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plante freiwillige Waffenntederregung durch da» Lorgehen eine» Schusses verhin dert worden wäre, der -um Ausbruch eines Kampfes führte. Quadt enthielt sich jedes politischen Eingriffs in die inneren Verhältnisse Persiens und übernahm lediglich im Interesse der Menschlichkeit dir Ueber- mittelung an die Botschaft. Die Leute, die ihm fetzt daraus einen Vorwurf machen, setzten sich in den Verdacht, daß ihnen an der Verhinderung des Llutoer gierens nichts gelegen war. * Der Zrntraloorstand der Rationalliberalen Partei hat dem früheren Handelsminister »Möller -um 7V. Geburtstag folgenden telegraphischen Glück wunsch übersandt: „Euer Exzellenz spricht der Zentralvorstand der Nationalliberalen Partei zum frohen Feste des 70. Geburtstages herzlichste Glückwünsche aus. Er verbindet damit frohen Herzens die besten Wünsche für Ihr ferneres Wohlergehen und dankr im Rückblick auf die grohe politische Zeit, in der Sie mit tätig sein durften, herzlich st für alles das, was Sie im Dienste des Vater landes und der Partei selbstlos geleistet haben. Möchte auch Ihnen die Erinnerung daran Ihren Lebensabend verschönen. X«l mnlto» nnnos! Bassermann. Dr. Friedberg." Ferner ging Herrn o. Möller u. a. folgender Glückwunsch aus Duisburg zu: „Die Leitung der Nationallibcralen Partei des Reichstagswahlkreises Duisburg-Mülheim-Oberhausen gestattet sich, ihrem früheren Abgeordneten zum heutigen Tage herzlichen Glückwunsch zu übermitteln. Der Vorstand. I. A.: Julius Weber, Geh. Komm.-Rat." * Zum Werftarbeiterstreik. Von der Germania werft in Kiel wurden am Sonnabend fast 2000, von den Howaldswerken 1200 und von der Werft von Stocks L Kolbe 100 Arbeiter ausgesperrt. Auf der Germaniawerft legten 600 Nichtausgesperrte die Ar beit nieder. — Ferner wird aus Geestemünde berichtet: Im Anschluß an die Aussperrung der Werst arbeiter ist im Betriebe des Norddeutschen Lloyd ein Sympathiestreik geplant. Zn einer besonderen Versammlung soll demnächst ein Be schluß gefaßt werden, daß alle im technischen Betrieb des Norddeutschen Lloyd beschäftigten Personen die Arbeit niederlegen. * Zur Fleischteuerung. Die „Deutsche Fleischerztg." steht für die nächsten Wochen infolae des von dem österreichischen Handelsminister in Aussicht gestellten Ausfuhrverbots ein weiteres Steigen der Fleischpreise voraus. Das Fachblatt weist daraus hin, daß die großen süddeutschen Viehmärkte auf die Einfuhr österreichischen Rindviehs angewiesen find, auch auf den sächsischen Dichmärkten werde stets österreichisches Vieh gehandelt. Hoffentlich werde Bayern, für das das österreichische Einfuhrverbot un berechenbare Folgen hätte, seinen Einfluß dahin gel tend machen, Sag Schritte getan werden, durch un beschränkte Einfuhr aus allen Ländern der Fleischnot zu steuern. * Zur Frage der Schiffahrtsabgaben. Der Zentral verein für deutsche Binnenschiffahrt veranstaltet in den Tagen vom 30. September bis 3. Oktober seine diesjährige Wanderversammlung in Würzburg. Auf der Tagung steht u. a. die Frage der Möglichkeit einer großen Schiffahrtsverblndung zwischen dem Weser- und dem Maingebiet durch einen Werra- Main-Kanal, Berichterstatter dafür ist Daurat Contag-Bcrlin; ferner-^HkMM^M^-RckWk^ Verbindung