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* Leipzig, 24. März. Unter den bei dem Reichstag eia- gegangenen Petitionen besanden sich nach dem soeben er schienenen siebenten Verzeichnis folgende Eingaben aus dem König reich Sachsen: Die Handelskammer in Leipzig bittet um Annahme de» Anträge» vr. Bachem und Genossen, betreffend Herabsetzung des Zolle» auf Pongee-Rohseide rc.; der Verein selbstständiger Kaufleute und Fabrikanten z» Leipzig bittet um eine Ergänzung de- Gesetze», betreffend die Bekämpfung de» unlauteren Wettbewerbs (Verbot de- Verkaufs von Waarrn unter dem Nostenpreise); der städtische Verein zu Freiberg bittet um Annahme des Entwurfs eine» Gesetze-, betreffend die deutsche Flotte bezw. um Verstärkung der deutichen Streitinacht znr See. Die Oberlaujitzer Zuckerfabrik in Löbau und Ge- nassen bitten entgegen der Petition der Handels- und Gewerbe kammer zu Dresden um eine Besteuerung und Verkehr-beschränknng de- Saccharins und der anderen künstlichen Siißmittel. deihalb bald den Weg alle- Fleische- wandern. (Heiterkeit.) Herr vr. Lieber sei nicht nur Referent, sondern auch Mit- giied der Eeutrumsmehiheit, welche sür Las Flottengesctz eintrete. Deshalb sei er angreifbar. Wer seien denn die „Eingriorihtrn", von denen Herr Lieber sprech«? Gehöre Herr Müller-Fulda auch Lazu, der die beste Schrift gegen die Flottrnvorlagr geschrieben? Nun sei Herr Müller-Fulda der Vater des Sexennat- geworden. (Heiterkeit.) Abg. Fritzen scheine auch nicht zu den „Eingeweihten" zn gehören, denn er war stets riu Gegner der Marine-Forderungeu. — Da- Centrum habe sich s. Z. gegen daS Ansinnen einer Weltpolitik, da von hoher Stelle auSging, mit aller Macht gewehrt, namentlich habe sich Abg. vr. Lieber dagegen ausgesprochen. Um den Handel zu fordern, gebe e» nur ein Mittel: den Frieden aufrecht zu erhalten und andere Staaten nicht durch neue Rüstungen zu reizen. Der Auf schwung de» Handels datire Jahre lang zurück, trotzdem dost keine große Flotte nach gegnerischer Auffassung vorhanden war. Die Handels kreise seien erst durch Liese Vorlage ausgestachrlt worden. Mit England und Frankreich werde unsere Flotte nie concurriren können. Nun kommen noch die Millionensorderungen für Kiaotschau. Wie solle das deutsche Volk das Alles bezahlen? Man berufe sich auf den Schutz de» deutichen Handels, während eine große Partei hier dem Handel die Lebensader unterbinden wolle. Redner wendet sich dann auch gegen den Abg. Rickert, au« dessen Reden citirend, und bestreitet, daß unsere Küsten der Bertheidigung durch eine Panzer» statte bedürfen. Das Centrum sei seit 20 Jahren eine auSjchlag- gebende Partei, aber jetzt erscheine es erst als nationale und Regierungspartei. Da- Schicksal ter nationalliberalen Partei werde auch das des Centrums sein. Abg. v. Kardorff (Rp.): Daß Herr Bebel von einem Zerfall aller anderen Parteien spreche, sei selbstverständlich, denn er erkenne nur eine einzige Partei als berechtigt an, feine eigene. Die Be denken gegen eine Vorlage überwogen bei vielen Abgeordneten so lange, als man über die Kosten besorgt war. Jetzt lasse man die Bedenken fallen, da es möglich ist, ohne neue Steuern die Flottenvermehrung durchzusühren. Er leugne nicht, daß der Reichstag eine beschränktere Macht habe als manche andere Parlamente, aber feien die Verhältnisse in jenen Ländern besser als bei uns? England habe kein allgemeines, geheimes, directes Wahlrecht, seiu Armenrecht könne sich nicht mit unserer Versicherungsgesetzgebnng messen. Wir haben eine unparteiische Justiz (Widerspruch bei den Socialdemokraten), doch gewiß eine bessere Justiz als viele andere Länder. Gerade die arbeitenden Classrn habe» rin großes Interesse an der Flottenvorlage, denn sie gewähren wieder Tausenden Arbeit Den »Deutschen in» AuSIande verdanken ivir zum großen Theil den Ausschwung unsere» Handels, und es sei natürlich, daß sie öfter die deutsche Kriegsflagge sehen wollen. Die Ueberzeugung de- Abg. Bebel, daß an deutschen Küsten keine feindliche Landung möglich sei, sei, sei wohl eine einzig dastehende. ES sei jetzt allgemein die Erkcnntniß durchgedrungen, daß wir einer stärkeren Flotte bedürfen. Redner polemisirt dann gegen den Abg. Gabler und dessen Aus führungen über die französische Flotte, die er schon im „Figaro" gelesen. Die technischen Fragen seien jetzt soweit geklärt, daß man eine Ent- scheidung über die Typen