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Serühlslssi. Kgl. Landgericht. r Leipzig. 16. Juni. Einem schlafenden Arbeitskollegen stahl der 50- jährige Arbeiter Karl Hornig, der in einer Fabrik in Tauch i beschäftigt war, während der Nachtschicht den Geldbeutel, in dem sich 40 befanden. In der Verhandlung vor der dritten Strafkammer des Land gerichts wollte Hornig behaupten, er habe den Geld deutel unter der Bank gefunden, auf dem sein Kollege geschlafen habe, aber das Gericht schenkte dem schon vielfach bestraften Angeklagten keinen Glauben und verurteilte ihn wegen Rückfallsdiebstahls unter Aus schluß mildernder Umstände zu einem Jahre und sechs Monaten Gefängnis: die bür gerlichen Ehrenrechte wurden ihm auf dis Dauer von fünf Jahren aberkannt. Späte Siihnc. Am 23. Oktober 1006 erwischte ein Postbote den aus Schleswig stammenden Arbeiter Friedrich Viktoria auf dem Grimmaischen Stein weg dabei, wie der Bursche eben dabei war, einen Briefkasten aufzubrechen, Viktoria hatte es auf die Marken auf den Briefen abgesehen. Der Spitzbube hatte damals auch seinem Prinzipal für 5 ^4t Zigaretten gestohlen, er verschwand indessen aus Leipzig und erst im Mai d. I. konnte man ihn fassen. Wegen anderer Diebereien, die er noch ausgeführt hat, ist er bereits zu einer längeren Gefängnisstrafe ver teilt worden, jetzt erkannte das Gericht auf eine Zu satz strafe von acht Monaten. Den ganzen Gerichtshof abgelehnt! Nach drei tägiger Verhandlung wurde der Angeklagte Hede wegen Rückfallsbetrugs zu zwei Jahren vier Monaten Gefängnis und fünf Jahren Ehren rechtsverlust verurteilt. Die bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm auf die Dauer von fünf Jahren aberkannt. prozetz Dr. Llez unü Genossen. (Fortsetzung.) : Leipzig. 16. Juni. Nachdem noch die Aussagen mehrerer Filialleiter, die kommissarisch vernommen worden waren, zur Ver lesung gebracht sind, werden eine Anzahl Briefe aus der Eeschäftskorrespondenz der E. m. b. H. Dr. Liez <L Co. vorgetragen. Die Beweisaufnahme ist damit ge schlossen und es beginnen die Plädoyers. Der Vertreter der Anklagebehörde, Staatsanwalt Dr. Schlegel, gibt ein Bild, wie es sich in den sechs Tagen der Verhandlung herausgestellt hat, und wen det sich dann zunächst dem Verkaufe der Lizenz an den Kaufmann Giebel in Frankfurt a. M. zu. Der Ange klagte Boeckel habe es in äußerst raffinierter Art und Werse verstanden, die Lizenz an den Mann zu bringen, seine Angaben von dem patentamtlichen Schutze der Zeitschrift waren ebenso Vorspiegelung, wie die Renta bilitätsberechnungen. Man hatte weiter nichts getan, als den Titel der Zeitschrift zum Warenzeichenfchutz anzumeldcn, die Berechnungen waren die reinen Phantasiegebilde. Boeckel ging Verpflichtungen ein, die er und seine Eesellfchaft niemals einhalten konn ten. Charakteristisch ist der Brief vom 30. November an Boeckel, in dem unverkennbar anempfohlen wird, den Interessenten blauen Dunst vorzumachen. Boeckel hat zwar bestritten, diesen Brief empfangen zu haben, aber einige Tage später hat er den Brief eingehend beantwortet. Wenn solche Briefe auch nicht von Dr. Liez persönlich geschrieben sind, so ist er doch dafür mit verantwortlich zu machen, denn er hat Kenntnis von ihrem Inhalte gehabt. Er kannte die mangelnde ' Vorbereitung des Unternehmens und den mangeln den Willen, die durch Lizenzverkauf eingsgangenen Verpflichtungen einzuhalten. Damit aber hat Dr. Liez sich zum Mitschuldigen Boeckcls gemacht, der den Kaufmann Giebel unter Vorspiegelung falscher Tat sachen