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S3ö2 den Cavalltritttgimtnlrrn unsere- nöchsttn Nachbarn gelangt sind, Uebungen mit jener Lanze, gegen welche seiner Zeit in Rußland von vielen Seiten Einwendungen erhoben wurden. Der deutsche Cavallerist und die Lanze — das ist rin Ganzes; jener ist mit dieser so verwachsen, ist so sehr durch drungen zum Bewußtsein ihrer Kraft bei verständiger Hand habung, daß er sich nur eben während des Schlafes von ihr trennt. Sitzt der Mann einmal zu Pferde, so muß in seiner Rechten die Lanze sich befinden; das ganze Manege reiten, ob einzeln oder gemeinsam, alle Ausritte der preußischen Cavallerie geschehen nie anders als mit der Lanze in der Hand. Die deutsche Lanze besteht aus einem bohlen mit Papiermache gefüllten Stablschast, waö einerseits eine wirksame Abwehr der Säbelhiebe möglich macht, anderer seits die ungemeine Leichtigkeit in der Handhabung erklärt. Kaiser Wilhelm hat seine ganze Aufmerksamkeit der Ent wickelung der Allüren in der Cavallcrie zugewandt; gegen wärtig legen Cavallerieabtheilungen in ununterbrochenem Galopp eine Strecke von sechs Werst zurück, woran vor einigen Jahren Niemand auch nur zu glauben sich entschloß. Dem russischen Officier gefielen die Pferde der deutschen Eavallerie außerordentlich gut, bezeugt Fürst MeschtscherSki. Ein Hauptgewicht legt sein Gewährsmann aus den anf- fallend gleichartigen Typus der Pferde. Wohl bedurfte eS zur Erreichung dieses schwierigen Resul tates nahezu 17 Jahre, während welcher Zeit in Preußen verschiedene Staatsgestüte angestrengt, systematisch, Schritt vor Schritt vorgingen, aber dafür mnß man auch gestehen, daß das System der Deutschen „langsam" und sicher, die preußische Eavallerie dahin gebracht bat, daß sie hinfort auf einem starken, ausdauernden, fnßfesten Pferde sitzen wird. Schon jetzt ist eS den Osficieren verboten, ihre Pferde anderswo zu kaufen als in den staatlichen Zucht anstalten, so daß heutzutage viele Osficiere ein „eigenes deutsches" Pferd reiten, während die benachbarten Franzosen Pferde verschiedener Rassen, meistens Bollblut, unter sich haben. Einen Mangel im deutschen militairischen Pferde wesen glaubt der russische Beobachter nur darin gefunden zu haben, daß das Militairpferd zu langsam sich sormirt, indem eS einer sieben- bis achtjährigen EntwickclungSperiode bedarf. (D Berlin, 14. Juli. (Telegramm.) Ein Telegramm aus Molde meldet: Der Kaiser nahm gestern die Vor träge der Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Civil- nnd Militair-Cabinets entgegen und unternahm Nachmittags einen Spaziergang an Land trotz des ungünstigen Wetters. Da das trübe Wetter in ganz Norwegen anhält, bleibt die „Hohenzollern" vorläufig hier. ES gingen heute starke Regen güsse nieder. Die Temperatur beträgt 9 Grad Wärme. An Bord der „Hohenzollern" ist Alles wohl. L. Berlin, 11. Juli. (Privattelegramm.) Der Kaiser hat der „Nat-Ztg." zufolge der Sammlung, welche das Rothe Kreuz zu Gunsten der Verwundeten und Kranken im spanisch-amerikanischen Kriege veranstaltet, zehn tausend Mark überweisen lassen. L. Berlin, 14. Juli. (Privattelegramm.) Für den 9. August ist, der „Nat.-Ztg." zufolge, der Unterstaatssecretair des ReichSmarine - Amtes Eontre - Admiral Tirpitz für einen mehrwöchigen Curaufenthalt im Hotel und Curhaus St. Blasien angesagt. 8. Berlin, 14. Juli. (Privattelegram m.) Ueber die von der deutschen „Petersburger Ztg." in dem durch die Presse gegangenen Artikel geltend gemachten angeblichen Beschwerden der russischen Regierung ist an hiesiger unter richteter Stelle nichis bekannt. Dem Vernehmen nach be stehen, wie die „Nat.