucht raunt und rauscht in jeder Prust, solange Deut sche rechts und links vom Rheine wohnen? Und endlich, kam denn Herzog als ein fremder Mann zu fremden Leuten? Rein, die ihn kannten, liebten lange schon, alle, sie hietzcn ihn nun ganz den Ihren, und an der Heimatsreude, die sein Auge strahlte, jein lauter Mund mit vollen Tönen ories, entzündete sich ihre Liebe und Sehnsucht zum deutschen Rhein. So führte Herzog seine Hörer im Rausch des frohen Dienstes derer, die den Musen dienen, hin zu den Höben reiner, hehrer Kunst, die oas Leben mit goldenen Strahlen erhellt und verschönt, den Werkel- tag zum Feste macht und lachende Kinder der Sonne, die aus lichten Höhen wolkenwärts schweben, aus den müden Streitern des engen Tales. Es war ein feiner Zug, den wir ihm danken müssen, datz uns der Dichter nicht nur den Weg hinslihrte zu feiner Freude, die ihm Welten schuf und einen stolzen, echten Mann aus ihm gemacht yat, nein, datz er uns. di« wir keines rebenumrankten Rheinland» Söhne sind, auch das Rezept gab, wie man selig wird aus Erden. „Schafft'» euch Erinnerungen! " klang es au» dcni fröhlichen Bekenntnis, wie seine Bücher geworden sind. Wie ein Freund zu Freunden spricht, im Dämmerlchein, beim Becher. plauderte er aus seinen jungen nnd jüngsten Tagen, von den Freunden und Gefährten, dt« seine Jugend waren und deren lebendiges Bild in der Erinnerung noch seinem Leben Inhalt gab. Erinnerungen sind fein« Bücher, die Wislottenv. der alten Sehnsucht Lied, der Abenteurer und di« vom Niederrhein. Alles ist ein Stück vom eigenen Leben und durchdrungen vom innersten Erleben. Darum geht auch so ein machtvoller Zauber von allen diesen Büchern au». Dem Dichter, der un» in die Werkstatt seines Herzens blicken lietz. schwoll selbst die Brust beim Anblick der frohen Stätten und G«- * Richard Dehmel liest Freitag, den 20. Januar, abends 8 Ukr, im Großen Saale des Künstlerhauses auf Einladung der Litera turabteilung der Freien Studenten schaft eigene Dichtungen vor. Karten zu 5 .<t, 3 -1t und 2 .ck bei Pölich und in der Linckeschcn Buchhand lung, Burgstrotze 1—5; für Studierende nur auf dem Gcstyüftszimmer der Leipziger Freien Studentenschaft. * Bei der heutigen Ziehung der Sachs. Landes lotteri« fiel der Gewinn von 20 000 Mark aus Rr. 46344 in die Kollektion von I. G. Herrmann in Leipzig. * Achtung, Geldschwindlcr! Am 7. Januar 1911 nachmittags in der sechsten Stunde hat ein Un bekannter an einem Meßstand aus dem Königsplatz eine Dürste gekauft und mit einem Geldstück — 10 -1l — Zahlung geleistet. Der Inhaber des Verkaufs standes hat in der Dunkelheit nicht die nötige Auf merksamkeit an den Tag gelegr und hat aus das Gold stück hcrausgeaeben. Gleich danach — als aber der Unbekannte schon verschwunden war — merkte der BudeninHaber, datz er das Opfer eines Betrügers ge worden ivar. Das Goldstück war nämlich ein Zwei pfennigstück. das in geschickter Weise mit dem ver goldeten Bildnis Kaiser Wilhelms I. überklebt war. Jedenfalls war dies ein Ausschnitt aus einer Zigarrenkistendekoration. Der Betrüger hat noch mehrere derartig überklebte Geldstücke bei sich gelzabt und wird auch versuchen, diese an den Mann zu bringen. Der Gauner wird beschrieben als etwa 25 Jahre alt. 1.65 bis 1,70 Meter grotz, schlank, mit länglichem blassen Gesicht, kleinem Schnurrbart; er war bekleidet mit dunklem Ueberzieher, schwarzem steifen Filzhut, meitzem .Kragenschoner und hat .Klemmer getragen. - Eigentümer grsnckjk. Im Besitze eines am 8. De zember 1910 festgenommenen, wiederholt vorbestraften 43 Jahre alten Handelsmannes aus Breslau wurde ein Kokoslaüfer und ein noch nass s Herren-Normal- Hemd mit Vrustschluß vorgefunden. Wie sestgestellt wurde, hatte der Verhaftete