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Reclamen unter demRrdactionSstrich (-ge spalten) SO-H, vor den Familtrnnachrichtea (6gespalten) 40 .-H. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ztfferasatz nach höherem Tarif. Srtra-Veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbesörderung 80.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anjtigen sind stets an die ExpetztttO« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 92. Jahrgang. Der neue Curs im Lun- -er Lan-wirthe. LZ Die Wahl des Freiherr« v. Wangenheim zum Präsidenten des Bundes der Landwirthe ist ein weiterer Sprung nach links, ins Auticonservative. Wenn man daS nicht schon ihrer Borgeschichte wie aus der Vergangenheit deS Gewählten ent nehmen konnte, so böte die Genugthuung, mit der das Er gebnis die Antisemiten erfüllt, ein untrügliches Jndicium für diese politische Bedeutung der Wahl. Die in Bundes angelegenheiten von Herrn Liebermann von Sonnenberg be diente „Staatsbllrgerztg." schreibt: „Die „Krcuz-Zeitung" giebt sich den Anschein, als wenn sie mit dieser Wahl zufrieden wäre, weil Herr v. Wangenheim ja auch für die conservative Partei in Pyritz-Saatzig candidirt, sonach also ebenso wie Herr v. Plötz gewissermaßen die Verbindung zwischen der conservative» Partei und dem Bunde herstellt. Wir hegen einigen Zweifel daran, daß die Wahl bei der Richtung der konservativen Partei, die in der „Kreuz-Zeitung" vertreten wird, mit ungetbeilter Freude ausgenommen worden ist. Diese Richtung sand ihren Ausdruck in der vor einigen Wochen er schienenen Zuschrift eines Herrn v. D-, der dem Bunde vorhielt, daß er bei den Wahlen versagt habe, daß er zu viel Freundschaft für die Antisemiten bekunde, und der ihm den Rath gab, bei der con- servativen Partei Unterschlupf zu suchen. Die zweite Aeußerung dieser Richtung innerhalb der conservatiaen Partei war der Hunds tagsvorschlag eines Schlesiers, der Bund möge sich in Provinzial verbände auslösen. Eine weitere Auslassung in dieser Richtung war der gleichfalls in der „Kreuzzeitung" veröffentlichte Vorschlag des Grafen Mirbach, die Wahl bis zum Herbst zu vertagen. Ihm wohnte eine symptomatische Bedeutung insofern inne, als der Vor schlag zu einer Zeit kam, in der die Wahl Les Herrn v. Wangenheim bereits feststand. Es ist sonach klar, daß jenem gouvernementalen Flügel der konservativen Partei die Wahl des Herrn v. Wangenheim nicht genehm ist, und zwar um deshalb nicht, weil Herr v. Wangenheim nicht gewillt ist, den Bund zu einer Schutztruppe der konservativen Parteiberabdrücken zu lassen, vielmehr seine Stellung dahin gekennzeichnet hat, allen Parteien, die die Bundesinteressen vertreten, gleiches Wohlwollen entgegenzubringen, also auch, im Gegensatz zu dem Gouveruementalismus, die deutschsociale Reformpartei als eine gleichberechligte Bundesgcnossin anzuerkennen. Aus diesem Grunde glauben wir dem neuen Vundesvorsitzenden dasselbe Vertrauen entgegenbringen zu können, das Herr v. Plötz bei der deutsch- socialen Reformpartei genossen bat. Einzelnes in dieser Darstellung wird vielleicht dem Vorwurfe tendenziöser Färbung begegnen, in einem Haupt- punct ist sie richtig: die konservativen empfinden das Gegen teil von Befriedigung.. Die „Kreuzzeitung" ist sogar nicht einmal mehr sicher, daß Herr v. Wangenheim, wenn er im Wahlkreise Pyritz-Saatzig gewählt wird, der konservativen Fraktion beitreten werde. Sie schließt nur noch der ent gegengesetzten Vermutbung eines andern Blattes gegenüber, aus dem Umstande, daß ibr der Beitritt aus dem genannten Wahlkreise gemeldet worden ist, Herr v. Wangenheim habe „ohne Zweifel" eine bestimmte Erklärung über den Anschluß an ihre Fraktion gegeben. Einer Gewißheit oder auch