zwischen Main und Donau, Bericht erstatter Generalsekretär Steller-Nürnberg und Han- deiskammcrsyndlkus Dr. Kenn-Ulm. Falls bis da hin der amtliche Text und die Begründung zu dem kürzlich in der Tagespresse veröffentlichten Entwurf eines Reichsgesetzes über die Schlsfahrtsabgaben vor liegen sollte, wird auch diese Angelegenheit im Vor dergrund der Verhandlungen stehen. Mit Rücksicht auf die große Bedeutung der zur Verhandlung stehen den Gegenstände wird die Tagung sich voraussichtlich eines außerordentlich zahlreichen Besuches zu erfreuen haben. * Alldeutscher Verband. Die „Alldeutschen Blätter" vom 13. August 1910 bringen zwei Ge schäftsberichte des Verbandes, denen wir fol gendes entnehmen: Im vergangenen Jahre ist eine vollständige Reform der inneren Verwaltung des Ver bandes durchgeführt worden, die sich glänzend be währt hat. Der Verband steht nicht nur völlig schuldenfrei da, sondern kann für seine Aufgaben außer seinen Mitgliederbeiträgen auch noch auf seinen Wehrschatz und verschiedene Stiftungen zurückgreifen. Die Liebesgabensammlung für die Kämpfer in Deutsch-Südwest hat mit 175 414,74 -4t abgeschlossen. Zu Beginn dieses Jahres ist der letzte Rest dieses schönen Gesamtergebnisses ausgezahlt worden. Der Geschäftsführer des Alldeutschen Verbandes hat in den letzten 7 Monaten 32 neue Ortsgruppen gegründet und 25 Gründungen vorbereitet. Allein durch seine Tätigkeit hat der Verband in diesem Zeitraum einen Zuwachs von über 1000 Mitgliedern gehabt. * Artilleristische Sorgen. Die zum 1. Januar 1911 durchgefuhrte Reorganisation der französischen Feldartillerie gibt einem höheren Offizier Beran- assung, auf die alsdann, zum Teil schon heute, zwi- chen unserer artilleristischen Kriegsbereitschaft und >er französischen bestehenden, für uns augensichtlich ehr nachteiligen Unterschiede energisch hinzuweisen: 1) Den 574 deutschen Friedensbatterien werden 689 französische gegenüberstchen, wozu noch 206 „Friedensstämme für Verstärkungsbattcrien" treten. 2) Frankreich hat die für schildgeschützte Schnellfeuerkanonen allein brauchbare Batterie gliederung zu vier, wir die viel unhandlichere zu sechs Geschützen. 3) Der Pferdeetat der fran zösischen Batterie ist erheblich höher als in Deutsch land. Schulung und Bereitschaft sind somit sehr er leichtert. 4) In den französischen Ostgrenz bezirken — beim VI., VII. und XX. Armee korps — stehen 118 Friedensbatterien, von denen 84 den hohen Etat von 93 Pferden haben. Unsere west lichen Erenzkorps XIV., XV. und XVI. zählen 80 Batterien mit nur 8 Batterien auf hohem Pferde etat! Im Osten hat die Duma die Ausstattung aller russischen Armeekorps mit leichten Feldhaubitz batterien bewilligt unter ausdrücklicher Betonung der Forderung, daß das russische Armeekorps dem deutschen an Geschützzahl überlegen sein müßte. Dem allem gegenüber ist seit 1899 in organisatorischer Hinsicht überhaupt nichts für die deutsche Feldartillerie ge schehen, so daß nicht nur bei den zwölf bayrischen Regimentern die je sechste Batterie fehlt, sondern auch die preußische Division 37 und die badische Di vision 39 mit nur der Hälfte der reglementsmäßi gen Feldartillerie, nämlich mit je nur einem Regi ment, anstatt mit je einer Feldartillerie-Brigade zu zwei Regimentern, ausgestattet