in seinem Vermögen geschädigt hat. Diese Lizenzgeschichte ist das Vorspiel gewesen zu der schwin delhaften Gründung der E. m. b. H. Dr. Liez L Co. Es besteht nach 88 7 und 8 des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch die An meldepflicht betreffend die Sacheinlagen, und wenn diese Sacheinlagen der Wahrheit nicht entsprechen, dann tritt die Strafdrohung des 8 82 desselben Ge setzes in Anwendung. Dr. Liez hatte zur Zeit der Anmeldung der Gesellschaft kein Verlagsgeschäft mehr, das Geschäft bestand nicht einmal äußerlich mehr. Der Titel und der Name des Dr. Liez war in der offenen Handelsgesellschaft mit 2000 ^4t, bald nachher in der E. m. b. H. mit 75 000 Zt bewertet, reellen greifbaren Wert als Einlage hatte der Titel und der Name nickt, denn in Buchhändlerkreifen war Dr. Liez völlig unbekannt. Die Trennung des Verlagsrechtes des Dr. Liez und der Ausübung dieses Verlagsrechtes durch Boeckel ist eine Spitzfindigkeit, die lediglich den Zweck hatte, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Eine Idee an sich ist kein Objekt eines recht lichen Geschäftes, sie ist keine Sacheinlage, und das hat Boeckel auch sehr wohl gewußt, denn als er aus der E. m. b. H., bei der er seine Ideen als Sach einlage deponiert hatte, hinausaetan war, da ist er mit den gleichen Ideen nach Berlin gegangen und hat sic dort für 5000 an den Buchhändler Jacobi ver kauft. Ohne jeden Wert sind auch die Boeckelschen Erfindungen und Ausarbeitungen gewesen. Pommiers Arbeiten für die Gesellschaft sind mit 25 000 -4t als Sacheinlage bewertet, wenn er überhaupt Arbeiten geleistet bat, dann ist er dafür als Mitdirektor be zahlt worden, als Sacheinlage konnten diese Arbeiten nie angerechnet werden. Die einzigen wirklichen Sacheinlagen waren Pommiers 3000 -4t und die Kontoreinrichtung, die Dr. Liez mitbrachte. Sowohl Dr. Liez wie auch Boeckel sind sich auch vollkommen klar über den Inhalt der einschlagenden gesetzlichen Bestimmungen gewesen, sie mußten sich schon genau orientieren, sonst hätten sie ihr Exposs und ihren Ee- sellschaftsvertrag nicht so anfertiaen können, wie sie cs getan haben. Damit ist auch ihre subjektive Schuld erwiesen, sie haben sich strafbar gemacht aus dem 8 82 des angezogenen Gesetzes. Der Staatsanwalt hält dann auch den vollen Beweis dafür erbracht, daß alle vier Angeklagten sich des Betruges gegenüber den engagierten Filialleitern schuldig gemacht haben. Er will nicht behaupten, daß das Unternehmen von vorn- herein zum Zwecke des Schwindels gegründet worden ist. Zuerst mögen die Angeklagten an die Prosperität des Unternehmens geglaubt haben, ihre damalige bona kicks» will der Staatsanwalt nicht bezweifeln, aber aus der bona kicks» wurde später die mala kicks», als die Gründer einsehen mußten, daß die Gründung auf einem ganz unsicheren Fundamente stand und un bedingt zusammenstürzen mußte. Der Vertreter der Anklage hält alle vier Angeklagten der Delikte für überführt, die ihnen zur Last gelegt werden und be- antragt, gegen sie auf entsprechende Strafen zu er kennen. Der Verteidiger des Angeklagten Dr. Liez, Rechtsanwalt Dr. Ewald, führte aus, daß sein Klient stets in gutem Glauben gehandelt habe; wenn den Interessenten falsche Angaben gemacht sein sollten, wodurch sie zu irrigen Auffassungen ge kommen seien, so habe die Beweiserhebung ergeben, daß Dr. Liez daran nicht die geringste Schuld gehabt habe. Don der Anklage im Falle Giebel müsse der Angeschuldigte Dr. Liez unbedingt freigesprochen werden, und dasselbe beantrage er bezüglich