-Ztg." ebenfalls erfährt, nur Meinungs verschiedenheiten hinsichtlich der jüngsten Verordnung über den Transport von Gänsen. Während die russische Regierung annimmt, daß dieselbe mit dem Geist der Handelsverträge in Widerspruch stehe, hält die deutsche Regierung an dem Stand- punct fest, daß eS sich bei der Verordnung lediglich um eine innerpolitische Maßnahme handelt. — In unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß der Kaiser sich bei der Fahrt nach Palästina in Genua an Bord der „Hohenzollern" einschiffen wird, da die Witterungs verhältnisse in der nördlichen Adria von September ab be reits recht unbeständige sind. Die „Hohenzollern" wird au dieser Reise von dem Kaiserpaar zum zweiten Mal zu einer Mittelmeerfabrt benutzt werden, da eS auf ihr bereits im Frühjahr 1896 die italienische Halbinsel umschiffte. — Mehrere Blätter wußten zu melden, die Ansiedelungs commission werde ihre Thätigkeit auch auf die Provinz Ostpreußen ausdehnen; es sei namentlich beabsichtigt, in Masuren und Litauen Güter anzukaufen. Dazu bemerkt die „Nat.-Lib. Corr.": Diese Nachricht ist so nicht zutreffend. Das AnsiedlungS- gesetz vom 26. April 1886 trägt die Bezeichnung: „Gesetz, betr. die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen West- Preußen und Posen", und sagt bestimmt, daß die bisher zur Verfügung gestellten Mittel nur für Wcstpreußen und Posen ver wandt werden dürfen. Damit soll nicht bestritten werden, daß auch in Ostpreußen gegenüber den Polen eine Stärkung des Deutsch- thums wünschenswerth, vielleicht sogar von Nöthen ist, aber aus den Mitteln des Gesetzes vom 26. April 1886 kann sie nicht er- folgen. Der Schwerpunkt dieses Kampfes gegen das Polenthum liegt zur Zeit noch immer in den Provinzen Posen und Westpreußen. Eine Schwächung der Mittel zur Durchführung dieses Kampfes würden wir daher für höchst bedenklich erachten. Erweisen sich ähn- liche Maßnahmen auch für Ostpreußen als nothwendig, dann müssen dafür auch aus diesem Grunde besondere Mittel ausgebracht werden. — Wie ein evangelischer Geistlicher der „Kreuzztg." mit- theilt, seien am Sonntag, 12. Juni, in der Vorhalle der Hedwigskircke hier Personen ausgestellt gewesen, welche an die Kirchengänger Wahlaufrufe für den Centrums candida trn vertheilt hätten. Außerdem seien noch in der Vorhalle rechts und links große Placate desselben Inhaltes angeklebt gewesen mit der fettgedruckten Aufforderung: „Wählt den Centrumscandidaten!" — Stürmisch fordert das Centrum jetzt die Aufhebung deS Jesuitengesetzes. Die Aechtung der Jesuiten, so sagt die Centrumspresse, sei eine himmelschreiende Ausnahme von der Ordnung, die in allen Rechtsstaaten als selbstver ständlich gelte. Eine Correspondenz, die durch alle größeren ultramontanen Blätter geht, leistet sich folgende Unver frorenheit: „Früher wurde der Jude verbrannt (von Katholiken I Red.), ohne daß man sich erst mit einer Beweisführung quälte; jetzt wird der Jesuit geächtet, ohne daß man ihin eine Friedensstörung nach zuweisen braucht. Das spricht dem Nechtsgesühl der civilisirten Welt Hohn. Will der Staat den confessionellen Frieden in höherem Maße schützen, so darf er einerseits nur die wirklich Schuldigen bestrafen, und andererseits muß er alle Schuldige» mit der gleichen Gerechtigkeit behandeln. Also wäre das Gesetz z. V- so zu fasten: „Wer den Frieden der Consessionen gefährdet, wird der Polizeiaufsicht unter- stellt mit der Maßgabe, daß ihm der Aufenthalt an bestimmten Orten untersagt oder der Aufenthalt an einem bestimmten Orte an- gewiesen werden kann. Vereinigungen, welche den Frieden der Eonfessionen gefährden, find ausgelöst und ihre Mitglieder verfallen sämmtlich der erwähnten Polizeiaussicht." Das wäre Loch noch ein Gesetz gegen daS „System"! Auf Grund eines solchen Gesetzes würde Pastor THümmel in Remscheid nach der Heringsinsel Zingst zum Zwangsaufenthalt übergesührt werden müssen, der ganze „Evangelische Bund" würde der Auflösung und seine Helden der Jnternirung und Externirung verfallen?'