nur Bermuthung, die sich auf die politische Ueberzeugung des neuen Bundespräsidenten gründet, wird nicht Ausdruck gegeben. Mag sich Herr v. Wangenheim entschließen, wie er wolle, er gehört nicht zu den Conservativen, und es erscheint nicht ausgeschlossen, daß viele Abgeordnete dieser Partei froh sein werden, ibn nicht in ihrer FractionSmitte zu sehen. Die Bundespresse wird wahrscheinlich die Zweifel an der Be Lrnrlletsn» Verkehrte Welt. Von Bernhard A. Günther. Nachdruck verboten. Als die ersten Erforscher Australiens von ihren Reisen zu rückkehrten, wußten sie Wunderdinge von diesem Con tinent zu berichten. Sie erzählten, daß dort Alles gerade umge kehrt sei, wie bei uns, wenigstens so weit die Thier- und Pflan zenwelt und der landschaftliche Charakter des Landes in Betracht kommt. Und in der That — sie haben nicht Unrecht. Die Thier- und Pflanzenwelt Australiens bot ein derart eigenthümliches Bild, daß man wohl von einer verkehrten Welt zu sprechen be rechtigt ist. Zunächst muß schon der eigenartige Charakter der australischen Landschaften und Wälder unser Interesse erregen. Das fruchtbare Land befindet sich in anderen Ländern in der Regel an den Mündungen der Flüsse. In Australien beginnt die größte Fruchtbarkeit dagegen meist erst da, wo es mit der Schifffahrt zu Ende ist. Bei uns sind fast immer die Thäler fruchtbar, während die Vegetation abnimmt, je weiter man die Gebirge hinaufsteigt. In Australien findet man auf den Spitzen der Hügel das beste Gartenland. Bei uns finden wir den schönsten Schatten in den Wäldern, sodaß man geradezu von schattigem kühlen Walde spricht. Anders in Australien, wo die Wälder zu den lichtreichsten Plätzen gehören, und die Bäume keinen Schatten geben. Die australischen Wälder haben näm lich zumeist ein parkähnliches Aussehen, sie entbehren des Unter holzes, und die Bäume stehen soweit auseinander, daß sich ihre Kronen nicht berühren und deshalb der Sonne allenthalben Zu tritt gestatten. Die Bäume sind aber auch an sich nicht geeignet, Schatten zu spenden, da ihre Blätter dem Nadelförmigen zu streben, ohne daß die Bäume zu den eigentlichen Nadelbäumen ge hören. Auch kehren die letzteren, nicht wie bei uns, der Sonne ihre Breitseite, sondern ihre scharfe Fläche zu, sodaß sie nicht mit dem Laub, sondern allein durch ihren Stamm und ihre lichten Zweig kronen Schatten werfen. Es kommen hier hauptsächlich die Eukalypten, Casuarbäume und Akazien in Betracht, welche über haupt die Hälfte aller Pflanzenindividuen bilden. Die Casua- rinen tragen dem australischen Grundsatz der Verkehrtheit da durch Rechnung, daß bei ihnen die Functionen der Blätter durch die Oberfläche der schachtclhalmartid gestreiften Zweige verrichtet werden, während die Blätter nur in der Andeutung vorhanden sind. Die Eukalypten sind eS, deren schief säbelförmig gestellte Blätter derartig am Zweige herabhängen, daß sie der Sonne nur eine sehr geringe Fläche bieten. Im Uebrigen wachsen sie zu den riesigsten Pflanzenformen der Welt heran und übertrumpfen selbst noch die berühmten Mammuthbäume Laliforniens. So friedigung der Conservativen durch den Hinweis zu „er sticken" suchen, daß Männer dieser Richtung bei der Wahl mitgcwirkt und Herr v. Wangenheim dennoch «stimmig ge wählt worden sei. Allein das beweist nichts, ^s war eben „nichts mehr zu machen", und die wirklich conservativen Mit glieder deS Ausschusses sahen sich nicht veranlaßt, als offenbar Geschlagene aus dem Wahlgange hervorzugehen. Herr Liebermann v. Sonnenberg war eben früher aufgestanden als sie. Bei der Beerdigung deS Herrn v. Plötz in Dötlingen war für den folgenden Tag eine Vor besprechung in Berlin ausgemacht worden, aber nur von den „Sicheren" für die „Sicheren". Eine