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Ämtsvlatt Les Rates und des Rolueiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis sklr Inserate au« Leivrig und Umgebung die Sgewattene bl) mm breit« Petit,«,le 25 di« 74 mm drerte Steklame«etle l von auiwätt» 50 Reklamen t.20 Inserate von Bebärden m amtlichen Deil die 7« mm breit« Petttzrtl« 40 Seschaliian^igen m,i P advorschrikte» und in der Abendausgabe nn Preise erhöht Rabatt nach Laris. Bcilagegedühr 5 p. Tausend exkl. Postgebühr. Iekerteilte Austräge können nicht zurück- gezogen werden, flür da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augustutzplatz 8, del sämtlichen Fillalin u. allen Annoncen- lLkpeditionen de« Zn- und Auslande«. Ha»pk-Filiale verN«: Carl D> „licket. Her,ogl. Vahr. Hosbuch- handlung, Lützotvstiabe ltd (Te.eohun VI, Rr. 4<>Is). Haupt-Filiale Dresden: keeltrasie ,. l lTelevhan 4621). Nr. l l l. Sonnaden», üen 23. SprU lSlo. 104. Jahrgang. plllitilche Nschrichten. Zur preußischen Wahlrechtsfrage. O. Berlin, 23. April. (Orig.-M.) Die Stim mung in konservativen Kreisen ist, wie aus einer Erklärung in der „Kons. Korr." hervorgeht, derart, dass man sich nicht einmal mit den Beschlüssen der Herrenhauskommission zur Wahlrechtsvorlage be freunden will. Wenn nicht schon die Mehrheit des Herrenhauses die Vorlage ablehnt, wollen die Kon servativen des Abgeordnetenhauses zum Zustandekommen des Gesetzes nichts mehr tun. Die vollkommene Gleichgültigkeit wird unverhohlen ausgesprochen. Dass den Konservativen das Wahlrecht überhaupt nicht reformbedürftig er schien und daß sie als Hauptgrund für ihre Mitarbeit die Zusage in der Thronrede bezeichneten, ist bekannt. Da nun von der „Magdeb. Ztg." inzwischen festgestellt worden ist, daß für die Regierung die Be schlüsse der Her renha uskom m issio n ebenfalls unannehmbar sind, weil in der Frage der Steuerdrittelung keine genügende Konzession ge macht wurde, so ist die Vorlage jetzt auf dem Punkt angelangt, das; sie von allen beteiligten Stellen als unannehmbar erklärt wird. Ohne Hängen und Wür gen pflegt es nun freilich bei Wahlrechtsänderungen überhaupt nicht abzugehen, es ist deshalb auch die jetzige oppositionelle Stimmung der Konservativen und des schwer gekränkten Zentrums noch nicht als letztes Wort anzusehen. Wahrscheinlicher ist es immer noch, daß die Vorlage von den genannten Parteien gutgeheißen wird und die Nationalliberalen und Fortschrittlichen in der Opposition verharren werden. Der Polizeileutnant für das preußische Abgeordnetenhaus. Zu der gestrigen Sitzung der Geschäftsord- nungskommission des Abgeordneten- h S.U s e s, die über die Vorschläge für den Ausschluß eines Mitgliedes Beschluß fassen sollte, waren zwei Vertreter der Regierung, ein Kommissar des Ministers des Innern und einer des Justizministeriums, erschienen. Der Vorsitzende teilte zunächst mit, daß in einer Zeitschrift auf die Unzulässigkeit des Ausschlußverfahrens hingewiesen worden sei, dem Präsidenten die Befugnis zu erteilen, bei Ausweisung des betreffenden Abgeordneten eventuell die politische Behörde in Anspruch zu nehmen. Es wurden von der Mehrheit der Kommission diese Bedenken für unerheblich erklärt. Auch der Vertreter des Iustizministers stimmte dieser Auf fassung zu. Der Vertreter des Ministers des Innern erklärte, daß die Regierung bereit sei, auf das vom Präsidenten gestellte Verlangen des Hauses einen Polizeileutnant zur Ausführung der Ausschlußmaßregel zur Verfügung zu stellen. Sodann erfolgte, vorbehaltlich der Redaktion des Be