!II — DaS LandwirthschastS-Departement in Washington hat, wie die „Hamb. Nachr." melden, die Ausstellung von UntersuchungSbescheinizungen für dasjenige nordameri kanische Schweinefleisch verboten, das zur Ausfuhr nach Deutschland bestimmt ist. Infolge dessen sind die preußischen Grenzpolizeibehörden von den Rcfsortministerien angewiesen worden, etwaigen Versuchen, frisches Schweinefleisch in vor schriftswidriger Weis« an- Amerika einzuführen, ent- gegenzutretrn. * Kiel, 14. Juki. Ja arierlekinen-werther Weise ist die äiserliche Oberwerftdirection in Kiel fortgesetzt bestrebt, ür daS materielle Wohlergehen der in ihrem Betriebe be- chäftigten Lehrlinge Sorge zu tragen. Wir haben bereits mehrfach über Maßregeln berichtet, welche diesen Bemühungen ihre Entstehung verdankten. Neuerdings hat die Obrrwerft- Direction die Bestimmung, wonach de» Lehrlingen der Werft zehn Procent ihres Lohnes zinsbar belegt werden, dahin er gänzt, daß denjenigen Lehrlingen, delen Eltern sich mit einer Zurückhalnntg von zwanzig Procent einverstanden erklären, auS dem WoykfahrtSfondS der Werst weitere zehn Procein ;u geschossen werden, so daß die jungen Leute bei ihrem Abgang von der Werft dreißig Procent deS während der Lehrzeit verdienten Lohnes ausgezahlt erhalten. Dortmund, 14. Juli. Die Dortmunder „Tremonia" veröffentlicht folgende Erklärung: „In der Nr. 231, I. der „Tremonia" haben wir einen Artikel gebracht, welcher aus Anlaß des Grubenunglückes aus der Zeche „Zollern" Borwürfe gegen die Verwaltung dieser Zeche und insbesondere den Herrn Assessor Randebrock erhob. Bereits in der Nr. 238 n»d 264 der „Tremonia" haben wir auf Grund uns zu gegangener Informationen diese Vorwürfe zurückgezogen und auerkannt, daß der Verwaltung irgendwelche Schuld an diesem Unglück nicht beizumessen ist. Unterdeß haben wir aus Grund der zu unserer Kenntniß gelangten amtlichen Ermittelungen uns wiederholt überzeugt, daß bei dem in Rede stehenden Unfall bergpolizeiliche Vorschriften irgendwelcher Art nicht verletzt sind, überhaupt weder einen der Aussichtsbeamten, noch einen Arbeiter ein Verschulden trisit, das beklagenSwerthe Ereignis; vielmehr lediglich einem Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Zufälle zuzuschicbeu ist. Wir halten es deshalb für unsere Pflicht, auch hierdurch öffentlich unser aufrichtiges Be dauern darüber auszudrücken, daß uns in der ersten Erregung über das vorgekoinmene Mastenunglück die nach obigem durchaus unbegründeten Angriffe gegen Herr» Assessor Randebrock unterlaufen sind. Dortmund, Len 12. Juli 1898. Redaction der „Tremonia", I. Dederle." Von den sociakdemokratischen Zeitungen kann man nicht erwarten, daß sie jemals aufhören werden, aus Katastrophen wie der hier in Rede stehenden politisches Parteicapital zu münzen; wenn aber wenigstens die bürgerliche Presse durch weg mit der leider auch bei ihr vielfach verbreiteten Gewohnheit brechen wollte, ihre in der „ersten Erregung" gefaßten Urtheile brühwarm unter die Massen zu werfen, würde dies im Interesse deS socialen Friedens sehr zu begrüßen sein. t> Siegen, 14. Juli. Die Lehren des Wahlkampfes sich zu nutze zu machen, sind, wie die Pfälzer, so auch die sieger- länder Nationalliberalen bemüht. Sie haben in einer am 10. Juli abgehaltenen Versammlung, die aus allen Theilen des Wahlkreises gut besucht war, den sofortigen Ausbau ihrer Organisation beschlossen. Zu nächst soll in jedem der drei Kreise Siegen, Wittgenstein und Biedenkopf ei» nationalliberaler Verein ins Leben gerufen, durch diese Kreisvereine die wünschenSwerthe rege Fühlung derPartei- genossen mit dem Hauptvorstande hergestellt und damit die Grundlage für eine ersprießliche, ständige Weiterarbeit ge schaffen werden. DaS Gleiche geschieht auch in anderen Wahlkreisen. So wird aus dem Wahlkreise Hameln berichtet, daß die dortige Parteileitung schon jetzt eifrig damit be schäftigt ist, neue