Reihe der beim Pegräbniß anwesenden Ausschußmitglieder erhielt keine Kennt- niß, geschweige denn eine Einladung zur Berathung. So z. B. der Vertreter Schlesiens. Auch ein Ausschußmitglied auS dem Königreich Sachsen war in Dötlingen zugegen; daß es von der Veranstaltung einer Vorbesprechung ver ständigt wurde, glauben wir aber sehr stark be zweifeln zu dürfen. Jedenfalls war die Wahl längst und zwar ohne die „Altconservativen" gemacht, als ihr Termin anberaumt wurde, was, beiläufig bemerkt, so spät geschah, als es statutenmäßig möglich war. Das räumt ja die „Staatsbürgerzeitung" ein, und auch die „Kreuzzeitung" hatte mehrere Tage vor der Wahl resignirt die Annahme bestätigt, daß Herr v. Wangenheim erster Vorsitzender werden würde. Auch Graf Mirbach dürfte nicht geglaubt haben, mit seinem — auf der Reise verunglückten — Antrag auf Vertagung der Wahl das besiegelte Schicksal wenden zu können. Es scheint ihm vielmehr darum zu thun gewesen zu sein, durch die dem Vorschlag beigegebene Begründung Herrn v. Wangenheim gleich beim Amtsantritt eine deutliche Warnung vor partei politischen Ausschreitungen zugehen zu lassen. Daß die Mahnung beherzigt werde, sollen, wie man vernimmt, die Herren Graf Mirbach, v. Manteuffel, Levetzow u. s. w. selbst nicht glauben. Herr v. Wangenheim ist als Bundespräsident ein Geschöpf der Antisemiten und wird daher feinen Ursprung nicht verleugnen können, wenn er eS auch wollen sollte. Es kommt nun darauf an, ob die Conservativen Selbstständigkeit und Energie genug besitzen, um sich zu behaupten. Sie haben eS leichter als bisher. Der Tivolitraum ist auSgeträumt, und Herr v. Wangenheim wächst nicht wie sein Vorgänger auS der Fraktion in den Bund, sondern, wenn er sich überhaupt anschließt, aus dem Bund in die Fraktion. Das ist ein Unterschied. Deutsches Reich. X-n. Leipzig, 12. August. Zu dem ablehnenden Bescheid der sächsischen Regierung auf das Gesuch des sächsischen Landesmedicinalcollegiums, die Ausscheidung der Aerzte aus der Gewerbeordnung und ein Verbot der Cur- pfuscherei beim Bundesrath zu beantragen, macht die „Deutsche Medicinische Wochenschrift" folgende Bemerkungen: „Dieser Bescheid des sächsischen Ministeriums des Innern muß, soweit er sich auf die Curpfuscherei bezieht, im Interesse des ärztlichen Standes und des öffentlichen Wohles sehr bedauert werden. Gerade in Sachsen, dem Eldorado der Curpfvscher, dem Lande, wo nicht nur die größten Curschwindler ihr Handwerk kennt man Exemplare des mandelblättrigen Gummibaumes, welche bei einem Stammumfang von 30 Metern am Boden eine Höhe von über ISO Metern besaßen und deren Stamm bis zur Höhe von 90 Metern keine Verzweigung zeigte. Dabei besitzen einige Eukalypten ein so rasches Wachsthum und eine so bedeu tende Verdunstungskraft, daß sie sumpfige Gegenden schnell zu entwässern vermögen. Vor Allem der blaue Gummibaum (Xuea Xptus globulus) erfreut sich großen Rufes in dieser Hinsicht. Man nennt ihn geradezu den Fieberheilbaum, ein Renommee, welches er außer der erwähnten Eigenschaft auch seinem reichen Gehalt an ätherischem Oel verdankt. In neun Jahren erreicht er oft schon eine Höhe von 20 Metern bei einem Stammdurch messer von I Meter. Gewisse australische Akazien bringen — was eine weitere Verkehrtheit einschließt — statt der Blätter nur verbreitete Blattstiele hervor, welche in ihrem Bau den echten Blättern ähnlich sind und ganz wie bei uns die echten Blätter die Ernährungsorgane der Pflanze darstellen. Während bei uns die Flora einer Gegend ein Gesammt- product der mannigfaltigsten Pflanzenarten ist, zeigen die Land schaften Australiens vielfach auf weite Strecken hin nur eine einzige Thier- und Pflanzenart. Die Wiesen bilden keinen zu