ist. Dazu kommt, daß die deutsche Prorata von 1 : 9 zwischen den Kanonen und leichten Feldhaubitzen in der Ausstattung der Armeekorps für die neuen artilleristischen Aufgaben der Bekämpfung des schildgeschützten Gegners gänzlich ungenügend erscheint. Vielleicht geben diese, amt lichen Veröffentlichungen entnommenen Daten dem Reichstage zu denken. lluslanü. Veverrellh-llngsrn. * Die Frage der serbischen Konsulate in Bosnien. Die serbische Regierung, die im Jahre 1908 das Kon sularübereinkommen mit Oesterreich-Ungarn gekün digt hat, beabsichtigt, mit der Forderung hervorzu treten, daß Oesterreich-Ungarn in fünf größeren Städten Bosniens und der Herzegowina die Er richtung serbischer Konsulate gestatte. Diese For derung hat jedoch keine Aussicht, geneh migt zu werden. Für die Errichtung serbischer Konsulate in Bosnien und der Herzegowina liegt nach diesseitiger Ansicht keine Notwendigkeit vor, da die Handelsbeziehungen Bosniens und der Herze gowina mit Serben ganz unbedeutend sind. Ob man ein serbisches Konsulat auch nur in Sarajewo zuge stehen wird, wo alle Berliner Signatarmächte vor der Okkupation Konsulate besaßen, rst ebenfalls mehr als zweifelhaft. Belglen. * Die belgische Ministerkrise scheint unmittelbar vor ihrer Lösung zu stehen. Wie säst alle Mor- äenblafter melden, werden ernannt werden: Zum Minister des Inneren der klerikale Senator Ber ryer aus Lüttich, zum Minister des Post- und Eisenbahnwesens der Abgeordnete von Tburnhout, Baron de Broaueville. Gerüchte wissen noch immer von dem bevorstehenden Rücktritt eines dritten Ministers zu melden, und in einem Artikel des radikalen Abgeordneten Louand im Lüt ticher „Expreß" wird in dieser Beziehung der Ko lonialminister Renkin genannt, der beim König in Ungnade gefallen sei. /rankrelrtz. * Zum Antritt der Schweizerreis« des Präsidenten Falliere», der am Sonnabend erfolgte, weist eine offi zielle Note des „Petit Parisien^ darauf hin, daß der Empfang des französischen Staatsoberhauptes in Bern bei der Einfachheit des Berner Volkes mit außerordentlichen Zeremonien erfolgen werde. Dem Besuche des Präsidenten Fallieres seren die Besuche des Königs von Italien und des Deut schen Kaisers vorausgegangen. Diese beiden Staats oberhäupter kamen jedoch nicht nach der eidgenössi schen Bundeshauptstadt und ihre Gegenwart auf Schweizer Boden war durch besondere Umstünde ver anlaßt. Frankreich dagegen entsendet seinen höchsten Beamten, um der Schweizer Nation den Ausdruck sei ner brüderlichen Gefühle zu entbieten. * Der drohende Eisenbahnerstreik. Aus Tours wird gemeldet: Hier hielten gestern etwa 2000 Eisen- bahnbeamte der Staatsbahn und der Orleansbahn eine Versammlung ab. in der eine Tagesordnung an genommen wurde, die den Streik billigt und die Entschlossenheit kundgibt, auf das erste Zeichen hin die Arbeit ctnzustellen. Die Teilnehmer an der Ver sammlung durchzogen später die Stadt, die Inter nationale singend. Gnglanü. * Der früher« liberale Minister Earl os Spencer ist gestorben. Der Graf wurde geboren am 27. Oktober 1835, wurde erzogen in Harrow und Cam bridge, war 1859 bis 1861 Oberkammerherr des Prinzen Albert und bekleidete 1862 bis 1867 das gleiche Amt in der Hofhaltung des Prinzen von Wales. Vom Dezember 1868 bis zum Februar 1875 war er unter Gladstone Dizekönig von Irland, erhielt im neuen Gladstoneschen Kabinett s1880 bis 1885) erst das Amt eines Präsidenten des Geheimen Rats, dann 1882 abermals das des Vizekönigs von Irland und übernahm 1886 auf kurze Zeit wieder das Prä sidium des Geheimen Rats. Im vierten Ministerium Gladstone und im Ministerium Rosebery war er vom August 1892 bis zum Juni 1895 erster Lord der ?ld- miralität. 