nationalliberale Orlsvereine zu gründen und die Partei überhaupt in jeder Beziehung fester zu orga- nisiren. Man kann nur wünschen, daß unsere Parteifreunde nirgends der Versuchung erliegen möchten, nun nach den Wahlen auf fünf Jahre wieder die Hände in den Schooß zu legen. * Ltcgnitz, 14. Juli. Ein jetzt vor dem hiesigen Schwur gericht verhandelter Fall verdient politisches Interesse. Zwei Töpfergesellen, Schäfer und Flor, wurden wegen Brand stiftung zu je 4 Jahren Zuchthaus und 6 Jahren Ehr verlust verurtheilt. Schäfer war geständig. Nach feiner Erzählung gingen die Beiden am Abend deS 8. Juni von der Arbeit nach Hause und unterhielten sich über ihre Lage. Einige Tage vorher hatte in einem Hofraum eine social- deniokratische Versammlung stattgefunden, welche ge nügenden Stoff für ihre Unterhaltung abgab. Unzufrieden mit ihrer Lage, faßten nun Schäfer und Flor den Entschluß, eine Scheuer in Brand zu setzen, wobei sie sich erinnerten, daß schon früher in jener Gegend Scheunenbrände staitgcfunden hatten. Auch Flor gab seine Betheiligung an der Sache indirect zu, nur will er schon, bevor Schäfer die Thal ausführte, denselben verlassen haben, auch will er dem Schäfer mit den Worten abgeredet haben: „Kerl, Du bist Wohl verrückt"! Während Flor er klärte, daß er sich noch für keine bestimmte politische Richtung entschieden habe, bekundete der Bürgermeister, daß Flor der Vertrauensmann der socialdcmokratischen Partei in Naumburg und Umgegend sei und eifrig vor den letzten Wahlen in diesem Sinne agitirt habe. Insbesondere habe Flor die Vertheilung von Flugblättern besorgt und auch andere Genossen dafür angeworben. Uebrigens hat die schon erwähnte socialistifche Versammlung in dem Hofe des Arbeitgebers der Angeklagten, der auch Socialdemokrat ist, stattgefunden. Schäfer sei zwar auch Socialdemokrat, trete aber als solcher weniger her vor und sei auch friedlicher gesinnt als der mitunter zu Ge- waltthätigkeiten neigende Flor. Daß die Geschädigten durch ihr persönliches oder politisches Verhalten den Angeklagten zu deren That Anlaß gegeben haben könnten, wurde nicht erwiesen, von den Angeklagten auch nicht behauptet. Schäfer machte den Eindruck, als empfinde er bittere Neue über seine That, die er selbst als blödsinnig und einer fixen Idee ent sprungen bezeichnete. Der Staatsanwalt betonte, die An geklagten seien zweifellos durch die Reden in der social- demokratischen Versammlung aufrührerisch gemacht worden, und das sei wohl der Hauptgrund zu der That. Ebenso führte der Vertheidiger deS Schäfer an, daß derselbe mehr ein Verführter als ein Verführer gewesen und als Opfer der socialistischen Lehren anzusehen sei. * Schillingsfürst, 14. Juli. Reichskanzler Fürst Hohen lohe und seine Tochter Elisabeth sind gestern, von München kommend, wieder hier eingetroffen. * Ans der Pfalz, 14. Juli. In Frankenthal, wo die socialdemokratischen Stimmen seit 1893 ganz bedeutend ge stiegen sind, fand eine sehr gut besuchte national-liberale Versammlung statt, in der einstimmig beschlossen wurde, die bisherige lose Organisation für die Stadt Frankentha und deren Umgebung durch eine dauernde und festgefügte Vereinigung aller National-Liberalen zu ersetzen und zu diesem Behufe die Gründung eines national-liberalen Ver eins in die Wege zu leiten. Mehrere Hundert Personen erklärten sofort ihren Beitritt. Wird dieses Vorbild allent halben befolgt, dann wird in der Pfalz bei den nächsten Wahlen der ultramontan-socialistische Ansturm kräftiger als diesmal abgewiesen werden können. Oesterreich-Ungarn. S-rachenfrage. * Wien, 14. Juli. (Telegramm.) Heute fanden im Palais des Ministers deS Innern Conferenzen zwischen dem Ministerpräsidenten Graf Thun und Vertretern deS verfassungstreuen Großgrundbesitze» statt. * Wien, 14. Juli. (Telegramm.) Die österreichisch ungarische Corvetle „FrundSberg" bat