sammenhängenden Grastevpich, sondern einzelne Grasinseln. Das Sonderbarste aber ist, daß die Bäume nicht wie bei uns, periodisch ihr Laub, sondern vielmehr ihre Rinde abwerfen. Der Engländer Henderson berichtet über diese seltsame Erscheinung: „Einmal im Jahre häutet sich jeder Baum, und zwar im März, dem ersten Herbstmonate. Die äußere Haut der Rinde scheint dann, von der Sonne versengt, Blasen zu bekommen, rollt sich auf, und fällt in Stücken von jeder Größe ab, was den Bäumen ein merkwürdig scheckiges und zerlumptes Ansehen giebt. Wenn die dünne Haut ganz abgefallen ist, erkennt man die Bäume kaum wieder, denn die Stämme, welche vorher braun waren, haben jetzt eine Helle, gelbe oder hellblaste Farbe. Mit der Zeit werden sie wieder grauer, bis der Herbst naht und'die Bäume sich wieder häuten." Analoge Erscheinungen beobachten wir freilich auch an heimischen Baumarten, wenn sie auch nicht so charakteristisch hervortreten wie bei den Bäumen Neuhollands, welch« Hender son vorwiegend im Auge hat. vr. Karl Müller erwähnt in seinem „Buche der Pflanzen welt" noch einige bemerkenswerthe Verkehrtheiten der australischen Flora. Wer würde wohl glauben, daß es in Neuholland Dornen giebt, welche Blätter und Blumen treiben? Es geschieht dies bei der Oryptanckr» spinescwns, einem zierlichen Strauch, an welchem jedes Aestchrn seine abwechselnd gestellten zarten Zweige in Dornen verwandelt, an denen allein die winzig kugeligen Blumen und winzigen Blätter hervorbrrchen. Die Birnen und Kirschen des im Ganzen fruchtarmen Landes bieten weitere Merkmale der Verkehrtheit. Die neuholländisch« Birne, ein Strauch aus der Familie der Proteaceen, bringt Früchte hervor, deren Stiele am dicken, statt wie bei unS, am spitzen Theile treiben, sondern wo auch eine Hauptquelle für die das übrige Reich überfluthenden Charlatane zu suchen ist, hätte ein derartiger „diplomatischer" Ministerialerlaß nicht ergehen dürfen, da er selbstverständlich von allen Curpfuschern und deren Anhängern in und um Sachsen zu Gunsten der After- medicin weidlich auszebeutet werden wirb. Dem sächsischen Ministerium deS Innern kann der Vorwurf nicht erspart werden, daß es „zur Zeit wenigstens" mit seinem Erlaß eine „moralische" Stärkung des CurpfuscherwesenS verschuldet hat. Und dieser Vorwurf wird durch die platonische Erklärung des Ministeriums, daß es unseren Bestrebungen „nicht unsympa thisch gegenüberstehe", nicht gemildert. — Für den Fortgang der Angelegenheit selbst ist die Stellungnahme des sächsischen Ministeriums ziemlich gleichgiltig. Die preußische Regierung, und wahrscheinlich auch die bayerische, will der Aus breitung des CnrpfuscherthumS auf gesetzlichem Wege be gegnen und in diesem Sinne beim Bundesrath, bezw. beim Reichstag Anträge stellen; über die Aussichten eines der artigen Vorgehens dürfte die preußische Regierung mindestens ebenso gut orientirt sein wie die sächsische. — Was schließlich die Ablehnung des Antrages auf Erlaß einer deutschen Aerzteordnung betrifft, so ist es schier verwunderlich, daß nach der Meinung der sächsischen Regierung auch diese Bestrebungen beim Reichstage keinerlei Aussichten auf Ver wirklichung haben sollen. DaS zu begründe», überlassen wir der Einsicht eines königlich sächsischen Ministerialrathes." * Berlin, 12. August. Das B ü r g e r l ich e G e s e tz b u ch bestimmt im Einklänge mit dem fast in allen Theilen Deutsch lands bestehenden Rechtszustande, daß das uneheliche Kind den Namen der Mutter führt und das an Kindesstatt angenommene Kind den Familiennamen des Annehmenden erhält. Zur Zeit herrschen indessen, zwar nicht überall, aber doch in großen Rechtsgebieten Ausnahmen von diesen, wie gesagt, im Allgemeinen auch jetzt geltenden