schlusses durch eine Unterkommission, die Ab stimmung nach kaum dreiviertelstündiger Beratung. Der Antrag wurde gegen die beiden natio nalliberalen Stimmen, die Stimme des Volksparteilers und des Polen angenom men und eine Unterkommission mit der definitiven Redaktion beauftragt. Englisch-deutsche Abteilung der Londoner Handelskammer. London, 23. April. (Tel.) Zn der gestrigen Sitzung der Londoner Handelskammer wurde endgültig die englisch-deutsche Ab teilung gebildet. Das Organisationskomiteo empfahl in seinem Bericht u. a. die Förderung der Bewegung zugunsten der Errichtung einer eng lischen Handelskammer in Hamburg mit eventuellen Zweiginstituten in anderen deutschen Städten. Der Bericht des Komitees wurde ein stimmig angenommen und Dr. Ernst Schuster zum stellvertretenden Vorsitzenden der neuen Abteilung gewählt. Alsdann wurde eine Sub kommission ernannt, die darüber beraten und be richten soll, wie einige Unbequemlichkeiten über wunden werden können bei den Rechtsstreitigkeiten zwischen zwei Parteien, von denen die eine in Eng land und die andere in Deutschland wohnt. Roosevelt in Paris. Paris, 23. April. (Tel.) Präsident Fall iöres gab zu Ehren Roosevelts ein Diner, an dem u. a. der frühere Präsident Loubet, Minister präsident Briand und sämtliche Minister teil nahmen. Das Befinden des Sultans. Konstantinopel, 23. April. (Tel.) Entgegen den in Umlauf befindlichen Alarmnachrichten stellt ein offizielles Bulletin fest, daß der Sultan nur leicht an Influenza erkrankt und sein Zu stand absolut nicht besorgniserregend sei. Der Puls beträgt 105, Temperatur 38,1. Nach einer Meldung des „B- T." soll der Sultan an der Brightschen Nierenkrankheit leiden. Attentat gegen deu Kommandanten der Festung Schlüsselburg. Petersburg, 23. April. (Tel.) Der Polizei beamte Jankowitsch hat gestern auf den Kom mandanten der Festung Schlüsselburg, Major Rybinski, mehrere Revolverschüsse ab gegeben, durch die der Major schwer ver wundet wurde. Der Attentäter verweigert die Angaben des Motivs. Einberufung der kretischen Nationalversammlung Athen, 23. April. (Tel.) Die kretische National versammlung ist auf den 9. Mai einberufen worden. Die Parteiblätter sind sich trotz der türkischen Kund gebung darin einig, daß die christlichen Ab geordneten sofort bei Eröffnung den Eid im Namen des Königs von Griechenland leisten. Die kretischen Schutzmächte haben bisher in der Eidesfrage nicht interveniert. Ankunft des griechischen Kronprinzen in Korfu. Athen, 23. April. (Tel.) Kronprinz Kon stantin trifft am nächsten Dienstag mit Familie in Korfu ein. Die Bevölkerung beabsichtigt einen demonstrativen feierlichen Empfang. Neue Unruhen in Hunan. Die Fremdenverfolgungen in der chinesischen Provinz Hunan nehmen, wie wir bereits im Depeschenteil der Morgennummer berichteten, ihren Fortgang. Nicht nur in Tschangscha, dem Schauplatz der ersten Unruhen, sondern auch an anderen Orten der Provinz sind nach neueren Meldungen die Fremden der Bedrohung durch die Eingeborenen ausgesetzt. Es liegen folgende Nachrichten vor. Washington, 23. April. (Tel.) Der Gesandte derVereinigtenStaaten in Peking hat an das Staatsdepartement telegraphiert: Er habe in der Annahme weiterer ernster Ruhe störungen in Hunan den Kommandanten der amerikanischen Flotte in Amoy ersucht, wenn notwendig, Beistand zu leisten. Der Ge sandte drückte ernste Besorgnisse dahin aus, daß sich die Unruhen weiter ausbreiten würden. London, 23. April. (Tel.) Nach einem Tele gramm aus Hankau ist die Lage in Hunan kritisch. Die Zahl der Flüchtlinge aus Tschangscha wird immer größer. Eine technische Hochschule wurde in Brand gesteckt, 30 Studenten kamen in den Flammen um. Als die Kriegsschiffe nach Tschangscha kamen, um die Ausländer zu retten, tränkten die Chinesen mehrere Dschunken mit Petroleum und ließen sie brennend den Fluß herunterschwimmen, um die Schiffe zu vernichten. Vie MMtärluktlchikke in Homburg. 