nach einem sechS- tägigeu Aufenthalte in Manila die Reise nach Aokohama fortgesetzt. * Pest, 14. Juli. Der StaatSsecretair i« Handels ministerium Ladislaus Vörö- ist seiner Stelle ent hoben worden. Dieser Rücktritt bat eine pikante Vor geschichte. Vor einigen Tagen erschien der neue ungarische Zolltarif in einem Wiener Blatte, noch ehe er der ungarischen Presse zugänglich gemacht worden wäre. Der Handelsminister Daniel wurde deshalb aufs Heftigste an gegriffen. E» stellte sich heraus, daß an der vorzeitigen Ver öffentlichung der StaatSsecretalr DoröS Schuld trug. Er erhielt nun Dienstag vom Ministerpräsidenten die kategorische Aufforderung, sofort sei»« Entlassung ein zureichen, die vom gestrigen Ministerratbe auch schon ge nehmigt wurde. (Voss. Ztg.) Frankreich. Nattonaltag; Denkmal; «sterhaztz. * Paris, 14. Juli. (Telegramm.) Anläßlich deS heutigen Nationalfestes sind Straßen und Denkmäler mit Fahnen geschmückt. Es herrscht große Begeisterung. Mehrere patriotische Vereine machten den üblichen Umzug zur Straßburg-Statue, dem Jeanne d'Arc- und Gambetta- Denkmal uud legten daselbst Kränze nieder. Es fand kein Zwischenfall statt. Ministerpräsident Brisson wird wegen Unpäßlichkeit den Präsidenten der Republik nicht zur Revue nach Longchamps begleiten. * Parts, 14. Juli. (Telegramm.) Heute Vormittag wurde auf der Place de l'Observatoire ein Denkmal zum Gedächtniß des SchiffölieutenantS Garnier, deS Eroberers von Tonkin, enthüllt. Der Minister der Colonien Trouillot hielt eine Rede, in der er Garnier als den ersten Colonisator JndockinaS feierte. * Parts, 14. Juli. (Telegramm der Boss. Ztg.) Picquart's Verhaftung wird von der Boulangistenpresse mit lebhaftester Genug« thuung begrüßt, auch ihre Entrüstung über Esterhazy's Ver haftung ist durch eine von „Havas" verbreitete halbamtliche Erklärung beschwichtigt, in der die Regierung jede Verantwortlichkeit für Esterhazy's Verhaftung ablehnt, da sie vom Untersuchungsrichter Bertulus aus dessen eigsener Entschließung angeordnet worden sei. Nach fran« Mischern Gesetze ist der Untersuchungsrichter unbeschränkter Herr über Freiheit oder Haft jeder in Untersuchung stehenden Person und der Minister selbst kann ihn wohl absetzen, doch an seinen An- ordnungen nichts ändern. Die halbamtliche „Havas"-Mittheilung lenkt die boulaugtstischen Angriffe nunmehr aus Bertulus, der unumwunden als Dreyfusmann und Judensöldling be« zeichnet wird. Rußland. * Petersburg, 14. Juli. (Telegramm.) Der Ver weser des KriegsministeriumSGenerallieutenant Kuropatkin wurde zum Kriegsminister ernannt. Der Chef der Kanzlei des Kriegsministeriums Generallieutenant Lob ko ist mit einem huldvollen Handschreiben des Kaisers seines Amtes enthoben worden. Zu seinem Nachfolger wurde General major Rediger ernannt. — Die „Nowoje Wremja" meldet, amtlich werde die Nachricht, Port Artbnr sei als Depor- tationSort in Aussicht genommen, für falsch erklärt. Amerika. Hawaii. * London, 14. Juli. (Telegramm.) DaS „Reuter'sche Bureau" meldet aus Honolulu unter dem 6. d. M.: Die Regierung von Hawaii hat eine» Vertrag mit der Scziniser (?) Compagnie zum Zwecke der Einrichtung einer Kabel verbindung mit den Vereinigten Staaten unterzeichnet. Der spanisch-amerikanische Krieg. * Madrid, 14. Juli. (Telegramm.) Die „Agencia Fabra" meldet: Das Marineministerium hat Beweise, daß die Amerikaner bei Cavite und Santiago Brandgeschosse verwendet haben. Die Blätter rathen der Regierung dringend, nicht bei den Mächten dagegen Einspruch zu erheben, sondern gleiche Geschosse gegen die Amerikaner zu verwenden, falls sie nach den spanischen Häfen kommen. (Wiederholt.) * Madrid, 14. Juli. (Telegramm.) Ein aus Manila eingegangenes, vom 9. Juli datirtes Telegramm des General- gouverneurs Augustin bestätigt, daß die eingetrosfenen ameri kanischen Verstärkungstrupp en sich des