Grundsätzen. So bestimmt das allgemeine Landrecht, daß das uneheliche Kind einer Mutter von adeliger Herkunft den adeligen Namen und das Wappen nicht annehmen dürfe, und daß ein Bürgerlicher, der von einem Ade ligen an Kindesstatt angenommen werde, die Vorrechte und Unterscheidungen des Adels nur mittels besonderer landesherr licher Begnadigung erhalten könne. Diese Ausnahmen von der Regel bat das Bürgerliche Gesetzbuch nicht ausgenommen. Der Oberlandesgerichtspräsident Küntzel, der zuletzt Vorsitzender der Commission für das Bürgerliche Gesetzbuch war, hat sich auf einen, diese Bestimungen behandelnden Artikel des jetzigen Reichs gerichts-Senatspräsidenten Frhrn. v. Bülow dahin ausge sprochen, daß nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetz buches nur der Name übergehe, nicht aber das Adelsprädicat, ins besondere also nicht das Wort „von". Nun ist aber noch gar nicht ausgemacht, ob das Wort „von" lediglich als Adelsprädicat oder etwa als Theil des Namens angesehen werden muß. Die Angelegenheit wird im nächsten Monate den I u r i st e n t a g i n Posen beschäftigen, und da ist es bezeichnend, daß die drei Gutachten, die dafür ausgearbeitet sind, von drei verschiedenen Auffassungen ausgehen. Präsident v. Bülow behauptet dem „Hamb. Corr." zufolge, das „von" des Uradels gehöre zum Namen, das des neueren Briefadels könne als Adelsprädicat an gesehen werden, Prof. Briickmann in Greifswald erklärt das „von" als Bestandtheil des Namens, Docent Opet in Bern da gegen betrachtet es als Adelsprädicat, soweit der Adel noch als Stand mit besonderen Vorrechten in Betracht kommt, sonst als tragen, und die australische Kirsche hat den Kern außen an der oberen Spitze sitzen, statt in der Mitte des Fleisches. Wie vr. Karl Müller hervorhebt, handelt es sich allerdings nicht um die saftige erquickende Frucht, die wir unter dem Namen Kirsche mit Vergnügen verspeisen, sondern um das erbsengroße, beeren förmige, rothe oder gelbe Erzeugniß eines Strauches, von dem die Frucht nur den beerenartig verdickten Fruchtstiel bildet. „Daher erklärt sich", schreibt der erwähnte Forscher, „das Wunder sehr einfach, daß die eigentliche Frucht, der steinige Same, auf der dem Stiele entgegengesetzten Seite wächst." Immerhin bringt das Aeußere der übrigens wenig schmackhaften, faden Frucht den Eindruck hervor, als säße der Kern außen statt innen. Die Blumen mancher Pflanzen zeigen ebenfalls eine inter essante Eigenthllmlichkeit. Bei uns bilden die schön gefärbten Blumenblätter den prächtigsten Theil der Blüthe, während die Staubfäden als unansehnliche Anhängsel im Innern sich ver bergen. Bei verschiedenen Arten der australischen Myrihaceen ist es gerade umgedreht, ihre Blumenblätter sind grünlich und unansehnlich, während die verlängerten Staubfäden intensiv scharlachroth gefärbt sind und den bunten Schauapparat der Blüthe bilden. Wir suchen die Pilze am Tage, in Australien thut man gut, des Nachts auf die Suche zu gehen, da, wenigstens einige, im Dunkeln mit phosphorischem Lichte leuchten. Gehen wir jetzt zur Thierwelt unseres gegenfüßlerischen Continents über, so stoßen wir auf noch weit seltsamere Wunder, deren jedes sich wieder als eine erstaunliche Verkehrtheit darstellt. Daß der australische Kuckuck nicht, wie unser heimischer, am Tage, sondern des Nachts schreit, sei nur beiläufig erwähnt. Dagegen wollen wir uns die merkwürdige Thatsache zu Ge- müthe führen, daß es in Australien Säugethiere giebt, welche Entenschnäbel tragen und Eier legen, und andererseits Vögel, welche ein scheinbares Haarkleid tragen, ähnlich dem unserer Säugethiere. Die Gabel- oder Cloakenthiere stellen die nie drigste Gattung der Säugethiere dar, gewissermaßen eine Ueber- gangsform