der An klage, daß Dr. Lrez sich gegen die Bestimmung:» des Reichsgesetzes, betreffend die Gesellschaften mit be schränkter Haftung, vergangen haben solle. Der Registerrichter habe die Eintragung der Gesellschaft besorgt, und da konnte Dr. Liez der begründeten An sicht sein, nun sei alles in Ordnung. Als dann die Gesellschaft gegründet war und an das Engagement der Filiallerter gegangen wurde, da war Dr. Liez der bestimmten Meinung, daß man über den Berg hinüber sei, daß die erforderlichen Geldmittel mit aller Bestimmtheit hereinkommen würden unü daß das Unternehmen den gewünschten Fortgang nehmen müsse. Die Angeklagten haben nicht daran gedacht, ihre Einlagen zu veräußern, sie Haden vielmehr mit Bestimmtheit erwartet, daß sich ihre Projekte reali sieren würden, daß sie dann auch einen entsprechenden Gewinn verteilen könnten. Der Verteidiger geht dann die Verhandlungen der Gesellschaft mit den „Vereinigten Verlags- und Reisebuchhandlungen" durch und meint, daß mit deren Geschäftsführer be züglich der Uebernahme der Zeitschrift „Von Haus zu Haus" ein bindender mündlicher Vertrag zustande- gekommen sei. Dem Buchhändler Jacobi habe dieses Abkommen aber nicht gepaßt, er habe seinen Einfluß auf Schopper in seinem Srnne ausgenützt und dann die Zeitschrift „Von Haus zu Haus" an ein Berliner Konsortium verkauft, und zwar zum Preise von 100 000 ^(, bei welchem Geschäfte Jacobi 25 000 ^4t Provision verdient habe. Davon bekam Boeckel für seine Mithilfe 5000 <lt. 1000 .4l in barem Eelde und 4030 -4t wurden von seiner Schuld an Jacobi abge schrieben. Die Angeklagten mußten aber bis zu diesem Verkaufe der Meinung sein, daß sie in der Zeitschrift „Von Haus zu Haus'^ das erforderliche Fundament für ihre neue Reklamezeitschrift hatten; als ihnen diese Grundlage entzogen wurde, da haben sie versucht, in einem neuen Expos« neue Grundlagen zu finden und zu schaffen. Rechtsanwalt Dr. Ewald kommt dann zur Be sprechung der rechnerischen Ausstellungen bezüglich der Herstellungs- und Vertriebskosten der Reklame zeitschrift und faßt sich dahin zusammen, daß in dieser Beziehung durchaus keine phantastischen Resultate herauskalkuliert worden seien. Die Angeklagten haben von Anfang bis zum Ende die bona kicks» be sessen; sie glaubten fest an die Zukunft ihres Unter nehmens, und betrügerische Absichten lagen ihnen fern. Rechtsanwalt Dr. Ewald beantragte zum Schlüsse seiner Ausführungen die Freisprechung seines Klienten Dr. Liez von allen gegen ihn er hobenen Anschuldigungen. — Rechtsanwalt Dr. Swi- Lerski verteidigt die Angeklagten Roßberg uiro Meißner; auch er beantragte die Freisprechung seiner Klienten, die sich in keiner Weise der Beihilfe zu einem Betrüge schuldig gemacht hätten. Unter Freisprechung von der Anklage bezüglich des Lizenzverkaufs an den Kaufmann Giebel wurden ver urteilt: Dr. Liez wegen Vergehens gegen das Ge setz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und wegen Betruges zu elf Monaten Gefängnis, wovon acht Monate als durch die er littene Untersuchungshaft verbüßt gelten, zu 300 K Geldstrafe und dreijährigem Ehrenrechtsverlust, Boeckel wegen derselben Delikte zu einem Jahr undneunMonatenGefängnis, wovon sechs Monate als verbüßt gelten, 300 -4t Geldstrafe und vierjährigem Ehrenrecktsverlust, wegen Beihilfe zum Betrug wurde gegen Roßberg unter Anrechnung von vier Monaten der Untersuchungshaft auf neun Monate und gegen Meißner auf fünf Mo nate Gefängnis erkannt, die als verbüßt gelten. Die OMzlerstrsgöüle von Llllenvein. (Fortsetzung.) »b. Allenstein, 