1902 wurde er als Nachfolger des Grafen von Kimberley zum Führer der liberalen Partei im Oberhaus erwählt. Spanien. * Zum Kirchcnkampf. Es verlautet, daß man von den fanatischen Basken gerade im Augenblick, da die Besorgnis sich zerstreut, A e u e lleber- raschungen erwarten dürfte. In Frankreich wer den die K a r l i st e n f ü h r e r, die häufig über die Pyrenäen kommen oder in Perpignan und Umgegend ansässig sind, unauffällig überwacht, wie es König Alfons bei seinem kürzlichen Aufenthalt in Paris beim Ministerpräsidenten Briand als Freund schaftsdienst durchgesetzt hat. Man hat die Gewißheit erlangt, daß die Königin-Mutter Christine, so betrübt sie auch über die Wendung in Spanien sein mag, in keiner Weise den König zu beein flussen sucht oder sich Einflüsterungen von kirch licher Seite zugänglich zeigt. Sus Sschlens Umgebung. ll. Eilenburg, 13. August. lUeberfahren.) In Mockrehna fiel der achtjährige Sohn des Arbeiters Götze von der Deichsel eines angehängten Wagens, der mit Hafer beladen war, und wurde überfahren. Er war sofort tot. * Erfurt, 13. August. (Mord.) Am Peters ¬ berg wurde gestern der Musketier Karl Enge aus Leipzig vom 3. Thür. Jnf.-Reg. Nr. 71 tot auf gefunden. Es ist nunmehr ärztlicherseits festgestellt worden, daß er sich nicht selber erschossen hat. Der Helm ist durchschlagen und die Schädeldecke zertrümmert; außerdem ist noch eine Schuß wunde im Kopf. Das abgeschossene Gewehr lag innerhalb des das Laboratorium umschließenden Staketes. ,, , * Mühlhausen i. Th., 13. August. (Durch einen verhängnisvollen Schuß) fand das Schützen fest in Silberhausen eine jähe Unterbrechung. Dort wurde der Scheibenzeiger Jünemann von einer Kugel getroffen und sofort getötet. * Ohrdruf, 13. August. (Schweres Unglück auf demTruppenübungsplatz.) Bei der gestern auf dem hiesigen Truppenübungsplatz stattgefundenen Besichtigung des 94. Regiments, der auch der Eroßherzog von Sachsen-Weimar beiwohnte, ereignete sich, wie das „Goth. Tagebl." meldet, ein schweres Unglück. In der Nähe des früheren Rittergutes Heerda schlug infolge Anpralles das erste Geschütz der zur Uebung herangezogenen Batterie vom Feld artillerieregiment Nr. 10 in Erfurt um, wobei ein Kanonier abgeschleudert wurde und sich einen Armbruch zuzog. Ein anderer Kanonier, namens Schmetzer aus Erfurt, erlitt so schwere Ver letz u n g e n, daß er kurz nach seiner Einlieferung in das hiesige Krankenhaus starb. * Halberstadt, 13. August. (Hinrichtung eines Raubmörders.) Der Arbeiter Stephan aus Trautenau (Böhmen) wurde, heute im hiesigen Gefäimnishofe hingertchtet. Er hatte die Witwe des Karussellbesitzers Löttel in Blekendorf bei Egeln er würgt und beraubt. e. Eo»wia in Anhalt, 13. August. (Großfeuer.) In dem Musikdirektor Schwarzschen Hause brach gestern mittag ein Feuer aus, das bald auf das daneben liegende