8t. Homburg v. d. H., 23. April, morgens 9 Uhr. (Prio.-Tel.) Das Eroßsche Militärluft schiff hatte auf der Fahrt von Wiesbaden nach Frankfurt eine Beschädigung an dem Propel ler erlitten, die seine Weitersahrt heute früh un möglich machte. Der Propeller sollte zuerst repariert werden, es stellte sich aber heraus, daß dies in Hom burg nicht möglich war, infolgedessen wurde der Ballon abmontiert und wird mit der Bahn nach Köln zurückgebracht werden. Die beiden anderen Luftschiffe liegen noch in Homburg vor Anker, da ein ziemlich starker Nordwest wind weht, der die Fahrt nach Köln nickt unge fährlich erscheinen läßt. Für die Herreise war den Luftschiffern vom Kaiser die Aufgabe gestellt, in der Nähe des Lan dungsplatzes Uebungsfahrtenin Kiellinie und Dwarslinie auszuführen und mit 500 Meter Abstand zu landen. Diese Aufgabe wurde, wie der Kaiser bei der Abendtafel erwähnte, sehr exakt ausgeführt, weshalb auch der Kaiser nochmals den als Gäste anwesenden Luftschiffoffizieren seine vollste Anerkennung aussprach. Der Kaiser ließ so dann den Führern der ganzen Fahrt. Exzellenz von Lyncker, Inspekteur der Verkehrstruppen, die Krone zum Roten Adlerorden 2. Klasse, Major Groß sein Bild mit eigenhändiger Unterschrift, Major Neumann die Krone zum Roten Adlerorden 4. Klasse, Hauptmann von Jena und Hauptmann George den Roten Adlerorden 4. Klasse und dem Oberleutnant Geertz den Kronenorden 4. Klasse überreichen. Zu der Rückfahrt wurde den Führern der Luft schiffe aufgegeben, übungsmäßig, das heißt, Schiff für Schiff einzeln, den Luftschisshafcn Köln aufzusuchen. Die Zeit der Abfahrt sowie der zu wählende Weg soll den einzelnen Führern überlasten bleiben. Als „P. II", der von Oberleutnant Stelling ge führt wurde, gestern gelandet war, nahm der Kaiser sofort die Meldung des Oberleutnants Stelling ent gegen. schüttelte ihm die Hand und gratulierte ihm für die erfolgreiche Fahrt und die mustergül - tige Landung. Der Kaiser begrüßte sodann die in der Gondel des „P. II" befindlichen Herren Exzel lenz v. Lnncker, den Inspekteur der Verkehrstrup pen, und Major Groß, den Kommandeur des Luft schifferbataillons. Er ließ sich von ven Herren alle Einzelheiten der Fahrt mitteilen und vernahm mit Befriedigung, daß die Fahrt ohne nennenswerten Defekt von statten gegangen war. Nachdem die Offi ziere der Gondel entstiegen waren, wurde der Parse- valballon zur Easfüllung nach dem bereitstehenden Stablflasckenlager gebracht. Das Militärluftschtff „M. II", das in zwischen in sehr langsamer Fahrt über den Landungs platz eingetroffen war, war bis Wiesbaden den beiden anderen Schiffen gefolgt, ein Defekt an den Antriebs teilen des einen Propellers zwang den Kreuzer jedoch, von Wiesbaden aus zeitweilig nur mit einem Propeller zu fahren, wodurch sich auch das ver spätete Eintreffen erklärte. Trotzdem vollzog sich auch bei diesem Luftschiff die Landung glatt. Der Führer, Hauptmann George, erstattete die Mel dung und machte dem Kaiser auch Mitteilung von dem Defekt. „Z. H" landete, nachdem sein Führer noch die verschiedenartigen Wirkungen der Seiten- und Höhen steuer gezeigt hatte. Der Kaiser trat an die vordere Gondel