treffen könne. Die Bindung auf einige Jahre erfolge als Naturnothwendigkeit aus der Sache selbst. Die Bindung sei auch schon in anderen Ressorts durchgesührt. Ein Abgeordneter solle hier stets nach seiner Ueberzeugung und feinem Gewissen stimmen und nicht im Einzelnen seine Wähler betragen. Unsere Marin« müsse doch auch unsere Missionen im Auslande schützen. Der jetzige Reichstag habe sehr im nationalen Interesse gewirkt und werde sich durch Annahme der Marinevorlage ein neues Denkmal setzen. Abg. Späh« (Centr.) polemisirt gegen den Abg. Bebel und weist Lessen Angriffe ans das Ccntrnm zurück. Früher verhielt man sich zurückhaltend, weil man nicht klar sah und die Versuche noch nicht abgeschlossen waren. DaS sei jetzt anders infolge dieser Vorlage, und auch die Mittel seien jetzt gesichert. Redner verliest alsdann Stellen aus einer Rede Windthorst's und weist nach, daß die Abgeordneten Bebel und Schönlank unrichtig citirt haben; Windthorst habe vom Palladium der Verfassung gesprochen, das beschützt werden müsse, aber nicht die Bindung für einen Zeitraum als das Entscheidende angesehen. Das Centrum sei sich bei dieser Frage seiner schweren Verantwortung bewußt und habe sich nach sorgfältiger Prüfung sür die Annahme der Vorlage entschlossen. Der Culturkamps sei zwar noch nicht vorüber, viele Ausnahmebestimmungen seien noch nicht aus gehoben, trotzdem bewillige seine Partei, was sür die Sicherheit des Vaterlandes und für die Ausdehnung unseres Handels nothwendig sei. Redner verbreitet sich dann über die Bedeutung der Flotte unter Bezugnahme auf frühere Kriege und erinnert die polnische Fraction daran, daß Polen in dem Augenblicke zertrümmert worden sei, als es sich der Osliee obgewendet habe. Der Präsident v. Buol lheilt mit, daß rin Antrag auf Schluß der Discussion eingebracht worden sei. Der Antrag wird mit großer Mehrheit angenommen. Es folgen persönliche Bemerkungen. Abg. vr. Barth (fr. Vg.): Er habe nur die Gründe entwickeln wollen gegenüber dem Abg. Richter, warum er für die Vorlage stimmen werde. Abg. Liebermann v. Sonnenberg (d. Ref.-P.) stellt fest, daß seine Partei allein heute nicht zum Worte gekommen fei. Abg. Müller-Fulda (Centr.) bestreitet gegenüber dem Abg. Bebel, daß seine Broschüre «ans pbrnao gegen die Flottenvorlage ge richtet sei. Abg. Richter (fr. Bp.) wendet sich gegen den Staatssecretair Tirpitz, der in parlamentarischen Dingen noch zu neu sei, um politische Charaktere beurtheilen zu können. ES folgen weitere persönliche Bemerkungen der Abgeordneten Bebel, Müller-Fulda, Richter, Fürst Ravftwill. ES beginnt sodann noch der Referent Vr. Lieber unter großer Unruhe des Hauses zu reden und vertheibigt in halbstündiger Rede die Stellungnabme der Budgetcommission. Er bittet im Namen derselben, dem 8 1 die Zustimmung zu ertheilen. Die Abgg. Graf Berilstorff (Welfe) und Bebel (Soc.) be antragen, über die einzelnen Abschnitte deS 8 1 abzustimmen. Abg. v. Bennigsen (nat.-lib): Es sei über den Paragraphen im Ganzen debattirt worden, infolge dessen müsse auch über den § l im Ganzen abgestimmt werden. Der Antrag wird abaelehnt. Die namentliche Abstimmung über tz 1 beginnt um 5V. Uhr. Ihr Ergebnis ist folgende»: 6s haben gestimmt Sal Abgeordnete, davon mit Ja 212, mit Rein 1S-. 8 1 der Borlage ist alfo mit einer Mehrkeit von 78 Stimmen angenommen. Das Ergebnis; der Abstimmung wird von der Mehrheit mit Beifall begrüßt. Mit Rein haben gestimmt die freisinnige volkspartet, die Socialdemokraten, Boten, Elsässer» Welfen, von den Antisemiten 3, vom Centrum etwa 84 Abgeordnete. Der Präsident v. Bnol thrilt mit, daß ein BertagungSantrag vorlirgt. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr: Flottenvorlage und Marinertat. Schluß '/->6 Uhr. -8- Leipzig, 24. März. Der Borstand der Universitäts bibliothek Herr Professor vr. von Gebbardt ist mit Ge nehmigung des königlichen Ministeriums des CultuS und öffentlichen Unterrichts vom 12. April bis 18. Mai d. I. beurlaubt und wird während dieser Zeit von Herrn Hof rath vr. Förste mann vertreten. * Leipzig, 24. März. Wie wir erfahren, bat daS könig liche Ministerium deS Innern die Genehmigung zur Fortführung der Linie GohliS'Stötteritz (die jetzt an der Stadtgrenze endet) ertheilt, vorbehaltlich einer Einigung mit dem Rathe über die näheren Vertrags bedingungen. Die gedachte Linie wird ihren künftigen End punkt in der Hauptstraße zu Stötteritz finden, woselbst gegenüber der Ulrich'schen Brauerei rin Depot erbaut wird. -F- Leipzig, 24. März. Heute fand abermals eine Ver steigerung von städtischen Bauplätzen, an derSüd- und Kronprinzstraße gelegen, statt, die zu folgendem Er gebnisse führte: Aus den Commissionen. 