Paso de Marianas bemächtigten. Der Garnison von Manila ist es bisher gelungen, die täglich sich wiederholenden Angriffe abzuwehren. * Tampa, 14. Juli. (Telegramm.) Gestern Abend sind dreiAbtheilungen Eavallerie, eine schwere Batterie, ferner Genie truppen und Pflegerinnen vom Rothen Kreuze nach Santiago abgegangen. * New Nork, 14. Juli. (Telegramm.) Man beabsichtigt, einer Drahtnachricht aus Playa del Este vom 13. d. M. zufolge, nach der Wiederaufnahme der Beschießung eine Bewegung zu versuchen, durch die man mittels der Landung zweier Regimenter in Cabane den äußersten westlichen Flügel der spanischen Linie umgeht. Die dort aufgestellten spanischen Batterien sollen angegriffen werden, während man zugleich das spanische Centrum auf das Heftigste beschießen wird. Die Ausstellung der Belagernngsgeräthe geht wegen der kläglichen Zustände der Wege sehr langsam vor sich. Sobald das spanische Centrum durchbrochen ist, wird Lawson wahrscheinlich mit dem äußersten rechten Flügel der Amerikaner den linken der Spanier durchbrechen, und so wird man auf dieser Seite den Eingang in die Stadt gewinnen. In den Reihen der Amerikaner fürchtet man, daß, wenn die Beschießung heute erfolglos ist, die Regierung den Vorschlag Toral's zur Uebergabr an nehmen wird. — Einem Gerücht zufolge ist General Duffield am gelben Fieber erkrankt. * Loudon, 14. Juli. (Telegramm der „Boss. Ztg.".) Aus New Bork wird gemeldet: Der Sonderberichterstatter des „Associated Preß" bei Dewey's Geschwader vor Manila drahtet unterm 9. Juli: Am Mittwoch meldeten die Aufständischen, der deutsche Kreuzer „Irene" in der Subigbai weigere sich, ihnen zu gestatten, die Spanier auf Isla Grande an- zugreifen. AdmiralDewey entsandte die KriegSschiff«„Raleigh' und „Concord" dahin, um dieSache zu untersuchen. Bei der Einfahrt in die Subigbai eröffnete „Raleigh" das Feuer auf die Forts, worauf die „Irene" wegdampfte. In Folge des amerikanischen Feuers ergab sich die über 600 Mann starke spanische Be satzung. Nach der Rückkehr nach Manila erklärte der Capitain der „Irene", er habe sich aus Gründen der Humanität «ingrmischt, und erbot sich, den Amerikanern die Flücht linge, die er an Bord hatte, zu übergehen, aber Dewey lehnte daS Anerbieten ab. Der Bericht Dewey'S an die Washingtoner Regierung bestätige die vorstehende Meldung. Einer Washingtoner Drahtung des „Daily Lelegroph" zufolge beschäftigte sich der Miuisterrath Mittwoch mit dem Vorfall. Ei» Mitglied deS Cabinet» erklärte später, die Regierung sei gänz« lich befriedigt von den Versicherungen au« Berlin, doch sei r» möglich, daß einige deutsche Officier«, di« den Amerikanern persönlich nicht günstig gesinnt seien (!>, ihre Befugnisse überschritten. (!) Im Staats departement wurde dem Gewährsmann deS „Daily Telegr." ver sichert, daS Verhalten deS deutschen Lapitain» sei im völligen Einklang« mit der Politik d«r deutschen Re gierung. (Zweifellos ist die Darstellung der „Affoc. Preß." un genau und mit Absicht zu Ungunsten de« deutschen CapitainS ge färbt; dessen Verhalten findet durch die Aeußerung au« dem Washingtoner Staatsdepartement, die „Daily Telegr." mittheilt, seine beste Rechtfertigung.) Marine. * Berlin, 14. Juli. (Telegramm.) Der Neich-postdanipser „König", mit der abgelösten Besatzung S. M. S. „Eondor", unter Führung de- Lieutenant« z. S. Mommsen, ist am 14. Juli in Rotterdam eingetroffen und beabsichtigt, an demselben Tag» di» Hrimreis« fortzusetzen. Der Rrichtpostdampker „Bayern", mit der Ablösung aus Ostasien unter Führung des Eapitainlieptenant« Litz- mann, wird am 17. Juli die Heimreise von Shanghai gntrrte». S. M. S- „Pelikan" ist am 13. Juli Morgens mit Flaggenparade in Kiel in Dienst gestellt worden. S. M. S. „Grille" ist am 13. Juli von Cuxhaben au« iu See gegangen. S. M. Tpbte. 