16. Juni. (Drahtbericht.) Der Vorsitzende Landgerichtsdirektor Geh. Justiz rat Broese eröffnete die Verhandlung mit dem Zeugenausruf. Eine Anzahl der eingetroffenen Zeugen wird wieder entlassen, da noch keine Aus sicht auf ihre Vernehmung besteht. Bei der fort gesetzten Zeugenvernehmung wird nochmals die Zeugin Minna Lukat aufgerufen, die früher Stuben mädchen im Schönebeckschen Hause war. — Vor sitzender: Wissen Sie. daß die Angeklagte schon früher Herrenbesuche empfangen hat? — Zeugin: Das weiß ich nicht. — Vors.: Haben Sie nicht be merkt, daß die Haustür geöffnet und wieder ge schloffen wurde? — Zeugin: Nein. — Vors.: Also haben Sie gar nichts Verdächtiges wahrgenommen; können Sie das auch beschwören? — Zeugin: Ja. — Vors.: Haben Sie niemals gesehen, daß Frau v. Schönebeck vertraulich mit jungen Leuten zusammenstand, daß sie, wenn sie mit jemandem zusammenstand, auseinanderprallten, wenn Sie hinzukamen? — Zeugin: Nein.— Dors.: Wie war die Angeklagte zu Ihnen als Angestellter? — Zeugin: Die Frau v. Schönebeck war manchmal aufgeregt und wechselte ihre Meinung. — Bors.: Hatte sie auch Grund dazu? — Zeugin: Ja, manch mal. — Vors.: Hat sie sich viel um Haus und Küche gekümmert?— Zeugin: Ja. — Von Schreikrämpfen der Angeklagten hat die Zeugin nichts bemerkt. — Vors.: Wie war die Angeklagte zu den Kindern? — Zeugin: Sehr gut. — Vors.: Hat sie sie öfter gestraft? — Zeugin: Ja, wenn sie sich gegenseitig gestritten hatten. — Vors.: Nun hat Herr v. Goeben vor seinem Tode Mitteilungen in bezug auf die Strümpfe gemacht. Sie wissen, meine Herren Geschorenen, daß rn seinem ersten Geständnis von dem Schwur unter dem Weihnachtsbaum noch keine Rede war. Dann erweiterte er das Geständnis, indem er von diesem Schwur unter dem Weihnachtsbaum erzählte, und zuletzt belastete er die Frau Angeklagte dadurch, daß er angab, sie habe ihm ein Paar Strümpfe ihre» Manne- geschickt, damit er diese anzieben könne, um die Spuren seiner Schritte zu verdecken; dieses Paar Strümpfe könne man bei ihm ermitteln. Ber der Haussuchung in der Wohnung des Herrn v. Goeben sind denn auch Strümpfe beschlagnahmt worden und zwar sowohl solche des Hauptmanns v. Goeben als auch solche, die Herrn v. Schönebeck gehört haben sollen. Die Strümpfe werden den Geschworenen vorgelegt, desgleichen der Zeugin. Es stellt sich heraus, daß aus einem Paar die An fangsbuchstaben aus dem Wäschezeichen her- ausgeschnrtten sind. Dieses Paar Strümpfe vermag die Zeugin nicht als dem Major gehörig wiederzu erkennen. es könne aber möglich fein, daß sie ihm gehört hätten. Es wird der Zeugin dann der Strumpf vorgelegt, der der Leiche vom Fuß gezogen wurde. Diesen erkennt die Zeugin als einen Strumpf des Majors wieder. — Dors.: Dieser Strumpf ist ebenso gezeichnet wie das Ihnen vorhin vorgelegte wollene Paar. — Der Vorsitzende fraat die Ange klagte, ob das ihr vorgelegte wollene Paar, das bei Herrn v. Goeben gefunden wurde, von ihrem Manne sein könnte. — Angekl.: Das kann ich nicht sagen, es könnte ja sein. — Hierauf wird nochmals Fräu lein Eue als Zeugin aufgerufen. — Dors.: Sie waren früher schon einmal bei der Angeklagten in Stellung, sind dann ausgetreten und in einem Jahre wieder eingetreten. Warum find Sie aus getreten? — Zeugin: Ich wollte mich erholen. — - Vors.: Hat Frau v. Schönebeck sich viel um ihre Wirtschaft gekümmert? — Zeugin: Ja, sie hat be sonders viel aus Sauberkeit gehalten, hat sich auch um die Küche bekümmert und mitunter selbst gekocht. Auch mit der Wäsch« hat sie sich