kurz vor seiner Festnahme den Läufer aus einem Grundstück in der König- Johann-straße gestohlen. Das Normalhemd will der Dieb in der Näh« der Waldstraßc aus einem Hof raum von der Leine herunter ebenfalls gestohlen haben. Der bisher unermittelte Eigentümer kann sich bei der Kriminalpolizei melden. * Einmieterdieb. Vei einer Familie in der Kanzlcrstraße zu L-Lindenau mietete sich ein Un- bckannterein, dersichDreherMaxPaul Schöne, geb. den 11. November 1889 in Weimers dorf (Preußens, nannte. Er hatte auch ein Mitglieds buch vom Metallarbeiierverband, auf denselben Namen lautend, bei sich. Seine Vermieterin hatte kaum die Wohnung verlassen, so entwendete Schöne einem Schlaskollegcn einen Win ter Überzieher, im Futter das Monogramm X. II. in grüner und weitzer Seide, ein Portemonnaie mit In halt, eine Panzeruhrkette u. v. a., womit er schleunigst wieder verschwand. Der Dieb ist mittel groß. von untersetzter Gestalt, hat gesundes Gesicht, dunkelblondes Haar und trug graukarierten Iackett- anzug, schwarzen, steifen Hut und über seine Fuß bekleidung neue Gummischuhe. * Schwindler. Bei einem Nohproduktenhändler in der Lützner Straße hat am Silvesternachinittog ein unbekannter Mann im Alter von 40 Jahren, von mittlerer Gestalt mit dunklem Ckhnurroart, eine Partie zerkleinerte Metalle, vermutlich vom Metall kager einer Fabrik herrührcnd, zum Kaufe angeboten. Da aber der Unbekannte einen Ausweis über seine Person nicht bei sich hatte, erhielt er nur eine kleine Summe Geldes und sollte den Rest unter Vorzeigen von Papieren später in Empfang nehmen. Bisher ist der Unbekannte jedoch nicht wiedergekommen, und es ist wohl anzunehmcn, datz das Metall Diebesbcute ist. Der Eigentümer kann sich bei der Kriminalpolizei melden. * Kollidiebe. Gestern früh in der zweiten Stunde wurden von einem Schutzmann in der Bayerfchen Straße zwei junge Männer angehalten, die jeder ein größeres Paket bei sich hatten. Auf der Polizeiwache, wo sie von dem Beamten zugeführt wurden, entpupp ten sie sich als em 20 Jahre lter, wegen Rückialls diebstahl» vorbestrafter Arbeiter aus Statt« r i tz und ein 19 Jahre alter Stallschwerzeraus Taucha. Beide gaben dann ruch »u, dir Pakete au» einem Botensuhrmannswagen zwischen Connewitz und Gautzsch gestohlen zu haben. Die Pakete enthal ten Krepp, Schleierstoffe, Garne und Schuhe. Die Eigentümer können sich bei der Kriminalpolizei melden. * Unhold. Gegenwärtig tritt hauptsächlich im Osten der Stadt, besonders in Sellerhausen und Stiinz, ein Unbekannter auf. der Schulmädchen ducch kleine Geldgeschenke an sich lockt, diese bann ins Freie führt und sich dort n unsittlicher Werse an ihnen veracht. Auch zeigte er den Kindern unsittliche Bilder. Der gemeine Mensch wird beschrieben als 18 Jahre alt, mit blass m Gesicht und klcincm blon den Schnurrbänchen. Andere Kinder behaupten wie der, er ser älter, von langer Gestalt und habe einen kleinen weiß- und braungefleckten Hund bei sich gehabt. * Diebstähle. Unter erschwerenden Umständen wurden aus dem Kammergebäude einer hiesigen Militärtascrnc gestohlen 6 Baar lange Tuchhosen. 9 Paar Schaststiejel, 4 Paar Kavalleiielangit»efel, 6 Paar Schnürschuhe, 20 Militärhemden, 10 oraun wollene Militär-Fingerhandschuhe, eine Drillichjacke, eins Feldmütze u. v. in. Die Lachen sind sämtlich neu und tragen den Stempel „V. X. XIX I. 12. 1908. oder auch eine andere Jahreszahl. Es b.stcht die Vermutung, datz die Sachen hier an den Mann ge bracht worben sind. Mitteilungen über Wahrnchmun gen nimmt die Kriminalpolizei entgegen. — Vermut sich auf dem Transport von hier nach einer auswärti gen Bahnstation wurde Mitte Dezember gestohlen: Eine Kiste, 37 Kilogramm schwer, gez. .V. 6. 