Grundstück des Herrn Schubert Übergriff. Beide Häuser brannten vollständig nieder. Tsgeschronik. Berlin, 13. August. (Neue» zum Falle B o ck.) Immer weitere Kreise zieht die Untersuchung gegen den Rektor Bock von der 40. Gemeindeschule, seinen Hauptlehrer Knöfler und andere Genossen. Das ganze aufgeschichtete Material kann bisher nur deshalb noch nicht dekanntgegeben werden, weil noch mancher Schuldige vorhanden ist, dessen Persönlichkeit erst sicher festgestellt werden muß. Erst gestern wurde ein junges Mädchen ermittelt, durch dessen sorgfältig nachgeprüfte und über jeden Zweifel erhabene Aussage sestgelegt wurde, daß Rektor Bock sich an ihr, der damals Vierzehnjährigen, in scham- losester Weise vergangen hat. Es war ge legentlich eines von der 40. Gemeindeschule in einem Restaurant in der Hasenheide gefeierten Schul st st e s, als das schon damals körperlich ziemlich stark entwickelte Mädchen das Unglück hatte, auf dem ziemlich engen Gange zur Toilette dem Rektor zu be gegnen, der sich dann an dem Mädchen verging. Bel dem Fall des Fürsorgemädchens Pickniewsky, das seine Beschuldigungen gegen Bock seinerzeit seltsamerweise nach dem Aufenthalt im „Kloster zum guten Hirten" zu Reinickendorf widerrufen hatte, liegt die Sache besonders eigenartig. Das Kloster, in dem die Pickniewsky interniert gewesen ist, hat nach dem „D. T." unter Vorlegung eines alphabetisch geord neten Aufnahmeverzeichnisses erklärt, das Mädchen sei dort niemals gewesen. Auch diese Ange legenheit, in der seinerzeit ein Verfahren wegen Kuppelei geschwebt hat, wird jetzt wieder aufleben. Auch die Tatsache, daß eine Lehrerin die Schü lerinnen vor dem Betreten des Rektorzlmmers gewarnt und ihnen geraten hat, sich nicht küssen zu lassen, wird von nahezu allen Kin dern, die bisher vernommen wurden, mit voller U e b e r e i n st i m m ung bekundet. Auch diese Kinder schildern die Zudringlichkeiten Bocks mit einer Genauigkeit, die nicht nur aus der Phantasie kommen kann. Neu dürfte ferner sein, daß die Unter suchung schon vor sechs Monaten begon- nen und mit anfänglich zwei, später einem dritten anonymen Schreiben an die Kriminalpolizei einge setzt hat, deren Nachprüfung den Verdacht gegen Bock schon damals zu bestätigen schien. Leider erfuhr das Verfahren eine Unterbrechung, da es Bock gelang, sich scheinbar zu reinigen. Berlin, 13. August. (Eine Mutter von der eigenen Tochter erschossen.) Das unvor sichtige Hantieren mit Schußwaffen hat wieder zu einem bedauerlichen Unglücksfall geführt, dessen tra gisches Ende sich gestern im Schöneberger Augusta- Viktoria-Krankenhause abgespielt hat. Dort ist nach schwerem Leiden die 60jährige Frau des Maurer meisters Winter gestorben, die von ihrer eigenen Tochter versehentlich angeschossen wurde. Am vori gen Sonntag befand sich Frau Winter in der Woh nung ihrer verheirateten Tochter zum Besuch. Mutter und Tochter hielten sich in einem an einen Herrn ver mieteten Zimmer auf, in dem auf dem Tisch ein ge ladener Revolver lag. Die Tochter nahm die Waffe in die Hand. Dabei berührte sie den Hahn, der Re volver entlud sich, und die Kugel traf die vor ihr stehende Mutter in den Kopf, die blutüberströmt zusammcnbrach. Frau Winter wurde nach dem Augusta-Viktoria-Krankenhause