beschäftigt. — Bors.: War Frau v. Schönebeck oft erkrankt, litt sie an Kopfschmerzen? — Zeugin: Ja. — Dors.: Wie war die Angeklagte in ihrem Benehmen zu den Kindern? — Zeugin: Sehr liebevoll, wenn auch manchmal streng. — Vors.: Sie soll aber doch das Mädchen lieber gehabt haben als den Jungen? — Zeugin: Ja, der Junge war sehr ruhig und das Mädchen lebhafter. — Vors.: Hat sie den Jungen ost bestraft? — Zeugin: Ich weiß nur einmal von einem Fall, als der Major verreist war und der Junge sehr trotzig war und nicht folgte, daß das Kind von der Frau geschlagen wurde. — Vors.: Kam Ihnen die Strafe zu hart vor? — Zeugin: Eine zu harte Strafe, das kann ich nicht sagen auch war das Kind damals sehr un gezogen. - Vors.: WissenSie.daß wegen derErziehung der Kinder zwischen den Eheleuten Differenzen vor gekommen sind? — Zeugin: Nein, das weiß ick nicht. — Vors.: Wie war das Verhältnis zwischen den Eheleuten? — Zeugin: Als ich 1902 hinkam. muß ich sagen, es war nicht gut. Es wurde aber immer besser und zuletzt war es ganz gut. — Vors.: Wegen des Essens kam es manchmal zum Streit? — Zeugin: Ja, aber das war nicht auffällig. — Vors.: Die Angeklagte soll eine besondere Vorliebe für Hunde gehabt haben, namentlich für den Hund Hirschmann.— Zeugin. Gnädige Frau hatte alle Hunde gern. — Vors.: Wo schlief der Hund Hirschmann? — Zeugin: Abwechselnd oben und unten. — Vors.: Hat die Frau Major den Hirschmann mit ins Schlafzimmer ge nommen? — Zeugin: Ja. — Vors.: Sehr oft? — Zeugin: Ja, ost. — Vors.: Ist Ihnen aus gefallen, daß der Hund in der letzten Zeit vor Weihnachten besonders oft in das Schlafzimmer mitgenommen wurde. — Zeugin: Nein. — Erster Staatsanwalt: Sie sagten früher, es sei eine Ausnahme gewesen, daß der Hund mit ins Schlafzimmer genommen wurde Heute sagen Sie, es sei öfter vorgekommen, war also doch keine Aus nahme. — Zeugin: Bezüglich der letzten Zeit kann ich das nicht mehr sagen. Früher hat sie ihn oft ins Schlafzimmer milgenommen und dann ist er dringeblieben. — Bert. R.-A. Bahn: Wie lange war Herr v. Goeben an jenem Morgen bei Frau v. Schöne beck? — Zeugin: Das weiß ich nicht, aber ich habe inzwischen längere Zeit mit den Kindern gesprochen. — Medizinalrat Puppe: Ich habe doch richtig ver standen, daß das Verhältnis zwischen den Eheleuten zuletzt ein sehr gutes war. Das ist wichtig für uns Sachverständige. — Staatsanwalt Posch mann: Hat die Köchin Ihnen sofort an jen?m Morgen gesagt, sie habe in der Nacht klopfen gehört und einen Lichtschein bemerkt? — Zeugin: Ja. — Vo rs.: Nun Fräulein Eue, Sie sind 5 Jahre im Dienste der Frau v. Schönebeck gewesen. Ist Ihnen vielleicht ausgefallen, daß die Angeklagte Ver hältnisse unterhielt? — Zeugin: Ja. — Dors.: Haben Sie irgend einen Verkehr bemerkt oder ge sehen, daß die Frau ein unerlaubtes Verhältnis mit einem der Herren unterhielt? — Zeugin: Das kann ich nicht sagen. Die Herren waren alle sehr nett zu ihr und verehrten sie, das ist doch nichts Schlimmes. — Vors.: Gewiß nicht, aber wissen Sie, daß die Herren auch kamen, wenn der Major nicht da war? — Zeugin: Ja. — Vors.: Auch des Abends und in der Nacht?—Zeugin: Das kann ich nicht sagen. Vors: Haben Sie einmal einem Herrn heimlich die Tür geöffnet? — Zeugin: Nein. — Vors.: Wissen Sie auch, daß sich Frau v. Schönebeck öfter in Ver kleidungen von Hause entfernt hat? — Zeugin: Ja. einmal weiß ich es. — Vors.: Wie war sie ge kleidet? — Zeugin: Sie hatte ein schwarzes Kopf tuch um und trug ein gewöhnliches Kleid.— Vors.: Wo Frau v. Schönebeck damals in dieser Kleidung hinging, wissen Sie nicht?