245. enthaltend 18 Bund ichwarzgefinbte Astrachaner und 200 Stück lose, gleiche Felle im W.rie von übe» 2000 -tt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ter Dieb die Beute hier zu veräußern versucht hat oder noch versuchen wird. Mitteilungen nimmt die Kriminal- abtcilung entgegen. Nus Lachsen. V7. Plauen, 12. Januar. (Verbranntes Kind.) Als gestern in der Hainstraße Nr. 8 in Ab Wesenheit ihrer Eltern Kinder die Kerzen des Tannen« baumes anzündeten, fing der Daum Feuer und ver ursachte einen Zimmcrbrand. Die zweijährige Tochter des Aufläders Gustav Berger, die sich in ihrer Angst im Zimmer versteckt hatte, erlitt so schwere Brand wunden am ganzen Körper, daß sie nach dem Kranken haus gebracht wurde, wo sie heute ihren Verletzungen erlegen ist. * Colditz, 11. Januar. (Selbstmord.) Gestern wurde im Colbitzer Staatsforst die Leiche des im 20. Lebensjahre gestandenen Primus am Leipziger Carolagymnasium, Werner N., durch einen nahen Verwandten aufaefunden. Der hoffnungsvolle junge Mann hatte sich den Tod durch den Revolver gegeben, nachdem er vor seinem Weggänge aus dem Eltern hause einem Freunde bricflime Mitteilung von dem geplanten Schritte gegeben und genau den Ort und die Stelle, wo er aus dem Leben scheiden wolle, be zeichnet hatte. Der Bedauernswerte soll an Nerven Überreizung gelitten haben. Der Leichnam wurde heute nach Leipzig übergeführt. Sus Lachlens Umgebung. --- Meuselwitz, 12. Januar. (Bergmanns, los.) Im Kiefernschachie wurde der Bergarbeiter Modler aus Roda bei Kayna von niedergehenden Kohlenmassen verschüttet und konnte nur schwer ver letzt gerettet werden. stalten aus Iugendtaaen. Die Hörer aber vergaßen den Saal und den Dichter am Pult, und kehrten heim in alte^ langvergessene Tage. Wonne der Wehmut, selige schauer der Freude erfüllte sie alle. Aus klang der Abend, wie Begeisterung ihn ein- geläuiet hatte. Herzog las ein paar seiner besten Gedichte, markig und deutsch. Das italiensrohe „Ma donna Rediviva", das starke Selbstbekenntnis seiner Art und Kunst „Wir sterben nicht" und den trutzigen „Fuchsmajar vom Niederrhein". Wer Rudolf Herzog gestern recht ermessen und wer ihn würdig feierte, der tat's für sich oder im trauten Kreise beim vollen, funkelnden Becher Weines vom Rhein, vom deutschen Rheine. Dem Schiller-Verein, der gestern viele, dankbare Gäste in seinem Kreise sah. sollte man auch über dicfen Abend hinaus mehr Interesse an seinen ab- wechselungsreichen Dichterabendcn bekunden, die bester als ein Buch oder ein Theaterabend zur rechten Kunst hinfiihren, denn sie haben vor Puch und Bühne das Beste voraus, P e r s ö n l i ch k e i t. Der Dichter selber steht mitten unter uns. Wenn er von rechter Art ist, gewinnt er uns sich fürs Leben. Der nächste Abend des Schiller-Vereins wird die Leipzig mit dem gemütlich-geistreichen, bescheidenen Hermann Bahr bekaniitmachcn, dessen „Kinder" sich gegenwärtig noch auf der Schauspielhausbühnr tum meln. Vahr ist einer der interessantesten Literaten unserer Tage, und seine gemütlichen, klugen Ein leitungsworte aus dem Stegreif werden ihn rasch bei allen in Gunst setzen. Er ist der rechte Gegensatz zu Herzog. Rhein — Wien. Poet — Literat. Daß ein neuer Roman Rudolf Herzogs im Fe bruar in der „Gartenlaube" abaedruckt wird, will ich zuletzt den vielen dankbaren Hörern verraten, die dem Dichter gern noch länger gelaugbt hätten. Dau) -Zostauinburx:. Moüerne religiöse Kunst. Ein Altarbild von Lovis Corinth. Berlin, 11. Januar. Das Kunstqewerbe bemüht sich schon lange, auch dem religiösen Kultus neue ornamen- taleAusdrucksformenzu gewinnen. Auf den Dresdner Ausstellungen sah man Kircheninterieure und Andachtsräume, Gesangbücher und Abendmahls kelch«, und am wirkungsstärksten erschien die Be