übergeführt, wo sie gestern abend an den Folgen der erlittenen Verwun dung starb. Die Leiche ist polizeilich beschlgLnahmt worden. Berlin, 13. August. (Menükarten für die Stadt Berlin.) Zur Erlangung von künstle rischen Entwürfen zu Einladungs-, Menü- und Tisch belegkarten für Festlichkeiten der Stadt Berlin wird unter den deutschen Künstlern ein Wettbewerb ausgeschrieben. Zehn Preise von 475 bis 150 .E (im Gesamtbeträge von 3200 ^t>. Die Entwürfe sind bis 1. September d. I., mittags 12 Uhr, bei der „Depu tation für die innere Ausschmückung des Rathauses" einzureichen, von dieser auch die Wettbewerbsbedin gungen unentgeltlich zu beziehen. Itzehoe, 13. August. (K r e u z o t t e r b i s s e.) Auf dem Truppenübungsplatz Lockstedter Lager wNden vier Infanteristen, die sich niedergelegt hat ten, von Kreuzottern gebissen. Einer ist schwerkrank. Die Leipziger Lwüeitten «nü üie Mulik. Don Dr. Karl Konrad (Breslau). (Nachdruck vcrvoten.) Zu allen Zeiten haben sich an den hohen Schulen Deutschlands Studenten gefunden, die Frau Musika huldigens zu Füßen lagen. Aus schönwissenschaftlichen und bildlichen Darstellungen geht zur Genüge hervor, daß Vokal- und Instrumentalmusik allewege unter den Musensöhnen eifrige Mlege gefunden hat. Die fahrenden Schüler sangen zur Laute ihre selbst verfaßten lateinischen Lieder an den Höfen vornehmer Herren. Musikalische Eelellschcnten und Uebungen, bei denen „die zart weiblich Stimm" nicht fehlen durfte, kamen in Aufnahme. Nächtliche Ständchen, die man, um von den Häschern unerkannt zu treiben, oftmals in Vermummungen brachte, Serenaden, der denen man manchmal allerdings einen feuchten Gruß aus der Höhe erntete, wurden zeitig beliebt. Das Studentenlied erlebte im 18. Jahrhundert seine zweite Blüte. Und wie allenthalben, so bot sich be- sonders auch am Pleißestrande musikverständitzen aka- demijchen Bürgern ein reiches Feld der Betätigung. Einige knappe Angaben älteren Datums mögen das erläutern. Es war im 17. und 18. Jahrhundert üblich ge worden, alle wichtigeren musikalischen Aemter mit akademisch Gebildeten zu besetzen, und so legte — be sonders in Leipzig, der „Haupruniversität des alten Kantoreilandes" — die studierende Jugend großen Wert auf musikalische Uebungen. Diese» streben wurde durch die Sitte, alle feierlichen Un»- oersitätsakte durch musikalische Aufführungen zu ver herrlichen, begünstigt. Im letzten Drittel de» 16 Jahrhunderts hatten die Studiosen einen „Chorus musicu»" gebildet, der sich an Fest gottesdiensten und akademischen Festivitäten be teiligte. Diese Gesellschaft bestand lange Zeit hin durch Um 1693 begründeten die Musensöhne ein „Collegium musicum" eine Art von Gesang- verein, der einmal wöchentlich übte. Die Studenten setzten zur Fricdenefeier am 21. Oktober 1650, abend» 10 Uhr nach Abzug der Schweden dem Kurfürsten zu Ehren ein „singende« Schauspiel" in Gestalt einer allegorischen Oper in Szene. Derartige Aufführungen waren nicht« Seltene«. 1684 brachten z. B. die Studenten dem nach einem siegreichen Feldzuge gegen die Türken zum erstenmal wieder die Messe besuchenden Kurfürsten Johann Georg unter der Leitung ihres musikalisch hoch, bedeutenden Kommilitonen Johann Kuhn au eine ausgezeichnete musikalische Huldigung dar. 1717 wurde zum Geburtstag des Königs der „Streit Apollinis und Martis" gegeben. 