— Zeugin: Nein. Die Zeugin bekundet weiter: Ich bin August 1907 wieder in das Schönebecksche Haus gekommen. Da war Hauptmann v. Goeben der Bevorzugte. Zunächst habe ich keine Briefe an ihn besorgt, aber dann später zwei- bis dreimal. Dagegen hat Herr v. Goeben viele Briefe an die Frau ge schrieben, die durch meine Hand gingen. — Vors.: Ueber das Verhältnis des Herrn v. Goeben zur Frau v. Schönebeck waren Sie doch nicht im Zweifel. — Zeugin: Ich weiß nur, daß es ein sehr freundschaftliches war. — Erster Staatsanwalt: Die Zeugin wußte doch, daß das alles hinter dem Rücken des Mannes vor sich ging, hat sie sich darüber keine Gedanken gemacht? — Zeugin: Nein. — Vors.: Sie nahmen gewissermaßen «ine Bertrauenüstellung im Schönebeckschen Hause ein. Ist Ihnen nicht der Gedanke gekommen: Das ist ein verbotenes Ver hältnis, und haben Sie sich nie für verpflichtet ge halten, dem Herrn Major etwas zu sagen? — Zeugin: Ich habe darüber nicht sprechen können. Und ganz genau wußte ich es doch auch nicht. — Vors.: Hat Herr v. Schönebeck niemals eine Be merkung über seine Frau zu Ihnen gemacht? — Zeugin: Nein. — Erster Staatsanwalt: Warum haben Sie bei Ihrer ersten Vernehmung die Unwahrheit gesagt? — Zeugin: Habe »ch die Unwahrheit gesagt? — R.-A. Bahn: Ich muß dem widersprechen, daß die Zeugin die Unwahrheit gesagt haben soll. — Der Zeugin werden dann ihre Aussagen bei der ersten Vernehmung vorgehalten. — Vors.: Sie sagten ursprünglich, Sie wußten nicht, daß Herr v. Goeben in Abwesenheit des Majors ba war, das haben Sie aber doch gewußt. — Zeugin: Das kann nicht stimmen. — Vors.: Dann gaben Sie zu, daß Sie Goeben wiederholt, als der Major krank lag, Hineingelaffen hätten, worauf Herr v. Goeben sofort in das Zimmer der Frau ging. Und von den Briefen haben Sie auch erst später Bekundungen ge macht. — Zeugin: Man kann sich nicht auf alles besinnen, wissentlich habe ich nichts verschwiegen. — R.-A. Bahn: Ich halte es für bedenklich, der Zeugin ihre früheren Aussagen hier vorzuhalten, da man ja nicht weiß, unter welchen Umständen die Vernehmung stattsand und wie die Fragestellung war. — Dorf.: Zum Teil kann ich mich dieser Ansicht anschließen. — Vors.: Die Angeklagte hat die Zeugin bei Frau Grätz gebeten, nichts über das Verhältnis mit Herrn v. Goeben zu sagen. Hat das irgendwie aus die Zeugin eingewirkt, daß sie objektiv falsche Angaben machte? — Zeugin; Ick war von Anfang an mög lichst zurückhaltend. Der Zeugin werden dann die Strümpfe vorgelegt und sie erklärt, daß das eine Paar, aus dem die Wäschezeichen ausgeschnitten sind, den Strümpfen ähnlich sei, die der Major trug. Es wird hierauf nochmals der Zeuge Weida aufaerufen. R.-A. Salzmann: Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben, den Bindfaden an dem Korridor anzubringen, die Angeklagte oder der Herr Major. — Zeuge: Die Frau Angeklagte. — R.-A. Salzmann: Hat der Herr Major nicht vorher über das klapprige Fenster geschimpft und haben Sie daher nicht doch den Auf trag von ihm und nicht von der Frau erhalten? — Zeuge: Nein, von der Frau Major. — R.