und gratulierte den Führern Major v o-n Neumann und Hauptmann von Jena. Hierauf beauftragte er letzteren, der Prinzessin Viktoria Luise, die schon vorher mit Interesse allen Einzelheiten ge folgt war, nochmals alles genau zu erklären. Der Kaiser, der sich bisher größtenteils bei der Kaiserin im Gefolge aufgehalten hatte, machte dann einen Rundgang um „Z. II" und kvrach hierbei auch längere Zeit mit dem Landrat v. Marx und Exzel lenz von Lyncker. Da die einfache Verankerung für den „Z. H" nicht genügte, so wurde ein großer Kasten wagen in die Erde eingeqraben und mit Erde ge füllt, worauf ein Drahtseil durch die Räder und um den ganzen Wagen geschlungen wurde, das genügend Halt für die Vorderteile des Luftschiffes bot. Bei den übrigen genügte ein Verankern, wobei natürlich in jedem Luftschiff eine große Anzahl Soldaten die Taue besetzt halten mußten. Da die Schiffe stets den Wind im Rücken hatten, so wurden bei der Fahrt d u r ch s ch n i t t l ich 80 b i s 86 K i l o m e t e r in der Stunde zurückaelegt: „Z. H" brachte es teilweise so gar auf 90 Kilometer in der Stunde. Wenn sich die Witterung nickt bessert, wird auch „P. N" entleert und mit der Bahn nach Köln transvortiert werden müssen. „Z. H" wird auf alle Fälle die Rückreise auf dem Luftwege antreten. Karl Spitteler. Von Max Krell. Karl Spitteler begeht am 24. April dieses Jahres seinen 65. Geburtstag. Ein Jahrzehnt ist gleichzeitig verstrichen, seitdem der erste Band seines „Olympstchen Frühlings" er schien, der den Dichter endlich weiteren Kreisen be kannt machte. Seinen Schweizer Landsleuten war Spitteler freilich längst kein Fremder mehr. Und kein Geringerer als Gottfried Keller ist es gewesen, der einst nicht genug Worte des Lobes für ihn sand. An I. V. Widmann schreibt Keller einmal über Spitte- lers Erstlingswerk „Prometheus und Epimetheus" (erschien 1881; die zweite Auslage wurde, wie die meisten Werke des Dichters, in dem vornehmen Ver lage von Eugen Diederich, Jena, verlegt): „Das Buch ist von vorne bis hinten voll der auserlesensten Schön heiten. . . Trotz aller Dunkelheit fühle ich alles mit und empfinde die tiefe Poesie darin. Ich bin gerührt und erstaunt von der selbständigen Kraft und Schön heit der Darstellung der dunklen Gebilde. . . ." An dieses Erstlingswerk Karl Svittelers und an seine Priorität vor Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra" haben sich in der Gelehrtenwelt lebhafte Auseinandersetzungen geknüpft. Es unterliegt kaum noch einem Zweifel, daß Nietzsche das Werk, das den Untertitel „Ein Gleichnis" führt, gekannt hat. Und es ist nun sehr interessant, zu verfolgen, in welcher Weise beide Dichter die im Grunde genommen gleichen Ideen zu Worte bringen und verfechten. Spitteler schrieb nach dem „Prometheus" zunächst einige Prosa- und Versbücher („Extramundana" (kosmische Dichtungen 1883; zweite Auflage 1905); aus ein paar Sätzen des Nachwortes mag man er sehen, was der Dichter sagen wollte und auch gesagt hat. „Die antiken Mythen erhoben . . . den An spruch, das Rätsel des Daseins zu lösen, die Welt zu erklären. Der moderne Mythologe ist bescheidener, er will bloß das Bewußtsein ausweiten und die Vor stellung über die kosmischen Dinge bereichern. Daher gibt er auch seine Anschauungen („Visionen") nicht für religiöse „Wahrheiten", sondern für dichterische Konzeptionen, wie er denn in der Ausgestaltung eben falls die Poesie als die einzige Führerin und Richterin anerkennt." — 1889 folgten die Gedichte „Schmetter linge" (1907 2. Auflage), 1892 die Verse „Literarticke Gleichnisse". 