88- Berlin, 24. März. (Privattelrgranim.) Die 10. Com mission des Reichstage- zur Berathung de« vom Abg. Vr. Paasch« beantragten Gesetze-, betr. die Besteuerung von Saccharin, trat heute wieder zusammen. Vr. Paasche hat einen völlig umgearbeiteten (schon mitgetheilten. Red.) Entwurf über den Verkehr mit künstlichen Süßstoffen vorgeleat, über den sich eine ausgedehnte GenrraldiScussion entwickelte. Die Vertreter der Regierung erklärte» sich mit der Tendenz diese- Vorschlages einverstanden. Eine vom Abg. Schwarze (cons.) vorgclegte Resolution, welche die Regelung der Frage bis zur nächsten Session der Regierung anheimgeben wollte, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Die Berathungen werden DienStag fortgesetzt. schicksten und betont, daß er stet- Schulter au Schulter mit dem Abgeordneten Rickert für Verlangsamung und sür Abstriche im Finanz-Interest« gekämpft habe. ^Redner ver liest wieder Stellen aus frühere» Rickert'schen Reden.) Jetzt rede Herr Rickert von der Parteischadlone, nachdem er ferne Ansichten so gründlich gewechselt und sogar für das Sexennat ein trete. Zum ersten Mal solle sich der Reichstag nicht nur auf daS Ordinarium, sondern auch ans das Extraorüinarium binde». Tie Abkürzung des Septennats aus sechs Jahre durch die Commission ei kein Bottheil, sondern ein Nachthril, denn sie erhöhe die jahr- ichen Raten. Redner weist auf die allgemeine Steigerung der Ausgaben ür Heer- und Marlnezwecke und deS PensionSsonds hin und befürchtet eine» Rückgang der Ueberschüsse des Reiches. Er fürchte sich nicbt vor Schreckgespenster», aber der Geist gehe schon herum, Las sei der Geist der außerordentlichen Ueberschätzung der Marine. Alle dir Hoden Ausgaben sollen wenige Kreuzer erfüllen (Ruf rechts: Dann bewilligen Sie doch mehr!). Sehe» Sie, daß inan bald wird mehr ordern müssen (Heiterkeit)I Nach dieser Logik müßte daS große deutsche Reich mehrere Schlachtslotten haben, auswärtige Hafen und Kohlenplätzr, Dock- rc., kurz alle Forderungen einer Marine ersten Ranges. Diesem Geist müsse man entgegentreten, diesem Princip „Mehr Dampf voraus!" Alle di« neuen Forderungen greisen schon in Len ConstttutionaUSmus hinein, es komme überall eine Neigung zum Absolutismus, zum MilitairabsolutiSmus zum Ausdruck. Schließlich verstehen die Minister und die StaatSjecretaire auch nicht mehr von der Marine als der Reichstag und brauchen nicht befragt zu werden. Die Be einflussung von oben her sei bei Lieser Vorlage sehr stark gewesen. Tie Masse des Volks stehe nicht hinter der Vorlage. Tas Gesetz enthalte ein Mißtrauensvotum gegen den Reichstag. Staatssecretair Tirpitz: Das Gesetz will der Flotte eine Orga nisation geben. Eine Organisation ist etwas Dauerndes und darum muß auch eine dauernde, eine gesetzliche Regelung erfolgen. Die „Freis. Ztg." hat früher selbst ein festes, bindendes Programm ge- 'ordert. Wie kann aber ein solches Programm, eine Einigung über dasselbe erfolge» ohne Gesetz? Ich bin daher über die Haltung des Vorredners erstaunt. Das Extraordlnarium hat mr die Marine eine ähnliche Bedeutung wie die Formation ür die Armee. Schlagworte wie uferlose Pläne rc. können keine schlichen Gründe ersetzen. Herr Richter verweigert Alles und das nennt er „kämpfen". In der Commission hat Abg. Richter nichts gesagt. Er muß also wohl gefühlt haben, daß er meinem Standpunct, meinen Darlegungen nicht gewachsen gewesen ist. Man bedenke nur, in welche Lage wir kommen könnten ohne eine starke Flotte. Im Kriege sind die Eisenbahnen mit Truppentransporten und anderen KriegStransporten in Anspruch genommen. Die Hauptzusuhr muß also zur See statt- sindcn und diese Zufuhr kann uns ohne eine genügende Flotte ab geschnitten werden. Haben wir eine solche Flotte, jo werden wir mit erheblich schwächeren Küstenbefestigungen auch an wichtigen Puncten auskommen können. Er habe schon gejagt, daß sein Vorgänger schon nach Len in der Vorlage frstgelegten Pcincipien gehandelt habe. Gegen uferlose Pläne gebe es doch nichts besseres, als die Marinevcrwaltung gesetzlich zn binden. Staatssecretair Frech, v. Thiklmann: Bei den 190 