zwischen den Reptilien und Vögeln zu den Säuge- thieren. Mit letzteren haben sie das Fell gemein, mit den Vögeln den Schnabel, der bei ihnen die Stelle der Schnauze vertritt, und die Cloake, in welche sich die Ausführungsgänge des Darmes und der Harn- und Geschlechtswerkzeuge öffnen. Den Reptilien und Vögeln gleichen sie noch darin, daß sie Eier legen und diese in der stets um die Fortpflanzungszeit aus zwei seitlichen Bauch falten entstehenden Tasche auSbrüten. Dabei säugen aber die Gabelthiere ihre Jungen wie alle anderen Säugethiere, nur sind ihre Milchdrüsen nicht wie die der anderen Säuger auf Talg drüsen, sondern auf Schweißdrüsen zurückzuführen, auch fehlen ihnen alle Saugwarzrn, und es müssen die Jungen die Milch einfach ablecken. Mit dem Vogelschnabel hat der entenähnlichc Schnabel im Grunde nichts gemein als die äußere Aehnlichkeit, er ist nichts als eine Säugethierschnauze, deren Hautbekleidung' verhornt ist. Die Eier sind wrichschalig wie die der Reptilien — in den Gabelthieren vereinen also drei Llassen des Thierreiches Theil des Namens. In der „Kreuzztg." wird der Furcht Aus druck gegeben, daß, wenn die Bestimmungen des Bürgerlichen Ge setzbuches dem Wortlaute nach Anwendung fänden, „Adels fabriken" entstehen würden, die durch Vermittelung von Adop tionen einen umfangreichen und lucrativen Betrieb entfalten würden, und behauptet, daß die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die uneheliche Geburt und die Adoption nur mit der selbstverständlichen Beschränkung gelten könnten: „so weit nicht ein adeliger Name oder ein adeliges Prädicat in Frage komme", weil die Voraussetzungen für den Erwerb des Adels zu regeln, Sache des Landrechts sei. Die „Kreuzztg." hält aber offenbar von diesem Argumente (mit vollem Rechte, kann man hinzufügen) selbst nicht viel, denn sie verlangt eine Declaration in ihrem Sinne, die, wie sie meint, unendlich einfach sei. Jedenfalls übersieht sie dabei eines, nämlich den Umstand, daß selbst in Preußen nicht das „von" allgemein als Beweis für die Zugehörig keit zum Adel gilt, sondern, daß auch dort amtlich unterschieden wird zwischen Personen, die das „von" führen und adelig sind, und solchen, die das „von" führen und doch nicht zum Adel gehören. Das läßt die Lösung im Sinne der „Kreuzztg." doch nicht so einfach erscheinen. * Berlin, 12. August, lieber den Verlauf der im ReichSamt des Innern geführten wirthschaftlichen Vorarbeiten für die künftige Gestaltung unserer Handels- politischenVerhältnisse schreibt die „Nordd. Allg. Ztg." im Gegensatz zu anderweitigen Mittheilungen, welche die Meinung Hervorrufen könnten, als ob diese Arbeiten auf Schwierigkeiten gestoßen seien: „Demgegenüber erscheint es wünschenswerth, sestzustellen, daß das Ergebniß der bisherigen Erhebungen über Len Umfang der heimischen Gütererzeugung fast durchweg ein in besonderem Maße befriedigendes ist. Es sind bis jetzt rund 38 000 Fragebogen für die chemische, die Textil-, Papier- und Papier- verarbeitnngs-Jndustrie, die keramische Industrie, die Leder-, die Glas-, die Montan- und Hüttenindustrie und einige Zweige der Metallverarbeitung versandt worden. Von diesen Industrie zweigen, mit Ausnahme der drei letztgenannten, bei welchen dir Erhebungen sich noch in einem weniger vor geschrittenen Stadium befinden, sind durchschnittlich 87 ki ll 4 Proc. der Fragebogen beantwortet an daS Reichsamt des Innern zurückgelangt. Jeder, der mit unseren industriellen Verhält nissen vertraut ist, namentlich aber der, welcher ähnliche Unter suchungen durch Umfrage bei einer großen Zahl von Firmen bereits vorzunehmen in der Lage war, wird bereitwillig zugestehen, daß dieses Ergebniß als ein überraschend günstiges sich