8 2 uud 8 6 sind am 12. Juli in Kiel eingetroffen, am 13. Juli nach Warnemünde weitergegangen und daselbst eiugetrosfen. S. M. Tpdivbt. v 3 ist am 13. Juli von Southampton nach Kiel in See gegangen. S. M. Tvdbt. 8 3 ist am 13. Juli zur Begleitung S. M. Pacht „Iduna" von Kiel i» See gegangen. S. M. Tpdivbt. v 1 ist am 13. Juli in Kiel eiugetroffen. Colomal-Nachrichteik. Der für den Tanganyikasee bestimmte Dampfer „Hedwig von Wissmann", der Ende März d. I., wie wir seinerzeit berichtet haben, in eine große Anzahl von einzelnen Theilen zerlegt, mit dem Reichsposldainpfer „Bundesrath" von Hamburg abgesandt wurde, um nach Ostafrika befördert zu werden, ist glücklich in Chinde (an der Mündung des Zambesi) angelangt, wo er noch jetzt liegt und aus die Beförderung ins Innere wartet. Zum Transport des Dampfers von der Küste nach dem Tanganyikasee sollte nämlich eine englisch-afrikanische Gesell- schast das erforderliche Trägerpersonal u. s. w. stellen. Die Gesellschaft hat e« aber vorgezogen, zunächst die Beförderung eines für Len Nyassasee bestimmten englischen Dampfers in Angriff zu nehmen, und ist deshalb zur Zeit nicht im Stande, den Weiter- transport des Dampfers „Hedwig von Wissmann" an-sichre» zu lassen. Lieutenant Schlosser I, der Führer der Expedition, liegt jetzt nebst seiner von Deutschland mitgenommene» Truppe einst weilen zur Unthätigkeit verurtheilt in Chinde. * In der Sitzung des Ausschusses der Deutschen Colonial, gesellschaft an; 6. d. M. theilte Herr von Beck mit, daß schriftliche Nachrichten von der Ramu-Expedition in Kaiser- WilhelinSland eingegangen seien, wodurch die bereits telegravdijch mitgetheilte Feststellung, daß der Raum mit dem Ottilienfluß identisch sei, bestätigt würde. Von besonderer Wichtigkeit sei es aber, daß es gelungen sei, mit dem Dampfer „Johann Albrecht" den Ottilienfluß NO Meilen stromaufwärts ohne Hinderniß zu fahren, so daß sich hier ein Eingangsthor in die Colonie biete, wodurch ein reiches Culturland erschlossen werden könne. Es sei beabsichtigt, zunächst eine Station am Bismarckgebirge anzulegen. Sächsische Holz - Gerufsgenosienschaft. Unfall-Statistik. Im II. Vierteljahr 1898 kamen 271 Unfälle zur Anzeige. Die Veranlassung dazu war folgende: Dampfkessel, Dampfleitungen, Dampfkocher (Ansströmen von Dampf, Explosion rc.) 1; Motoren (Dampfmaschinen, Turbinen, Wasserräder rc.) 1; Trans missionen aller Art (Wellen, Zahnräder, Riemen, Seile rc.) 6; Fahrstühle, Aufzüge, Krahne, Hebezeuge rc. —; Gatter und Fourniersägen 4; Band- und Tecoupirsägen 6; Kreis- sägen 54; Hobel-, Abricht- und Kehlmaschinen 43; Fraisen, Bohr- und Stemmmaschineii 18; Maschinen und maschinelle Vor- kehruugen 25; Fahrzeuge, Beförderung von Lasten, Aus- und Ab- laden 36; Fall in Bauten, von Lestern oder Treppen, Galerien, Brücken, Stegen, in Vertiefungen 6: Holzfällen oder Hcrabfallcn von anderen Gegenständen, Bruch, Einsturz 11; verschiedene Gegen stände und Vorgänge 6l; Sumina: 27l Unfälle. Todesfälle sind nicht vorgekominen; in 40 Fällen wird die Erwerbsunfähigkeit der Verletzte» voraussichtlich länger als 13 Wochen dauern. Von diesen 40 Fällen entfallen 11 ans Sägewerke, je 5 auf Bau- und Möbeltischlereien, sowie Sophagestell- und Sluhlsabrikeu, 3 auf Möbelfabriken, je 2 auf Drechslereien, Parquet-, Holz- und Spielwaarenfabriken, sowie je einer auf eine Holz- und Fournier« schneidere!, Holzbildhauern, Schatullen-, Werkzeug-, Bürsten-, Jalousie« und Faßsabrik. Mcherbesprechnngeli. Max Klinger, McnschhcitSphantasicn von Fritz Stern. Berlin 1898, Schuster L Loesfler. Diese Gedichtsammlung soll Leni Freund Klinger'schen Schaffens ein stiller Begleiter in sein Räthsel- reich sein; in der Widmuung heißt es: „Ihnen, verehrter Meister, sei dieses Werk gewidmet, dessen erster Theil einen schwachen Versuch bildet, das ungeheuere Ideenreich, das uns Ihre Werke erschließen, poetisch nachzuempsinden und zu