Millionen, die der Abg. Richter erwähnt, handle eS sich nicht um ein PinS des MarineetatS; an der Steigerung des Pensionsetats sei die Marine nur mit 1'/,? betheiligt. Abg. vr. v. Bennigsen (nat-lib.): In allen europäischen Parlamenten bestehe kein Politiker, der die Fragen der Landes- vcrtheidignng zum Exercirplatz für Fragen des Etatsrechts mache. Wenn hlnsichtlich des Constilutionalismus in Deutichland eine Ge fahr drohen sollte, so bestehe sie nur darin, daß der Reichstag ein mal in Fragen Ser Landest» rtheidigung versagen sollte. Jin klebrigen würde Herr Richter sich wohl gehütet haben, eine Oppositionsrebe gegen die Flotte zn halten, wenn noch ein Zweisel vorhanden wäre, baß der Reichstag die Vorlage nicht annähme. Wäre die Flotten frage in die Wahlbewegung geworfen worben, würde die Lage wohl für Herrn Richter und seine Partei sich sehr verhängnisvoll gestaltet haben. Die Stellung deS Abg. Windthorst in Fragen des Heeres und der Marine war nicht ganz jo, wie sie Herr Richter geschildert. In Hannover habe er s. Z. jedenfalls für Pauschale für das Militari gestimmt. Im Wideripruch mit der Verfassung stehe dieses Geietz sicher nicht. ES sei auch unrichtig, daß kein Staat ein solches Ge setz habe, Italien habe es in ähnlicher Art. In anderen Staaten gebe es kaum Parteien, die den Forderungen für Heer und Marine jo cntgegentrcten wie Herr Richter. In Frankreich haben sogar die Radikalen die Forderungen der Regierung erhöht. Tie Nothwendigkeit der Flotte leugne Herr Richter ja nicht lZwijchenrus), also HerrLiebknecht leugnet sie, da ist Herr Richter Loch noch besser. lieber ihre Er gänzung und ihren Ausbau sollte auch keine Meinungsverschieden heit jein. Aeternate gebe es auch auf andere» wichtigen Gebieten und der Reichstag habe LaS stets eingejehen. Die Opposition gegen die Vermehrung der Flotte sei eigentlich von dieser Vorlage unangenehm enttäuscht worden, insofern, als sie weit größere Pläne erwartete, deshalb malcHerrRichter auch wieder schwarze Zukunftsbilder. (Sehr richtig!) Im Lande sei bas Bewußtsein von dem Werth einer starken Ftotte gewachsen, vielleicht einige Thcile von Bayern ausge nommen. Herr Richter habe sich auch den meisten Ersatzbauten sür die Marine widersetzt und spreche trotzdem von dem jetzigen befriedigenden Zustand der Flotte. Mit der Deduction, daß die Aera der Versuche noch nicht abgeschlossen sei und man desbalb mit dem Bau von Schiffen noch warten solle, komme man nicht weit, denn dann hätte man in der Armee nie ein neues Gewehr oder ein neues Geschütz einsühren dürfen. (Sehr richtig! rechts.) Mit der jetzigen Vortage solle ein dauernder Abschluß der Pläne und Veriuche erreicht werden, unsere Flotte müsse im Stande jein, auch der größten Seemacht in der Nordsee und Ostsee eine Seeschlacht zu liefern, und das werde sie nach Ausführung des jetzigen Planes sein. Das sei doch eine große Beruhigung. Dazu kommen die großen Interessen unserer Häfen und unseres Handels, die geschützt werden müssen. Im Jahre 1880 betrug der Antheil Deutschlands am Welthandel 9,7 Proc., der Englands 23,2 Proc., im Jahre 1896 der Antheil Deutschlands 10,8, der Englands 17,5. Diese Zahlen sprechen doch für sich (Ruf link»: Ohne Flotte I) Ja, weil wir uns im tiefen Frieden besanden. Deutschland müsse auch im Stande sein, bei einem Kriege zwischen Seemächten seine Neutralität zur See zu wahren, Lazu gehöre eine kräftige Flotte, um die Handelsschiffe zu schützen. Geste.» habe Herr Scbönlank den Referenten der Commission scharf angegriffen, mit Unrecht, denn derselbe habe seine große Ausgabe mit außerordentlichem Fleiß und Beschick gelöst. (Beifall.) Freiherr v. Hertling habe auf die veränderte Stellung deS CentrumS hin gewiesen, das im Interesse des Vaterlandes ohne Voreingenommen- heit handle und ohne zu fragen oui bona. Auch die nationalliberalr Partei handle nach diesem patriotischen Grundsatz. Di« Haltung deS CentrumS beweise, daß wir in Deutschland wett bessere Zustände haben, als in anderen Staaten, zum Beispiel Frankreich und Oesterreich, das Centrum könne auch in seiner jetzigen Stellung Alles erreichen, was berechtigt sei. Es sei erfreulich, daß diesr Vorlage angenommen werde, ohne eine Auslösung des Reichstage«, dir stets zu schweren Störungen und Differenzen führe. Dem Ausland gegenüber werde dir Annahme der Vorlage nicht ohne Wirkung sein. In England bilden die Forderungen