darstellt. Tie noch ausstehenden rund 10 Proc. der Fragebogen umfassen mit wenigen Ausnahmen kleinere Betriebe, welchen Mangels geeigneter Buchführung die Beantwortung einzelner Fragen Schwierigkeiten verursacht. Für derartige Betriebe ist, sei es unter ihrer eigenen Mitwirkung oder unter der von Sachverständigen, ein Einschätzungs verfahren in die Wege geleitet. ES ist ferner der Annahme Ausdruck gegeben worden, daß ein großer Theil der Fragebogen nur unvollständig b:ant- wortct und daher sür die beabsichtigten Zwecke unbrauchbar sei. Auch diese Annahme entbehrt nach der „Nordd. Allgem. Ztg." der Begründung. Vielmehr dürfe es als ein erfreu liches Ergebniß der Zusammenarbeit der ReichSverwaltung ihre wesentlichen Eigenschaften. Großes Erstaunen rief es in der Gelehrtenwelt hervor, als die erste Kunde von der Fort pflanzung der Gabelthiere durch Eier sich verbreitete und Haacke am 2. September 1884 einer gelehrten Körperschaft in Adelaide ein von ihm wenige Wochen vorher im Brutbeutel eines lebenden Ameisenigelweibchens Vorgefundenes Ei vorlegte. Der Ameisenigel und das Schnabelthier bilden die beiden Familien der Gabelthiere. Ersterer ist ein überaus furchtsames Geschöpf, mit plumpem, stachelbedecktem Körper, das sich von Kerbthieren ernährt, hauptsächlich wie schon der Name verräth, von Ameisen, und sich, wenn Gefahr droht, wie ein Igel zu sammenrollt oder rasch in den Boden eingräbt. Das Schnabel thier ist eine Art Wassermaulwurf von otterähnlichem Bau. Mit seinem Schnabel gründelt es im Wasser wie die Enten, es lebt von kleinen Wafserthieren und gräbt sich äußerst künstliche Gänge mit Kammern ins Ufer der Gewässer, an und in denen cs haust. Seine sonderbare Gestalt schützt es vor mancherlei Nachstellungen; Katzen und selbst Hunde ergreifen vor ihm die Flucht. Da es sich nicht lange in der Gefangenschaft hält, so ist es bisher nicht gelungen, ein lebendes Exemplar nach Europa zu bringen. Unter den Vögeln sind die Casuare und Emus, die austra lischen Strauße, mit ihrem scheinbaren Haarkleid entstanden, deren eigenthllmlichc Befiederung vollkommen haarartig erscheint. Wenn wir im Vorstehenden dem australischen Continent das Zeugniß der Verkehrtheit ausstellen, so ist diese Bezeichnung natürlich mehr scherzhaft gemeint. Die Natur bringt niemals etwas Verkehrtes hervor, die hier aufgeführten Eigentümlich keiten erscheinen nur unseren europäischen Begriffen in diesem wunderbaren Lichte. Ihre Erklärung finden dieselben durch die von der Wissenschaft festgestellte Thatsache, daß die Flora und Fauna Australiens einen uriveltlichen Charakter aufweist. Die gigantischen Eukalypten sollen zum Theil Tausende von Jahren alt sein, die besenartigen Casuarinen zeigen eine nicht zu ver kennende Aehnlichkeit mit den Riesenschachtelhalmen der Trias. Im Australmeer schwimmt der devonische Hai Ccstracion, im Ufersand birgt sich eine besondere Spccies des Urfisches Amphi- oxus. Auf kleinen Felseneilanden an der Küste der australischen Insel Neuseeland lauert ein permischen Formen verwandtes Reptil, die Brückenechse, Hatteria. In dem Sumpf« des neu holländischen Festlandes wühlt der triasische Molchfisch Cera- todus. Dieser Sumpf und die angrenzende Steppe aber — heißt es in Bölschr's Entwickclungsgeschichte der Natur — sind es gewesen, die uns auch das niedrigste Säugergeschlecht erhalten haben: das Geschlecht der Schnabelthiere. Die gleichfalls — mit Ausnahme einiger Arten — auf Australien beschränkten Beutelthiere stellen die unmittelbaren Vorläufer der ausgebildeten Säugethiere dar, in den Gabelthieren haben wir die Typen der niedrigsten und ältesten Säugethiere zu erblicken, aus denen die höheren Formen im Laufe der Jahrtausende sich entwickelten.