1701 gründete der jugendliche Stud. jur. Georg Philipp Te_lemann rn Pleißathen ein studentisches „Collegium mustcum", eine Art von Konservatorium, das die neu zeitliche Richtung in der Musik pflegte. Telemann schrieb persönlich darüber: „Däs Collegium, aus lauter Studierenden bestehend, deren öfters bis 40 zusammen sind, ist mit vrelem Ver gnügen anzuhören, und wird nicht leicht, derer mehrentheils darin befindlichen guten Sänger zu ge- schweigen, ein Instrument zu finden seyn, welches man nicht dort antrifst." Der Verein ließ sich sogar vor Fürstlichkeiten hören und entsandte überallhin treffliche Musiker. Zn dem seit 1693 in dem Opern hause auf dem Brühl spielenden Strungk- Döbrichtschen Opernensemble, das in den Zähren 1702 bi» 1704 Telemann musikalisch leitete, sind wahr scheinlich die Männerrollen von Studenten gesungen worden. Telemanns Nachfolger, Melchior Hoffmann, leitete das Kollegium seit 1704 und trug weiter zu dessen Glanze der. Oeffentlich betätigte sich beson ders ein musikalischer Verein von Studenten unter der Leitung des Musikdirektors und Organisten Görner. Alle diese Vereinigungen verdienen in der Musikgeschichte einen ehrenvollen Platz, weil sie bce Anregung zu den musikalischen Klubs gegeben haben, die dann in den meisten deutschen Städten emporblühten. Johann Sebastian Bach, der Nachfolger Kuhnaus im Kantorat der Thomaskttche, hat gleich falls die Sangeslust der Studenten wachzuhalten ver standen. Bedeutsam ist seine Eingabe vom Zähre 1730 an den Rat der Stadt. Nach einer Klage Uber den zu schwachen Sängerchor fährt er fort: „Dieser sich zeigende Mangel hat bißhero zum Theil von denen Studiosis müssen ersetzet werden. Die Herren Studiosi haben sich auch dazu willig finden lassen, in Hoffnung, daß ein oder anderer mit der Zeit einig« Ergötzlichkeit bekommen und etwa mit einem sttpendto oder honorario würde begnadiget werden. Da nun aber solches nicht geschehen, sondern die etwanigen wenigen beneficia, so ehedem an den Chorum musicum verwendet wurden, successive gar entzogen wurden, so hat hiermit auch die Willsährrg- kei der Studiosorum verlohren; denn wer wird um sonst arbeiten oder Dienste thun? ... Es ist ja noto risch, daß meine Herren Praeantecessores, Schelle und Kuhnau, sich schon der Beyhülffe derer Herren Studiosorum bedienen müssen, wenn sie eine voll ständige und wohllautende Music haben produciren wvllen; welches sie dann auch insoweit haben prästi- ren können, da sowohl einige Vocalisten .... als auch Jnstrumentisten . . . von Ew. Hochedl . . . Rath a parte sind mit stipendiis begnadiget, mithin zur Derstärckung derer Kirchen-Muscquen antmiret wor den " Wahrscheinlich ist dieser Stoßseufzer des großen Musikers nicht unverhallt geblieben.. Zahlreiche tüchtige Musiker sind dann aus den Reihen der Leipziger Studenten hervorgegangen, z D. Methfessel, Marschner, Reißiger, Zöllner, Otto, Richard Wagner, Robert Schumann. Als Theoreti ker erwähnt seien Bernhard Theodor Breitkopf, der Goethes Leipziger Lieder in Noten setzte, und der bekannte Akustiker Ernst Chladni.. In der Leipziger Musikgeschichte spielt dann eine gri tze Rolle der 1822 begründete „Universitäts-Ge sangverein zu