für Militair- und Marinezwecke stets den neutralen Boden für Regierungspartei und Opposition. Hoffentlich komme Deutschland auch dahin in Fragen der Landcsvertheidigung. Im Lande begreife man den Werth dieser Fragen sehr wohl, durch das deutsche Volk sei wieder ein frischer Zug vom Meere her gegangen, der erfreulich war gegenüber den politischen Zänkereien. Man sollte dankbar dafür sein, wenn neuerdings Fürsten so lebhaftes Interesse sür die Marine besitzen. Das Landheer müsse eine Stütze und Ergänzung in der Flotte haben. Abg. Bebel (Soc.) spricht von seinem Platze. (Ruse: Auf die Tribüne!) Es scheine doch nicht ganz sicher, ob der Reichstag im Falle der Auflösung ander-, im Sinne des Herrn v. Bennigsen besser, zusammengesetzt sein würde. ES werde keinem Parlament Europas zugemuthet, sich auf Jahre finanziell zn binden, kein Parlament werde von der Regierung so mißachtend von der Regie rung behandelt wie der Reichstag. In Deutschland regiere man auch gegen eine Majorität des Reichstages und dieser antworte nicht mit der Budgetverweigerung. Jetzt werden die geringen Bubgetbesugnisse deS Reichstages noch mehr eingeschränkt und daS Centrum erklär« sich als Regierungsvartei damit einverstanden. Die nationalliberalr Partei sei einst 100 Mann stark gewesen, jetzt kaum 50 und diese wichen in vielen Fragen völlig von einander ab. Das sei Las Schick sal einer Partei, die stets mit der Regierung ging, und dieses solle do- Centrum vor der Nachfolge warnen. In Frankreich herrsche da» parlamentarische System, aber die An- gebörigen aller Parteien, sogar der socialistischen, glauben in Folge der Bismarck'schen Politik, daß Deutschland Frankreich bald an greifen wolle. (Lachen, Widerspruch.) Deshalb stimmen auch di» Oppositionsmitglieder für eine Verstärkung dec Militairmacht Frankreichs. Redner sucht nackizuweijen, daß schon der consti- tuirende Reichstag sich auf rin Aetrrnat und eine Bindung in Angelegenheiten deS Herres nicht einlassea wollte, erst der Krieg 1870/71 bewirkte einen Umschwung und brachte da» Septennat. Herr Windthorst und bas Centrum iprachen sich gegen jede» Septennat aus, um da« Budgetrecht de« Reichstages zu wahren. Mit drin damaligen „unbeugsamen Widerstande", wie es in einem Wahlaufruf ' de- Centrum« hieß, sei es heute vorbei. Da- Centrum werde VeuWer Reichstag. 88 Berlin, 24. März. Heute ist Las Haus viel besser besetzt als gestern, denn die entscheidenden Abstimmungen sind zu erwarten und die bunte Menge der Gegner de- Flotten- gesctzeS: Antisemiten, Polen, Bauernbüncler, Welfen, Ultra montane und Demokraten verschiedener Färbung — sie sind alle znr Stelle. Ganz außerordentlich ist der Andrang deS PublicumS. Doch bieten die Verhandlungen auch heute zunächst nichts Interessantes. Nachdem Admiral Tirpitz seinen AmtS- vorgängcr Hollmanu gegen einige gestern von Schönlank erhobene Vorwürfe verlheidigt, erklärte Abg. Hilpert sich im Namen der bayerischen Bauernbündler gegen das Flotteugesetz. Ihm folgte mit einer längeren Rede Herr Richter. Er ist alt geworden, seine Ausführungen machten keinen Eindruck. Er versuchte zu bestreiten, daß er ein Gegner einer starken deutschen Flotte ist. Daß eine Vermehrung der Schlachtschiffe notbwendig, sei ihm aber nicht „überzeugend" nachgewicsen, und die conslitutionellen und finanziellen Bedenken der frei sinnigen Vvlkspartei seien nickt widerlegt. Besonders pole misiere er, wie in der Commission, gegen die „Bindung dr- EtatsrechtS". Admiral Tirpitz erinnerte Herrn Richter an feine widersprnckSvollcHaltunz. Früher habe er einen bestimmten Flvttenorganiscitivnsplan als unerläßlich gefordert, jetzt be kämpfte er ibn ebenso entschieden. Die Nothwcndigkeit ter Schlachlstvtte sei in der Commission so klar nach gewiesen worden, daß Herr Richter nichts zu erwidern vermochte. Schatzsecretair von Tbietmann bestritt nochmals, daß die Annahme der Vorlage irgend welche finanzielle Schwierigkeiten zur Folge haben würde. Zn ruhiger und klarer Weise widerlegte Herr v. Bennigsen den volks- varteilicken Parlamentarier. Er spottete mit Reckt der angeb lichen conslitutionellen Bedenken, die im Lande Niemand thcile, da in den weitesten Volkökceisen die Vorzüge der Marincvorlage richtig gewürdigt werden. Er wie» auf daS Beispiel anderer Länder bin und legte dar, daß die ettttsrechtlicke Bindung durcha:s verfassungsmäßig sei. DaS „Aeternat", die dauernde