ergründen. Freilich bin ich mir des Unzulänglichen dieses Unterfangens wohl bewußt und möchte den gesummten ersten Theil nur als das gelten lassen, was er wirklich ist, als ein individuelles und höchst subjektives Nach empfinden Ihres großen für jeden Einzelnen neue Anregungen bielenden Schaffens. Der zweite Theil: Gedichte, Motive, Adagios ist unabhängig vom ersten und im ganzen selbstständig: aber er steht auch unter dem Einfluß der Klinger'schen „Jdeensonne". Sollte» Klinger's Schöpfungen indeß ein großes Räthselrcich jein, so würden freilich die Stern'schen Gedichte wenig dazu beitragen, diese Räthsel zu lösen. Nach unserer Ansicht aber hat das Genie der Welt keine Räthsel auszugeben und auch Klinger's künstlerische Schöpfungen haben keine Sphinxnatur. Die Stern'schen Gedichte könnte inan als unausgcgohrene Stimmungsbilder bezeichnen. Es wäre unrecht, ihnen Poesie abzusprechen; hier und dort findet sich ein unleugbarer An flug von Erhabenheit oder auch ein tiefergreisender Gesichlston, aber diese freien Rhythmen, die oft an Jean Paul'jcbe Streckvcrse erinnern und nur selten einmal in einem Reim auslaufen, der in dieser reimlosen Sammlung sehr fremdartig gemahnt, sind ja ost nur ein poe tisches Stammeln und die Bilder zerfließende Gestatten wie Wolken schemen. Ohne Frage enthält die Sammlung kühne Bilder, die einem schwunghaften Odendichter zur Ehre gereichen würden, es finden sich einige poetische Granitblöcke, in welche gewaltige Runen eingeritzt siud; doch das ist säst alles zerstreut und zusammenhanglos; so stellt sich fast nie ein Ganzes von künstlerischer Wirkung her; nur einige kleinere Stimmungsbilder ausgenommen, z. B. Feldeinsamkeit: S'ist stiller Sommernachmittag, Lang hingestreckt in das Gras, liege ich Und starre in sel'ge Bläue. So einsam im Felde Brütender Sonne. Die kleinen Blumen beginnen um mich Einen leise webenden gold'nen Gesang Stille selige Bläue. Weithin träumt der Blick. Stimmungsvoll sind besonders die Gedichte Verlame's welche Fritz Stern sehr gut übersetzt hat; er ist zweifellos ein geistesverwandter Dichter. Gährung mit schaumspritzendem Sturm und Drang und hin- und hersprühenden Lichtern - Las ist der Charakter dieser Sammlung, uud ob der Dichter sich aus solchen Anwandlungen der Genialitätssucht zu künstlerischem Schaffen, welches wohlgegliederte poetische Organismen erzengt, emporraffen wird, das muß die Zukunft lehren. Die gegenwärtige Sammlung kann nur dann als eine gute Verheißung betrachtet werden, wenn der Dichter sich von einer falschen Theorie oder wag- halsigen Praxis lossagt. s Das Avancement. Monatliche Uebersicht über die Personal- Veränderungen innerhalb deS gesammten Deutschen Reichs heere« mit den neuesten Anciennetät-Iisten. Herausgegeben von Rich. Schott. II. Jahrgang. 1898. Heft VI (Juni). Preis 50^. CommissionS-Verlag „Kameradschaft", Deutsche Osficier-Wohl- fahrtS-Gesellschaft m. b. H. Unsere Armeesprache Im Dienste -er Cäsar-Nebersetznng. Bon Max Habermann, Oberlehrer am Fürst!. Stolberg'jchen Gymnasium zu Wernigerode. (Preis 75 ^) Leipzig, Verlag der Dürr'scheu Buchhandlung. Dem Bedürfnisse de« Publicum«, in der Ausstattung der täg lichen Gebrauchsartikel ein» künstlerisch» Anregung zu finden, kommt auch dir Reklame immer mehr entgegen. Hervorragend mit immer neuen Ideen brwäbrt sich auf diesem Gebiete die Firma A. A. Targ's Sohn Ar Co.» Wien, in ihren Ankündigungen für „Kalo- -ant". DaS beweist ernxut die bei der gesammten Auslage vor liegender Nummer befindliche Extrabeilage, welche Nähere« über das bereit» allgemein bekannte und beliebte Zahnreinigungsmittel bringt. Milch nicht zntriiglich? Dann versuchen Sie dieselbe mit etwas Mondamin von Brown L Polson, ca. zehn Minuten gekocht. Nehmen Sie nur so viel Mondamin, daß die Milch crömeartig wird. 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