St. Pauli", späterhin „Pauliner- verein" oder „Paulus" genannt, und ebenso der akademische Gesangverein „Arion.". Ihre Leistun gen und ihre Organisation sind wohl für fast alle Sängerschaften und Gesangvereine vorbildlich geworden, die sich in allen Universitätsstädten aufge tan Haden. Möge die Musik auch weiterhin eine Pftegestätte in der Leipziger Civitas academica finden! * * Fritz-Reuter-Feier in Leipzig. Anläßlich der 100. Wiederkehr des Geburtstages von Fritz Reuter, der als der erfolgreichste plattdeutsche Dichter zu den größten deutschen Dichtern de» 19. Jahrhunderts zählt, hat der hiesige Verein für Dolkswohl, der mit seinen beliebten Veranstaltungen gern an den Geschichtskalender anknüpft, für den 7. November d. J. eine größere volkstümliche Feier in Aussicht ge nommen. * Ludwig Thoma, der bestbekannte Verfasser der köstlichen Gesellschaftskomödie „Moral", hat, wie ein Mitarbeiter der „V. Z. a. M." mitteilt, ein neues Lustspiel geschrieben, das ebenfalls die Gesell schaft und das Milieu der „Moral" behandelt. Dieses Stück behandelt besonders die Duell frage. Thoma nennt es eine Komödie mit lustspielartigem Einschlag. ,zJch behandle", sagt er, ,,die Duellfrage nach zwei Richtungen, das heißt, rch bringe die Nichtigkeit von zwei Duellen und ihre gesellschaft lichen Folgerungen auf die Bühne. Ich weiß, daß die Duellfrage schon öfter auf die Bühne kam, ich gehe aber meine eigenen Weae in Form und Hand lung." Da« Stück wird wahrscheinlich im Winter im Kleinen Theater in Berlin zur Uraufführung gelangen. * Der water LeroUnensi» zu ihrer Säkularfeier gewidmet von deutschen Musen söhnen ist ein soeben im Verlag der Druckerei für Bibliophilen in Berlin erscheinender Akade Mischer Musenalmanach auf da» Jahr 1910, den Wilhelm Dreckschmidt herausgibt. Im Vorwort lesen wir: „Was junge Kräfte leisten können, davon soll dieses Büchlem Zeugnis ablegen, das mit wenigen Aus nahmen deren ersten Tummelplatz bildet. Hier sind Angehörige der verschiedensten Universitäten vereinigt. Sie sollen al« Vertreter der sich poetisch betätigenden akademischen Jugend zeigen, welcher Geist in ihr herrscht, welches die Ideale sind, denen sie lebt." Selbstverständlich verlangt man von jungen Studdnten kein« reife Lyrik, aber was man von ihnen verlangen kann, bietet dieses Büch lein auch in reichlichem Maße, viel, sehr viel form schöne Liebeslyrik und manche wunderschöne Zeile. Manches freilich kommt uns so vor, als sei es schon einmal früher von einem Größeren noch schöner aus gedrückt. Es fällt auf, daß von Politik, besser gesagt Patriotismus und Wissenshunger, der doch, wie wir wünschen, die Jugend beseelen soll, eigentlich nichts in den Blättern zu finden ist, dafür aber, wie gesagt, lauter Liebe. Besonders sympathisch berührt eine Anzahl von kräftigen und begeisterten Gedichten zum Preise Detlev Liliencrons. ,. * Ein Regimentskommandeur al» Komponist. Bel dem Galaessen am 20. d. M. im Posener Schlosse stellt das Musikkorp« des 2. Niederschlesischen In- fanterie-Reaiment» Nr. 47, dessen früherer Dirigent der jetzige 2. Armecmusikinspizient Hackenberger ist, die Ttschmusik. Zur Aufführung gelangt u. a. ein Walzer, „Havel-Rosen", der vom Obersten K rüge, Kommandeur de» genannten Regiments, kompo niert ist.