Organisation, sei für die Marine ebenso nothwendig wie für daS Landheer. Eine solche Opposition, wo es fick nm Lebensfragen der Nation handelt, sei in anderen Ländern nickt möglich. Mit der Vorlage sei ein dauernder Abschluß gesichert, daS sei maßgebend. An erkennend gedachte Herr von Bennigsen des Pflichteifers, den vr. Lieber als Berichterstatter bewiesen. Sicher habe auch das Centrum einzeseben, daß die Ablehnung des FlottengesetzcS ihm bei den Wahlen gefährlich geworden wäre. Bennizsen's Rede hatte zwar den Beifall der großen Mehr heit gefunden, doch Herrn Bebel sehr wenig befriedigt, der bemüht war, die gestrige Niederlage des Genossen Schönbek vergessen zu machen. Allerdings gönnte er sich dazu wieder eine volle Stunde. Durch eine große Zahl von Citaten suchte er den Nachweis zu erbringen, daß in Worten und Thaten die Redner des Centrums sich in argen Widerspruch setzen mit ihrem früheren Verhalten. Im Nebrigen bot Herr Bebel nur Phrasen. Für die Neichspartei erklärte Herr von Kardorff sein Einverständniß mit dem Gesetz. Der Abg. Spahn (Centr.) hält es auch noch sür nörhig, daS Haus durch sehr lange Vorlesungen zu langweilen, um den Nachweis zu führen, daß das Centrnm dem Testamente Windthorst's treu geblieben sei. Alsdann wurde endlich der Schluß der Discussion und K 1 des Gesetzes in namentlicher Abstimmung mit 212 gegen 139 Stimmen angenommen. Dagegen stimmten etwa 34 Centrumsmitglieder, die 3 Antisemiten Bindewald, Hirschel und Köhler, die vereinigten Demokraten, Welfen und Polen. Da morgen wegen des katholischen Feiertages die Sitzung ausfällt, wird erst Sonnabend die weitere Berathung erfolgen. 69. Sitzung vom 24. März. DaS Haus ist gut besetzt. Der Präsident eröffnet die Sitzung um 11 Uhr. Am Buodesrathstisch: Türpitz, Graf Posadowsky, V. Bülow, Frhr. v. Thielmann u. A. Ein fchleuniger Antrag Auer (Soc.) u. Gen. aus Einstellung eines gegen den Abg. Schmidt (Frankfurt, Soc.) schwebenden Strafverfahrens wegen Beleidigung durch die Presse für die Dauer der Session wird ohne Debatte angenommen. Darauf setzt da- Haus dir zweite Lesung der Flotten- Vorlage fort. 8 1 enthält die Bestimmungen über den Schifssbestand uud das Septennat, das durch den CommijsionSbeschluß in ein Sexennat umgewandelt ist. Staat-secretair Tirpitz: Herr Abg. vr. Schädler habe gestern gesagt, daß Herr Staat-secretair Hollmann die jetzige Vorlage ge kannt und trotzdem in anderer Richtung sich geäußert habe. Bride treffe nicht zu, Herr Admiral Hollmann habe in technischer Be- ziehung genau auf demselben Boden gestanden, aus dem sich die Vorlage bewege. Redner sucht dies zisfern- und Latenmäßig nach- zuweifeo. Der Gesetzentwurf sei das Product einer zehnjährigen angestrengten Arbeit. Herr Admiral Hollmann habe hauptsächlich für Ersatzbauten zn sorgen, Denkschriften abzufaffen hatte er nicht für nöthig gehalten, war auch kein Freund davon. Herr Hollmann stehe vollkommen auf dem Boden der jetzigen Vorlage, welche nicht uferlos fei. Abg. Mlpert (bayrr. Bbd.): Die Lage der Landwirthschaft sei gegenwärtig nicht rosig, de-halb könne er nicht für die Vorlage eintreten. Abg. Richter (frris. Bq ): Es handle sich um eine Lauernde Organisation, um die Festlegung des Etats durch den Reichstag. Warum wolle man dir Flottrnvorlagr durch einen Reichstag bindend erledigen lassen, dessen Lebensdauer nahezu abgelausrn sei? Dir Commission habe den Gesetzentwurf so unwesentlich verändert, daß keine Partei bei ihrer ablehnenden Haltung verharre. Die Bedeutung einer Flotte werde überschätzt, und 2a-, waS wir haben, werde unterschätzt. E- bestreite ja Niemand, daß wir eine brauchbare Flotte haben müssen. Wir haben bereit- zwei Milliarden dafür ausgegebeu. Herr Rickert scheine die- alles zu überseden. Es sei auch nicht wahr, daß die Flotte in letzter Zett heruntergekommen sei, der Reichstag habe stels die nothwrndigen Ersatzbauten bewilligt. Die Thatsache, daß jetzt 16 Schiffe hinzukommen sollen, solle nach Herrn Rickert für den deutschen Handel entscheidend sein. Das sei einseitig und falsch. Dazu kommen die schweren constitutionellen Bedenken gegen die Bindung deS Reichstages. Man habe eine große Agitation ent faltet, zum Theil mit Erfolg, um den Handel und sein« Vertreter sür die Vorlage zu interessiren. Demgegenüber sei die Zahl der geforderten Auslanoschifft gering und außerdem schon vorhanden, wie Redner unter Aufzäblung