1896 „Balladen", während an Prosa schriften erschienen: 1891 die Erzählungen „Friedli, der Kolderi", 1892 eine Erzählung „Gustav", 1895 „Der Gotthard". Regeres Interesse erregte „Conrad der Leutnant", eine Darstellung (1889 2. Auflage), die unter des Dichters Prosaarbeiten wohl am deutlichsten die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und in einer wunder bar gehaltvollen Sprache die Eedankengänge knapp und klar wiederzugeben, verrät. Darum mag ihn auch Nietzsche als den „feinsten ästhetischen Schrift steller der Gegenwart" (in den „Propyläen") be zeichnet haben, wenn er dabei auch an die glänzend stilisierten Essays Spittelers angeknüpft haben mag. Diese liegen seit 1898 gesammelt unter dem Titel „Lachende Wahrheiten" (3. Auflage 1910) vor. Sie lassen uns Spitteler als einen tiefsinnigen Menschen erkennen, als einen, der viel für den Druck gedacht hat, der kurz und bündig viel zu geben weiß. Er ist kein fanatischer Kämpfer voll beißender Satire, auch kein schnoddriger Kritiker, sondern ein das Persönliche mit dem Sachlichen, das Konkrete mit dem Abstrakten, das Nüchterne mit dem pathetischen Ueberschwang verneinender und zu gediegener Rundung abschleifen der Dichter. Der „Olympische Frühling"! Ein Epos, das von griechischen Göttern und ihrem Tun und Lassen redet, von ihrer Würde und Schönheit; aber kein« in alt hergebrachter leiriger Aufzählungsmanier! Ts pre digt mit tiefer Kraft und gesundem Humor. Und die Götter Griechenlands sind ihm nur der Kreis, von dem herab er den Menschen einmal mit ungeschmink ter Wahrheit ihre bodenlose Verworfenheit ins Gekickt sagen kann. Eine Fülle buntester, neuer Sagen taucht vor uns auf. Allein die Erfindergabe Spitte lers ist erstaunlich. Und mit welcher Unmenge von Ausdrücken er jeden Gedanken zu umkleiden weiß, so daß jede Variation wieder das Aussehen eines ganz neuen Gebildes trägt! So mutet dieses Werk wie ein großes farbiges Mosaikbild an. Die „Klockenlieder" (1906 2. Auslage) atmen eine gesunde Poesie; in ihren originellen Wortzusammen setzungen erinnern sie bisweilen an Zacharias Werner (mit dem Spitteler sonst durchaus keine Gemeinschaft hat). — Schweizer Urwüchsigkeit lacht uns aus den ..Mädchenfeinden" entgegen, einer Kindergeschichte (1907 3. Tausend), die, da sie in des Dichters Heimat spielt, eine besondere Naturtreue widerspiegelt, mit der im Verein die reiche Phantasie, der ewig un erschöpfliche Humor und die absolute Einfachheit eine Komposition von edelstem Klang vor uns ertönen lassen Der Roman „Imago" (1906 5. Tausend) ist bis lang die letzte Schöpfung Karl Spittelers geblieben. Konnte sie auch dem Bilde Spittelers keine neuen Züge mehr aufprägen, so vertiefte und veredelte sie doch die alten, festigte und verinnerlichte die Ein drücke, die sein bisheriges Schaffen hinterlassen hatte. Und wir hoffen, daß sie nicht die letzte bleiben wird. „Imago" und die Neubearbeitung des „Olympischen Frühlings", die erst vor kurzem erschienen ist, be weisen, daß Spitteler noch nichts von seiner Schaffens kraft und seinem künstlerischen Werte eingebüßt hat. * Pergoles« und Havdn. Als Anfang dieses Jahres alle Zeitungen des 200. Geburtstages von G. B. Pergolese gedachten, erwähnten sie neben seiner ,,-erva gsärova", als das Werk, das den mit 26 Jahren schon verstorbenen italienischen Komponisten am meisten berühmt gemacht hatte, sein „8t»>>»t mater". Aber nur wenige Deutsche hatten wohl je das ganze Werk gehört. Da Pros. Dr. Schreck nun (bei Breit kops L Härtel) eine