tätigung in der Friedhosskunst. Jetzt ist, wohl zum erstenmal, das Werk eine modernen Maler, als Altarbild für eine protestan tische Kirche bestimmt worden. Der Künstler hat es selbst gewidmet: LovisCorinth seiner Vaterstadt Tapiau in den Ostmarken. Im Salon Tasstrer sieht man jetzt dies Triptychon Golgatha". Auf dem Mittelfeld der lebensgroße Truciftrus über der Schädelstätte, dargestellt als Schmerzensmann mit dem Haupt voll Blut und Wunden. Matthias Grünewalds grausame und auf- wühlende Passionsphantasic war vorbildlich für diesen Folterleib mit seinen greuelvoll verkrampften, in den Lualzuckungen erstarrten Füßen und Händen, mit den rotsprenkligrn Malen und -en geronnenen Blutfliisten über dem verzerrten Leib. Wie jener alte Meister von Colmar seinen homo in der ganzen Furchlbarkeit übermenichttchcn Leidens zur Aujlüqrung harter Herzen aujrcchtece, jo auch dieser Künstler unserer Tage, wenn »ha auch vielleicht das Malerische des Vorwurfs stärker tncb als das religiöse Gefühl. Auffallend ist der Christuskopf; schräg geneigt, die Zähne unter der umbanecen Oberlippe eurbrog», Hal diezes Antlitz etwas Slawisches, ein verwandter Typ für die Menichen der Grenzgegend, vor Lenen es er höht werden soll, und damit eine Wiederholung lener Sitte der Vergangenheit, die Heiligen malerisch immer der jeweitlgen Landschaft zu akttlmatisieren, sic als Nürenberger oder Florentiner anzusprechen. Eine ähnliche Beobachtung läßt sich auch an der Figur des linken Seiienflugels machen. Hier steht der Apostel Paulus vor einer buntgescheckten Fliesen, mauer. Er trägt oas Schwert in eine Schärpe ge wickelt quer vor der Brust und halt in Len Händen ausgeschlagen die Leiten des PhiUppcrbrieses inu dem Text: „Und nahm an Knechrsgeitall." Seine Erscheinung hat etwas Ethnographisches: auf einem dürren Gcicrhals sitzt der Kopf eines Fatirs oder bester noch eines Dostojcwskischen Fanattlers und Epileptikers. Man kann dabei an das Wort der Schrift denken: „Paule, du rasest"; aber näher liegt die Assoziation slawischer Literaturgestalten, z. B. auch jener erlösungssüchtigen Feuer- und Schwert menschen in LeoniL Andrejews Terroristendrama: „Igmis ssnat". Einer anderen Stilwelt gehört der rechte Flügel an. Hier sitzt in blauem Gewand und grauem Bart der Evangelist Matthäus und schreibt, inspiriert, auf eine Rolle, als „diktiert ihm der heilige Geist". Und hinter ihm steht im lila Faltenkleid großgeflügelr der Genius mit schmale,« Antlitz voll ferner Iensens- auaen. Er gibt dem Evangelisten das Wort der Heils- und Leidensgeschichte ein, und das tiefe Sinnen seiner Züge sagt, daß auch er ahndeooll am Elend der Welt trägt. Diese Gruppe wirkt neben dem heftigen Klima ihrer Nachbarschaft als eine fromme Idylle und sänftigt das Gemüt mit ihrem stillen Decrescendo. Auf dem Sockel des Kreuzes aber steht, rot, wie mit Blut geschrieben, die Widmung: Tovi» Tapinvonsis mo pinxik et ckonavit «Delosina Tapinvovki. Was die „Tapiavenser" Lazu sagen werden, Las zu hören wäre recht interessant, uns erscheint es als ein «indrncksmächtige« Werk eines persönlichen Könners: für die Andachtssphäre einer schlichten Kirche mag er aber vielleicht zu aufregend und verwirrend sein. * Ein schönes Zeremonialgerät für Lie Schönebrrgor Kirch«, die jetzt stolz neben dem bescheidenen und rührenden Dorfkirchletn aufragt, schuf der meisterliche Edelfchmied L e t t r z-: eine silberne Taus, schale: in ihrem Grund die Darstellung des Zugc« durchs Rote Meer, rein ornamental aus dem Material und der Mctalltechnik heraus entwickelt mit -en ge triebenen Wellen, den feinen Punzierungszieratsn auf den Kleidern, den körnigen Granatfrüchten und dem wuchtigen Gestmskranz auf dem breiten Rand. Dvlii koppsrrd«?-