der vorhandenen Kreuzer nachzuweisen sucht. Auch im Ausland« feien heute schon so viel« Kreuzer im Dienst, als nach diesem Flotteugesetz in Zukunft in Dienst seien sollen. Tie Neubauten sollen eben einzig und allein der Schlachtflotte zu Gute komme», obwohl sie durchaus nicht so mangelhaft und ersatzbedürftig sei. Nun solle ja die Schlachtflotte nur zum Schutz unserer Küsten dienen, aber auf die leichte Ver- rhridigung unserer Küsten und die schwere Angreifbarkeit werde wenig Bezug genommen. Herr Rickert habe im Jahre 1889 hier gerade das Gegentheil gesagt von dem, wa» er gestern gesagt. Tainals habe er als Küstcnbewohner jede Besorgniß von sich abgewiesen (Redner verliest unter Heiterkeit des Hauses Stellen der damaligen Rickert'schen Rete. Abg. Rickert meldet sich zu Wort und ruft: Was verstehen Sie von Küstenschutz). Auch Herr Admiral Hollmann habe in der Commission gejagt, daß eine große Panzerflotte in die deutschen Flußmündungen nicht rialausen könne. Bon der Nothwendigkeit der neuen Formationen sei er in der Commission nicht überzeugt worden. Freilich handle es sich hierbei zum Theil nm eine Vertrauen-srage. Aber könne man denn Vertrauen haben angesichts der wechselnden An schauungen über Flottrnrrsatz? Der jetzige Plan solle 10 Jahre erwogen sein, aber weder der Graf Caprivi, noch Admiral Hollmann wußten etwa- davon. Man stützte sich nur auf den Plan von 1879. Weshalb solle man dem neuen Staatssecretair so große» Vertrauen enr- gegenbringen? Um diesen bandle e» sich auch gar nicht, sondern nm ein« Festlegung der Marine ohne Befragung von Personen unv de» Reichs, läge». (Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe betritt den Saal.) TaSBe- dürfniß, dir Schlochtflotle gerade jetzt zu erweitern, brsirrite er, da» Hauptdehenken richt« sich aber gegen dir Bindung de» Reichstages. Der Reichstag sei stet» Gegner von Aeternoten gewesen, namentlich auch der Abg. windthorst. Derselbe habe sich auch stet« gegen Septennat» ausgesprochen und sprciell tu Marinrsachen für einjährig« Bewilligungen. Redner beruft sich daun auf frühere Denk- Königreich Sachsen. Die vorliegende Nummer enthält an anderer Stelle noch folgende, unter diese Rubrik fallende Svnderartikel: Sächsischer Landtag Erste und Zweite Kammer). — Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. — Literarische Gesellschaft (Gesellschaftsabend). — Gericht-Verhandlungen (Königliches Landgericht. Sa. 5424,2 238 900 d. k. im Durchschnitt 44,04 pro Quadratmeter. ick. Leipzig, 24. März. Die kleinen und unansebnlichen Häuser am Eingänge der Windmühlenstraße (Nr. 8, lv ui.d 12) sind kürzlich abgebrochen worden, nm einem großen Neubau (GeschäftShause der Firma Krüger) Platz zu machen. Da an der gedachten Stelle die Windmühlen straße sehr eng ist, so Hal der Rath mit dem Besitzer der bezeichneten Grundstücke ein Abkommen getroffen wegen Zahlung einer Abfindungssumme von 320V als Beitrag zu den Kosten der Straßenverdreiterung. Von de» Stadtverordneten ist noch Zustimmung zu ertheilen. —r. Leipzig, 24. März. Aus Anlaß des Osterfestes veranstaltet die österreichische Nordwestbahn eine Sonder fahrt nach Wien zu sebr ermäßigten Fahrpreisen. Der Sonderzug geht am 9. April d. I. (Sonnabend) Nachmittags 4 Ubr 54 Minuten von Tetschen ab und kommt am Oster sonntag, den 10. April, früh 6 Ubr 32 Minuten in Wien, Nordwestbabnhos, an. Die Rückfahrkarten Tetschen-Wien kosten in v. Wagenclasse 24 Kronen ----- 19,20 und in III. Wagenclasse 16 Kronen --- 12,80 .L Sie bat eine 14 tägige Geltungsdauer zur Rückfabrt in Personenzügen, in Schnellzügen gegen Zuschlag und gestattet^die Rückreise in einer beliebigen Zwischenstation ohne Beschränkung, jedoch gegen BeftätigungSvermerk, zu unierbrecken. Der auf hiesigen! Dresdner Bahnbofe Vormittags 10 Uhr 14 Minuten ab gehende beschleunigte Personenzuz vermittelt den Anschluß an den Sonderzug. — Die Glieder der Nicolaigem einde werden darauf aufmerksam gemacht, daß heute, Freitag, in der Nicolaikirche von 6—7 Udr die gewohnte Wochen-Passionsandacht stattfindet. Die ganze Passionsgeschichte des Herrn zieht in diesen Andachten abschnittweise an den Hörern vorüber. Die Weihe, die in diesem Allerheiligsten der christlichen Heils geschichte liegt, wird gehoben durch eingelegte Gemeinde- und Chorgesänge, letztere ausgeführt vom Thomanerchor. — Wir machen noch einmal auf den religiösen Vor trag