kritische Neuausgabe des Werkes veranstaltet hat, wird der Riedel-Verein am 28. April zum ersten Male das Werk in dieser Originalfassung aufführen, um den Leipziger Musik freunden Gelegenheit zu geben, eines der dem Namen nach bekanntesten Werke der Musik auch einmal wirk lich zu hören. Sind die Schönheiten dieses Werkes seit mehr als 150 Jahren oft gerühmt worden, so ist die andere Novität des Abends, Haydns auch schon 109 Jahre alte „Harmonie - Messe", erst neuerdings wirklich gewürdigt worden, aber auch zunächst nur von wenigen Kennern. Und doch handelt es sich um ein Werk für die breitesten Schichten des Volkes, um melodien reiche, tief empfundene, echte Herzensmusik, in der sich Haydn seiner musikgeschichtlichen Stellung neben Mozart und Beethoven durchaus würdig zeigt und in der er oft als Vorläufer des Kirchenkomponisten Schubert auftritt. Die Messe enthält Solosätze von wahrhaft Mozartischem Klangreiz, Chöre von packendster Wirkung und ist so reich instrumentiert, wie kaum eine Jnstrumentalmesse vor Beethovens soiemnm'. Alles in allem ein ganzes Kunst werk von einer ganz erstaunlichen Unmittelbarkeit des Ausdrucks der Töne auch heute noch! l'r. O. O. ' Zu« Tod« Mark Twain» meldet uns ein Privat telegramm aus New Nork: Man schätzt, daß Mark Twain ein Vermögen von einer Million Dollar hinterlassen hat Mit Ausnahme von wenigen kleinen Legaten an Freunde fällt das ganze Vermögen an seine Tochter Clara, die mit dem polnischen Pianisten Gabrielowitsch ver mählt ist. * Der Kamps gegen Tschudi. Wir haben bereits berichtet, daß die Augsburger und Nürnberger Be hörden sich an den Prinzregenten von Bayern wandten, damit er Tschudi verbiete, Bilder aus ihren Museen zu nehmen und durch geringere zu er setzen. Nun werfen, wie man aus München weiter telegraphiert, die Nürnberger dem Generaldirektor der bayerischen Museen vor, daß er die Dürer- bilder nach München entführen wolle. Tschudi antwortete darauf sarkastisch, das tue er nicht, und verspreche feierlich es auch künftig nicht zu tun, denn die Münchener Pinakothek sei bereits seit 300 Jahren, seit dem Jahre 1627, im Besitz der Ori ginale, die in den Jahren Maximilians 1. in Nürnberg durch gute Kopien von Gärtner ersetzt wurden. * Robert-Schumann-Fest in Zwickau. Das Pro aramm zur Zentenarfeier Robert Schumanns ist nun festgelegt. Am Dienstag, den 7. Juni findet abends 9 Uhr eine kurze Feier des Zwickauer Sängerbundes am Schumanndenkmal statt, Mittwoch, den 8. Juni, abends 8 Uhr spricht Herr Geheimrat Professor Dr. M. Friedländer aus Berlin über: „Robert Schu mann". Sonnabend, den 11. Juni, abends 7 Uhr ist im Lindenhofe das 1. Konzert. („Das Paradies und die Peri ") Sonntag, den 12. Juni, vormittags 11 Uhr das 2. Konzert (Kammermusik) und nach mittags 4Uhr das 3. Konzert, das verschiedene Werke (Orchester, Solo und Chor) darbieten wird. * Die Zurückgewiesenen der Berliner Sezession haben sich, wie aus Berlin depeschiert wird, zu einer Vereinigung „Neue Sezession" zusammengeschlossen. Die Vorarbeiten sind soweit gediehen, daß die Aus stellung der zurückgewiesenen Bilder bereits am 15. Mai eröffnet werden wird. * Klein« Chronik. Man schreibt uns aus Zürich: Hermann Bahrs „Konzert" errang im hiesigen Stadttheater soeben einen vollen Erfolg. Unter den Darstellern ragte besonders Ludwig Kaase.ein junges, sehr beachtenswertes Talent, hervor, der den Dr. Iura ganz ausgezeichnet gab. * Druckfehlerberichtigung. In unserer Besprechung der Dresdner Sezession mußte es statt v. Pary-Doussin v. Bary-Doussin heißen.