-A. Salz mann: Sie wissen also ganz bestimmt, daß die Frau Anaeklagte Ihnen den Befehl gegeben hat, das Fenster mit einem Bindfaden zu schließen —Zeuge: Jawohl. Hierauf werden die Zeugen Weida und Ban Villa vereidigt. Gegen die Vereidigung der Zeugin Fräulein Eue erhebt der Erste Staats anwaltschaftsrat Schweitzer Widerspruch wegen Verdachts der Begünstigung der Angeklagten. Justiz rat Sello: Ich möchte dem Anträge widersprechen und um Vereidigung der Zeugin bitten. Es hat sich in ihren Aussagen nichts ergeben, was nicht rm Einklänge zu der Hauptverhandlung steht. Vors.: Das Gericht beschließt die Vereidigung der Zeugin, ich möchte die Zeugin aber nochmals fragen, ob sie noch irgend etwas zu sagen hat, damit sie ihr Gewißen nicht belastet. — Zeugin: Ich kann nur wiederholen, daß ich nur einen Herrn bei Frau v. Schönebeck sah in einer Situation, die mir ver fänglich schien; dann kam noch ein zweiter Herr, der hat aber nur freundschaftlich mit ihr und mit dem Herrn Major verkehrt. — Die Zeugin wird darauf vereidigt. — Hierauf wird der Apothekenbesitzer Fritz Deus über einige Angelegenheiten in bezug auf den Hauptmann v. Goeben vernommen. Es tritt hierauf eine Pause ein, während welcher die Arsenik fläschchen von der Staatsanwaltschaft zur Stelle geschafft werden, in denen das Gift enthalten war, das Herr v. Goeben bzw. Frau v. Schönebeck durch den Apotheker Deus bezogen haben. Nach Wieder eröffnung der Verhandlungen wird der Zeuge Deus hierüber näher vernommen. Der Zeuge Deus bekundet: Im Oktober 1907 wollte Herr o. Goeben von mir Arsenik haben, an geblich für seinen Bruder in Tirol zum Vergiften von Füchsen. Ich sagte ihm, er solle lieber Strychnin nehmen, das sei nicht so gefährlich, und das würde er ohne polizeilichen Erlaubnisschein erhalten. Herr v. Goeben wollte aber Arsenik haben. Acht Tage später kam er wieder mit einem polizeilichen Er laubnisschein, worauf er 15 Gramm Arsenik, mit einer grünen Farbe vermischt, erhielt. Nach 16 Tagen kam er wieder mit dem Bemerken, sein Bruder könne das Arsenik nicht gebrauchen, es färbe zu sehr den Schnee. Am 25. November brachte Herr v. Goeben einen neuen polizeilichen Erlaubnisschein und erhielt darauf 50 Gramm Arsenik. Als der Zeuge das fragliche Fläschchen zur Untersuchung er hielt, waren noch 40 Gramm darin. — Vors.: Wie viel Menschen können mit 50 Gramm Arsenik getütet werden? — Zeuge: Ich schätze 4—500. — Vors.: Nach den Angaben des Herrn v. Goeben soll die An geklagte ein Fläschchen der Arseniklösung in ein Glas Tee gegoßen haben, das der Major austrank. Es soll ihm aber nichts geschadet, sondern im Gegen teil sehr gut geschmeckt haben. — Zeuge: Ich habe Versuche angestellt. Wenn man in Kaffee oder Tee soviel Arsenik schüttet, wie zur Tötung eines Menschen nötig ist, so ist das durchaus zu schmecken. Auch durch Zucker und Milch kann der Geschmack nicht verdeckt werden. — Der nächste Zeuge ist Schlosser meister Minuth. Er bekundet, daß am 11. De zember Herr v. Goeben bei ihm vorgeritten kam und ihm sagte, er möchte einmal nach der Schönebeckschen Villa kommen und ein Schloß öffnen. Er solle aber selbst kommen, da die Sache komplizierter Natur sei. Der Zeuge ging hin und traf in der Villa Herrn v. Goeben, der sich mit den Kindern unterhielt. Dann kam Frau v. Schönebeck und zeigte dem Zeugen einen Schubkasten, der geöffnet werden sollte, was er auch tat. — Vors.: War das Schloß nicht leicht zu öffnen? — Zeuge: Nein, ich mußte es mehrfach versuchen.