aufmerksam, den Herr Pastor Pache heute Abend r/»9 Ubr im großen Saale des VereinSbauseS, Roßstraße 14, über „Das Volk Israel" hält. Der Eintritt ist frei und Jedermann herzlichst dazu eingeladen. — Auch in Eutritzsch bat sich ein aus Vertretern der dortigen OrtSvereine bestehender Ausschuß gebildet, um Vorkehrungen zu einer würdigen Feier des 25jährigen Negierungsjubiläums Sr. Majestät des Königs zu treffen. Die Festlichkeit, welche in CommerS, verbunden mit Concert und Gesanzsvorträgen rc., bestehen soll, findet am Abend deS 22. April im Saale des goldenen Helms in Eutritzsch statt und wird Näheres hierüber seiner Zeit bekannt gegeben werden. — Immer mehr Berständniß gewinnt man für den Nachwuchs im Handels- und Gewerbslrben, für Heranbildung und Er- ziehung der Lehrlinge. Wenngleich die Ausbildung derselben schon früher nach Kräften gefördert wurde, so lag doch die erzieherische Seite bisher noch sehr im Argen. Nicht selten werden Klagen laut über Veruntreuungen der jungen Lent», ja gar schon über Hinneigung zur Trunksucht in jugendlichem Alter. Erfreulich ist r» deshalb, wenn der Staat durch Neuordnung de- Lehrlings- wesen-, wie solche vorliegt in der Abänderung der Gewerbeordnung vom 27. Juli 1897, mit gutem Beispiel vorangeht. Schon früher als der Staat haben Corporation«,, Innungen und Gemeinden sich der Lehrlinge durch Errichtungen von Heimstätten, Einführung von Unterhaltungsabenden :c. angenommen, in letzter Zeit sind auch andere Gesellschaften und Gewerke in dieser Richtung thätig gewesen. Erwähnt seien die auch hier vertretenen „Bereinigte vormals Gräfl. Eiasiedel'fche Werke zu Lauchhammer", deren Oberleitung die Gründung eines Lehrlinasdahrims in Aussicht genommen hat. Wie bekannt, erfreuen wir Leipziger uns schon fett dem Jahre 1883 eines Daheims, welches für sehr mäßige Pensionspreise Lehrlinge au- allen Ständen aufnimmt. Am nächsten Sonntag Abend wird letztere- sein 15. Stiftung-fest im Bereinshause, Roßstroßr 14, begehen, worauf wir an dieser Stelle noch besonder- aufmerksam machen. (Näherer im Anzeigentheil.) , H Leipzig, 24. März. Wie wir bereits meldeten, hat sich gestern Abend in der zehnten Stunde im zweiten Ober geschoß des Grundstücks Südplatz 6 ein Selbstmord und Mordversuch ereignet: Der bald 31jährige Handlungs commis August Otto Möller, geboren in Blankenhain, gab, nach den seitherigen amtlichen Ermittelungen, zunächst mehrere Schüsse aus einem Revolver auf seine Geliebte, die 23 jährige Comptoiristin Marie Frieda Busch ab, wodurch diese am Oberarm schwer verletzt wurde; hierauf hat Möller die Waffe gegen sich selbst gerichtet und sich erschossen. Möller, der als ein solider Mann geschildert wird, war nach beendigtem Geschäftsschlutz (er war in einem hiesigen Engros- Geschäfte in Stellung) nach seiner Wohnung zuriickgekehrt und unterhielt sich mit seinen WirthSleuten, al» ihm gegen jlO Uhr die in der Arndtstraße wohnende Busch einen Besuch abstattete. Zwischen Beiden ist eS zunächst im Logis Möller's zu einem Wortwechsel gekommen, in dessen Verlaufe die Busch dem Möller Vorwürfe gemacht haben soll, daß Möller sie wohl nach vier jährigem Liebesverhältniß verlassen wolle. Bald nachher sind die Schüsse gefallen. Als die WirthSleute drn Schauplatz der verhängnißvollen That betraten, war Möller bereits todt, während die Busch laut aufstöhnte, jedoch ohne Besinnung war. Mittels Krankenwagen» wurde die Busch hierauf nach dem städtischen Krankenhause, der Leichnam de» Möller nach der Anatomie gebracht. — Nach den im Laufe de» heutigen Tages angestellten weiteren Ermittelungen hat die Busch selbst die N e v o l v erpa tr on e n besorgt; sie hat damit ein Dienstmädchen beauftragt, das angeblich für ihren Herrn auch in einer Stahl-, Eisen- und Kurzwaaren- handlung der Zeitzer Straße die Patronen gekauft Hit. Jedenfalls wird die Vernehmung der Busch, die infolge der immerhin schweren Verletzung bi» heute Abend noch nicht hat erfolgen können, wie über drn ganzen Vorgang, so auch über diesen Umstand völlige Aufklärung bringen. */. Leipzig, 24. März. (Arbeiterbewegung.) Zn einer gestern im „Coburger Hofe" abgehaltenrn Versamm lung der Dachdrckergehilfen wnrde bekannt gegeben Bauplatz »tr. 1 Flilcke qm 1044.6 Höchstgebot 30100 EinhrNSvr«!» pro qm 28,81 <) 854,6 28 900 33,42 3 1032,7 33100 32,06 4 450,0 26 900 59,78 5 730,2 47 400 64,92 6 657F 36100 54,88 7 654,3 36 400 55,63