— Vors.: Fanden Sie beim Herausnehmen des Schloßes etwas? — Zeuge: Nur, daß der Schlüße! abgebrochen war, das hatte mir schon vorher Frau v. Schönebeck gesagt. — Vors.: In Ihrer Gegen wart haben Frau v. Schönebeck und Herr v. Goeben mehrere Sachen dem Schubkasten entnommen, was denn? — Zeuge: Ein paar Briefe und längliche Aktenbogen. — Vors.: Auch eine Aktenmappe? — Zeuge: Nein. Herr v. Soeben bestellte auch einen Schlüße!. Schon am nächsten Morgen kam er zu mir und sagte, ich möchte ihn schleunigst anfertigen, da Frau v. Schönebeck verreisen wolle. — Der nächste Zeuge, Friseur Sikorski, bekuydet, daß Herr von Goeben sein Kunde war. Am 24. Dezember, also Heiligabend, nachmittags 4 Uhr kam er zu ihm. — Vors.: Was wollte er. — Z e u g e : Er sagte, er wolle eine Maske. Er verlangte eine Maske mit großen Augenlöchern. — Vors.: Diese Maske sieht doch recht fürchterlich aus; glaubten Sie, daß er diese Maske zur Nikolaus feier brauchen werde? — Zeuge: Nein, das nicht. — Der Vorsitzende legt darauf ein Duplikat der Maske vor, da das Original von Herrn v. Goeben im Ofen verbrannt worden sei. Vors. (zur Ange klagten): Herr v. Goeben hat niemals von dieser Maske etwas gesagt? — Angekl.: Nein, ich habe nichts davon gewußt. — Der folgende Zeuge, Haupt mann v. Groh, bekundet, daß Herr v. Goeben am 11. November 1907 mit der Bitte an ihn herantrat, das Reichskursbuch auf Dampferverbindungen mit Schweden nachzusehen. Zur Erklärung fügte er hin zu, er wolle Weihnachten mit seiner alten Mutter nach Schweden, daher möchte er ihm die betreffenden Verbindungen auffchlaacn. Er legte dabei eine große Wichtigkeit und Eile an den Tag und wiederholte: Ich muß die Sache bald haben, um mich orientieren zu können. — Vors.: Was dachten Sie sich dabei, daß Herr v. Goeben im Winter nach Schweden reisen wollte? — Zeuge: Gewiß, war die Sache eigentümlich, aber da er sagte, er wolle sich Schweden ansehen, wunderte ich mich nicht weiter. Vors.: Hat er über die Sache mit Ihnen noch einmal gesprochen? — Zeuge: Ja, er wollte zunächst zu Weihnachten fahren, und sagte dann, er weide erst später fahren, da er noch etwas zu erledigen habe. Der Zeuge teilt noch mit, daß Herr v. Soeben am Weihnachtsabend im Kasino war. Der folgende Zeuge ist Oberstleutnant Tup- schewski, früher Major im hiesigen Feldartillerie regiment, jetzt in ALrianopel ottomanischcr Oberst leutnant und Kommandeur der Artilleriekriegsschule. — Vors.: Was hatten Sie für persönliche und dienst liche Ansichten über Herrn o. Soeben? — Zeuge: Herr v. Soeben war ein uranständiger, vornehmer Charakter, dem im eigentlichen Sinne des Wortes nichts Böses zuzutrauen war. — Vors.: Machte er sich etwa wichtig mit seinen Kriegserlebniffen? — Zeuge: Zu mir nicht. Er war im Burenkriege uno in Mazedonien tätig und hat dort ganz andere Ver hältnisse kennen gelernt, als sie hier sind. Seine taktischen Ansichten, die er dort gewonnen, übertrug er gern auf hiesige Verhältnisse, auf die sie nicht paßten, da die Grundbedingungen ganz andere waren. Ich kann aber nicht sagen, daß er direkt renommiert hat. Er war für mich als Vorgesetzten das, was man einen schwierigen Untergebenen nennt. Er war eine durchaus vornehme Natur. Zu fälligerweise habe ich selbst Herrn v. Goeben der Frau Angeklagten oorgestellt, auf einem Maskenball oei Exzellenz Scotti. Herr v. Schoencbeck und ich standen im selben Alter; es war natürlich, daß wir da die Damen meist austauschten. Ich habe also Frau v. Scharnebeck zu Tisch geführt. Plötzlich merkte ich, daß sic bei Tisch zusammenzuckte und mich fragte: Wer ist der Mann, der dort steht ? Es war Herr von Goeben. Ich erwiderte ihr: Es ist Herr Hauptmann v. Goeben. Sie bat, ihn ihr vorzustellen, was ich auch tat. Am nächsten Tage sagte ich kameradsckaftlich zu Herrn v. Goeben: Hören Sie mal, nehmen Sie sich in acht, die Dame ist verheiratet; hüten Sie, sich vor dem Feuer. Auch später habe ich ihm noch einmal ge sagt: Nehmen Sie sich in acht. Ach. sagte er, Herr